Lucheni Sunsong

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    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 03.12.2007, 21:36

    Lucheni Sunsong
    Hier ein wenig aus der Vergangenheit Lucheni´s :wink:

    ------------------------------------------
    Die Rotwelschen

    Dalaran in den Jahren vor den Orkkriegen.

    Die befriedete Allianz war in der Magiokratie zu nie geahnter Größe und Kultur aufgestiegen.

    Wissenschaft, Technik, Religion und nicht zuletzt Magie regierten die Stadt in einem steten Zustand des Wissensdurstes.

    Jedoch waren die Bürger des Stadtstaats - allen vorran ihren höchsten Herren den Kirin Tor - strenge Gläubige im Lichte.

    Und unter der dogmatischen Führung der Mutter Kirche wurden jene, die "anders" waren stets mit finsteren Augen angeblickt.

    Das Summen eines Liedes nährte sich von der Hauptstraße her den großen Toren der Magiokratie.

    Eine melodische und wohlklingende Stimme erhob sich, sie gehörte zu einem jung anmutenden Hochelfen.

    Gekleidet in schwarze Lumpen, die mit einigen wenigen Glöckchen verziert waren und mit seinen teils sehr bunten und zahlreichen Ohrringen mutete er seltsam an.

    Sein schwarzes Haar ging ihm nur bis kurz über die Ohren und einige Strähnen fiehlen ihm ins Gesicht.

    Er hatte ein zufriedenes Lächeln aufgesetzt und kraulte leicht seinen kleinen Kinnbart.

    Sein Summen klang über die Straße, während er auf dem Kutschbock eines buntgeschmückten Wagens saß, vor dem ein kleines braunes Pferd angespannt war.

    Der Wagen war klein, doch war er wohl groß genug für den Elfen um darin zu hausen.

    "Fahrendes Volk" so wäre er wohl von den Einwohnern der Stadt abfällig gerufen worden.

    Während er seinen Wagen zum Händlertor lenkte - vor dem wiedereinmal einige Händlerwagen schlange standen um in die Stadt eingelassen zu werden - fing er mit klarer Stimme an zu singen, so das sich viele verdutzt zu ihm umdrehten.

    "Die Straße gleitet fort und fort, weg von der Tür wo sie begann! Und schlängelt sich von Ort zu Ort, wohin sie führt ... ich weiß es nicht!" sang der Hochelf vergnügt und zwinkerte einigen der gaffenden Damen, die am Straßenrand standen zu.

    Er erregte damit Belustigung und sogar Anerkennung, aber auch offene Ablehnung, vorallem unter den Soldaten der Stadtwache.

    Nach einer Zeit des Summens und mit grinsenden Gesicht in die Ferne starrens, war er endlich an der Reihe und lenkte sein Gespann zum Tor.

    "Wer erbittet Einlass in die Stadt der Magie?" fragte ihn der Zollbeamte im routinierten Ton.

    "Lucheni Sunsong." sprudelte der Hochelf fröhlich lachend hervor.

    Der Beamte sah ihn nun das erste mal an und runzelte die Stirn, als er ihn und sein Gespann gemustert hatte.
    "Und was seid ihr für ein Händler? Dies ist das Händlertor und nur Leute des Handels kommen hier durch und von hier aus direkt zum großen Markt."

    Lucheni sprang auf den Kutschbock auf und verneigte sich rasch, dies ließ den Beamten und seine Leibgarde kurz erschrocken zurück schrecken.

    "Meine Wenigkeit ist Barde, Schausteller und Akrobat!" sang Lucheni schon fast "Ich handle mit Kunst, Gesang, Belustigung und Geschichten aller Arten, Formen und Größen!"

    Er fügte zwinkernd zu den Damen, die in der Nähe standen hinzu "Extra Vorstellungen erst nach Einbruch der Dunkelheit."

    Der Beamte machte einen abfälligen Laut "Fahrendes Volk? Vagabunden! So etwas ist in der Stadt nicht gern gesehen! Betteln und Stehlen ist hier unter strenger Strafe verboten! Genauso, wie das nächtliche herumlungern. Gesindel wie ihr, das sich keine Herberge leisten kann, hat die Stadtmauern zum Einbruch der Nacht zu verlassen!"

    Lucheni sah prüfend zum Sonnenstand "Sonnenuntergang? Das ist aber nicht gerade ganz Azeroth guter Mann! Kommt mein Freund, darüber lässt sich doch sicher reden! Es soll sich auch für euch lohnen!" lachte Lucheni.

    Der Beamte verengte die Augen "Erstens, bin ich nicht euer Freund Gesindel! Zweitens, ist das keine Verhandlungsbasis! Und Drittens, war das versuchte Bestechung eines Beamten der Magiokratie!"

    Der Beamte zeigte auf Luchenis Wagen "Als Bestrafung für dieses Vergehen, wird sein Wagen und sein Ross beschlagnahmt!"

    Lucheni sah ihn verdutzt an und zum ersten mal, antwortete er nicht überschwänglich "Wie jetzt?"

    Augenblicklich wurde der Hochelf unsanft von einem Soldaten vom Kutschbock gezogen und sein Gespann von der Stadtwache in die Stadt hinein gezogen.

    Lucheni versuchte zu protestieren, doch wurde er durch einen Schlag in die Magengrube schnell zum Schweigen gebracht.

    Der Beamte sah ihn herablassend an, während die Stadtwache den Unglückseeligen vom Tor wegschleifte "Seid lieber froh, das ich euch nicht Richter Claude vorführe!"

    Als Lucheni wieder zu sich kam, lag er am Straßenrand in der Nähe des großen Haupttores der Stadt.

    Der Besucherstrom war abgebrochen, denn langsam ging die Sonne unter und die Tore würden bald geschlossen werden.

    Lucheni hielt sich den Kopf "Verdammt .. als wäre eine Herde wütender Gnolle über meinen Kopf gelaufen ... nach einer durchzechten Nacht, mit einem gehörigen Kater versteht sich ..."

    Er sah zu den großen goldenen und adamant besetzten Prunktürmen der Metropole "Das ist also die viel gerühmte dalaranische Gastfreundschaft?! Da war es ja im verhassten und unfreundlichen Gilneas erträglicher!"

    Er sprang auf und zeigte mit seinem Finger auf die violette Zitadelle, während er laut und vollkommen allein zu sich selbst sprach "Aber wartet nur, ihr fetten selbstgefälligen möchtegern Über-Magier in eurem goldenen ... pardon ... pinken Türmchen! Lucheni Sunsong, den Namen werdet ihr euch noch merken!"

    Lucheni klopfte sich die Hände ab, wandte sich zum Tor und sprach, während er los lief "Denen hab ich´s aber jetzt gegeben!"

    Derweil ... weit .. weit oben über der Stadt, auf einem Balkon der violetten Zitadelle berieten sich zwei hohe Herren.

    "Ich bin sehr zufrieden mit euch." sprach Lord Curumo Dragmire, Vertreter des Hohen Rates der Magiokratie, während er auf Dalaran hinunter blickte.

    Der Mann hinter ihm - wohl Mitte Dreißig, mit in den Ansätzen schon ergrautem Haar - lächelte zufrieden.

    "Habt Dank euer Exzellenz für diese aufmunternden Worte." sprach Stadtvogt und Richter Claude selbstbewusst.

    "Stets unermüdlich diene ich euch und dem Rat um die Stadt von ihren inneren Feinden zu säubern." sprach er weiter "Euch mag es vielleicht nicht bewusst sein, euer Lordschaft, doch das Gesindel ist innerhalb der Mauern und verdirbt die Herzen unserer Bevölkerung mit ihren sündigen und heidnischen Gebräuchen!"

    Der Lord runzelte die Stirn "Ihr sprecht von den Rotwelschen?"

    Claude nickte "Ja MyLord. Die Rotwelschen: Bettler, fahrendes Volk, Diebe und Scharlatane. Kurz: Alle von der Gesellschaft ausgestoßenen."

    Der Richter machte eine schweifende Geste "Sie belügen, betrügen und bestehlen die ehrliche Bevölkerung. Verderben die Jugend und sähen Zwietracht in unserer schönen Stadt. Doch seit unbesorgt! Ich werde sie ihrer gerechten Strafe zuführen! Sie werden nicht länger auf unsere Kosten leben."

    "Was gedenkt ihr zu tun?" fragte Curumo Dragmire interessiert.

    "Sie sollen einen geheimen Stützpunkt innerhalb der Mauern haben Sire ... ein Nest .. sozusagen, wo sich diese Kakerlaken vermehren! Ich werde es auslöschen!"

    Richter Claude lächelte bösartig "Sie nennen diesen Unterschlupf: Das Sanktum der Wunder ..."

    -------------------------------
    Nächstes Mal "Das Sanktum"



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 04.12.2007, 21:22


    Das Sanktum

    Die Sonne stieg langsam herab, noch schien sie golden über der Magiokratie und die letzten der Reisenden drängten sich vor dem Haupttor um eingelassen zu werden.

    Während sich die großen Karren kaum in der Schlange bewegten, liefen jene, die zu Fuß unterwegs waren nach vorn um von den Zollbeamten eingelassen zu werden.

    Lucheni stand am Straßenrand, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah sich stirnrunzelnd um.

    "Hm .. ich habe mehrere Möglichkeiten ..." er sprach wie üblich mit sich selbst.

    "Erstens. Hier draußen warten und die Nacht unter dem wundervollen und inspierirenden Sternenhimmel verbringen." er sah sich um, blickte auf den dreckigen und schlammigen Boden und hinnüber in den dunklen Wald des Vorgebierges.

    "Nein ... ich will ja niemanden einen Platz hier streitig machen ..." stellte er fest.

    "Zweitens." überlegte er weiter "Ich schlage mich nach vorne durch, töte die Stadtwache, schlage die Beamten in die Flucht und gehe als großer Krieger in die Stadt ein!"
    Er sah zur Stadtwache, die in ihren violetten Plattenrüstungen und mit ihren stählernen Lanzen und Schwerten grimmig umherblickten.

    "Nein ... ich will den armen Soldaten ja nicht weh tun ... tun ja auch nur ihre Arbeit." kraulte er seinen kleinen Kinnbart.

    "Drittens. Ich suche mir eine Verkleidung und schleiche mich in die Stadt." Er sah zu den Mönchen in ihren weiten braunen Kutten, die scheinbar ohne viel Aufsehends am Zollbeamten vorbei gingen.

    Lucheni sah zu Boden, wo ein streunender Hund sass und den Ausführungen des Barden scheinbar schon länger gelauscht hatte "Oder was meinst du mein Freund?"

    Der Hund sah den Hochelfen schief an und knurrte leicht.

    Lucheni schlug sich in die offene Hand und lachte "Du hast recht! Das ist es! Ich suche mir einen mächtigen Magier und dieser zerstört die Tore und ich ziehe ungesehens in die Stadt!"

    Jetzt knurrte der Hund noch mehr und Lucheni winkte mit rollenden Augen ab "Gut, gut .. wir nehmen das mit der Verkleidung!"

    Fröhlich summend spazierte Lucheni durch die stehenden Wagen der Bürger, die Einlass in die Stadt wünschten und nahm sich dies und das, was er scheinbar gebrauchen konnte.

    Eine Kutte, einen Laib Brot, eine Flasche mit Fusel, was er in die Hände bekam.

    Dabei vermochte er tatsächlich - obwohl seines Auftretens - dabei nicht behindert zu werden.
    Entweder die Leute registrierten den Diebstahl nicht, oder sie sahen selbst wohlwollend darüber hinweg.

    Rasch hatte sich der Hochelf die Kutte übergeworfen und schlurfte gebückt durch die Reihen gen Tor.

    Einer der Soldaten sah Lucheni dabei und kam auf ihn zu, hatte die Maskerade aber scheinbar noch nicht durchschaut "Guten Abend Alterchen. Habt ihr eure Gruppe Mönche verloren? Es ist gefährlich für einen alten Priester um diese Zeit allein durch die Straßen zu wandern."

    Lucheni grinste unter der Kutte, doch klang seine Stimme nun alt und kratzig, verbraucht und müde "Nein, nein junger Mann. Habt Dank für euer Mitgefühl, aber es geht schon. Möge das Licht euch schützen."

    Der Soldat nickte wohlgefällig und winkte Lucheni vorbei in die Stadt.

    Rasch war er aus dem größten Trubel verschwunden und streifte die Kutte ab, während er in eine Seitenstraße einbog "So ein einfältiger Narr .. die sind mir die liebsten!"

    Dalaran war wahrlich eine der glamorösesten Städte der Allianz.

    Die großen Türme aus Gold und Adamant ragten in den Himmel, während sich Fachwerkhäuser der Bürgerlichen aneinander reihten.

    Auf den Hauptstraßen sah es sehr gepflegt aus, die Händer hatten ihre zugewiesenen Plätze, Geistliche predigten vor kleinen Schreinen das Licht und die Stadtwache sorgte für Ruhe und Ordnung.

    Doch Lucheni wusste, das dies nur eine Seite dieser riesigen Stadt war.

    Genauso gab es in den dunklen Gassen Dreck und Unrat. Halsabschneider, die eine Frau für ein paar Kupferstücke oder für einen raschen Liebesdienst töten würden.

    Herätiker, die auf das Licht spuckten und Diebe, die nur darauf warteten Nachts aus ihren Unterschlüpfen zu kriechen.

    Bettler, die sich durch das Leben schnorrten und fahrendes Volk, dem nichts heilig zu sein schien.

    Dies alles waren die Rotwelschen, die unliebsame Bevölkerung der Stadt. Der Abschaum nach Sicht der violetten Zitadelle und ihres Stadtvogts.

    Doch Lucheni wusste, als er grinsend durch die Straßen ging, das viele dieses Leben weder mochten noch anstrebten.

    Unentwegt versuchten sie daraus zu entkommen, sich einen Platz zu schaffen und dafür zu sorgen, das es ihren Kindern besser gehen möge als ihnen selbst.

    Doch konnten sie nicht, denn als von der Gesellschaft Ausgestoßene und Geächtete, konnten sie nicht weiter kommen als das was sie waren.
    Der Abschaum in den Gassen der Stadt.

    Lucheni wusste das nur allzu gut, denn er war einer von ihnen.

    Als Lucheni wieder auf eine etwas lebhaftere Straße trat, saß an einer Ecke ein alter verbrauchter Mann, in Lumpen gekleidet.
    Zweifelsohne ein Bettler.

    Er flehte die Passanten, die vorbei gingen an, ihm etwas von ihrer Habe zu schenken, doch die meisten gingen einfach an ihm vorbei.

    Ein kleiner Junge, der zu dem Alten zu gehören schien. Tanzte in dreckiger Kleidung ein wenig vor dem Alten um die Mildtätigkeit der Bevölkerung zu wecken.

    Als Lucheni näher trat, hörte er eine Frau zu ihrem Sohn sagen "Mach einen Bogen um diese! Das ist Bettlerpack! Die stehlen uns die Butter vom Brot!"

    Lucheni kam schmunzelnd näher "Na? Nicht viel Glück heute auf den Straßen? Alle knauserig, wie der Großkönig persönlich!"

    Der Bettler und der Junge sahen auf.
    Der Junge sah Lucheni böse an, doch der Bettler betrachtete des Elfen Ohrringe und die Glöckchen und grinste nun ebenfalls.

    "Wohl wahr, wir platten Leute und Wolkenschieber ..." was beides in der Sprache der Rotwelschen soviel wie Bettler bedeuten mag "... haben es wahrlich nicht leicht dieser Tage."

    Ehe Lucheni noch antworten konnte, pfiff der Junge und zeigte zum Ende der Straße, wo ein paar Soldaten in Sichtweite kamen.

    Einer der Soldaten entdeckte das Dreier-Gespann und rief seinen Kumpanen etwas zu, sodass sie losstürmten.

    "Verdammt! Die Stadtwache! Luca! Nimm das Geld und weg hier!" befahl der Alte dem Jungen.

    Während der Alte schon aufsprang und in die nächste Gasse lief, schnappte sich Luca die wenigen Münzen, die am Boden lagen und stießt Lucheni in die Seite "Nun komm schon! Oder willst du geschnappt werden!"

    "Ich überlege noch ..." raunte Lucheni, sah dann aber nur noch kurz zur Stadtwache, ehe er Luca nachlief "Habs mir überlegt!"

    Die drei Vagabunden hasteten durch die Gasse, dabei war der alte Mann erstaunlich schnell für sein Alter und rüstiger, als seine Kleidung es vermuten lassen hätte.

    Die Stadtwache holte nur mühseelig auf, war aber niemals müde, Verwünschungen und Flüche den Verfolgten zu zu rufen.

    "Gleich haben wirs!" rief Luca hinter sich zu Lucheni und zeigte vor sich zum Ausgang der Gasse, wo sie wohl in eine größere Straße oder auf einen Platz münden würde "Von dort kommen wir schnell zu unserem Unterschlupf!"

    Der Alte hatte die Gasse als Erstes verlassen und winkte seinen beiden Gefährten zu.

    Doch da waren Pferdehufe zu hören, rasch nährten sie sich.

    Lucheni und Luca hatten fast das Ende der Gasse erreicht, als ein riesiger weißer Schimmel heranpreschte und den alten Mann niedertrampelte.

    Luca blieb ruckartig stehen und Lucheni stieß so gegen ihn, fast wären beide vornüber gefallen.

    Der alte stöhnte vor Schmerzen auf, als das Pferd immer wieder auf ihn trampelte und seine Knochen zerbarsten.

    Auf dem Schimmel saß ein Mann in schwarzer Tracht mit einem kalten und gefühllosen Ausdruck in den Augen.

    "Richter Claude ..." wisperte Luca, er schien weniger von dem Tod seines Kumpanen getroffen zu sein, als man hätte annehmen können.

    Rasch packte der Junge Lucheni am Ärmel und zog ihn an dem verdutzten Richter und seinem Ross vorbei.
    Rasch in die nächste angrenzende Seitenstraße, die viel zu schmal war, für das große Pferd.

    "Findet sie! Bringt mir dieses Bettlergesindel!" schrie Claude, während Luca schon einen Kanaldeckel zum Kanalsystem der Stadt öffnete.

    "Was nun? Was hast du vor?" fragte Lucheni.

    "Wir gehen schwimmen!" schrie Luca und noch ehe Lucheni etwas erwiedern konnte, wurde er von dem Jungen in den Schacht gestoßen.

    Luca drehte sich nocheinmal in die Richtung um, in der wohl der Leichnam des Alten gelegen haben mochte.

    Dann sprang er auch hinein "Auf zum Sanktum der Wunder."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 05.12.2007, 21:11


    Der König der Bettler

    Die Pferdehufe waren blutgetränkt, als sie auf dem Pflasterboden scharrten.

    Mit einem abfälligen Schnauben sah Richter Claude auf den zertrampelten Leichnam des alten Bettlers "Schafft das hier weg! Selbst jetzt verschandelt er noch unsere wunderbare Heimat!"

    Während die Soldaten den Leichnam fortschafften, sah der Stadtvogt mit dunkler Miene zum Eingang der Kanalisation, über dem ein paar Soldaten standen.

    Einer der Soldaten trat an ihn heran "Euer Ehren. Sie sind nicht zu finden. Das Kanalsystem ist ein Labyrinth, so finden wir sie niemals."

    Der Schimmel wiehrte kurz auf, als Claude an den Zügeln zog "Licht verdammt! Diese Ratten entkommen immer wieder in ihre Löcher ... doch ich kriege sie noch."

    Er wandte sein Ross ab und ließ die Stadtwache abziehen.

    Die Kloake von Dalaran.
    Ein stinkender und abscheulicher Ort, ein Ort der Dunkelheit und der Stille.
    Ein Ort, an dem die Rotwelschen ein und aus gingen.

    Um die riesigen Mengen an Unrat und Abfall aus der Stadt zu entfernen und die Straßen - vorallem jene des Großbürgertums - sauber zu halten, hatte die Magiokratie keine Kosten noch Mühen gescheut, ein riesiges Kanalsystem unterhalb der Stadt anzulegen, dessen Ausläufer an verschiedenen Stellen mit den Katakomben der Altstadt verzweigt waren.

    Da die Stadt und ihre Außenbezirke ständig wuchs, wurde auch das labyrinthartige Kloakensystem immer weiter ausgebaut.
    Schon längst hatten selbst die Behörden den Überblick verloren und kannten nicht alle Verzweigungen und Ausgänge.

    Doch der Abschaum der Stadt kannte sie gut ... es waren ihre Straßen, ihre geheimen Wege und Fluchtmöglichkeiten.

    Die Gewölbe der Kanalisation waren niedrig und hatten meist ein geschwungenes Bogendach.
    Eine stinkende Brühe aus allem möglichen Unrat der Stadt floss wie ein Fluss durch sie und Spinnenweben und Schimmel bedeckte die Wände.

    Wenn man die goldenen Straßen auf der Oberfläche gesehen hatte, so war dies hier das unheilige Spiegelbild dieser Pracht.
    So wie die Rotwelschen das Pendant zum Bürgertum darstellten.

    Lucheni watete grinsend durch die Kloake, geleitet von Luca, der eine Fackel trug.

    Der Barde zog die Luft tief ein "Hach, das ist der Geruch des Abenteuers und der Freiheit!"

    Luca schüttelte nur den Kopf "Dich hat deine Mutter auch einmal zu oft fallen lassen was?"

    Lucheni kam daraufhin näher zu Luca und legte seinen Kopf beinahe auf dessen Schulter, während er gebückt hnter ihm herwatete "Aber sag mal: Wo gehen wir eigentlich hin? Also bei dieser Art von Straße ... lass mich raten! Ein Fest eines Königs?"

    Luca sah kurz schmunzelnd zu Lucheni und stieß ihn kurz den Ellenbogen in die Seite, so das dieser leicht zischte und mit dem Kopf gegen die niedrige Decke stieß.

    "Garnicht mal so verkehrt ..." sprach der Junge "Wir gehen zum Sanktum der Wunder, unserem Unterschlupf. Dort residiert Gringoire, der Bucklige. König der Bettler und Herrscher des Rotwelschenreiches."

    Lucheni sah nun ungewohnt ernst aus "Das Sanktum der Wunder ..." wiederholte er fast ehrfurchtsvoll, ehe er dann wieder grinste "Genau deshalb bin ich hier. Man kennt es weit über die Grenzen Dalarans hinaus. Kaum ein Bettlerunterschlupf ist damit vergleichbar."

    Luca nickte "Schon garnicht, seit der Turm der Wonne in Stratholme ausgelöscht wurde."

    Lucheni grinste, sein Ausdruck hatte fast etwas beängstigendes "Du kennst den Turm? Haha, du kommst aus Stratholme!"

    Luca sah kurz erschrocken hinter sich, ehe er sich wieder umwandte und wieder die Ruhe selbst war "Ach du spinnst ..."

    Der Hochelf kicherte "Ertappt. Doch sag mal ..."

    Lucheni tänzelte rasch vor Luca und sah ihn grinsend in die Augen "Dein Kumpan da oben wurde niedergemetzelt und du bist so kühl ... seltsam ... oder?"

    Luca zischte, während er sich an Lucheni vorbei schob "Halt deine Klappe, bevor ich sie dir einschlagen muss!"

    Der Barde lachte hysterisch auf und bekam sich einige Minuten nicht mehr in den Griff.
    Luca schien das mehr als peinlich zu sein, lange Zeit redeten sie kein Wort miteinander.

    Dann kamen sie in eine Sackgasse.
    Der Weg endete unvermittelt vor ihnen.

    "Das Leben ist eine Straße und manchmal läuft man in eine Sackgasse." philosophierte Lucheni.

    Luca rollte mit den Augen "Du kannst auch niemals deine Fresse halten oder?"

    Der Junge sah noch einmal hinter sich und als er niemanden sah in dem Zwielicht der Fackel, ging er zu einer der Seitenwände und hob die Wand einfach zur Seite!

    Des Rätsels Lösung war einfach: Eine Holzplanke war so angestrichen und hergerichtet worden, das sie sich von der Wand nicht unterschied und verdeckte so ein Loch im Mauerwerk.

    "Einer der Seiteneingänge." sprach Luca und bedeutete Lucheni voranzuschreiten "Geh vor ..."

    Der Hochelf grinste und ging unversehens durch das Loch.

    Auf einmal spürte er einen dumpfen Schmerz, als er in den Nacken getroffen wurde und vornüber in die stinkende Brühe fiehl.

    Aus dem Dunkeln des Ganges hinter dem Loch traten mehrere Gestalten in Lumpen, mit Ohrringen und Krimskrams beladen.

    "Knüpft den Eindringling auf!" sagte einer der Angreifer, doch da kam Luca leise lachend hinzu.

    "Keine Sorge Jungs ... der Kleine gehört zu mir." grinste der Junge "Wollte mir einen Spaß mit ihm machen."

    Lucheni blubberte noch halb unter Wasser "Schöner Spaß!"

    Die Angreifer ließen von Lucheni ab, der sich schwankend aufrichtete und sich die Kleidung abklopfte, als wäre er nur eben gestolpert und ein wenig im Staub gelandet.

    "Du bist´s Luca ..." sprach einer der Lumpen-Träger "Sag ... wo ist Pierre?"

    Der Junge senkte den Blick "Ihn hats erwischt ..."

    Die Rotwelschen verzogen die Gesichter, einige spuckten aus, andere wisperten Gebete an das Licht.

    "Hatte der da damit zu tun?!" schrie wieder der Sprecher der Gruppe und hielt Lucheni ein großes Messer unter die Nase.

    Dieser grinste und hob abwehrend die Hände.

    Luca schüttelte den Kopf "Das ist nur ein fahrender Irrer ... wurde auch gejagt. Lasst ihn, ist ganz in Ordnung. Will ihn zum Buckligen bringen."

    Der Mann ließ das Messer sinken und musterte Lucheni, der kurz eine Grimasse zog, aber dann wieder grinste.

    "Gringoire wird nicht erfreut sein ... Pierre zu verlieren ist ein Verlust, er war einer der Ältesten und Erfahrensten von uns." sprach der Boss der Lumpenmannschaft.

    Luca nickte und die Gesellschaft machte sich auf, Lucheni trottete etwas hinter drein, was ihm einen harschen Kommentar des Anführers einbrachte "Nach vorne Neuer, wo ich dich sehen kann!"

    Lucheni lachte leicht und rannte nach vorn, sich umwendent um rückwärts vor der Gesellschaft zu laufen.

    "Mein Name ist Lucheni Sunsong, fahrender Barde und ..." begann er, doch wurde er dann harsch unterbrochen.

    "Mir scheißegal wie du heißt Hundsfott!" bellte der Anführer, während Luca grinste "Wenn der Boss sagt, du darfst bleiben ... fein ... aber wenn du ihm gegen den Strich gehst ... dann ..."

    "Dann haben unsere Hunde was zu fressen!" lachten die Anderen und beendeten so den Satz.

    Lucheni zuckte nur mit den Schultern und sah dann erstaunt auf, denn sie betraten gerade das Sanktum der Wunder.

    Durch einen etwas größeren Durchgang kam die Gesellschaft in ein großes Gewölbe, in dem der stinkende Fluss versiegte und es trocken war.

    Fast war die Halle mit ihren zwei Stockwerken, den hölzernen, wie steinernen Aufbauten und den hohen Bogendecken wie ein großer offener Platz.

    In den Kuhlen und Einbuchtungen der verschachtelten Architektur, waren Wagen aufgestellt, kleine Holzbauten errichtet oder durch Vorhänge abgetrennte Bereiche geschaffen worden.

    Man sah viel Volk, Tänzer, Bettler, Schausteller.

    Aber auch Diebe, dunkle Robenträger, zwielichte Händler und grimmige Söldner.

    Zumeist waren es Menschen oder Gnome, doch auch Hochelfen und Goblins schienen sich hierher zu verirren.

    Alles mutete Bund, laut und zuweilen auch fröhlich an, da viele Schausteller auch hier gegen ein wenig Bares ihre Dienste feilboten.

    Gestohlene Ware wurde hier und da angeboten. Sklavenhandel betrieben oder einfach nur Informationen ausgetauscht.

    Dies war das Sanktum der Wunder. Das Reich der Rotwelschen, hier wo der Abschaum frei war.

    Luca blieb zurück und lief zu ein paar anderen Halbstarken, die zu weilen noch verkommener und verwahrloster aussahen als er.

    Lucheni sah dem Jungen nur kurz nach, ehe er nach vorne gedrückt wurde "Wir gehen zum Boss! Benimm dich!" lachten seine Begleiter.

    Eigentlich gab es nur zwei Ebenen, doch war über der zweiten steinernen Ebene hier und da ein Balkon aus Holz oder ein kleines Haus errichtet worden.

    In der Mitte des großen Platzes, der das Sanktum dominierte, stand auf der zweiten Ebene ein riesiges Schafott mit sechs Galgen.

    Ein paar Stufen führten von dort in die dritte Ebene auf einen hölzernen Balkon.

    Dort oben, die "Stadt" unter dem Hochsitz überblickend, war ein großer Thron aus bunten und samtenen Kissen aufgehäuft worden.

    Acht grimmig aussehende Rotwelschen - alle an die Zähne bewaffnet - standen an den Rändern des Balkons wache.

    Lucheni wurde auf den Boden gedrückt, als er oben ankam und der Anführer raunte "Verneige dich vor deinem König!"

    Lucheni blickte etwas auf, zuerst konnte er aus dem Meer aus Kissen nur drei wunderschöne Frauen in einem Hauch von Nichts erkennen.
    Es waren zwei Menschinen und eine rothaarige Hochelfe.

    Doch in der Mitte des Throns saß eine kleine Gestalt, in feine Stoffe gehüllt und adret gekleidet, ein Blickfang in dieser von Lumpen dominierten "Stadt".

    Der Gnom, der ein vom Wetter gegärbtes Gesicht besaß und einen unübersehbaren Buckel hatte, grinste Lucheni böse an, während die Hochelfe sich an ihn schmiegte.

    "Ich bin Gringoire ..." sprach der Gnom, mit einer verführerischen und einschmeichelnden Stimme "... willkommen in meinem Reich!"



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 07.12.2007, 19:10


    Das Vertrauen

    Die fröhliche Musik des Sanktums der Wunder drang an Lucheni´s Ohr, während er sich langsam erhob und sich tief verneigte.

    Gringoire, der bucklige Gnom und König der Bettler sah ihn jedoch nicht an, sondern sprach nur theratralisch "Mein armer Pierre ... ich kannte ihn wohl."

    Denn soeben war dem Buckligen der Tod eines seiner Lakaien mitgeteilt worden.

    Lucheni grinste und räusperte sich spöttes "Ähm ... Sire?"

    Der Gnom richtete nun seine Aufmerksamkeit auf Lucheni, während er mit einer seiner Hände über den Körper der Hochelfe fuhr, die dabei ihre Augen schloß.

    "Du bist dieser Lucheni?" sprach der Gnom. Ein paar graue Strähnen durchfuhren sein ansonsten feuerrotes Haar und die Falten in seinem Gesicht kündeten von einem höheren Alter auf den Straßen Dalarans.

    "Der bin ich MyLord." grinste Lucheni "Lucheni Sunsong, fahrender Barde und ich erbitte Asyl in ihrem freiheitsliebenden Paradies."

    Eine der Gespielenen des Narren-Fürsten sah Lucheni gelangweilt an "Hast du uns ein Geschenk mitgebracht?"

    Der Gnom lachte auf "Das Täubchen hat recht .. was hast du uns mitgebracht? Du wirst doch nicht mit leeren Händen gekommen sein? Das wäre höchst unhöflich!"

    Lucheni verschränkte kurz die Arme und überlegte "Etwas mitgebracht .. nun .. Ja! Ich bringe euch Freude und Unterhaltung, eure Narrheit!"

    Er machte eine tiefe Verbeugung und als er sich wieder aufrichtete, hatte er plötzlich vier Bälle in verschiedenen Farben in der Hand, mit denen er sodann anfing zu jonglieren und dabei immer wieder Kunststücke aufführte.

    Gringoire verzog das Gesicht "Ich mag ihn nicht ..."

    In dem Moment, als der Gnom dies sagte, wurde Lucheni von einem der Wächter am Hals gepackt und er ließ die Bälle ruckartig fallen, die davon sprangen und tief hinab in die "Stadt" stürzten.

    Lucheni röchelte, während er heiser sprach "Schon gut .. schon gut .. ich habe ... etwas .. anderes."

    Der Wächter ließ Lucheni los, kurz schnappte er nach Luft, ehe er aus einer versteckten Innentasche ein paar Silbermünzen herauszog und sie vor den Kissen-Thron schmiss.

    "Schon besser." kicherte der Gnom erfreut "Das Leben hier ist mit ... Steuern .. verbunden ..."

    Eine der menschlichen Gespielinen ging etwas vor und beugte sich mit einem verführerischen Hüftschwung nach dem Geld, das sie sodann in ihrem Dekolleté verschwinden ließ.

    Während Lucheni auf den Knien etwas hustete, um wieder zu Luft zu kommen, fuhr der Gnom fort "Wir hier sind die Zuflucht aller aufrechten Mittellosen in dieser schönen Stadt. Ich bin der gütige Vater dieser Gemeinschaft und sorge für Sicherheit und Wohlstand meiner Kinder."

    Lucheni kam wieder auf die Beine und lauschte dem König erst einmal schweigend.

    "Dafür verlange ich einen Teil eurer Einnahmen ... egal ob diese vom Betteln, Stehlen, Schaustellen oder sonstigen Dingen herrührt. Was ihr in der Vergangenheit getan habt ... welche Verbrecher ihr begangen habt oder noch begehen werdet ... ist mir gleich."
    Sprach der Bucklige "Doch habt ihr euch an unsere Regeln zu halten ... ansonsten werden wir euch dem lauernden Wolf vorwerfen ... Richter Claude, dem Dämon, der diesen unseren Himmel hier ständig bedroht."

    "Stets zu euren erlauchten Diensten eure Narreheit. Mein Gesang, mein Lied und meine Kunst, vollständig, ehrlich und ohne Einschränkungen zu eurer allumfassenden Verfügung." säuselte Lucheni.

    Der Gnom schmunzelte "Vielleicht mag ich dich ja doch kleiner ... Jedoch, mögen .. reicht hier nicht! Wir müssen wissen, das wir dir Vertrauen können."

    "Denn sieh ..." er machte eine schweifende Geste "... wir alle hier vertrauen und lieben uns ... wie eine große glückliche Familie ..."

    Die Wächter lachten heiser, während ihr Boss fortfuhr "Und ich will nicht, das sich das hier ändert ... deshalb, wirst du uns einen Beweis deiner Loyalität bringen .. und für uns eine kleine Aufgabe erledigen."

    Lucheni nickte, nun etwas erster "Was soll ich tun, König der Schausteller?"

    "Richter Claude hast du ja bereits kennen gelernt?" fragte Gringoire, Lucheni nickte dazu zustimmend.
    "Gut ... er ist der Wächter der Stadt. Richter und Stadtvogt in einer Person. Seit fast 15 Jahren jagt er uns und versucht das Saktum der Wunder zu entdecken. Er sieht es wohl als seine Pflicht ... doch hasst er uns auch abgrundtief. Wir sind nicht mehr als Ratten für ihn."

    Der Gnom seufzte "Und gestern hat er eine dieser Ratten gefangen. Die kleine Aria arbeitete für uns wiedermal am großen Markt und hob Geldbörsen auf, die Leute zufälliger Weise "verloren" hatten."

    Lucheni grinste leicht, zu des Gnoms Ausführungen, doch eine der Gespielinen zischte "Das ist nicht komisch!"

    Lucheni nahm einen betont - und übertriebenen - ernsten Gesichtsausdruck an, während der König der Bettler weiter erklärte "Heute Nacht soll sie vom Hauptquartier der Stadtwache zum Justizpalast überführt werden."

    "Du wirst sie befreien ..." befahl der Gnom.

    Lucheni grinste "Gut! Und ich dachte schon, ich solle ihr ein Brot backen."

    Der Gnom lachte auf "Dein Humor wird dich noch einmal umbringen ..." er sah ihn böse an "Früher als dir lieb sein mag ..."

    Lucheni hob abwehrend die Hand "Seid unbesorgt euer Narrheit ... ich werde sie befreien."

    "Gut ..." entgegnete Gringoire "Und nun weg mir dir ... ich warte auf die Nachricht deines Todes."

    Sofort wurde Lucheni von einem Wächter weggeführt und unsanft zur Treppe geworfen, die er fast hinabgefallen wäre, hätte er sich nicht blitzschnell festgehalten.

    "Wirklich ein sehr netter Empfang." murmelte er, während er hinab auf die erste Ebene stieg.

    Unten angekommen, wurde er - ehe er sich noch umsehen konnte - von einem Jungen gegen das Schienenbein getreten.

    Es war Luca, der ihn harsch anzischte "Na ganz herrlich! Hätt ich dich lieber verrecken lassen!"

    Lucheni sah ihn verblüfft an, er war wohl so perplex, das er diesmal keine Scherze machte "Was hast du denn?"

    "Komm mit!" schrie Luca, während er wütend davon stapfte "Ich soll dir helfen!"



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 08.12.2007, 19:22


    Im Dienste der Gesetzlosen

    "Hälst du jetzt endlich mal deine Klappe!" schrie Luca aufgebracht, so das es durch die Kloake unterhalb Dalarans hallte.

    Einige Ratten sprangen quickend davon, wohl von dem lauten Geräusch aufgeschreckt.

    Lucheni hielt sich grinsend die Ohren "Ich dachte still zu sein, wäre oberstes Gebot."

    Der Junge knirschte kurz mit den Zähnen "Ist es auch du verdammter ..." er seufzte "Wenn wir einen Fehler machen, sind wir in Claude´s Gewalt und das ist der Nether auf Azeroth!"

    Luca warf Lucheni eine Maske zu "Zieh das an! Er darf uns nicht erkennen ... das ganze ist eine Falle ... da bin ich mir sicher."

    Lucheni legte grinsend die Maske an und zupfte sie zurecht "Natürlich ist das eine Falle!" er lachte "Wer würde einem sonst die Möglichkeit geben, bei einem nächtlichen Verlegungsakt eine Flucht durchzuführen."

    Sein junger Führer legte ebenfalls seine Maske an "So ist es! Du scheinst ja doch etwas Verstand zu besitzen. Das ist des Buckligen Test ... wenn du diese unmögliche Aufgabe erledigst, gehörst du zu uns ... der Boss muss dich ja wirklich hassen."

    "Liegt sicher an meiner Ausstrahlung!" lachte Lucheni "Ich nehm ihm die Frauen weg!"

    Luca antwortete nicht darauf und stieg kopfschüttelnd die Stufen zur Straße hinauf.

    Als Lucheni ihm hinterher kam, lachte er "Dich muss der Bucklige ja aber auch hassen, wenn er dich hier mitschickt .. oder wollte er mir bedauernswertem kleinem Strauchdieb nur eine Chance lassen?"

    Der Junge kam oben auf die Straße und blickte sich um.

    Es war Nacht und die magischen Lampen der Stadt erhellten die Prunkstraßen, während die Gassen in Dunkelheit lagen.
    Hoch über ihnen funkelten die Sterne und die Lichter der Türme und Paläste der Regierungsviertels.

    "Er schickt mich mit dir, weil das die Strafe dafür ist, das ich Pierre habe sterben lassen." knirschte Luca, als er Lucheni nach oben half und ihn dann unsanft auf den Pflasterboden stieß.

    Lucheni blieb davon unbeeindruckt und sprang akrobatisch auf, folgte dann dem Jungen, der schon vorauslief.
    Immer eng an den Häuserwänden und im Schutze der Schatten.

    "Es herrscht Ausgangssperre bei Nacht ..." wisperte Luca "Nur Staatsbeamte und Unruhestifter - also wir - sind jetzt noch auf den Straßen."

    Lucheni nickte, man konnte sehen, das er sich einen Kommentar verkniff. Doch trotz aller Narretei, wusste er, wie gefährlich diese Aktion war.

    Luca kam an das Ende der dunklen Gasse, die zu einer der Prunkstraßen führte und drückte sich an die Wand, Lucheni mit sich ziehend.

    Dieser lugte um die Ecke und ließ seinen Kopf dann rasch wieder hinter der Ecke verschwinden.

    Eine schwarze Kutsche mit den Insignien Dalarans wurde von zwei Pferden langsam die Straße herauf gezogen.
    Es war eine Haft-Kutsche mit Gittern vor den kleinen Fenstern.

    Das Fuhrwerk war von sechs Soldaten umstellt und vor dem gesammten Zug ritt auf einem Schimmel der wachende Wolf der Justiz, Richter Claude.

    "Also .. es ist jetzt besonders wichtig .. das wir ..." wollte Luca erklären, doch da lief Lucheni schon schnurrstracks an ihm vorbei auf die Straße.

    "Licht ... womit hab ich das verdient!?" fluchte Luca und presste sich an die Wand, Lucheni beobachtend.

    Dieser tänzelnde fröhlich auf die Straße, wieder hatte er mehrere Bälle in der Hand und jonglierte vergnügt.

    Der gesammte Zug blieb sofort stehen, sowohl die Soldaten, als auch der Stadtvogt sahen den Schausteller fassungslos an, soetwas hatten sie wohl nicht erwartet.

    "Oh, die Hohen Herren. So spät noch wach? Bedenkt die Ausgangssperre!" lachte Lucheni und sah mahnend zum Richter.
    "Nicht, das ihr noch Ärger bekommt!"

    Claude verzog das Gesicht "Elender Abschaum, wagt es sich über mich lustig zu machen!? Wachen!"

    Zwei der Wachen traten vor und bewegten sich langsam auf Lucheni zu, doch dieser - statt zurück zu weichen - ging ihnen, immer noch jonglierend, entgegen.

    Einer der Wachen zog mit seiner Lanze auf, allerdings mit der stumpfen Seite, er wollte den Narren wohl nicht unnötig verletzten, sondern nur kampfunfähig machen.

    Derweil schritt sein Kollege hinter ihm.

    Lucheni grinste, als er dem Schlag des Soldaten auswich, ihm ruckartig einen der Bälle ins Gesicht warf und seine Lanze am Kopfende packte.

    Der Soldat schrie auf, als er ins Gesicht getroffen wurde und hielt die Lanze nicht mehr fest genug, so das Lucheni sie mit großer Kraft nach hinten stemmen konnte und so den zweiten Wachmann durchbohrte.

    Der Richter zischte, als der erste seiner Männer röchelnd zu Boden ging.

    Lucheni holte derweil aus und schlug mit voller Kraft dem ersten Soldaten - der sich noch immer das schmerzende Gesicht hielt - nochmals genau in jenes.

    Man konnte den Kiefer knacken hören, als nun der zweite Mann der Stadtwache umkippte.

    Die restlichen Vier sahen den Angreifer fassungslos an, ein großer Fehler, denn diese Unvorsichtigkeit nutze Lucheni um zwei Wurfmesser zu ziehen.

    Sie schwirrten durch die Luft und trafen zwei weitere Soldaten, einmal in die Schulter und das andere mal in das rechte Bein.

    Als diese Beiden nun auch kampfunfähig zu Boden gingen, sporrnte der Richter sein Pferd an "Beim Licht, das büsst du!"

    Rasch wandte sich Lucheni in einer fließenden Bewegung ab, ehe er zertrampelt worden wäre und rannte auf die Kutsche zu.

    "Luca! Zur Kutsche!" schrie er und der verblüffte Junge nickte und gehorchte.

    Lucheni stieß einen der zwei verbliebenen Wächter zur Seite und schwang sich auf den Kutschbock, wo der letzte der Wächter mit einer raschen Bewegung schnell dem Straßenboden näher kam.

    Luca zu sich hinaufziehend, gab Lucheni den Pferden die Sporren und die Kutsche setzte sich polternd in Bewegung.

    Claude drehte sich gerade um, als er sah, das die Kutsche mit riesigem Gepolter auf ihn zu kam.

    Er wandte das Pferd um und flüchtete so nun selbst vor der Kutsche um nicht von ihr gerammt zu werden.

    Lucheni stand nun auf dem Kutschbock und peitschte die Pferde immer wieder an "Schneller! Schneller! Schneller! Schneller!" lachte er.

    Ungläubig sah Luca seinen unfreiwilligen Gefährten an "Unglaublich ... du bist echt verrückt."

    Lucheni grinste den Jungen an "Nicht wahr?!"

    Immer näher kam die Kutsche Claude´s Pferd und drängte ihn beinahe von der Straße.

    "Bist du von allen guten Geistern verlassen!" schrie Luca "Wenn du ihn rammst, wird die Kutsche sicherlich umkippen! Kannst du überhaupt eine Kutsche steuern?"

    Lucheni zuckte mit den Schultern "Nein .. ist aber garnicht so schwer, wie es immer aussieht."

    Claude zischte und lenkte sein Pferd etwas zur Seite, als die Straße breiter wurde und kam näher an den Kutschbock heran.

    Im Reiten zog der Richter sein Schwert und sah Lucheni hasserfüllt an.

    "Los nimm die Zügel!" schrie Lucheni und drückte sie dem verdutzten Luca in die Hand.

    "A ... Aber .. ich hab sowas noch nie gemacht!" schrie der Junge entsetzt.

    Lucheni grinste, während er zwei Dolche zog "Ist nicht so schwer, du darfst bloß nicht gegen die Häuser fahren!"

    Claude war derweil mit Lucheni auf einer Höhe und ließ sein Schwert in dessen Richtung niedersausen.

    Der Richter hatte eine Kraft, die man von ihm wohl nicht erwartet hatte und so strauchelte Lucheni als er den massiven Schlag mit seinem Dolch abwehrte.

    Dabei verlor er seine Maske, die im Fahrtwind weit weggeweht wurde.

    Claude starrte Lucheni an und schien sich jede Einzelheit seines Gesichtes genau einzuprägen.

    Luca sah das und schrie entsetzt auf "Er hat dich gesehen!"

    Lucheni zischte und schmiss seinen Dolch, doch traf er nur Claude´s Pferd, das strauchelte und letztlich zusammenbrach.

    Lucheni sah hinter sich, wo der Richter sich wütend aufrichtete, während an ihm mehrere Reiter der Stadtwache vorbeiritten, auf die Kutsche zuhaltend.

    "Wir bekommen noch ein paar Freunde der schönen Künste. Wir sollten aussteigen ..." witzelte Lucheni.

    "Ja sollten wir!" nickte Luca eifrig, der derweil die Zügel losgelassen hatte und nach vorne zeigte, wo einer der Kanäle Dalarans immer näher kam.

    Lucheni antworte darauf nicht weiter und kletterte hinab zur Kutschentür, die er mit einem ruckartigen Tritt aus den Angeln schmetterte.

    In der Kutsche war es dunkel, nur ein kleines gefesseltes und geknebeltes Mädchen - höchstens um die zehn Jahre alt - war darin und blickte Lucheni angsterfüllt an.

    "Keine Sorge Kleines ... bin da um dich zu retten." lächelte Lucheni und nahm der Kleinen den Knebel ab, was ihm sofort mit einem durch Mark und Bein gehenden Schrei vergolten wurde.

    Luca schrie von oben herab "Was machst du da unten?"

    "Uns nett unterhalten!" war Lucheni´s Antwort, als er auch schon das Mädchen auf die Arme nahm und zur Tür schritt.

    Die Häuser rasten an ihnen vorbei, doch springen war die einzige Möglichkeit hier heraus zu kommen.

    Immer noch schrie das Mädchen unentwegt.
    "Musst du dauern so schreien!" empörte sich Lucheni "Noch einmal und ich steck dir den Knebel wieder rein!"

    Das Mädchen verstummte sofort und Lucheni atmete tief durch, ehe er sprang.

    Während des Sprunges drehte er sich so, das er auf dem Boden aufkam und das Mädchen durch seinen Körper geschützt war.

    Leicht stöhnte er auf, während Luca neben ihm aufkam, um einiges filigraner als er.

    Das Mädchen schien derweil in Ohnmacht gefallen zu sein.
    Lucheni kümmerte das scheinbar nicht weiter, er kam schwankend auf die Beine und packte Luca um ihn mit sich in eine Gasse zu ziehen.

    Derweil raste die Kutsche zum Kanal und kam mit gewaltigen Lärm in dessen Wasser auf.
    Einige Lichter wurden im Umkreis entzündet, scheinbar war der Tumult bemerkt worden.

    Die Reiter hatten scheinbar die Flucht nicht bemerkt und ritten im vollen Gallop an der Gasse vorbei Richtung des Kanals.

    Lucheni und Luca hatten sich derweil an die Häuserwand gepresst und atmeten hechelnd durch.

    Der Junge sah Lucheni - der das Mädchen in seinen Armen hielt - angsterfüllt an "Er hat dich gesehen! Der Richter hat dein Gesicht gesehen!"

    Lucheni grinste "Na und?"

    "Na und!" zischte Luca, nur schwer einen Schrei unterdrückend "Er wird dich suchen lassen .. dich jagen und wenn das Gringoire herausfindet, lässt er dich hängen! Du wärst eine zu große Gefahr!"

    Lucheni´s Augen wurden auf einmal scharf und kühl, er packte den Jungen mit der freien Hand und zog ihn zu sich "Du wirst deinen Mund halten! Und niemanden davon erzählen! Oder ich werde dafür sorgen müssen!"

    Luca war perplex über diese unerwartete Wendung und nickte nur eingeschüchtert.

    Lucheni erhob sich und sagte ungewohnt ernst "Nun komm ... ich will meine Belohnung abholen."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 21.12.2007, 19:21


    Die Zwei Seiten der Medaille

    Das Saktum der Wunder toste vor Aufregung.

    Alles zwielichtige Volk der Untergrund-Stadt hatte sich am großen Platz vor dem Hochsitz des Bettlerkönigs versammelt.

    Lucheni und Luca waren mit der kleinen Aria in den Bettlerschlupfwinkel zurückgekehrt.

    Das Mädchen hatte sich energisch gestreubt dorthin zurück zu kehren und Lucheni - obwohl der sich darüber wunderte - bekam keine Antwort von Luca darrüber.

    Jetzt war es dem Barden vollkommen klar, wieso das Mädchen so verstört gewesen war und mit - für ihn ungewohnter -kalter Miene sah er dem Schauspiel zu.

    Gringoire humpelte auf dem hölzernen Aufbau des großen Schafotts hin und her, während er zur Menge sprach und auf das erhängte Mädchen hinter sich zeigte.

    "Das passiert mit all jenen, die der Richter erkennt! Sie war eine Gefahr! Eine Gefahr für unsere Gemeinschaft!" schrie der Bucklige.

    Viele der Rotwelschen auf dem Platz sahen mit grimmiger Miene auf, viele Frauen weinten sogar.
    Es war unliebsam, doch dies gehörte zum Leben im Sanktum dazu.

    Hinrichtungen waren an der Tagesordnung.
    In einer Stadt aus Dieben, Mördern und Halunken mussten die wenigen Gesetze des Bettlerkönigs mit brutaler Härte durchgesetzt werden.

    Der Gnom breitete seine Arme in einer väterlichen Geste aus "Nur ich kann euch beschützen! Hier im Sanktum der Wunder sind wir sicher vor dem Wolf der uns reißen will! Aber nur solange ihr meinen Befehlen folgt!"

    Luca, der neben Lucheni stand sah seinen ungewohnt ernsten Ausdruck und flüsterte ihm zu "Gringoire muss das tun um seine Postition zu festigen, er herrscht auch durch Furcht. Wenn er gnädig handeln würde, müsste er eine Rebellion befürchten."

    Luca zog Lucheni am Ärmel mit sich, hinaus aus der glotzenden Menge, hin zu einem Aufbau aus Holz und Stoff, wo ein kleines Lagerfeuer brannte und Sitzgelegenheiten aus zerschlissenen Stoff standen.

    Lucheni setzte sich und nahm sich etwas von dem Braten, der über dem Feuer hing. Ihm schien egal zu sein, ob es jemand anderem gehören könnte.

    "Der bucklige kleine Möchtegern König scheint aber alle Fäden fest in seinen fettigen kleinen Fingern zu halten." er grinste nun wieder gewohnt schelmisch "Wie konnte sojemand in so eine Position gelangen, wo er den ganzen Tag nichts tut, als an seinen wohlgeformten Spielzeugen rumzufingern?"

    Luca seufzte und blieb stehen, während er erklärte "Genau kann ich es auch nicht sagen ... aber vor mehr als 20 Jahren gab es das Sanktum der Wunder noch nicht, jedenfalls nicht so, wie heute."

    Lucheni hörte kauend und schmatzend zu, während er sich umsah und sich die kunterbunten und närrisch geschmückten Unterschlüpfe des Sanktums und ihre ebenso kunterbunten und gleichzeitig pechschwarzen Bewohner betrachtete.

    "Es gab Unterschlüpfe ... aber keine Stadt." fuhr Luca fort "Viele Banden stritten um die Vorherrschaft im Rotwelschenreich und es hatte seit langen Dekaden keinen Bettlerkönig mehr gegeben."

    "Waff gehah damm?" fragte Lucheni mit vollem Mund und Luca musste sogar kurz schmunzeln.

    "Ein Rotwelschenführer kam, seinen wahren Namen kenne ich nicht, aber er nannte sich Narbengesicht." nun setzte sich der Junge doch "Der Bucklige gehörte zu seiner Bande, die sich die Spötter nannten. Narbengesicht bestach die Stadtwache und erstickte jeden Widerstand mit blutiger Gewalt im Keim."

    Luca machte eine schweifende Geste und wollte damit seinen Worten noch mehr Nachdruck verleihen "Er errichtete das Sanktum und vereinte die Rotwelschen. Er wäre sicher der nächste Bettlerkönig geworden."

    Lucheni runzelte die Stirn und schluckte seinen Bissen runter "Ist er´s nicht geworden?" fragte er kurz, ehe er wieder ein riesiges Stück abbiss.

    Der Junge schüttelte den Kopf "Gringoire verriet ihn."

    Luca senkte die Stimme und sah sich kurz um, scheinbar um sicher zu sein, das sie nicht belauscht wurden.
    "Man darf nicht darüber sprechen, doch jeder weiß es. Narbengesicht wurde ermordet aufgefunden. Man war sich sicher, das es der Bucklige war, doch als Narbengesichts rechte Hand, wurde er dennoch zum neuen Anführer der Spötter."

    Luca sprach dann wieder lauter, als das heikle Thema zu Ende war "Er machte sich dann selbst zum Bettlerkönig, die Spötter waren ihm loyal und so konnte er alle anderen Banden auflösen und seit dem gab es nur noch die Rotwelschen und keine kleineren Gruppierungen mehr."

    Lucheni grinste, und man konnte ein paar Essensreste zwischen den Zähnen sehen, die er langsam mit einem kleinen Zahnstocher entfernte "Klingt nach ner Erfolgsgeschichte. Hätt ich dem kleinen Fettsack garnicht zugetraut. Meinen Respekt!"

    Luca lächelte leicht, das erstemal, seit dem sie sich kannten "Es begann eine Zeit des "Wohlstandes" für uns Bettler. Die Stadtwache lies sich bestechen oder wurde mit der vereinten Macht der Gesetzlosen nicht mehr fertig. Gleichzeitig hatten wir mit dem Sanktum ein sicheres und geheimes Versteck."

    Lucheni warf rasch ein, als der Junge eine Pause machte "Du sprichst so, als wärst du dabei gewesen ... siehst noch garnicht so alt aus." er grinste schelmisch.

    Luca war durch diese Frage kurz aus dem Konzept gebracht und winkte dann ab "Nein ... nein, ich war nicht dabei ... Pierre ... er erzählte mir davon."

    Der Junge wirkte kurz niedergeschlagen und Lucheni hielt einen Kommentar scheinbar bewusst zurück, darauf wartend, das Luca weiter erzählen würde.

    "Dann kam Claude ..." führte Luca weiter. "Er war einer der jüngsten Gardeoffiziere die es jemals in Dalaran gegeben hatte. Er lies sich nicht bestechen und beendete die Korruption innerhalb der Stadtwache."

    Lucheni nickte und konnte sich scheinbar gut vorstellen, das der Richter so handeln würde.

    "Das Volk war auf seiner Seite ... zwar war er hart, aber eben gerecht und er beendete damit unsere Herrschaft auf den Straßen." Luca schwang seine Beine leicht hin und her, als er auf einer Kiste saß und seine Füße nicht den Boden berührten "Er jagte uns ohne Unterlass und erzielte dabei viele Erfolge. Hunderte, wenn nicht schon tausende wurden während seines Regimes gefangen oder getötet. Er räucherte viele kleinere Verstecke aus und setzte viele neue harte Gesetze gegen uns Bettler und das fahrende Volk durch."

    Lucheni hatte scheinbar genug gegessen und wischte sich seine fettigen Finger an seiner Kleidung ab "Warum hasst dieser Wolf des Gesetzes uns so? Ich meine ... normalerweise sind Staatsbeamte doch selbstverliebt und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Meist sehr empfänglich für Bestechung."

    Luca zuckte mit den Schultern "Wer weiß ... wer weiß."

    Derweil im Regierungsbezirk der Stadt.

    Zwischen den großen Türmen und Trutzfesten aus Gold und Adamant ragte nicht unweit der violetten Zitadelle ein großes steinernes Gebäude empor.

    Seine zackigen Zinnen und violetten Fahnenmasten wirkten hart und kalt in der sonst prunkvollen Stadt.
    Fast schon bedrohlich warf das Gebäude seinen Schatten auf dem Platz vor sich und auf die Gassen um es herum.

    Nur sporadisch erleuchteten die magischen Lampen des Gebäudes und der Straßen den Platz und betteten es in ein gelblich schimmerndes Gewand.

    Der Justizpalast.
    Hauptquartier der Stadtwache, Gerichtsgebäude, Gefängniss und Heimstatt des Stadtvogts und des obersten Richters.

    Das Kaminzimmer hoch oben in einem Turm des Palastes war sperrlich eingerichtet.
    Hohe Fenster führten viel Licht in den Raum und eine Glastüre führte auf einen steinernen Balkon, von dem man auf den Platz und die Stadt hinab sehen konnte.

    Die Wände waren - mit Ausnahme eines Wandteppichs mit den Insignien Dalarans und des Lichtes - vollkommen kahl und zeigten den massiven Stein.

    Über dem großen Kamin, in dem ein prasselndes Feuer loderte hing ein riesiges Lichtsymbol, das von den Flammen gar mystisch beleuchtet wurde.

    Vor dem Kamin lag ein kleiner violetter Samtteppich, auf dem ein hölzernern Thron stand, der mit zahlreichen Verzierungen gesäumt war.

    Seine Lehnen waren wie Wolfsköpfe geformt und auf dem Thron selbst saß der Wolf der Justiz.

    Richter Claude hatte seine Hände in die Lehnen gekrallt, während er versuchte den Schmerz zu vergessen.

    Beim - von Lucheni verschuldeten - Sturz vom Pferd hatte sich der Stadtvogt die rechte Seite geprellt.
    Es war nicht sonderlich schlimm, so hatte der Priester gesagt und in einigen Tagen wäre der Richter wieder wohl vollkommen wohlauf.

    Dennoch war es die Blamage, die Claude quälte.

    "Licht, wie konnte so ein Rotwelsche mich nur vorführen! Er konnte fliehen, hat die Gefangene befreit, sechs meiner Männer verletzt, wenn nicht gar getötet und mich verspottet!"

    Der Richter sah in das prasselnde Feuer, das den ansonsten leeren Raum erhellte "Doch ich sah sein Gesicht ... und das wird sein Untergang sein."

    Claude lehnte sich zurück "Morgen beginnt die Jagd."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 03.01.2008, 20:04


    Wolfsjagt

    "Achtung!" hallte es über den Innenhof des Justizpalastes.

    Es war früh am Morgen, während nur wenige aufrechte Bürger der Stadt auf den Straßen waren zwitscherten bereits vergnügt die Vögel in den Grünanlagen der Stadt und von den hohen Marmordächern.

    Die morgendliche Stille wurde nur von dem Klirren der Waffen und Rüstungen der Stadtwache durchbrochen, die gerade in Stellung gingen.

    Wiedermal wollte ihr Herr auf Jagd gehen, das bedeutete für sie viel Arbeit und Fehler wurden vom Stadtvogt nicht geduldet.

    Der Offizier drehte sich von den in Reih und Glied stehenden Soldaten weg und salutierte vor dem obersten Richter der Stadt.
    "Eure Befehle Herr?"

    Claude sah mit dunkler Miene auf seine Männer, er war voll bitterer Entschlossenheit, denn jedesmal wenn er sich zu sehr bewegte spührte er die Verbände unter seiner schwarzen Tracht und wurde somit sofort wieder an Lucheni und seine Blamage erinnert.

    "Wir werden uns auf die Jagd begeben Hauptmann. Es wird Zeit dem Abschaum der Stadt wieder eine Lektion zu erteilen." sprach der Richter, während er sich schon zu seinem Ross umwandte.

    Da sein Schimmel von Lucheni verletzt worden war, hatte der Richter sich nun für einen großen Rappen entschieden.

    "Auf die Pferde!" befahl der Hauptmann und die Stadtwache machte sich auf mit ihrem Herrn auf die Jagd zu reiten.

    Die Stadtbevölkerung machte ehrfürchtig platz wenn Claude und sein Batallion die Prunkstraßen abritten.
    Der Richter war geehrt und hoch angesehen, vorallem unter dem Großbürgertum des Stadtstaates.

    Doch das kleine Volk und die einfachen Bürger fürchteten ihn gleichwohl wegen seiner harten und unbarmherzigen Politik.
    Viele die im Verdacht gestanden hatten, Unrecht verübt zu haben waren schon allein wegen des Verdachtes verurteilt und abgeführt worden.

    Wem nachgewiesen wurde, die Gesetze gebrochen zu haben, sich mit den Rotwelschen eingelassen zu haben oder sich gegen die Staatsmacht auflehnte, der konnte davon ausgehen, das seine gesammte Existenz bald vom Wolf der Justiz zerrissen werden würde.

    Vorallem jene, die oft mit den Rotwelschen zu tun hatten, mit ihnen zusammen arbeiteten oder sich für sie einsetzten traf es am willkürlichsten.

    So war das Armenviertel mit jenen, die zwischen dem Abschaum auf der einen und mit den aufrechten Bürgern auf der anderen Seite lebten, immer wieder Schauplatz von Scharmützeln zwischen der Stadtwache und den inneren Feinden der Stadt.

    Und die dort lebende Bevölkerung oft Opfer beider Seiten.

    So auch wieder an diesem Morgen.

    Eine Menschenmenge hatte sich schon vor dem Haus des Köhlers versammelt.
    Die Wachen hatten alle Mühe sie vom Eingang fernzuhalten, während ihr Herr im inneren Recht sprach.

    "Es wurde ein heidnischer Anhänger auf eurem Grund und Boden gefunden, gewährt ihr Rotwelschen Unterschlupf?" die kalten Augen des Richters lagen auf dem kleinen untersetzten Köhler, während er in Händen einen kleinen buntgeschmückten Anhänger hielt, der sehr oft vom fahrenden Volk getragen wurde.

    Zwei Wachen flankierten den armen Köhler, der vor dem Stadtvogt auf die Knie gefallen war "Mein Haus steht den müden Reisenden stets offen. Bitte habt Gnade mein Lord!"

    Claude seufzte und sah den Bürger dann gefühllos an "Wir werden das Haus durchsuchen, sollte sich herausstellen das ihr unschuldig seit, habt ihr nichts zu befürchten."

    Der Köhler sah den Richter mit angstvollen Augen an "Aber ich bin unschuldig mein Herr!"

    Claude´s Augenbraue zuckte als der Köhler sprach "Hauptmann. Dieser Mann lügt. Durchsucht das Haus."

    "Jawohl euer Ehren!" sprach der Offizier und sofort begannen die Soldaten die Einrichtung des Hauses auseinander zu nehmen.

    Schränke wurden umgeworfen, Möbel zerhackt - es hätte ja sein können, das sich irgendwo ein geheimer Raum befand.

    Der Bürger sah das ganze fassungslos an "Aber meine Habe! Meine Existenz! Wie soll ich ohne das überleben?"

    Der Hauptmann salutiere nach einer Weile "Nichts zu finden euer Ehren."

    Der Richter lächelte nun schwach und freudlos "Wie es scheint, haben wir euch unrecht getan guter Mann ... seit versichert, das die Magiokratie für euren Schaden aufkommen wird."

    Der Köhler seufzte erleichtert, er krallte seine Hand kurz in den Stoff des kleinen Teppichs auf dem er kniete und seine Augen wandten sich für einen Augenblick vom Richter ab und sahen auf den Rand des Teppichs.

    Claude´s Augen verengten sich zu Schlitzen, rasch trat er nach vorne und stieß den Köhler zur Seite "Hauptmann!"

    "Nein! Nein!" schrie der Köhler, doch da zogen die Wachen schon den Teppich zur Seite und eine Falltür kam zum Vorschein.

    Ruckartig wurde die Falltüre aufgezogen und schon sprang ein bunt geschmückter Schausteller nach oben um nach draußen zu laufen.
    Doch wurde er schnell von der Stadtwache aufgegriffen und zum Schweigen gebracht.

    Als der Hauptmann mit einer Lampe in den Raum unter der Hauptstube spähte entdeckte er mehrere Rotwelschen: Zwei augenscheinliche Bettler, ein kleines Kind und eine Tänzerin.

    Alle sahen mit angstvollen Augen zur Lucke empor.

    In dem kleinen Raum selbst war außer den Rotwelschen noch einige Waren verborgen, die auf dem Index der Stadt standen und deren Besitz schon ein Verbrechen war.

    "Wie ihr sagtet euer Ehren! Es sind Rotwelschen und Diebesgut!" bestätigte der Hauptmann.

    Der Richter kam mit dunklem Blick auf den Köhler zu "Elender Abschaum."

    Der Bürger sah nur kurz in die anklagenden und verurteilenden Augen des Stadtvogts, ehe er seinen Blick senkte.

    Etwas später waren die Rotwelschen zusammen getrieben, gefesselt und vor dem Richter aufgestellt worden.

    Er ging vor ihnen leicht auf und ab.

    "Er ist nicht unter ihnen ..." murmelte er.

    "Wie meinen euer Ehren?" fragte der Hauptmann und salutierte dann.

    Der Richter zog ein Stück Papier heraus, scheinbar ein Original eines Steckbriefes "Ich suche einen bestimmten Rotwelschen, sobald die Steckbriefe fertig sind, werden sie in der Stadt verteilt und an eure Männer ausgegeben."

    Der Offizier betrachtet das Stück Papier, eine etwas dellitantische Zeichnung von Lucheni war darauf zu sehen.
    Erst auf den zweiten Blick würde man ihn wohl darauf erkennen, selbst wenn man ihn kennen würde.

    Claude wandte sich wieder an seine Gefangenen und hielt ihnen den Steckbrief hin "30 Silberstücke und die Freiheit für diesen Rotwelschen."

    Alle Gefangenen sahen den Steckbrief nichteinamal an.
    Claude wusste das es zum "Ehrenkodex" des Stadtabschaumes gehörte, sich nicht gegenseitig zu verraten.
    Dennoch machte er immer wieder dieses Angebot.

    Der Stadtvogt machte eine schweifende Geste "Bringt sie zum Justizpalast, ich werde mich später mit ihnen befassen."

    Die Gefangenen wurden abgeführt und die Menschenmenge auseinander getrieben.

    Als es um die Stadtwache ruhiger wurde, trat ein einfacher Mann hervor, wohl ein Bauer oder Ähnliches.

    "Ich hoffe es war alles zu eurer Zufriedenheit euer Ehren?" fragte er untertänigst.

    Claude verschrenkte die Arme, er sah den Mann nicht an, während er sprach.
    "Ja, eure Informationen waren wie immer korrekt, ich danke euch. Ihr werdet eure Belohnung bei Zeiten erhalten."

    Der Mann verneigte sich und bog rasch in eine der Seitenstraßen ab.

    Der Richter hatte überall in der Stadt seine Spitzel.
    Wachen in Verkleidung, bezahlte Spione oder geredseelige Bürger.

    Doch waren die meisten den Rotwelschen bekannt oder wurden schnell bekannt um dann unter mysteriösen Umständen zu verschwinden oder niemals wieder stimmende Informationen zu erhalten.

    Claude stieg wieder auf sein Pferd und wandte sich an den Offizier "Hauptmann, ich will diesen Rotwelschen, koste es was es wolle! Wir setzen die Jagd fort, entweder wir finden ihn oder wir suchen die Stadt bis zum Sonnenuntergang ab."

    Der Hauptmann salutierte, innerlich murrte er "Wieder Überstunden ..."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 04.01.2008, 16:32


    Broterwerb

    "Hatschi!" Lucheni´s Niesen hallte durch die kleine Gruft, eine der Seitengebäude des Sanktums der Wunder.

    Hier gab es durch einen großen Sarkophag einen geheimen Eingang in die Unterwelt Dalarans.

    Die anderen Rotwelschen, die mit an diesem kalten Ort warteten, beachteten das Niesen garnicht.

    Die allesammt fremdartig und bunt erscheinenden Vagabunden lehnten an den Wänden oder unterhielten sich lautstark, nur Luca blickte mit missmutigen Gesicht zu Lucheni.

    Nachdem Luca´s alter Partner Pierre das Zeitliche gesegnet hatte, war nun Lucheni als sein neuer Gefährte ausgewählt worden.
    Etwas was dem jungen Bettler garnicht schmeckte.

    "Da redet grade jemand über mich ..." schniefte Lucheni, als er sich die Nase an seinem Ärmel abwischte.

    "So ein Quatsch!" fuhr ihn der Junge an "Du hast dich sicher nur erkältet ... Schlappschwanz!"

    Lucheni grinste dann wieder vergnügt, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und lehnte sich lessig an eine der Wände.
    Das diese voll Schimmel und Dreck war, schien den Narren nicht zu kümmern.

    "Auf was warten wir hier eigenltich?" spöttelte der Hochelf "Auf bessere Zeiten? Oder das ein Wunder geschieht? Oder gibs hier was umsonst abzustauben?"

    Luca seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht "Du magst jetzt die Erlaubniss vom Buckligen haben, dich im Sanktum aufzuhalten. Das ist jedoch nicht alles, was du als Bewohner des Sanktums zu machen hast!"

    Lucheni runzelte die Stirn und pfiff kurz "Ich muss für den König der Narren arbeiten willst du sagen? Ich Freigeist! Ich Schöngeist! Verdammt dazu meine filigranen Hände mit Arbeit zu beschmutzen."

    Luca verzog das Gesicht, während Lucheni theratralisch noch weitere solcher Floskeln herrunter betete.
    "Ja ..." sagte der Junge genervt "Jeder Rotwelsche bekommt eine Aufgabe ... Bettler, Dieb, Meuchler, Söldner. Was gerade anfällt. Und damit uns der Richter nicht erwischt, werden Aufgaben und Standorte stets gewechselt."

    "Und wir warten hier, damit uns eine Aufgabe zugeteilt wird?" grinste Lucheni vergnügt und zwinkerte dabei.

    Auch Luca grinste nun kurz, jedoch eher freudlos "Bist ja doch nicht so dumm, wie deine Fresse vermuten lässt."

    Lucheni wollte belustigt noch etwa erwiedern, als er von einem Ruf eines großen und wohlbeleibten Tunichgutes davon abgehalten wurde.

    "Schnauze faules Pack! Der Boss ist da!" rief die brummende Stimme und alle Augen wandten sich an den Ausgang, wo eine Gestalt herantrat.

    Eine hagere Gestalt trat ins sperrliche Fackellicht, sie war in eine weite schwarze Robe gehüllt, auf der einige Verzierungen angebracht worden waren.

    Die Verzierungen zeigten selbst für den Laien unheilige Runen und Totenkopfsymbolika.

    Die knochige Hand der Gestalt zog die schwere Kaputze zurück und entblösste ein ungesund bleiches Gesicht, das von raubvogelhaften Augen domeniert wurde.

    Tiefe Augenringe zogen sich unter den Augen die blass und ausdruckslos wirkten.
    Das Strohblonde, fast schon weiße Haar umspielte das freudlose Gesicht.

    "Guten Morgen meine Herren." sprach die Gestalt mit einer kratzigen und ausgelaugten Stimme.

    Die Rotwelschen waren alle beim Eintreffen des Mannes verstummt, Lucheni sah sich verwirrt um, diese Entwicklung überraschte ihn.

    Luca zog den Hochelfen leicht zu sich herab und wisperte ihm zu "Das ist Xelram. Gringoire´s rechte Hand. Ein Hexer ..."

    Lucheni grinste und atwortete ebenso leise "Na für einen Blumenverkäufer hätt ich ihn auch nicht gehalten."

    Luca zischte nur, fast etwas zu laut, doch der Hexer gab gerade die ersten Befehle und bemerkte es so nicht.

    "Er ist ein Abtrünniger. Man sagt, er sei einst ein Kirin Tor gewesen, ehe er sich der Hexerei verschrieb. Doch egal was er ist, er ist ein verdammt mächtiger Magus und ein Schwein obendrein." fuhr Luca fort, ohne das er den Blick von Xelram nahm.

    Lucheni´s Gesicht wurde etwas ernster, als er ruhig und kurz fragte "Was soll er denn getan haben?"

    Der Junge antworte nun nur noch als würde er von der Nähe des Hexers schier erdrückt werden "Kinder entführt ... sie für seine Spielchen gebraucht ... sie umgebracht ... wenn sie Glück hatten."

    Lucheni konnte die Angst des Jungen vor diesem Mann in seiner Haltung und aus dem Klang seiner Stimme ersehen.
    Jedoch grinste er wie immer, als sich der Hexer schließlich an sie beide wandte.
    Luca war dabei so still wie sonst nie.

    "Ah ... der Neue ..." stellte Xelram fest, während er mit Lucheni sprach, doch seine Augen richteten sich eher auf Luca.

    "Ganz recht Herr." lachte Lucheni und ergriff zum Erstaunen - und Entsetzen - Luca´s und aller anderen Rotwelschen die Hände des Hexers und schüttelte sie.

    Xelram war davon selbst überrascht, so das sein Gesicht einen seltsamen, fast panischen Ausdruck annahm.
    Die Berühung an sich schien ihm zu missfallen.

    Er zog rasch seine Hand zurück und vergrub sie in den weiten Ärmeln seines Gewandes, während Lucheni ihn weiter freundlich angrinste.

    "Ja ... ja ... Lucheni .. ich werde mir ... den Namen merken." nickte Xelram und wandte sein Gesicht von Lucheni ab, als könnte er sein breites Grinsen nicht ertragen und sprach dann mit Luca.

    "Mein Beileid Junge ... Pierre war ein guter Mann. Und sicher auch ein guter Partner." fuhr der Hexer nun wieder gwohnt kalt fort.

    Luca nickte nur und antwortete leise "Danke für euer Mitgefühl Großmächtiger."

    Der Hexer wandte sich wieder an Lucheni und schien kurz überrascht, als er wieder in das Grinsen sah, das sich scheinbar um keinen Millimeter verändert hatte.

    "Ihr Beide ... kommt mit mir. Ich habe Arbeit im Armenviertel. Es wird Zeit Besuche zu machen." mit diesen Worten wandte sich der Hexer ab und ging mit zwei weiteren Rotwelschen davon.

    Luca stieß Lucheni in die Seite und zog ihn mit sich "Na hopp! Hinterher! Der Kerl wartet nicht gern."

    Lucheni lachte, vielleicht etwas zu laut, als er Luca folgte "Ja, das Kerlchen ist ein wahres Sonnenscheinchen!"

    Derweil an der Oberfläche der Stadt hatten der Richter und seine Schergen den Rundgang durch das Armenviertel beendet.

    Noch mehrere Verstecke hatten sie ausheben können und weitere Dutzend Rotwelschen und Verbrecher festsetzen können.

    Claude schien ein Gespürr für die Bettler und Vagabunden zu haben, fast wie ein Bluthund, der seine Beute unerbittlich durch ihren Geruch verfolgte.

    Dennoch war der Stadtvogt nicht zufrieden, er hatte Lucheni nicht gefunden und auch wieder nicht das Sanktum der Wunder noch einen Hinweis darauf.

    Er wusste, das seine Erfolge nur Tropfen auf dem heißen Stein waren und das für jede dieser Kakerlaken die er zerquetschte eine andere aus dem Loch kroch.

    "Hauptmann!" schrie Claude und sein Rappe bäumte sich kurz auf.

    "Jawohl euer Ehren!" salutierte der Offizier, scheinbar hatte er sich schon auf seinen wohlverdienten Feierabend gefreut doch kam ihm beim Schrei seines Herrn die Erkenntnis, das dieser noch lange nicht erreicht war.

    Der Richter ließ sein Pferd leicht auf der Stelle tänzeln, während hinter ihm die Gefangenen in eine Arrest-Kutsche gedrängt wurden und die meisten der Stadtwache sich bereit machten abzuziehen.

    "Nehmt einen Trupp und bleibt im Armenviertel. Ich will das die Kernpunkte des Abschaumes beobachtet werden. Wir kennen ja schließlich ihre Lieblingsorte ... ihr wisst was ihr zu tun habt." Befahl der Richter mit kalter Miene.

    "Jawohl euer Ehren!" salutierte der Hauptmann und ließ sich sein Unbehagen nicht anmerken "Wo kann man euch erreichen Herr?"

    "Im Justizpalast Hauptmann." er wandte sein Pferd um "Ich lasse euch einen Magier hier, er kann mich kontaktieren."

    Claude sah seinen Untergebenen scharf an "Doch nur in Notfällen! Ich habe nun Recht zu sprechen."

    Mit diesen Worten trieb er sein Pferd an und verließ hinter der Kutsche das Armenviertel Dalarans.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 05.01.2008, 16:24


    Steuereintreiber

    Lucheni war überrascht.

    Er war wirklich überrascht, was sich auf seinem Gesicht mit dem weitaufgerissenen Mund zur Schau stellte.

    Er war über die Dreißtigkeit des Hexers überrascht, der zur Mittagsstunde ungeniert durch die Straßen des Armenviertels spazierte.

    Lucheni und Luca bildeten die Nachhut des kleinen Trupps, während die anderen beiden Rotwelschen Xelram flankierten.

    Die Straßen waren wie leergefegt. Als die Nachricht sich unter der Bevölkerung verbreitete, das der Hexer des Bettlerkönigs unterwegs war, verschlossen die Menschen ihre Türen und Fenster.

    Während der Richter zwar gefürchtet war, galt er doch als ein Mann des Rechtes.
    Jedoch Xelram, vor ihm schienen die Menschen nur Angst zu haben.

    "Hey Meister!" schrie auf einmal Lucheni unvermittelt und Luca, der neben ihm ging stauchte zusammen "Was soll dieser kleine Spaziergang eigentlich?"

    Als der Hexer über seine Schulter nach hinten blickte waren seine Augen stechend und durchbohrend, als würde er im nächsten Moment Lucheni mit Haut und Haar fressen.

    Der Barde blieb davon jedoch unbeeindruckt und grinste breit, während Xelram mit kratziger Stimme antwortete "Wir treiben die Steuern ein."

    Die kleine Gesellschaft ging weiter und Lucheni beugte sich zu Luca.
    "Steuern?" fragte er mit einem seltsamen Gesichtsausdruck, der wohl andeuten sollte, das Xelram den Verstand verloren hatte.

    "Schutzgeld." sprach Luca ruhig und kalt, als wäre es das Normalste der Welt "Die Bewohner des Armenviertels zahlen dafür, das wir sie in Ruhe lassen. Wenn nicht ..."

    Der Junge beendete seinen Satz nicht, doch Lucheni hätte die Antwort auch nicht gebraucht, er war sich sicher, bald mehr zu erfahren.

    Lucheni sah sich um, das Armenviertel von Dalaran war schmutzig und herrunter gekommen.
    Die Straßen waren nicht aus festem Stein, sondern matschig und schlammig.

    Die Fassaden der Häuser waren verblasst und hin und wieder bröckelnden sie oder schienen bald ganz auseinander zu fallen.

    Am Horitzont konnte man eine Mauer erblicken, sie war nicht so breit wie die sonstigen Mauern außerhalb und innerhalb der Stadt und hatte nur eine Brustwehr, die vom Armenviertel abgewandt war.

    Die Hohen Herren der Stadt waren sich im Klaren, das es nicht möglich war die Armut aus ihrer Stadt gänzlich heraus zu halten, also sperrten sie sie weg.

    Weg von den Augen der Öffentlichkeit, weg von dem Glanz des Großbürgertums.

    Doch obwohl es hier herrunter gekommen war, so war der Standard hier um einiges höher als in anderen Metropolen der Allianz.
    Selbst als Armer Mann hatte man scheinbar in Dalaran ein Dach über dem Kopf und ein halbwegs anständiges Leben.

    Vielmehr als sich die meisten Vagabunden und Armen in anderen Teilen des Nordens wünschen konnten.

    Dies war auch der Grund warum diese Stadt ein solcher Schmelztigel der Kulturen war und warum immer mehr Einwanderer kamen um hier ihr Glück zu machen.

    Und im gleichen Maße trachtete die Obrigkeit danach ihre Stadt sauber zu halten.

    Als sich Lucheni die Umgebung betrachtet hatte, wurde sein Gang schwungvoller, fast tänzelnd und er wandte sich wieder an Luca.

    "Aber sag mal ... warum laufen wir hier so einfach auf der Straße. Ist das nicht so, als würden wir rufen: `Richterlein, hier sind wir. Komm und hol uns!´?" spöttelte der Hochelf vergnügt.

    Einer der Rotwelschen vor ihnen musste sogar leise Kichern, doch blieb es dabei, die Nähe zum Hexer vereitelte wohl ein Loslachen.

    Luca schien die Frage garnicht so dumm zu finden, denn er antwortete - ungewöhnlicher Weise - nicht gereizt.

    "Es ist Xelram." erklärte er im gedämpften Ton "Ich weiß nicht wie - kenn mich mit Magie nicht aus - aber er kann `spüren´ ob die Stadtwache in der Nähe ist. Wenn was wäre, warnt er uns und wir verschwinden im Untergrund."

    Sie waren dann am ersten Punkt ihres Rundganges angelangt.

    Es war ein einfaches Haus, etwas verfallen aber immernoch ansehnlich.
    Das Schild an der Tür verriert, das man hier einen Seilmacher vor sich hatte.
    Wohl einen einfachen Bürger der mit Mühe und Not versuchte seine Familie durch sein Geschäft durchzubringen.

    Xelram trat vor und klopfte leicht an, kaum ein Hauchen. Lucheni war sich sicher, das er garnicht wollte, das man es hörte.

    "Sie öffnen nicht ... schlagt die Tür ein." Befahl der Hexer und die beiden Rotwelschen traten vor.

    Xelram wandte sich zu Lucheni und Luca, man konnte sehen das es beiden garnicht behagte.

    "Ihr Beide seit das erste mal dabei ... Ihr steht Schmiere und warnt uns falls jemand kommt." befahl der Hexer.

    Lucheni verzog leicht das Gesicht als die Rotwelschen mit einem immensen Krach die Tür einschlugen und aufgeregte Rufe von innen drangen.

    Xelram und seine beiden Leibwächter traten ein und Lucheni und Luca gingen näher an die Türe um hinein zu spähen um mit zu verfolgen was dort drinnen geschah.

    Es war ein bescheidenes Haus, nur wenig Einrichtung gab es und das Schmuckvollste im gesammten Wohnraum war ein großer und gut erhaltener Eichentisch.

    An ihm saßen gerade eine junge Frau und ein kleines Mädchen von höchstens fünf Jahren.

    Der Vater der kleinen Familie, ein junger Halbelf wie es schien, war sofort aufgesprungen als die Türe eingeschlagen wurde.
    Die Gesichter der Familie zeigten Angst und Hilflosigkeit und der Mann kam mit bittenden Händen auf den Hexer zu.

    "Herr ... Herr Xelram. Ich ... ich hatte euch noch garnicht erwartet. Es ist doch noch garnicht Zeit für die monatliche Zahlung." stotterte er.

    Xelram kratzte sich kurz am Kopf, er wirkte nun kälter, härter und selbstbewusster "Ach, ist es nicht? Ich Dummchen ... da hab ich mich wohl geirrt."

    Einer der Rotwelschen ging zu einem Schrank und stieß ihn harsch um, so das er auf den Boden schnellte und zerbarst.
    Das Mädchen schrie und klammerte sich an seine Mutter.

    Der Seilmacher riss die Augen auf und blickte den Hexer entgeistert an, der nun wieder sprach "Haltet mich nicht zum Narren! Ihr wisst genau das es Zeit ist. Gebt mir das Geld und wir gehen. So wie immer."

    Der Seilmacher lief rasch zu einer Kommode und holte einen kleinen Lederbeutel heraus der leicht klirrte, er reichte ihm Xelram und wich zurück.

    Der Hexer besah sich den Inhalt und fuhr den Mann an "Das ist zu wenig!"

    Der zweite Rotwelsche ging nach vorne und schlug dem Seilmacher heftig ins Gesicht, er ging zu Boden und blutete nun leicht aus dem Mund.

    Das Mädchen wimmerte, während die Mutter ihren Blick abwandte als der Hexer nach vorne trat und lächelte.

    Lucheni ballte die Hände zur Faust als er das Lächeln des Mannes sah, es zeigte Vergnügen an diesem Schauspiel.

    "Herr, es ist alles was wir haben." versuchte der Seilmacher zu erklären als er sich wieder aufrichtete "Wir müssen auch von etwas leben."

    Xelram lächelte noch immer, doch seufzte er nun "Nun gut .. ihr wisst, ich bin nicht wählerisch."
    Der Hexer wandte seine Aufmerksamkeit auf das Mädchen am Tisch und der Seilmacher riss die Augen auf.

    "Ich nehme auch eure Tochter als Pfand." sprach Xelram und noch ehe er es ausgesprochen hatte war der Mann aufgesprungen und umklammerte seine Tochter.

    "Nein! Nicht sie! Alles bloß das nicht, ich arbeite für euch. Ich zahle euch nächsten Monat das Dreifache, aber nicht sie!" bettelte der Mann.

    "So leid es mir tut ..." stimmte Xelram an "Doch ich brauche die Bezahlung jetzt ..."

    Er grinste noch finsterer und in Lucheni kam fast soetwas wie Übelkeit herauf.

    "Eure Frau ist auch ausreichend." stellte der Hexer fest, ihm schien dies jedoch nicht soviel Freude zu bereiten wie davor der Vorschlag mit dem Kind.

    Die Blicke der Eheleute trafen sich und der Seilmacher schüttelte wehement den Kopf, doch seine Frau erhob sich schon und küsste ihn und das Kind nocheinmal.

    "Dann nehmt mich und verschont meine Tochter." sprach die Frau ängstlich, aber entschlossen.

    Der Hexer hob abwertend eine Augenbraue, ehe er den nächsten Befehl gab "Gut ... bringt sie in das Bordell in der siebten Straße."

    Nun sprang der Seilmacher doch auf, seine Tochter derweil weinte vor sich hin, wohl versuchend die gesammte Situation zu verdrängen.

    "Nein! Das dürft ihr nicht!" wollte der Mann protestieren, als er auch schon wieder niedergeschlagen wurde.

    Xelram lachte kalt "Ihr könnt sie ja jederzeit besuchen, wenn ihr genug Geld habt um sie für den Liebesdienst zu bezahlen."

    Unsanft wurde die Frau aus dem Haus gezerrt.

    Lucheni konnte sehen, wie Luca seinen Blick auf den Boden gerichtet hatte und nicht aufsah, als der Hexer an ihnen vorbei ging.

    "Willkommen in unserer Welt Lucheni ..." sprach er belustigt.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 06.01.2008, 16:43


    Kräftemessen

    "Psst." machte der Hauptmann der Stadtwache.

    Er betrachtete sein Kontingent.
    Seine Mannen verbargen sich ringsherum in den Häuserschluchten und warteten auf seinen Befehl.

    Der Offizier spähte nocheinmal zu den Rotwelschen, die gerade das Haus verlassen hatten und die arme Bürgersfrau mit sich geschleift hatten.

    "Sehr gut ..." murmelte der Hauptmann "Sie haben uns noch nicht entdeckt."
    Er blickte zu dem Mann neben sich, ein älterer Robenträger, der die Augen geschlossen hatte und sich scheinbar stark konzentrierte.

    "Einer dieser Männer ..." begann der Magier "Ist ein Zauberwirker, er wirkt permanent einen Entdeckungszauber auf die Umgebung. Doch ich habe den Zauber neutralisiert."

    "Dem Licht sei dank haben wir einen Magus." stimmte der Offizier zu und besah sich nocheinmal Xelram.
    "Das ist dieser Hexer." dachte er bei sich "Dieser Lämmerschlächter. Auf seinen Kopf ist ein hohes Kopfgeld ausgesetzt. Wenn ich ihn Lord Claude bringe, werde ich bestimmt geehrt, wenn nicht befördert!"

    Lucheni´s Gesicht hatte jede Freundlichkeit verloren, voller Abscheu starrte er Xelram an, als dieser an ihm vorbei ging.

    "Was seid ihr eigentlich für ein Mon.." begann der Barde im Lauf zu rufen, als er versuchte Xelram an der Schulter zu packen.

    Doch weit kam er nicht.

    Mit einer fließenden Bewegung wandte sich der Hexer um, hob seine Hand an Lucheni´s Stirn und wisperte ein Wort, das der Hochelf nicht verstand.

    Luca sah voller Schrecken auf, als Lucheni unter einem Schrei zusammen stauchte und sich den Kopf hielt.

    Es war ein Gefühl, als würde sein Kopf in einen Schraubstock gesperrt werden. Das Gefühl verstärkte sich und Lucheni kämpfte gegen eine Ohnmacht an.

    "Das halt ich nicht aus." schoss es dem Narren durch den Kopf und mühsam hob er das Gesicht.
    Alles verschwamm vor seinen Augen, doch konnte er das kalte und freudlose Gesicht des Hexers erkennen.

    "Fasst mich nie wieder an!" schrie der Hexer und trat noch einmal gegen den am Boden kauernden Lucheni "Nie wieder hört ihr?! Ich kann es nicht ertragen, wenn mich jemand anfasst!"

    Die Rotwelschen waren schon voraus geeilt und so waren nur noch Xelram und Luca bei Lucheni, als der dröhnende Schmerz langsam nachließ.

    Doch fühlte sich der Hochelf noch entkräftet und das Flimmern vor seinen Augen war noch nicht ganz verschwunden.

    Der Hauptmann lachte sich ins Fäustchen als er das sah "Na herrlich, das Ungeziefer erledigt sich von allein ..."
    Er gab seinen Männern ein Zeichen und sie gingen in Stellung, in diesem Moment brach auch der Magier seinen Gegenbann ab.

    "Komm schon, mach keinen Quatsch." sprach Luca, mit einer Spur Besorgnis in der Stimme die Lucheni überraschte und versuchte den weit aus größerem Hochelfen aufzuhelfen.

    Lucheni schenkte dem Jungen ein dankbares Lächeln. Zu sprechen fiel ihm noch schwer, auch wenn er schon wieder einige - in seinen Augen - lustige Sprüche auf Lager gehabt hätte.

    Xelram derweil schien zu überlegen, etwas hatte sich verändert.
    Seine Augen verengten sich und er lief einfach und unvermittelt los.

    "Festnehmen!" erscholl die Stimme des Hauptmanns über die kleine Straße und aus vielen Ecken und Enden kamen schnellen Schrittes Wachsoldaten hervor.

    Luca sah sich panisch um, während Lucheni neben ihm auf gekommen war und sich auf den Jungen stützte.

    Doch die Wachen schienen die beiden Rotwelschen erst nicht zu beachten, sie liefen gar an ihnen vorbei und stürmten auf den Hexer zu.

    "Das ist unsere Chance ..." keuchte Lucheni "Schnell in die Gasse dort."

    Er hob schwach die Hand und zeigte auf die nächstliegende Gasse beim Haus des Seilmachers, aus dem keine Wachsoldaten gestürmt waren.

    Luca nickte und der Junge zog seinen Begleiter mit sich in die Gasse heraus dem Sichtfeld der Stadtwache.

    Der Hauptmann war derweil Feuer und Flamme und sah seine baldige Beförderung wohl näher rücken "Holt euch den Hexer! Zehn Silberstücke für den, der ihn mir bringt!"

    Xelram zischte, als die Soldaten ihn umringten und auf ihn zukamen.

    "Elende ... ihr stört!" schrie der bleiche Magus und um seine rechte Hand bildete sich ein schwarzer Dunst, der plötzlich ein Eigenleben entwickelte und den nächsten Wachsoldaten ansprang.

    Der Soldat brach unter einem Keuchen zusammen, als sich der Hexer schon wieder umwandte und die restlichen Wachmänner ehrfürchtig stehen blieben.

    Sie hatten von diesem Hexer gehört und sie hatten nicht vor, ihre Ehefrauen so schnell zu Witwen zu machen.

    "Verdammte Feiglinge!" schrie der Hauptmann "Magier! Tut doch etwas!"

    Der Offizier sah zu seinem magisch begabten Untergebenen, der nickte und seine Hand in Richtung Xelram hob.

    Die Gesichtszüge des Hexers zuckten und er wandte sich um, den feindlichen Magier mit seinen raubvogelhaften Augen musternd.

    "Das wird Gringoire garnicht gefallen." murmelte der Hexer und begann nun seinerseits mit einer Formel.

    Ehe der Magier der Stadtwache seinen Spruch beenden konnte, begann sich der Schatten Xelrams auszubreiten und ihn zu umschlingen.

    Der Hauptmann kannte das Prozedere schon von anderen Scharmützeln mit Schwarzmagiern und rief aufgebracht "Er will flüchten! Das ist ein Portalzauber! Erledigt ihn, er ist wehrlos!"

    Die Wachmänner zögerten nicht. Der Zusatz, das ihr Gegner nun wehrlos sei, hatte gereicht um die Angst zu zerstreuen.
    Schnellen Schrittes stürmten sie von allen Seiten auf den Hexer zu, der langsam mit dem Schatten verschmolz und sich auflöste.

    Doch bevor der Hexer ganz verschwand, konnte man das schmatzende Geräusch einer Klinge hören, die sich in Fleisch bohrte.

    Einen Moment später war der Hexer verschwunden, nur noch ein ächzendes Geräusch kündete vom Verklingen des Portalzaubers.
    Doch einer der Wachmänner sah sein Schwert verwirrt an, denn es zeigte leichte Blutspuren an der Klinge.

    Der Hauptmann seufzte, während die Soldaten ihrem Kollegen - der die blutige Klinge hielt - zu seinem Treffer gratulierten.

    Der Offizier ballte die Hände zur Faust "Stillgestanden!"

    Rasch beendeten die Soldaten ihren Plausch über das Scharmützel und stellten sich in eine Reihe.

    "Da waren noch zwei Andere!" stellte der Hauptmann fest "Sie können noch nicht weit sein. Das eine war ein Kind und der Andere war verletzt! Sucht sie und bringt sie mir!"

    Die Soldaten salutierten und schwärmten aus.

    "Soll ich Lord Claude informieren?" fragte der Magier seinen Offizier, doch dieser wunk rasch ab.

    "Seid ihr des Wahnsinns?" fuhr er den Magus an und dieser verstummte mit einem Schulterzucken.

    "Ich darf nicht mit leeren Händen zum Richter zurückkehren ..." dachte der Hauptmann bei sich und überwachte mit prüfendem Blick die Suche.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 07.01.2008, 21:04


    Flucht zum Kanal

    "Ich helfe euch." sprach er entschlossen.

    Die Augen des Hauptmannes und seiner Männer richteten sich auf den Eingang des schäbigen Hauses.
    Der Seilmacher stand in der Tür.

    Sein Gesicht war grimmig und er trug eine rostige Sense in der Hand.
    Hinter ihm kauerte seine Tochter, noch immer arg verstört.

    "Wie bitte?" fragte der Offizier verwirrt, als der Mann einen Schritt nach vorn trat.

    Der Halbelf sah den Hauptmann bittend an "Ich will euch helfen diese Schweine zu schnappen, bitte gewährt es mir."

    Die Soldaten nickten bereits, Anerkennung war in ihren Gesichtern zu lesen. Einige von ihnen hatten einst so wie der Mann nun vor ihnen begonnen.

    Der Hauptmann nickte "Ich verstehe euch guter Mann, aber es ist zu gefährlich."

    "Ich werde bis an meine Grenzen gehen." Widersprach der Seilmacher voll bitterer Entschlossenheit.

    Ein kurzes Lächeln stahl sich auf die Züge des Offiziers und er zog sein Schwert "Dann nehmt dies hier. Eure Sense ist keine gute Waffe."

    Der Seilmacher nickte dankend, doch man sah ihm sofort an, das er noch nie ein Schwert in der Hand gehalten hatte.
    Er schien über das Gewicht der Klinge erstaunt, ja gar verunsichert.

    "Ihr dort." Der Offizier wandte sich an den Magier "Bleibt hier und achtet auf das Kind, bis der Vater zurückkehrt."

    Der Magier nickte und lächelte dem Mädchen freundlich zu, das sich jedoch fast panisch an ihren Vater klammerte.
    "Keine Angst." sagte dieser beruhigend "Ich werde bald wieder da sein."

    Er küsste das Mädchen noch einmal auf die Stirn und folgte dem Hauptmann und seinen Mannen.

    "Keuch mir nicht dauernd so ins Ohr!" schellte Luca Lucheni.

    Dieser lächelte nur kurz schmal, während er sich auf den Jungen stützte.
    "Versuch du mal normal zu atmen, während Gnoll-Rudel in deinem Kopf Waltzer tanzt."

    "Ich hab dich vor dem Hexer gewarnt." war die anklagende Antwort des Jungens, während Beide sich in den Gassen der Stadt fortbewegten.

    Jetzt, kaum um die Mittagsstunde, wäre es für Beide zu auffällig gewesen auf der Straße zu gehen, gerade in ihrem Zustand.
    Zwar kamen sie so langsamer voran, aber sie kamen voran.

    Ihr Ziel war der Kanal, der nahe der Mauer lag, die das Armenviertel vom Rest der Stadt trennte.
    Dort gab es einen geheimen Eingang zu den Katakomben und damit einen Weg in die Sicherheit.

    Das Lucheni jedoch schon wieder zum Spaßen aufgelegt war, rührte daher, das sein Zustand sich immer weiter besserte.
    Das Flimmern vor seinen Augen ließ nach und langsam kam auch die Kraft zurück in seine Glieder.

    Nur noch sein Kopf dröhnte. Doch dies war auch nicht schlimmer als ein heftiger Kater, dachte er bei sich und spielte es dabei für sich selbst herrunter.

    Sie kamen näher und Luca wies nach vorne, hinaus aus der Gasse, wo man eine Steinbrücke erkennen konnte.

    "Wir sind gleich da." sagte der Junge und wirkte nun wieder hoffnungsvoller.

    Schon kurz nachdem sie ein paar Schritte von Xelram entfernt gewesen waren, hatte sich die Laune des Knaben spürbar verbessert und er hatte wieder begonnen an allem und jedem herum zu meckern.

    Natürlich vorallem an Lucheni und seiner Verschuldung an dieser Missere.

    "Der Bucklige wird echt sauer sein." stellte Luca fest und sah aus den Augenwinkeln zu Lucheni.
    Dieser grinste irritierender Weise.

    "Soll er doch." kicherte der Hochelf "Ich hoffe dieser Schwarzmagier ist verreckt."
    Luca nickte leicht neben ihm "Ja ... das hoffe ich auch." murmelte er kaum hörbar.

    Lucheni lachte plötzlich auf und wuschelte Luca durchs Haar.
    Der Junge stellte verblüfft fest, das sein Begleiter wieder von selbst stehen konnte.

    "Was?" murrte er "Wie lange lässt du dich von mir schon so durch die Gegend schleppen?"

    Lucheni zwinkerte vergnügt und streckte sich, als hätte er lange geschlafen "Fünf Minuten vielleicht."

    Der Bettlerjunge verzog das Gesicht, doch dann spitzte er die Ohren.

    Waffengeklirr kam näher, sowie sich nährende laute Stimmen, die scheinbar die Bevölkerung dazu bewegten sich im gleichen Maße zu entfernen.

    Beide Rotwelschen sahen sich an und sagten "Die Stadtwache!"

    Rasch liefen sie in Richtung der Brücke, bereit wenn nötig im offenem Feld vor ihren Verfolgern zu flüchten.

    "Ihr scheint Talent zu haben." sagte der Hauptmann freundlich, während er mit seinen Männern den Weg zur Steinbrücke, die aus dem Armenviertel führte, nahm.

    Der Seilmacher neben ihm lächelte fast etwas verlegen, während er das Schwert in seiner Hand betrachtete.
    Ihm schien es unangenehm, das der Offizier ihm soviel Beachtung schenkte, während seine Männer die Gassen und die Umgebung durchkämten.

    "Ich könnte euch in die Stadtwache holen." stellte der Hauptmann fest und der Halbelf sah ihn ungläubig an und wagte nicht zu antworten.

    "Das bedeutet ein gutes Gehalt, eine bessere Unterkunft. Gut, die Arbeit ist gefährlich, aber ehrenvoll und hoch geachtet." er nickte dem einfachem Mann neben sich zu "Und was eure Frau angeht, wir werden sie finden. Wie heißt sie?"

    Der Seilmacher lächelte hoffnungsvoll und nickte eifrig "Oh ich danke euch Herr. Ich danke euch vielmals, diese Ehre. Ein Wachsoldat, ich? Das wäre mehr, als ich mir je erträumt hätte!"

    Der Hauptmann nickte wohlgefällig, er verspürte Mitleid für den Mann, ein Gefühl das er in der Routine seiner Arbeit schon lange nicht mehr verspührt hatte.

    "Und meine Frau ..." begann der Seilmacher nun wieder ernster, doch kam er nicht weit mit seiner Ausführung.

    "Da sind sie!" erscholl der Ruf eines Soldaten und der Hauptmann und sein Gegenüber sahen zu der Steinbrücke.

    Lucheni hatte trotz des Dröhnens in seinem Kopf alle Kraft zusammen genommen und rannte mitten auf die Brücke zu.
    Die Soldaten sahen ihn dabei verwirrt nach, während er den rufenden und schreienden Luca hinter sich herzog.

    Der Seilmacher lief als erstes los, gefolgt vom Hauptmann, der seinen Mannen den Befehl zurief, der eigenltich hätte klar sein müssen "Steht nicht rum! Verhaftet sie!"

    "Was tust du da?" kreischte Luca, während Lucheni und er schon fast in der Mitte der Brücke angekommen waren.

    "Uns retten, was sonst?!" lachte Lucheni und zerrte noch mehr an dem Jungen, doch kam er dann plötzlich mitten auf der Brücke zum stehen.

    Von der anderen Flussseite her nährten sich ebenfalls Stadtsoldaten und so waren sie nun eingekesselt.

    Luca sah die näherkommenden Soldaten panisch an "Was sollen wir tun?! Sie werden uns erwischen!"
    Lucheni nuschelte "Schrei nicht so, ich überlege."

    Lucheni wandte sich in einer schwungvollen Bewegung zu den näherkommenden Angreifern um und zog dabei seinen Dolch.
    "Hol tief Luft." wisperte er zu Luca.

    "Was?" fragte der Bettlerjunge, doch da wurde er von Lucheni schon nach hinten gestoßen und fiehl mit einem erstaunten Schrei in den Fluss unter ihnen.

    "Lasst sie nicht entkommen Männer." befahl der Hauptmann "Doch seit vorsichtig, ein in die Enge getriebenes Tier ist immer gefährlich."

    Während seine Männer auf seinen Rat hörten und sich nur langsam und vorsichtig Lucheni nährten, stürmte der Seilmacher mit einem Schrei los.

    "Was beim Licht?" doch weder der Hauptmann, noch seine Soldaten konnten den Bürger noch aufhalten.

    Sein Gesicht und sein Geist waren voller Zorn.
    Lucheni der vor ihm stand und bereit war sich zu verteidigen sah er als einen der morallosen Männer, die ihm seine geliebte Frau genommen hatten.

    Lucheni hörte nur den Schrei, mehr hörte er nicht, mehr sah er nicht.

    Und als dieser bedrohliche Schrei näher kam schnellte seine Hand empor und das warme Blut spritzte durch die Luft.

    Als der Narr auf den Angreifer vor sich sah war er erstaunt und entsetzt gleicher Maßen.
    Er sah den Halbelfen vor sich, den gleichen Halbelfen, mit dem er gefühlt hatte, als Xelram dessen Frau mit sich nahm.

    Es war der gleiche Halbelf, der nun vor ihm zusammen sackte.
    Mit einer tiefen Schnittwunde mittem im Hals.

    Es herrschte Stille.

    Die Soldaten der Stadtwache starrten auf die Szene vor sich.
    Zorn und Wut gährten in ihnen, als sie den Leichnam des Seilmachers betrachteten und an ihre eigenen Familien und dann an des Ermordeten kleine Tochter dachten.

    Lucheni selbst war einen Augenblick vollkommen weggetreten.
    Erst langsam begriff sein Geist was er getan hatte und es dröhnte lauter und schrecklicher in seinem Kopf als der Zauber des Hexers.

    Der Hauptmann ballte die Hände zu Fäusten und spie hinaus "Tötet ihn! Tötet diesen Mörder! Erschießt ihn!"

    Lucheni wurde aus seinen Tagträumen gerissen, doch da war es schon zu spät.

    Einige der Soldaten hatten ihre Armbrüste bereit gemacht und ein Hagel von Bolzen, in Begleitung von Flüchen und Anfeindungen, prasselte auf Lucheni nieder.

    Er spürte nur noch den Schmerz wie er getroffen wurde, doch sah er nicht mehr den Himmel der vor ihm vorbei flog, als er durch die Wucht des einschlagenden Bolzens nach hinten geschleudert wurde.

    Unter den hasserfüllten Rufen der Soldaten tauchte Lucheni´s Körper in das kalte Wasser des Flusses ein.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 08.01.2008, 16:12


    Interludium: Der Schrei

    "Kommt Papa bald wieder?" fragte sie ängstlich.

    Das kleine Halbelfenmädchen sass eingeschüchtert auf einem der knarrenden Stühle des schäbigen Seilmacherhauses.

    Fest umklammert hielt es eine kleine Puppe, die nicht mehr viele Haare hatte und schon ziemlich alt und verblichen anmutete.

    Der alte Magier der Stadtwache nickte leicht und setzte sich dem Mädchen gegenüber.

    "Ja, das wird er." er lächelte sanft und freundlich, um das verängstigte Kind zu beruhigen.
    "Der Herr Hauptmann passt auf ihn auf."

    Das Mädchen sah den ihr fremden Mann mit großen Augen an, sie waren gerötet, da sie lange geweint hatte und erst vor einer Weile die Ruhe gefunden hatte.

    "Und Mama?" fragte das Kind unsicher und flüsternd, die Puppe dabei noch fester umgreifend.

    Der Magus zögerte kurz, schien zu überlegen, lächelte dann aber wieder "Ich bin sicher dein Papa und der Hauptmann holen sie wieder und dann beschützen wir euch."

    Er nickte leicht und machte eine entschlossene Geste "Denn weißt du Kleines, wir sind dazu da, euch zu beschützen!"

    Die Augen des Mädchens sahen den alten Mann verblüfft an, ehe sie etwas energischer fragte "Und warum wart ihr vorhin nicht da und habt Mama geholfen?"

    Nun war der Magier um eine Antwort verlegen.
    Er strich sich kurz über seinen ergrauten Bart und meinte dann ruhig "Weil wir nicht immer wissen, wo etwas Schlimmes passiert. Deshalb musst du uns immer rufen, wenn du Hilfe brauchst."

    Er schien mit sich selbst und seiner Antwort zufrieden und das Mädchen nickte "Das tu ich, ich versprechs!"

    Das Kind rührte das Herz des alten Mannes und er besah sich die schäbige Behausung in der die Familie leben musste.

    "Das es solche Armut in Dalaran gibt." dachte der Magier bei sich "In unseren Bibliotheken bekommt man soetwas garnicht mit."

    Das Mädchen schien dem alten Mann nun offener gegenüber, es schien langsam aber sicher Vertrauen zu dem ihr Fremden zu gewinnen.
    "Und die bösen Männer kommen auch nicht wieder?"

    "Nein, das tun sie nicht." lächelte der Magier "Wir haben sie in die Flucht geschlagen."

    Die Kerze auf dem Tisch, die zusätzlich zu den wenigen Fenstern Licht spendete flakerte kurz.

    Die Nackenhaare des alten Mannes stellten sich auf und plötzlich wurde ihm klar, das etwas anders war im Raum.

    Plötzlich zog das Mädchen die Luft zischend ein, ließ ihre Puppe fallen und drückte sich panisch in den Stuhl zurück, auf dem sie saß.

    Der Magier der Stadtwache vernahm nun ein Geräusch.
    Ein kehliges und angestrengtes Keuchen, das einen Augenblick zu vor noch nicht da gewesen war.

    Das Geräusch war nahe, viel zu nahe und langsam wandte der alte Mann seinen Kopf um.

    Hinter ihm stand eine in eine lange schwarze Robe gehüllte Gestalt.

    Der linke Arm war von Blut rotgefärbt und noch immer schien der Lebenssaft auf den Boden zu Tropfen.

    Kalt und grausam starrte der Hexer seinen magisch begabten Widersacher an.

    Der alte Mann wusste das er sein Leben verwirkt hatte.
    Er konnte nichts zu, zu nahe war der Rotwelsche, zu überrascht war er selbst.

    Nur noch ein strafender und anklagender Blick konnte er ihm zuwerfen, als Xelram seine gesunde Hand hob und sich die Luft um den alten Mann zusammenzog.

    Es gab ein Geräusch, als würde ein Kürbis auf dem Boden aufschlagen als der Kopf des Magiers platzte.

    Das Mädchen starrte den leblosen Körper des Magiers mit weitaufgerissenen Augen an, als dieser in sich zusammensackte und das Blut den Stuhl und den Tisch tränkte.

    Sie hatte ihren Mund weit aufgerissen, doch kam kein Schrei, so stark stand das Kind unter Schock.

    Xelram kümmerte das Blut in seinem Gesicht nicht, langsam wankte er auf das Mädchen zu.
    Er keuchte noch immer stark und man konnte sehen, das jeder Schritt ihn schmerzte.

    "Du bist meine Entschädigung für das alles hier." Seine Stimme war kalt uns schrill und während er das Mädchen anstarrte verzog sich kein Gesicht zu einer wahnsinnig grinsenden Fratze.

    Das Mädchen schüttelte energisch den Kopf, noch immer nicht schreien könnend.

    "Jetzt gehörst du mir." grinste der Hexer lüstern und gierig, als er zu dem Mädchen getreten war und sich über sie beugte.

    "Mein neues wunderschönes Püppchen."

    Nun gellte der schrille Schrei des Kindes durch das Haus.

    Und danach war es still, in dem Haus, in dem einst ein Seilmacher mit seiner Familie gelebt hatte.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 09.01.2008, 18:49


    Das Geheimnis

    Noch immer bebte der Geist des Hauptmannes voller Zorn.

    Seine Mannen waren an die Brüstung der Brücke getreten und schossen noch immer wie von Sinnen Bolzen auf Bolzen in das Wasser unter ihnen, als könnten sie den hineingestürzten Rotwelschen noch immer treffen.

    Der Offizier trat zur Leiche des Seilmachers, beugte sich mit einem bedauernden Blick hinunter und betrachtete ihn.

    Die Augen des Halbelfen waren noch immer weit aufgerissen. Trüb und tot starrten sie in den Himmel, während das Blut des Mannes den Boden um ihn herum rotgefärbt hatte.

    Der Hauptmann schloss sanft die Augen des Toten und murmelte "Er konnte mir nicht mal mehr den Namen seiner Frau sagen."

    Er erhob sich seufzend und zeichnete das Licht-Symbol in die Luft, ehe er zu seinen Männern sah.

    "Genug!" schrie er im Befehlston und die Stadtwachen hielten widerwillig inne.

    "Soll der Mörder unten im Fluss verfaulen!" spie der Hauptmann aus, wobei er ein zustimmendes Nicken seiner Untergebenen erhielt.

    "Es wird Zeit zu Lord Claude zurück zu kehren. Auf zum Justizpalast." der Hauptmann atmete durch, zum einen ob der Situation zum Anderen, weil er sich des Richters Ausbruch vorstellen konnte, wenn er von dem Ganzen erfahren würde.

    "Und ihn ..." er zeigte auf den toten Seilmacher "Bestatet ihn und dann bringt sein Kind zum Justizpalast, wir werden uns um das Mädchen kümmern müssen."

    Die Wachmänner nickten und taten wie ihnen geheißen.

    Noch während der Lärm auf der Brücke herrschte bewegte sich eine Gestalt langsam in dem kalten Wasser unter der Brücke.

    Lucheni´s Geist war erst kurz nach seinem Eintauchen in das kühle Nass wieder klar gewesen.
    Fast hätte er Wasser geschluckt, als ihm für den Bruchteil einer Sekunde nicht klar gewesen war, wo er sich befand.

    Seine rechte Schulter schmerzte und warme Flüssigkeit breitete sich im Wasser aus.
    Der Narr wusste, das es sein Blut war.

    Glücklicherweise hatte der Bolzen ihn scheinbar nur gestreift und war nicht in seinem Fleisch stecken geblieben.

    So konnte er die verletzte Schulter bewegen, auch wenn es ihm höllische Schmerzen verursachte.

    Er musste unter die Brücke gelangen, das wusste er.
    Würde er im freien Sichtfeld auftauchen, so würden ihn die Soldaten sofort wieder unter Beschuss nehmen.

    Dumpf hörte er die Bolzen, die Nahe seines Körpers ins Wasser traten, als er sich mit Kraft seiner Beine im Wasser fortbewegte.

    Das Licht unter Wasser wurde sperrlicher und über ihm schien sich ein Schatten auszubreiten.
    Es musste die Brücke sein, die nun über ihm aufragte.

    Langsam ging dem Hochelfen die Luft aus und er musste auftauchen, egal ob dort oben Feinde lauern konnten oder nicht.

    "Festgenommen zu werden ist besser als zu Ertrinken Lucheni." stellte er für sich selbst fest und fügte in seinen Gedanken noch hinzu "Und erschossen zu werden ist auch angenehmer als zu Ersticken."

    Mit einem Prusten tauchte Lucheni aus dem Wasser und zog keuchend die Luft ein.

    Erst jetzt spürte er, wie stark seine Schulter brannte und wie ausgelaugt und schwach sich sein ganzer Körper anfühlte.
    Das Wasser war eisig und erzeugte ein Gefühl als würde er von vielen kleinen Nadeln gestochen werden.

    Mühsam watete er zum Kanalrand.
    Er wischte sich das Wasser aus den Augen und erkannte, das er wirklich unter der Brücke war.

    Die Geräusche von oberhalb waren erstorben und in der Stille wirkte der kalte Stein der Brücke unfreundlich und dreckig.

    Lucheni zog sich mit einem Zischen aus dem Wasser und spürte dabei, wie das Blut noch immer seinen Arm hinablief.

    "Na, noch nicht verreckt?" fragte ihn eine wohlbekannte Stimme und er sah auf.

    Luca sass an die Brückenwand gelehnt dort und sah Lucheni missmutig an.
    Die Kleidung des Jungen war etwas zerrissen und er schien nass bis auf die Knochen zu sein.

    Sein Haar klebte an seinem Kopf und er schien leicht zu zittern.

    Lucheni hatte sich derweil ganz aus dem Wasser gezogen und drehte sich auf den Rücken.
    Er sah zu den matten Steinen über sich und begann dann einfach zu lachen.

    "Was ist so lustig?" fuhr ihn der Bettlerjunge genervt an.

    Lucheni lachte noch immer und drehte seinen Kopf so, das er selbst auf dem Rücken liegend Luca ansehen konnte "Ich kann nicht fassen, das wir das überlebt haben."

    Luca hob eine Augenbraue und ein kleines Schmunzeln konnte er sich auch nicht verkneifen.
    Doch dann kam wieder der ernste und übelgelaunte Ton in seine Stimme "Und wehe, du stößt mich noch einmal von einer Brücke!"

    Lucheni kicherte vergnügt und richtete sich wieder auf.
    Er verzog das Gesicht, als er sich hinsetzte und zu seinem Gegenüber blickte, doch dann grinste er wieder und schien seine Verwundung erst einmal nicht zu beachten.

    "Rummaulen kannst du noch." spöttelte der Hochelf "Also kannst du nicht so schlimm verletzt sein."

    "Ich nicht." nickte Luca und erhob sich, die Arme noch immer um sich geschlossen, um das Zittern zu verbergen "Aber dich hats erwischt, du König der Taugenichtse."

    Der Bettlerjunge kam auf Lucheni zu, der spielerisch abwunk "Ach was, ist nur ein Kratzer. Sowas haut mich nicht um, bin hart im nehmen. Sind ja nicht aus Zucker, so wie die feinen Pinkel."

    "Das muss verbunden werden." widersprach Luca und riss ein wenig seines Ärmels ab und begann Lucheni´s Wunde zu verbinden.

    Dieser verzog das Gesicht ob des Schmerzes, denn der Junge ging nicht gerade zimperlich vor.
    "Womit hab ich denn diese Freundlichkeit verdient?" grinste der Hochelf breit, doch verzog er danach gleich wieder das Gesicht, als Luca den Verband enger zog.

    "Mit garnichts." raunte der Junge "Glaub bloß nicht, das ich mich um dich sorge. Aber wenn ich nochmal einen Partner verliere, knüpft mich der Bucklige auf. Später sollten wir die Wunde mit einem heißen Eisen ausbrennen."

    "Kennst dich da aus was?" stellte Lucheni grinsend, aber auch anerkennend fest.

    Luca nickte, während er den Verband fest zurrte "Pierre hats mir beigebracht. Der kannte so einige Tricks."
    Wieder stahl sich die Trauer auf des Jungen Zügen.

    "War ein netter Kerl oder?" fragte Lucheni, nun etwas ernster und ruhiger.

    Wieder nickte Luca nur, eher er zögernd antwortete "Immer für einen da. Netter alter Mann eben. Nahm mich mit aus Stratholme hierher, als die Luft da oben im Norden zu dick wurde."

    "Ihr wart lang gemeinsam unterwegs was?" fragte Lucheni, während er sich seine verbundene Schulter besah und grinsend nickte, scheinbar war er zufrieden.

    "Paar Jährchen vielleicht ..." nuschelte der Junge.

    Lucheni lachte nun wieder fröhlich und wuschelte Luca durchs Haar, was diesen eher unangenehm war, was man seinem missmutigem Gesicht ansehen konnte.

    "Kopf hoch Kleiner." kicherte der Hochelf "Jetzt hast du ja mich!"

    "Soll das ein Trost oder eine Drohung sein?" gab Luca schnippisch zurück und begann dann wieder zu zittern.

    Lucheni kam etwas näher und packte den überraschten Luca an den Ärmeln.
    "Du erfrierst noch in diesen nassen Klamotten, hopp runter damit!"

    "Was?! Nein!" schrie Luca und wollte sich von Lucheni´s Griff lösen.

    "Stell dich nicht so an, wir zwei Kerle sind doch unter uns." grinste Lucheni und ließ nicht ab.
    Es kam zu einem kleinen Handgemenge.

    Plötzlich, mitten als Lucheni dabei war, seinem Gegenüber die nassen Sachen zu entreißen stockte er.
    Er runzelte die Stirn und ließ die Arme sinken.

    Luca senkte den Kopf und nur ansatzweise konnte man erkennen, wie sich die Röte auf seinem Gesicht ausbreitete.

    Lucheni lehnte sich zurück und starrte sein Gegenüber an.

    "Du bist ne Frau?!" seine erstaunte Stimme schallte an der Brückenwand wieder und der vermeintliche Junge hob erbost den Kopf.

    "Schrei nicht so du Vollidiot!" schrie nun Luca ihrerseits.

    "Jetzt versteh ich, warum du immer so zickig bist ..." stellte Lucheni fest, die pure Überraschung über diese Erkenntnis war noch in seinem Gesicht zu lesen und die Narrheit war fast gänzlich daraus verschwunden.

    "Weißt du was es bedeutet als Mädchen in der Gosse aufzuwachsen?" zischte Luca während sie ihr Hemd enger um sich schloß.
    "Natürlich weißt du das nicht ..." murmelte sie.

    "Immer wie ein noch nicht reifes Stück Obst angestarrt zu werden ..." sprach Luca dann leise weiter.
    Lucheni hörte schweigend zu, bei ihren Worten ungewöhnlich ernst.

    "Und dann später in die Bordelle gesteckt zu werden ... darauf hat ich keinen Bock." Luca sah Lucheni ins Gesicht, vermied es aber einen Augenkontakt herzustellen.

    "Nicht zu vergessen diese ganzen Perversen ..." stellte Lucheni ungewöhnlich kühl fest.

    Luca nickte nur und ging etwas von dem Hochelfen weg.

    "Pierre hats gewusst oder?" fragte Lucheni.

    "Er war der Einzige." bestätigte das Bettlermädchen "Er hats mir geraten ... hat gewusst, was hier für Leute in Dalaran rumlaufen."

    Lucheni erhob sich und warf ihr sein Hemd zu, das scheinbar schon wieder etwas getrocknet war.
    "Nimm das. Und keine Sorge, ich werds für mich behalten." er zwinkerte schelmisch.

    "Als könnt ich dir vertrauen!" zischte Luca, hob aber trotzdem das Hemd auf und legte es sich um.

    "He, das war ein Schaustellerehrenwort!" lachte Lucheni, was ihm nur einen skeptischen Blick des Mädchens bescherrte.

    "So ein Ehrenwort ist nichts wert und das weißt du auch!" stellte Luca fest.

    Lucheni nickte grinsend und beugte sich zu Luca hinab.

    Seine Stimme war ruhig und freundlich "Aber mein Wort ist etwas wert, meine Freundin."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 10.01.2008, 22:46


    Vorfreude

    Die Raben krächzten.

    Zu Dutzenden sassen die Aasvögel auf den schwarzen und zackigen Zinnen des Justizpalastes.

    Immer gierig nach totem Fleisch hatten sie rasch erkannt, das dieser Ort ein Hort von leicht gemachter Beute war.

    Und wieder sollten die geflügelten Wächter des steinernen Gemäuers auf ihre Kosten kommen.

    Der Hauptmann hatte gerade seine Männer fortgeschickt als er zum Palast hinauf spähte.

    Seine Leute sollten sich ausruhen und Kraft schöpfen. Er allein würde zum Stadtvogt gehen und ihm von der Ereignissen des Tages berichten.

    Etwas, worüber der Richter alles andere als erfreut sein würde, so wusste der Offizier.
    Schon fast ein Jahr war er nun auf diesem Posten und hatte Claude´s kalte und gnadenlose Politik zur Genüge kennengelernt.

    Er war nun schon länger Hauptmann der Wache, als die meisten vor ihm.
    Viele kamen mit dem Druck nicht zurecht oder der Richter fand etwas, das ihm an seinem Untergebenen nicht gefiehl.

    Einer der Gründe, warum er nun schon solange im Amt war, war der gewesen, das er am Beginn seiner Karriere Claude gerade zu vergötterte.

    Der Richter hatte auch wirklich viele Erfolge im Kampf gegen das Verbrecher erzielt und gerade in den besseren Vierteln Dalarans galt er als hoch geehrter Mann.

    Doch hatte sich das Bild dieses Mannes der Gerechtigkeit in den Augen des Hauptmannes gewandelt.
    Nun zeigte sich ihm das Bild eines hasserfüllten und unerbittlichen Mannes.

    Eines Mannes, vor dem er Furcht verspührte.

    Er seufzte und betrachtete wieder die schwarzen Zinnen.
    Das Gebäude war ehrfurcht gebietend und oft war der einzige Schmuck an der kalten Steinwand ein zackiger Vorstoß, ein Balkon oder eine Zinne.

    Doch hier und da kündeten auch steinerne Figuren von dem Innenleben des Gebäudes.

    So zeigte eine solche Szene einen Menschen und einen Hochelfen, die einen Troll köpften.
    Es sollte wohl eine Szene aus den Trollkriegen darstellen.
    Lange vergangen, aber noch immer im Gedächtnis der Bevölkerung.

    Eine große steinerne Treppe führte vom Platz hinauf zu den Eingangstoren des Palastes und während der Hauptmann sie erklomm schweifte sein Blick nocheinmal auf den Platz unter ihm zurück.

    Eine lange Reihe von Galgen standen dort Tag ein Tag aus.
    An ihnen hingen Käfige und dort drinnen fristeten oft Gefangene Tagelang ihr Dasein.

    Heute jedoch hingen nur Tote in den Käfigen.
    Der Hauptmann erkannte die Rotwelschen vom Vormittag, die nun an den Stricken baumelten.

    Der Richter hatte schnell Recht gesprochen über die armen Männer und Frauen, nur die gefangenen Kinder waren nicht unter den Erhängten.

    Als der Offizier in das Gebäude eintrat krächzten wieder die Raben und stürzten sich auf die leblosen Leiber der Rotwelschen.

    "Nein!" sagte Luca entschieden.

    "Oh doch." nickte Lucheni und sah auf das Mädchen hinab, das noch immer mit seinem Hemd bekleidet auf dem kalten Boden unterhalb der Brücke sass.

    "Niemals!" schallte wieder Luca.

    "Und wie!" grinste Lucheni breit und beugte sich leicht über sie.

    "Wehe! Ich schreie!" Das Bettlermädchen spannte seinen ganzen Körper an.

    "Dann tu´s doch!" ermutigte Lucheni sie und stürzte sich schon fast auf Luca, sie mit seinen Händen packend.

    Einen Augenblick später seufzte Luca.
    Sie hatte nicht geschrien und hielt sich nun an Lucheni´s Hals fest.

    "Ich habs dir doch gesagt." grinste Lucheni und richtete sich auf, während er nun Luca auf dem Rücken trug.

    "Ich find das trotzdem peinlich!" murrte das Mädchen, klammerte sich aber fest an den Hochelfen.

    "Du wärst mir fast erfroren Määääää ... äh Junge." zwinkerte Lucheni, was ihm einen kleinen Tritt der holden Maid auf seinem Rücken einbrachte.

    "Die Stadtwache ist sicher noch in der Nähe." erklärte Luca, während Lucheni langsam los lief.

    Er schwankte zuerst etwas, denn auch wenn er es sich nicht anmerken ließ, so machte ihm seine Verwundung doch noch zu schaffen.
    Nach kurzer Zeit bildeten sich schon Schweißperlen auf seiner Stirn.

    Dennoch hatte er darauf bestanden das Mädchen zu tragen, sie wirkte in seinen Augen wohl zu schwach um ausgelaugt. Ein Anflug von Ritterlichkeit.

    "Hörst du mir überhaupt zu?" schallte Luca und Lucheni nickte leicht, wohl wirklich nicht sonderlich aufmerksam lauschend.

    "Wir können also nicht den Eingang hier am Fluss nehmen." führte das Bettlermädchen fort, auch wenn sie auf Lucheni´s Rücken nun wieder garnicht wie ein Mädchen sondern wie gewohnt wie ein Junge wirkte.

    "Also nehmen wir den nächst besten." grinste Lucheni "Bist ganz schön schwer."

    Wieder bekam er einen Tritt und kicherte dabei, während Luca ihm den Weg erklärte.

    Sie mussten ein wenig durch die Stadt laufen, wobei sie sich in den dunklen Ecken und Gassen bewegten.
    Sie waren nun in einem etwas besserem Viertel wo die Häuser nicht mehr so nah beinander standen.

    Die Straßen waren gepflastert und des Nachts schon beleuchtet. Die Stadtwache machte hier regelmäßig ihre Runde und die Häuser priesen mit frisch gestrichenen Schildern ihre Waren an.

    "Und verlauf dich nicht." murrte Luca, was Lucheni nur zu einem laschen "Jaja." verleitete.

    Das Mädchen atmete durch, langsam schien sie sich an die Situation zu gewöhnen.
    Für einen Moment betrachtete sie Lucheni´s Hinterkopf, dann beugte sie sich zögerlich mehr zu ihm und legte ihren Kopf auf seinem Kreuz auf.

    Sie schloss die Augen und entspannte sich.

    Doch lange konnte das Mädchen die Wärme und Geborgenheit nicht genießen, denn Lucheni ließ sie harsch auffahren.

    "Sieh dir das an." meinte er verblüfft.

    Luca brauchte einen Moment um sich zu orientieren.

    Sie standen am Rande einer Gasse und sahen beide auf einen größeren Platz in dessen Mitte ein kunstvoller Brunnen stand.

    Am Brunnen tanzte eine leicht bekleidete Rotwelsche zu den Klängen zweier Spielleute und hinter ihr standen noch zwei weitere Gestalten, beide wie Narren gekleidet.
    Einer von ihnen hielt dabei eine lange Stange, fast schon eine Lanze.

    Eine kleine Bürgerscharr hatte sich um die Schausteller versammelt.
    Einige, vorallem die Kinder, waren hellauf begeistert und warfen den Gauklern ein paar Kupferstücke zu.

    Andere jedoch betrachteten das ganze missmutig und die Rotwelschen voller Hass und Abscheu im Gesicht.

    Dies alles war noch nicht so überraschend, das Lucheni verblüfft gewesen wäre, jedoch standen ganz in der Nähe vier Soldaten der Stadtwache und sie schienen sich herrlich zu amüsieren.

    Lucheni verzog das Gesicht, er sah nun aus wie ein kleiner Junge, der vor Neid fast platzte.
    "Warum dürfen die das und ich nicht?"

    Luca zog ihm einen kleinen Schlag über den Hinterkopf, was den Hochelfen aber scheinbar nicht weiter berührte.
    "Weil die sicher ne Genehmigung haben du Gnomleuchter!"

    "Eine Genehmigung?" fragte Lucheni stirnrunzelnd "Sowas gibs?"

    "Wenn du´s bezahlen kannst." erklärte das Mädchen "Du zahlst einen Vorschuss und gibst der Stadt was von deinen Einnahmen. Dann darfst du unter strengen Auflagen an bestimmten Plätzen zu bestimmten Zeiten deiner Arbeit nachgehen. Normalerweise muss man aber vor Einbruch der Dunkelheit dennoch die Stadt verlassen haben."

    Lucheni nickte und wollte antworten, als einer der Narren nach vorne zu der Tänzerin trat und seine freudige und schelmische Stimme den Platz erfüllte.

    "Hört! Hört! Seht her!" begann er schallend zu singen und bald stimmten auch die anderen Schausteller mit ein.
    "Bauern, Schuster, Mägdelein, lasst die Arbeit Arbeit sein!"

    Lucheni und Luca betrachteten das ganze gespannt, während sich das Volk scheinbar herzlichst über die Reime erfreute.

    "Hört! Hört! Seht her!" sangen die Gaukler weiter und der Narr mit der großen Stange trat nach vorne, erst jetzt bemerkte Lucheni das etwas am oberen Ende der Stange zusammen gebunden war.

    "Theologen, Philosoph, freut euch eure Welt steht Kopf! Heute sind die Leute ..."
    Der Gaukler entrollte die Flagge, die an der Stange hing und schwenkte sie, sofort riefen die belustigten Zuschauer: "... doof!"

    Die Flagge wehte fröhlich im Wind und zeigte ein Emblem, das von einem Wiesel als Wappen dominiert wurde.

    Die Blicke von Luca und Lucheni trafen sich für einen Augenblick und beide sagten im Gleichklang "Die Samekhs!"

    "Wie konnte das geschehen Hauptmann?" hallte die kalte Stimme des Richters durch das karge Kaminzimmer, in dem - wie immer - ein prasselndes Feuer loderte.

    "Also .. ich ... ähm ... Euer Ehren." stotterte der Offizier.

    Er war eingeschüchtert. Dunkel funkelte der Stadtvogt ihn mit seinen grauen Augen an und schien sich gleich wie ein reißender Wolf auf ihn zu stürzen.

    Gerade als der Hauptmann seinen Kopf aus der Schlinge ziehen wollte klopfte es an die Türe.

    Der Richter wandte sich vom Hauptmann ab, der daraufhin sofort durchatmete und wieder etwas ruhiger wurde.

    "Herein." sprach Claude kühl und sah daraufhin zu der Gestalt eines Schreibers, der sich nur als Schatten vor dem hereinfallenden Licht abhob.

    "Euer Ehren, habe Meldung zu machen. Die Samekhs sind am Stadttor." sprach der Herold.

    Die Stimme des Richters war seltsam ruhig, als er nun sprach "Hinaus. Alle Beide."

    Dies ließ sich der Hauptmann nicht zweimal sagen.
    Mit einem knappen Salut stürzte er aus dem Zimmer und zog den Schreiber mit sich.
    Krachend flog die Türe ins Schloss.

    Langsam trat der Richter an den Kamin und starrte ins Feuer.
    "Sie sind wieder da."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 11.01.2008, 17:39


    Zu Hause

    Fröhlich jagte das Wiesel dem Blatt hinterher.

    So mutete das fröhliche Banner an, das der Narr schwenkte während seine Gefährten das Volk am Brunnenplatz unterhielten.

    Fast schon magisch mutete die Flagge an, so satt waren die Farben und so plastisch das darauf zu erkennende Tier.

    Das Wiesel, das Eblem des Wieselvolkes, wie die Samekhs auch genannt wurden.

    Es gab dieser Tage viele Schaustellergruppen, Wanderjahrmärkte und Vereinigungen von fahrendem Volk.
    Sie reißten durch die Lande, hielten sich als Söldner, Schausteller oder Halunken über Wasser und kamen so zu allen großen Städten Lordaerons.

    Die meisten dieser Schaustellertruppen waren klein, unbeliebt und unbedeutend.

    Nicht gerne lange in einem Ort gesehen, mussten sie immer wieder rasch weiter reißen um nicht der Staatsmacht anheim zu fallen.

    Doch die Samekhs waren anders.

    Zwar waren auch die Samekhs ein wild zusammen gewürfelter Haufen von allerhand Volk und Zunft, so erschien es zumindest auf dem ersten Blick.

    Doch war allein ihre Größe von über hundert Rotwelschen beeindruckend.

    Ihr Wagenzug war im Laufe der Zeit zu einem wahren Tross herangewachsen und im gleichen Maße, wie sich ihre Zahl vergrößerte so stieg auch ihre Bekanntheit.

    Tatsächlich hatte die Truppe der Samekhs ein beeindruckendes Programm von Schaustellern aufzubieten.
    Egal ob Musik, Tanz, Belustigung oder gar Magie, alles wurde geboten.

    In schillernden Farben und hinreisenden Formen.

    Doch auch dunkle Stimmen erhoben sich oft, wenn der Name Samekh ausgesprochen wurde.
    Als Rotwelschen wurden sie überall schief angesehen und viele sagten ihnen heidnische und dunkle Machenschaften nach.

    So erschien ihre Magie, die sie zum Leben und Arbeiten verwendeten so anders als die Magie der großen Akademien.
    Mehr primitiv und urweltlich, wie der Schamanismus der Trolle als die arkanen Kräfte der Kirin Tor.

    Dennoch war das Volksfest der "Fürsten der Schausteller" legendär.
    Von Stratholme bis Stromgarde und von Lordaeron bis Aerie Peak war es überall bekannt und beliebt.

    Und Dalaran gehörte zu einem festen und einem der größten Stopps auf der jährlichen Reise des Wandervolkes.

    Zwar hatten sich auch die Samekhs an die harten und engen Richtlinien der Magiokratie zu halten.
    Doch waren selbst die Hohen Herren der violetten Zitadelle von der Kurzweil begeistert und erwarteten freudig die kunterbunten Tage die das Wieselvolk in die Stadt brachte.

    Auch im Sanktum der Wunder waren die Samekhs berühmt und berüchtigt und so gut wie jeder Rotwelsche in Lordaeron kannte sie.
    Zu ihnen zu stoßen war ein Privileg, doch manchmal auch ein zweifelhaftes.

    Dennoch verdankten viele dem Wieselvolk so einiges und auch das Sanktum der Wunder profitierte von dem regen Handel mit den Samekhs.

    Auch der Stadtvogt hatte in seinen über 15 Jahren Amtszeit oft mit den Samekhs zu tun gehabt.
    Ein notwendiges Übel, so hatte man ihn oft über sie sagen hören.

    Und nun waren diese Legenden unter den Narren wieder in der Stadt und eine kleine Abordnung sogar vor Luca und Lucheni.

    "Ich hab sie noch nie selbst gesehen, sieht interessant aus." grinste Lucheni breit, während sie das Treiben vor sich betrachteten.

    Luca machte einen abfälligen Ton "Ich schon, mal in Stratholme. Sind vielleicht garnicht schlecht, aber die tun immer so von Oben herab. Halten sich wohl für was Besseres."

    "Eifersüchtig?" grinste Lucheni und nun wurde er von Luca harsch an den Ohren gezogen, was ihm doch einen kurzen Schmerzenslaut entlockte.

    Luca blickte missgelaunt auf die Ansammlung von Bürgern, die sich langsam auflöste, scheinbar war die Darbietung vorbei.
    Die Samekhs packten ihre Sachen und wurden von den Stadtwachen abeskortiert.

    Danach kam Ruhe auf dem Platz ein und er lag wieder stumm da, so wie jeder andere in der Stadt.
    Dies war nur eine Kostprobe für das Volk gewesen um die Stimmung für die wahren Festtage anzuheizen.

    Sicherlich erfolgten solche "Kundgebungen" überall in der Stadt dachte Lucheni.
    Werbung war eben alles.

    Lucheni blickte sich verstohlen um und schlich dann wieder weiter durch die Schatten.
    Die erneute Bewegung kam für Luca wohl etwas überraschend und das Mädchen hielt sich wieder an ihrem Partner fest.

    "Kommen diese Wiesel oft hierher? Oder ist das so ne `Einmal ganz nett, weil nicht so oft da´-Sache?" schmunzelte Lucheni vergnügt im Lauf.

    Luca schien kurz zu überlegen "Die kommen jedes Jahr hierher, ungefähr zur gleichen Zeit." erklärte das Mädchen "Oft zur Sonnenwende oder kurz bevor der erste Schnee fällt."

    "Die ganze Stadt steht dann Kopf." Luca klang nicht begeistert "Die Bürger sind ganz aus dem Häuschen. Es gibt einen Tag frei, an dem alle Klöster und Schulen geschlossen werden. Magierwettkämpfe, Turniere, Darbietungen. Eben ein großes Volksfest."

    "Na das klingt doch nach ner Menge Spaß!" lachte Lucheni "Wein, Weib und Gesang, so lass ich´s mir gefallen!"

    "Wenns so wäre ..." Luca rollte mit den Augen "Die Samekhs machen auch viel Ärger. Gibt bei ihrem Hiersein oft Tumulte im Sanktum und Gringoire greift noch härter durch als sonst."

    "Und der Richter ..." das Mädchen schien sich instinktiv etwas mehr an Lucheni zu klammern "Er verstärkt jedesmal die Stadtwache, lässt die Stadtgrenzen bewachen und seine Spitzel sind überall."

    "Klingt als wollte er sie drankriegen." stellte Lucheni nachdenklich fest.

    "Ohja!" nickte Luca eifrig "Ich denke mal, er sieht sie als Trophäe oder sowas. Ich meine, die allseits bekannten Samekhs zu überführen, einzusperren und hinzurichten. Das sollte man ihm erstmal nach machen."

    Nachdem sich das Bettlermädchen noch etwas über die Schaustellertruppe ausgelassen hatte, kamen sie und Lucheni zu einem alten verfallenen Haus am Rande der Stadtmauer.

    Die Gegend schien fast wie ausgestorben obwohl sie sich nur im Hinterhof einer lebhaften Straße befanden.

    "Lass mich hier runter." rief Luca, aber noch ehe Lucheni sich hinknien konnte, war das Mädchen schon von seinem Rücken gesprungen.

    Sie schien nun wieder voll Kraft und Ellan und Lucheni grinste breit, auch wenn er sich die schmerzende Schulter rieb.

    Rasch zog sich Luca Lucheni´s Hemd aus und warf es ihm zu.

    "Mit dem Teil geh ich da nicht rein. Die denken sich ja sonst was." murrte Luca.

    Lucheni grinste "Denken dann wohl, das die Kleine sich in den gutaussehenden, begehrenswerten und wundervollen Hochelfen verschossen hat."

    Auch Luca grinste nun böse "Vergiss nicht, die halten mich alle für einen Jungen."
    Sofort erstarb Lucheni´s dreckiges Grinsen.

    Luca ging zu dem baufälligen Haus und schob einen der großen Steine der Häuserwand beiseite.

    Eine Lucke und eine damit verbundene Treppe kam zum Vorschein.

    Lucheni pfiff beeindruckt und kam dann an Luca´s Seite.
    "Lass mich vorgehen." sagte er und trat ein.

    "Nein! Halt warte." wollte das Mädchen ihn noch aufhalten, doch da stieg Lucheni schon in die Dunkelheit und einen Moment später hörte man einen dumpfen Schlag und einen Schrei.

    Luca rollte mit den Augen "So ein Idiot ..." und rief dann laut "Halt nein, nicht umbringen! Ich bin´s Luca!"

    Das Mädchen eilte nach unten in die Katakomben und sah Lucheni am Boden sitzend, wie er sich den Kopf hielt.
    Ein paar Rotwelschen standen um ihn herum, einer von ihnen trug eine große Keule.

    Der Hochelf hatte scheinbar Glück gehabt, das der Wächter nur halbherzig zugeschlagen hatte.

    "Hättest mich auch warnen können ..." murrte Lucheni, sichtlich unter Schmerzen.

    Luca verschränkte die Arme und der Rotwelsche der zugeschlagen hatte lachte "Hab eure Stimmen schon gehört ... wollte dem Neuen nur einen Denkzettel verpassen."

    Nachdem sich der Wachtrupp auf Lucheni´s Kosten einige Zeit herrlich amüsiert hatte, machten sich die Rotwelschen gemeinsam auf dem Weg zurück zum Sanktum der Wunder.

    Lucheni ersehnte im Stillen endlich einen Ort, wo er sich ausruhen konnte, denn die Strapatzen des Tages und seine Verwundungen hatten jeden Tropfen Kraft aus ihm heraus gesaugt.

    Doch noch hatte der Narr keinen Grund zum Durchatmen, denn als sie ins Sanktum kamen wurden sie schon erwartet.

    Es war der Bucklige höchst selbst, der von seinem Hochsitz herrunter gekommen war um die beiden Nachzügler zu begrüßen.

    "Wegen euch." schrie der Gnom Lucheni und Luca an, die derweil ehrfürchtig vor ihm standen und die Gesichter gesenkt hatten.

    "Nur wegen euch wurde Xelram verletzt!" scheinbar machte sich Gringoire wirklich sorgen um den Hexer, jedenfalls klang es nicht nach einer Lüge.

    "Recht so ..." murmelte Lucheni, doch da bekam er auch schon einen heftigen Schlag ins Gesicht von einem der umstehenden Leibwachen des Bettlerkönigs.

    "Unterbrich den Boss gefälligst nicht." zischte dieser.

    Lucheni stöhnte nur kurz unter Schmerzen auf, langsam fiehl es ihm schwer, sich auf den Beinen zu halten.

    Luca schien dies zu bemerken und fiehl nun ihrerseits dem Buckligen ins Wort.
    "Äh, Boss?"

    Alle sahen zu dem Mädchen, das sie für einen Jungen hielten und Gringoire sah sie wutentbrannt an "Was?!"

    "Ich glaub der machts nicht mehr lange." Luca zeigte mit einem Kopfnicken auf Lucheni, der leicht schwankte und das Gespräch wohl schon nicht mehr mit bekam.

    Der Gnom seufzte und wunk ab "Na schön ... nehm ihn mit. Ich kann euch Morgen ja immernoch zusammen stauchen."

    Mit diesen Worten wandte sich der Bettlerkönig sammt seinem Gefolge ab und ließ Luca und Lucheni allein im Eingangsbereich des Sanktums zurück.

    Mühsam schleppte das Mädchen ihren großen Begleiter zu einem kleinen Zelt, das in einem eher abgelegenen Winkel des Sanktums aufgebaut war.

    Das Zelt war bunt und reich geschmückt, so wie die anderen Aufbauten, eine kleine Kiste und zwei Decken lagen darin.
    Der Boden war mit Stroh ausgelegt und davor war eine kleine Mulde in den festen Stein geschlagen worden, die - wie der Ruß verriet - als Feuerstelle genutzt wurde.

    Es war ein trockenes Eck und ziemlich ruhig und selbst nun, da kein Feuer brannte war es auszuhalten.

    "Willkommen im meinem Zuhause ..." sprach Luca leise, als sie ihren Begleiter auf eine der Decken plumpsen ließ.

    "Pierre braucht das ja jetzt nicht mehr ..." murmelte das Mädchen.

    Lucheni sah sie nur kurz aus fast zugeschlagenen Augen an "Hast was gut bei mir."

    "Halt die Klappe." fuhr Luca ihm ins Wort "Wir sind quitt, das das mal klar ist."

    Lucheni kam nicht mal mehr dazu ihr zu zu nicken.
    Schon war er in einen tiefen Schlaf gefallen, die Strapatzen hatten scheinbar ihren Tribut gefordert.

    Luca seufzte kurz genervt und lehnte sich gegen die Wand, an der das Zelt einerseits festgemacht war.

    Still betrachtete sie den schlafenden Lucheni, bis sie anfing sanft zu Lächeln und sich dann selbst zur Ruhe legte.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 12.01.2008, 20:31


    Die Samekhs

    Die fröhliche Musik verkündete was Einige schon wussten.

    Die Musik der Spielleute Samekh erklang bis vor die Tore Dalarans. Bunte Wagen und das Banner des Wiesels waren nun zu sehen.
    Fröhlich zeigten sich die Wandersleute in ihrer bunten Kleidung.

    Vor dem großen Stadtportal hatten sie wieder ihr Lager aufgeschlagen.
    Noch war noch nicht viel von dem späteren Zeltlager und Festgelände zu erkennen.
    Doch schon standen dort die vielen buntgeschmückten Wagen und die Rotwelschen der Samekhs sorgten jetzt schon für Aufregung.

    Einige Schaulustige hatten sich auf den Weg gemacht, sich die Schausteller zu besehen, die Neugierde überwiegte oft das Misstrauen gegenüber dem fahrendem Volk.

    Auch Lucheni war wieder unterwegs.
    Die Nachtruhe hatte ihm gut getan und Luca´s Verband hatte seine Wunde jetzt schon erträglich gemacht.
    Nur noch wenig schrenkte sie ihn ein und er spürte sie kaum noch.

    Es war früh am Morgen gewesen als er erwacht war.
    Luca hatte noch tief und fest geschlafen und da der Hochelf sie nicht wecken wollte - und vorallem der Standpauke von Gringoire entkommen wollte - hatte er sich rasch auf einen Spaziergang gemacht.

    Er war den Stadtpatroullien gut aus dem Weg gegangen und nun vor den Toren der Stadt hatte er nur noch halb soviel zu befürchten von der Staatsmacht.

    Er ging gerade fröhlich pfeifend über den kleinen Weg, der zum Lager der Schausteller führte, ergriff dabei rasch einen vorbei gehenden Passanten bei den Schultern, riss ihn zu sich herum, grinste ihn an und fragte ihn ungeniert "Was´n das los?"
    Als ob er es nicht schon längst wissen würde.

    "Was? Ach die Spielleut sind wieder da. Dieses Wandervolk das sich Samekhs nennt." gab der Passant etwas stotterig von sich.
    Einige Kinder rannten nun schon auf den Platz vor Dalaran hinaus, sie gesellten sich zu den Kindern der Samekhs.

    Lucheni ließ den Passanten noch nicht los, er lehnte sich auf dessen Schulter und sah nachdenklich zum Himmel, ehe er ihn anlächelte "Ach die Samekhs .. ja .. hab davon gehört. Bekannt. Das ist ja toll!"

    "Ja.. Ja.. " lächelte der Bürger unsicher, im Stillen dachte er sich wohl ob dieser Elf vor ihm auch zu ihnen gehörte. Denn einige wenige Hochelfen wanderten auch zwischen ihnen umher.
    Lucheni nickte und klopfte dem Passanten auf die Schulter "Sollte man sich mal anschauen nicht? Wie ist deine Meinung dazu mein Freund?"

    Der arme Mann blinzelte "Eh... Es lohnt sich sicherlich. Sie ham immer sehr feine Stoffe für gute Kleidung zum Verkauf.. Und ein sehr gutes Programm.."
    "Oh Programm?" Lucheni grinste "Interessant ... interessant. Gut, das ich in die Stadt gekommen bin." er nickte nun ernst, ehe er wieder grinste.
    "Doch jetzt muss ich weiter .. kann mich leider nicht den ganzen Tag mit dir unterhalten." er klopfte dem Passanten nochmals auf die Schulter und ging dann pfeifend Richtung des Festplatzes.

    Der Mann schüttelte kurz den Kopf, dann entschwand er rasch in eine andere Richtung. Nein, dem wollte er heute so schnell nicht wiedersehen.

    Auf dem Platz der Samekhs hatten derweil schon einige der Rotwelschen damit begonnen ihre Wagen, Zelte und Buden aufzubauen.

    Lucheni grinste und warf den kleinen Geldbeutel, den er soeben `verdient´ hatte immer wieder in die Luft.
    "Die Samekhs." sagte er laut, so das sich einige Passanten verwirrt zu ihm umblickten, weil sie glaubten er redete mit ihnen und nicht mit sich selbst "Das sollte ich mir wirklich ansehen."

    Er kam näher und betrachtete gespannt den Aufbau.
    Der Aufbau schien fröhlich von statten zu gehen, man sang und scherzte. einige der Leute nickten Lucheni dabei zu, andere wiederrum bemerkten ihn wohl nicht, so vertieft waren sie in ihre Arbeit.

    Der Hochelf ging summend und augenscheinlich vergnügt auf einen der Samekh´s zu, die gerade aufbauten "Kann man helfen Freund?" und lächelte gewinnend.
    "Aye sicher wenn ihr anpacken könnt mein Freund." gab der Herr von sich. Er grinste zu ihm auf.

    Lucheni schlug sich verspielt gegen die Brust "Natürlich. Bin ja kein Beamter."
    Er lachte auf und krämpelte die Ärmel zurück "Wir fahrendes Volk müssen doch zusammen halten." er zwinkerte und meinte diese Aussage wohl wirklich ernst.

    "Ah so einer seid ihr. Na dann macht euch verdient und geniest die frische Luft. Wobei ihr wohl noch einmal hinab müsst. Sagt denen da unten bescheid das wir da sind." grinste er. "Außer aber die Strolche wissen es schon längst."
    Lucheni verstand die Anspielung auf da Sanktum der Wunder und grinste breit.
    Es war ihm ohnehin klar gewesen, das die Samekh´s wohl mit dem Bettlerkönig in Verbindung standen.

    "Der Bucklige weiß es glaub ich schon." er kicherte kurz und vergnügt.
    "Und kommt doch mit!" er grinste wieder "Es gibt zwar kein gutes Essen, es ist dreckig und es stinkt .. aber ..." er hielt kurz inne "Ach .. bleiben wir doch lieber hier in der frischen Luft!" Lucheni lachte dann schallend.

    "Wir werden wohl erst gen Abend kommen." der Mann nickte zu den Wagen, einige standen nun schon fertig, andere wurden nun erst aufgebaut.
    "Es steht noch etwas Arbeit an. Aber ihr könnt ihm ausrichten, das wir haben was er begehrte." ein kurzes Funkeln zeigte sich in den Augen des Mannes.

    Lucheni nickte nun betont ernst "Das werde ich .. doch seit auf der Hut." er sah nach links und rechts, als würde er jederzeit damit rechnen, das jemand aus einem Busch gesprungen kam "Richter Claude, sucht wieder nach ehrlich unehrlichem Volke ..."

    "Och soll er es versuchen." der Samekh grinste nun verschwörerisch und deutete zu einem etwas seltsam anmutenden Wagen "Die Seherin hat schon vorgesorgt."

    "Seherin? Ach .. eure besondere Attraktion, von dem die Leute immer reden?" Lucheni sah interessiert zum Wagen und richtet sich weit auf.
    Allerdings hatte der Hochelf schon von der Seherin gehört, eine Tänzerin mit ganz besonderen Kräften und einer ganz ausgesprochenen Schönheit wie es hieß.

    Es mutete ohnehin an, wenn man dem Gerede der Stadtbevölkerung lauschte, das viele - vornehmlich männliche - Schaulustige einzig und allein wegen dieser Frau hierher kamen.
    Also auf jedenfall etwas, das das Interesse des Narren geweckt hatte.

    "Ja sie wird auch wieder tanzen heut Abend zur Eröffnung." das Grinsen des Schaustellers wirkte nun seltsam, dann richtete der Mann sich auf.
    "Aber wenn ihr Genaures wissen wollt." nun deutete er zu einem einbeinigen Mann hin, der dort ganz in der Nähe stand. "Fragt unsren Vater."

    "Ah, das Oberhaupt einer Schausteller Familie, ist wie der König eines Staates." Lucheni grinste breit "Nur klüger ..."

    "Hier ist jeder klug. Es gibt keinen Dummen hier." schmunzelte der Mann. "Es wird ihm nur alles anvertraut und es ist mir recht, wäre mir zuviel." er grinste nun offen.
    Lucheni nickte eifrig, so das die kleinen Glöckchen auf seiner Kleidung bimmelten "Dann werd ich ihn mal die Aufwartung machen."

    Er strich sich durchs kurz geschnittene Haar, das ihm etwas wild ins Gesicht viel "Seh ich auch nach was aus?" er grinste sein Gegenübner an.
    Dieser lachte nur und machte eine scheuchende Bewegung. Er sollte sich wohl nicht so zieren.

    Lucheni nickte, sprang kurz davon und machte einen akrobatischen Salto, eher er zum `Vater´ schritt.
    "Seid gegrüßt Ehrwürdiger." er machte eine theratralische Bewegung und eine weite Verbeugung.
    Der Vater hob kurz eine Braue dann schmunzelte er.

    Das Oberhaupt der Samekhs war ein alter Mann mit nur einem Bein, noch immer funkelte eine Wildheit in seinen Augen, die man nur selten sah.

    "Ah.. Lucheni nehme ich an?" er stützte sich auf den Stock der ihm als Gehhilfe diente.
    Lucheni war erstaunt, das der Alte seinen Namen kannte, doch gingen in der Unterwelt Gerüchte schnell um.
    Kurz fragte er sich, ob es bekannt geworden war, das er vom Richter gesucht wurde.

    Innerlich schüttelte er den Kopf, während er sich nach Außen hin nichts anmerken ließ und des Alten Aussage einfach überging.

    "Euch kann man nichts vormachen." grinste er "Aber als Jungfer in Not, würde ich wohl auch nicht durchgehen." fügte er lachend hinzu.
    "Lucheni Sunsong. Neu in der Stadt. Doch ich habe schon viel von euch gehört!"

    "Und ich einiges von euch." schmunzelte der alte Mann. "Wenn ihr helfen wollt. Fragt bei den Damen an. Auch wenn sie große Töne spucken, nicht alle schaffen was sie sich vornehmen. Oder seid ihr wegen der Seherin hier?"

    Lucheni schmunzelte schelmisch, als er antwortete "Den Damen helfen? Na ihr geht ja ran ..." er zwinkerte.
    "Die Seherin? Naja .. interessant, doch ich finde das alles hier sehr interrsant! Samekhs sind ja bekannt wie ein buntes Wiesel .. entschuldigt das schlechte Wortspiel." er grinste dabei breit.

    Ein Schmunzeln war die Antwort des Vaters "Ich rate euch ab davon, den Damen hier an die Wäsche zu gehen. Außer sie wollen es. Einige sind etwas arg biestig." er wirkte wirklich wie ein Vater, dem Benehmen und seiner ganzen Art nach.

    Lucheni stand nun stramm und zackig da und salutierte "Natürlich nicht Sire. Werde mich hüten Sire. Bin anständig Sire. Meine Mutter hat einen guten kleinen Lucheni erzogen ..." er sah kurz hin und her "... habt ihr ihn irgendwo gesehen? Ich suche ihn schon ne ganze Zeit!"

    Nun lachte der Vater leise "Also wenn ihr ne Anstellung sucht. Sagt es einfach."

    Lucheni war überrascht, so schnell hatte man ihn noch nie angeboten einer Schaustellergruppe beizutreten und dann waren es auch noch die Samekhs.

    Er spielte kurz mit dem Gedanken einfach zu zustimmen, doch verkniff es sich und nickte nur dankend "Ich werde mich an eure Worte erinnern, seid dem Gewiss."
    Er verneigte sich leicht "Ich werde mich dann etwas nützlich machen."

    "Tut das, schaut euch einfach um." schmunzelte der Alte zum Abschied.
    Lucheni fing wieder an zu summen und ging durch die im Aufbau befindlichen Wagen, sich immer aufmerksam umblickend, wo er mit anpacken könnte.

    Hier und da wanderten viele Leute herum, einiges normales Volk hatte sich schon unter die Rotwelschen gemischt.
    Klar und eindeutig konnte man beide Gruppen voneinander unterscheiden.
    Allein die Kleidung, auf der einen Seite matt und einfach geschnitten und auf der anderen Bunt und aufreizend trieb einen Keil zwischen die zwei Schichten.

    Aber auch Haar- und Hautfarbe farierten oft und wiesen den ein oder anderen unmissverständlich als Fremden aus.

    Einige Frauen kamen nun aus der Stadt wieder. Sie hatten wohl das Programm schonmal bekannt gegeben und gehörten zu den Kundgebungen von der Lucheni eine miterlebt hatte, denn sie trugen Tänzerinnen Kleidung.

    "Ah!" machte Lucheni erfreut und schritt auf die Damen zu, sich weit verbeugend, sprach er dann mit höflicher Stimme "Meine Verehrung. Euer `Vater´ trug meiner bescheidenen Wenigkeit auf, euch zur Hand zu gehen, wo immer ich helfen kann."
    Er blickte auf und lächelte "Lucheni, zu eurer freien Verfügung."

    Einige der Damen hoben spöttisch die Brauen andere schauten ihn erstaunt an. Letzere waren jedoch wohl die Jüngeren.
    "Einen angenehmen Tag Lucheni." sprach dann eine der Tänzerinnen zu ihm. Sie trug Schwerter an ihrer Seite.

    Die Schaustellerin mit den Schwertern war eine exotische Schönheit, so wie die meisten ihrer Kolleginen auch.
    Ihr langes rotes Haar umspielte das liebreizende Gesicht und ihre knappe und bunte Kleidung betonte den weiblichen und wohlgeformten Körper.

    Sie hatte dennoch etwas kühles im Blick, etwas abgeklärtes und ernstes.
    Mit diesem Blick bedachte sie Lucheni.

    Dieser sah nun grinsend zu der Tänzerin auf.
    Doch dann verstarb das Grinsen und sein Gesicht zeigte nun pure Verblüfftheit.
    Seine Ohren zuckten kurz leicht, wobei die vielen goldenen und bunten Ohrringe in ihnen leicht bimmelten.

    Etwas hatte ihn getroffen.
    Wie der Bolzen der Stadtwache, nur noch härter.
    Und für einen Augenblick wusste er nicht, was es hätte sein können.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 13.01.2008, 17:19


    Die Ballade der Liebe

    "Ich glaub, du hast ihn geschockt." gab eine der Schaustellerinen vergnügt von sich.

    Noch immer herrschte buntes Treiben um die kleine Ansammlung von Tänzerinen und Lucheni herum.
    Doch bekam er dies garnicht mit.

    Dieser kurze Augenblick, dieser erste Blick, als sich die Augen der Klingentänzerin und die seinen trafen war für ihn wie eine Ewigkeit.

    Er wurde von einem neuen aufkommenden Gefühl beinahe übermannt.
    Und als er es endlich zu erkennen schien, grinste er im Inneren noch viel breiter als er es ohnehin immer tat.

    Dann kam Lucheni langsam wieder zur Besinnung "Ja, geschockt .. erschlagen .. tödlich ins Herz getroffen ..." er lächelte gewinnend.

    Die Klingentänzerin hob nur eine Braue.
    Eine andere knuffte ihre Freundin in die Seite "Ich glaub.. Amor war zu Besuch.." gluckste sie leise wispernd ihr zu.

    Lucheni nickte und ging - noch immer verbeugend - etwas nach vorn um ihre Hände zu ergreifen "Euer Demütiger Diener Schönste! Sagt, was ihr wollt ... was ich tun soll ..."
    Er flüsterte verschwörerisch "Wer verschwinden soll ..."
    Grinste dann, als er wieder lauter sprach "Ich tue es! Für euch!"

    Unverblümt legte sie ihm eine Hand auf die Stirn "Kein Fieber der Kerl. Bringt ihn am besten zu unsrem Heiler."
    Scheinbar begriff die Tänzerin wahrlich die Situation nicht oder sie wollte es nicht glauben.
    Lucheni schloß die Augen, als sie seine Stirn berührte "Oh, ich bin im Fieber! Ich brenne gerade zu!"

    "Ja und ich glaube ich will nicht wissen, welche Muse euch da küsste. Bringt ihn zum Arzt." damit ging sie mit zwei der Tänzerinnen weiter, die anderen Verbliebenen scharrten sich um den armen Elfen und wollten ihn schnurrstracks gen Heiler drängen.

    Lucheni hob seine Hand in die Richtung, in der sie davon schritt "So nah am Himmel und nun in den dunkelsten Nether gefallen ... ich armer Thor!"

    Eine Träne rollte seine Wange hinunter, doch dann sprang er unvermittelt auf "Aber haha! Das Herz einer Frau ist wie ein Berg, schwer zu erklimmen! Aber schaffbar für einen guten Bergsteiger .. mit Ausrüstung, Basislager und genug Scherpas!"

    "Den hat es wirklich übel erwischt." kicherte eine der verbliebenen Tänzerinnen.
    Eine Andere hakte sich nun bei ihm ein "Ja und das nicht zu knapp." lachte diese, die Dritte gesellte sich an den anderen Arm des Elfen.
    "Also auf der Herr. Ich fürchte WIR müssen EUCH nun helfen." kicherte jene.

    Er sah von der Rechten zur Linken und nickte "Ja, ihr müsst mir helfen! Wie heißt diese Göttin? Was mag sie? Welches ist ihre Lieblingsblume? Was isst sie gern? Mag sie Musik? Was mag sie nicht?" er atmete durch "Und das wichtigste: Ist sie vergeben?"
    Er fügte noch rasch hinzu "Obwohl mich das Letzte auch nicht allzu sehr stören würde ..."

    Wieder lachten die Drei.
    "Oh weh mi ne.. Ich glaub, sie wird wohl nicht daran glauben das ein Hochelf sich in sie verguckte."
    Sanft führten sie ihn zum Heiler der Samekhs, ebenfalls ein Hochelf.

    Der Heiler residierte in einem Zelt, das vor seinem Wagen aufgespannt war.
    Es war nicht ganz so bunt, wie die anderen Buden, doch auch hier konnte der Stil des fahrenden Volkes nicht verleumdet werden.

    Das Zelt hatte eine kleine Liege und eine hölzerne Kommode, auf der ein paar Fläschchen und Verbandszeug standen.
    Der Hochelf selbst wirkte freundlich und seine alterslosen Gesichtszüge wirkten dennoch irgendwie älter als die von Lucheni.

    Lucheni sah den Heiler seufzend an "Ach, Herr Magicus der Heilung .. gegen mein Leiden gibt es keine Heilung .. jedenfalls keine, die sie mir geben könnten."

    "Hm... Hat die Seherin einen Neuen Verehrer?" schmunzelte der Priester und reichte Lucheni einfach einen Tee mit einem Schuss Rum, den er wohl gerade aufgesetzt hatte und von der kleinen Kommode nahm.

    "Nein Ausnahmsweise mal nicht." grinste eine der drei Schaustellerinen.
    "Tjalisie hat er sich auserkohren." kicherte die Andere.

    Lucheni trank einen großen Zug des Tees und seufzte dann sehnsüchtig "Tjalisie, welch Engelsgleicher Name .. so wundervoll .. so melodisch ... so .."
    Er hielt kurz im Lobgesang inne.
    "... schwierig einzubauen in sich reimenden Liebesgedichten ..."

    "Und unsre Schwerttänzerin." schmunzelte der Heiler.
    "Ihr habt euch einen der kühlen Hitzköpfe hier rausgesucht wehrter Verwandter."

    Lucheni schmunzelte breit, der Tee - oder besser der Rum - schien ihn gut bekommen zu sein.
    "Ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage ... doch, wen Amore trifft, der ist verzaubert von ihrem himmlischen Hauch. Und träumet er von Stund an nur von der sanften Berührung des geliebten Wesens." er lächelte verträumt.

    Die Umstehenden schmunzelten.
    "Da werdet ihr viel Arbeit vor euch ham. Bisher hat noch keiner Erfolg gehabt." kicherte eine der Tänzerinnen.

    Lucheni schien die Worte zu hören, aber ihren Sinn nicht zu verstehen, oder besser ihn nicht zu verstehen wollen.
    "Sicher hat uns das Schicksal, das Licht oder - weiß der Falkenschreiter -was auch immer zusammen gebracht! Ja, so muss es sein, irgendjemand da ganz oben, mag den guten Lucheni!"

    "Ich glaub, der da oben hat etwas auf seinen Kopf fallen lassen." sagte eine der Tänzerinnen verblüfft.
    "Nein er ist einfach nut verschossen." gab der Heiler schmunzelnd von sich.

    Lucheni sah zu der Tänzerin "Oh, wunderschöne Maid. Gramt euch nicht, bald wird auch ein Mann für euch so schwärmen und den Verstand wegen euch verlieren. Oder hat es schon viele gegeben? Bei euch wäre das kein Wunder!"

    Nun lachten und kicherten die Tänzerinnen wieder "Also.. Verschont wurd bisher keine. Aber Silben wie eure hören wir zum ersten Male!"

    Lucheni neigte dankend den Kopf "Die schönen Worte, gesungen oder gesprochen sind meine Welt, meine Passion, mein Tagewerk und mein Fluch zu gleich."
    Er zwinkerte vergnügt den Damen zu "Ich gehöre wie ihr zu jenen achso hohen Niederen, die das Volke Rotwelschen heißt."

    "Na das ham wir uns schon gedacht." kicherte die Jüngste von ihnen.
    "Aber nun müssen wir zu den Proben. Euch noch viel Erfolg Lucheni." kicherten die Damen und verließen belustigt schnatternd das Zelt.

    Lucheni nickte und rief ihnen noch nach "Möge die Sonne euch leiten. Wir werden uns sicher wieder sehen."
    Dann flüsterte er fast zu sich selbst "Ihr müsst mir noch ein wenig mehr über diese Göttin, die ihr Tjalisie nennt erzählen."
    Dabei hatte sein Gesicht einen ungewöhnlich ernsten Ton an sich.

    "Ihr werdet sie früh genug wieder sehen." schmunzelte der Heiler. "Sie ist die Nichte der Seherin. Und dementsprechend oft bei ihr."
    "Ah, sehr gut." nickte Lucheni eifrig "Es ist immer gut, sich mit seiner späteren verschwägerten Verwandschaft gut zu stellen."
    Er strich sich kurz über den kleinen Kinnbart als würde er darüber nachdenken..

    Nun lachte der Heiler "Ja aber das hieße, alle Samekhs hier kennen zu lernen. Und das ist doch etwas viel für die wenige Zeit."

    Lucheni sah ihn nun erschrocken an.
    Daran hatte er noch garnicht gedacht. Die Samekhs waren fahrendes Volk und allein in diesem Namen war ein Wort, das ihn nun so garnicht gefiehl.
    "Bei allen Heiligen, aller seltsamen Religionen! Ihr habt recht." er schüttelte den Heiler "Wie lange! Wie lange seid ihr hier?"

    Das Lachen des Heilers wurde lauter, während er stotternd versuchte zu antworten "Schüttelt .. mich weit... er und ihr kriegt.. so schnell keine... Antwort..."

    Lucheni grinste angestachelt und schüttelte ihn noch ein wenig, ehe er - langsam - damit aufhörte.
    "Nun sagt schon!" drängte er "Wie lange habe ich Zeit, um die Liebe meiner Angebeteten, meiner Göttin, der Mutter meiner Kinder, der Frau aller Frauen zu gewinnen?"

    Grinsend schüttelte der Heiler den Kopf "Wir werden wohl zwei Wochen höchstens hier sein. Länger schafft es die Seherin nicht einen gewissen Herrn ab zu lenken."

    "Ablenken? Wen? Wenn man ihn länger ablenkt, bleibt ihr dann länger?" Lucheni sah ihn forschend an, er hatte wohl den Sinn für logisches Denken durch seine neuen Gefühle eingebüßt.

    "Leider nein, es wurde schon geplant. Die andre Stadt weis es schon, wann wir ungefähr ankommen werden. Und ihr wisst wen ich meine. Der Prüfer." er zwinkerte seinem Artgenossen sachte zu.

    Lucheni nickte nun ernst. Jetzt hatte er es verstanden und das dunkle Gefühl, das mit dem Namen des Richters einherging, kam wieder in ihm auf.

    "Ja .. er hasst uns ..." er sah auf und seine Laune wurde besser "Dann muss ich mich eben beeilen! Zwei Wochen ... pah, zwei Wochen! Bei meinen Charme, meinem Witz und meinem .."
    Er kicherte nun leicht und schelmisch "Hehe, guten Aussehen, ist das doch kein Problem."

    Sein Gegenüber schmunzelte und trank selbst etwas von dem Tee "Ja, aber wir haben ja vorgesorgt. Und ihr gebt acht, das ihr bloß keine Rosen zu ihr bringt. Sie ist allergisch dagegen. Niest sofort."

    "Ah, das ist wichtig, das werd ich mir merken!" nickte Lucheni eifrig, scheinbar im Geiste schon eine Liste zu seiner Angebeteten anlegend.

    "Ist sie gegen alle Blumen allergisch? Dann mache ich welche aus Seide für sie!" Dieser Gedanke schien ihm gerade gekommen und er fand ihn wohl selbst sehr romantisch und wohl durchdacht.

    "Nur Rosen. Und halt alles was daraus hergestellt wird." lächelte der Magicus freundlich "Sie mag Sonnenblumen mehr."

    "Sonnenblumen!" Rief Lucheni aus, als wäre diese Tatsache so offensichtlich gewesen.
    "Selbst schön wie die Sonne, natürlich, das ist so passend." er schlug sich verspielt gegen die Stirn.
    "Ich danke euch Freund." er wollte die Hände des Heilers schütteln.

    Der Heiler ließ ihn belustigt grinsend gewähren "Dankt mir nicht zu früh, ihr habt einen steinigen Weg vor euch."

    Lucheni grinste nun wieder gewohnt breit "Habt ihr schonmal davon gehört, das sich Sorgen machen nur Falten einbringt?"
    Er sah ihn fragend an, antwortete dann aber selbst "Stimmt aber garnicht, Lachfalten kriegt man viel schneller!" er runzelte die Stirn "Aber darauf wollte ich doch eigentlich garnicht hinaus."

    Wieder überlegte er kurz, ehe er überschwänglich weitersprach "Ah ja! Das wird schon, ihr werdet sehen, ich werde ihr Herz gewinnen!"

    Der Heiler schmunzelte und gab Lucheni einen Trinkschlauch mit "Hier ist etwas für euren Herrn. Den Buckligen. Und falls ihr wissen wollt was die Tänzerin so gerne trinkt..." er zwinkerte ihm zu "sie trinkt höchstens Wein."

    Lucheni nahm den Trinkschlauch dankend an und sah kurz zur Decke "Wein .. wie kultiviert, wie markant, wie schön .. wie teuer ..."
    Er grinste nun etwas weniger schelmisch "Aber ich denke, für sie lohnt es sich tief in die Taschen anderer Leute zu greifen." er zwinkerte dabei neckisch.

    "Aber nicht von denen hier." hob der Heiler einen Finger, aber er lächelte, denn das ungeschriebene Gesetz der Gesetzlosen kannte ja jeder, oder sollte es bei Nichtachtung nie wieder vergessen.

    Lucheni schüttelte wehement den Kopf "Natürlich nicht, wir sind doch alle eins, eine große Familie. Aber die da draußen, in ihrer Glitzerwelt, mit ihren Steinhäusern und gedeckten Tischen, die geben uns Bedürftigen doch immer gern etwas ab."
    Er lachte kurz auf "Man muss sie nur manchmal daran erinnern."

    Wieder schmunzelte der Heiler, er schien vor Belustigung zu garnichts anderem mehr zu kommen "Ja das muss man wohl. Geht und sagt dem Buckligen bescheid. Ich werde nachher kommen wegen der Kräuter."

    Lucheni sprang auf und verneigte sich tief und ausladend "Das werde ich. Man sieht sich später im Sanktum der Wunder!"

    "Ja das tut man dann wohl." lächelte der Hochelf und verneigt sich vor Lucheni "Es sind soweit ich weis sämtliche Arztwaren vorhanden die er haben wollte."

    "Das wird seine Narrenheit freuen ... bei seinen ganzen kleinen Wehwehchen." zwinkerte Lucheni und ging flappsig rückwerts zum Ausgang.

    "Lauft lieber vorwärts." gab der Heiler grinsend von sich, wohl die Sorge eines Arztes um potenzielle Kundschaft
    "Nicht das ihr gleich doch noch was bleibt, weil ihr euch was gestoßen habt."

    Lucheni blieb ruckartig stehen, als wäre er fast gegen eien Wand gelaufen "Ob sie mich dann pflegen würde?"

    Er sah durchaus so aus, als würde er darüber nachdenken.
    Dann sah er zum Hochelfen vor sich "Aber nein, ihr seid ja hier der Mann fürs Gesunde ..." er zwinkerte nochmals, drehte sich um und ging hinaus.

    Noch ausgelassener pfeifend, als bei seinem Eintreffen verließ er den Platz der Samekh´s.
    Vor seinem Auge nur eine Tänzerin mit blitzenden Klingen.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 14.01.2008, 19:58


    Der Wolf und das Wiesel

    Während sich Lucheni auf den Weg in die Stadt machte, waren die Vorbereitungen der Samekh´s weiterhin im vollen Gange.

    Schließlich sollte diesen Abend schon das große Fest beginnen.
    Und - wie von den Samekh´s gewohnt - sollte es unvergesslich sein.

    Der Aufbau schien nun fast beendet, man widmete sich bereits den Vorbereitungen für die Aufführungen und anderen Dingen.

    Auch ein Bote der Spielleute war schon zum Herrn der Unterstadt Dalarans geschickt worden.
    Schließlich gehörte es zum guten Ton, sich persönlich anzumelden.

    Jedoch, noch bevor irgendwelche Aufführungen auch nur im Ansatz angesetzt werden konnten, nährte sich eine Scharr Reiter von der Stadt aus dem Festplatz.

    Es waren ein Dutzend Soldaten der Stadtwache und in ihrer Mitte ritt der gefürchtete Richter auf seinem großen Rappen.
    Er trug eine ernste Miene zur Schau, kalt und abwertend musterte er die umstehenden Schausteller und schien so garnicht erbaut über den Festplatz und das, was darauf vorbereitet wurde.

    Der Hauptmann ritt neben ihm auf einem etwas kleinerem Schecken.
    Er erwartete das Fest voller Freude und mahlte sich schon aus, wie er mit seiner Verlobten das Spektakel besuchen würde.

    Vorausgesetzt natürlich, der Richter würde ihm vom Dienst freisprechen und das war fast ein Ding der Unmöglichkeit.

    Eine der zahlreichen Tänzerinnen erspähte die näherkommende Reiterscharr und schritt rasch zum Oberhaupt der Samekhs.

    Sie wisperte etwas zu dem Vater, der nur kurz sein Gesicht verzog und dann auch schon in die Mitte des Platzes ging.
    Auf den Mann wartend der da mit großem Aufgebot vorritt.

    Die Soldaten begannen sich beim herbeireiten aufzuteilen, während der Stadtvogt sein Pferd verlangsamte und auf den `Vater´ zutraben ließ.

    "Ist schon wieder ein Jahr ins Land gegangen?" fragte er mit kalter, jedoch für ihn ungewöhnlich geschmeidiger Stimme.
    "Aye wie ihr seht." schmunzelte der Vater, er stemmte sich auf den Gehstock und schien zwar Respekt, jedoch nicht sonderlich viel Furcht vor dem Mann zu besitzen.
    "Ich schätze es kommt die übliche Durchsuchung?"

    "Natürlich." sprach Claude kühl "Und das übliche herrunter Beten der Regeln ... seid froh, das die hohen Herren solch Gefallen an euch gefunden haben ..."
    Der Richter schien wahrlich seinen Zorn darüber zurück zu halten, das er hier mit in seinen Augen Lumpenpack auskommen musste.

    Währen es nicht die Samekhs gewesen, die eine besondere Genehmigung der Stadtherren hatten, so hätte er den gesammten Tross umgehend festnehmen lassen.

    "Das sind wir auch. Es wäre doch schade diese Stadt nicht mehr sehen zu können." gab der Vater lächelnd von sich, eine der Tänzerinnen trat an ihn heran.

    Es war die wohlbekannte Seherin, die zum Gruße allerdings nur den Kopf leicht neigte.

    Wo die Tänzerinnen der Samekhs berückende Schönheiten waren, so war die Seherin eine Göttin.
    Ihre engelsgleichen Züge wurden von den sinnlichen Lippen und den verführerischen Augen beherrscht.

    Während ihr blondes, fast goldenes Haar wallend ihre Schultern hinab hing und fast schon magisch den Blick auf ihre weiblichen Reize und ihren makellosen Körper lenkte.

    Sie war, wie ihre Kolleginen eine exotische Schönheit, doch ließ gerade ihr blondes Haar, sie fast wie ein berückender Traum einer Stadtfrau erscheinen.

    Kurz schien der Richter im Sattel zu straucheln, als die Seherin herantrat. Er betrachtete sie aufmerksam, ehe er seinen Kopf neigte "Jiliessira, wie ich sehe, immer noch die Hauptattraktion?"

    Seine Stimme hatte nun einen seltsamen Klang und seine gesammte Aufmerksamkeit schien vom Vater auf die Tänzerin übergeganen zu sen.

    "Nach wie vor." sie lächelte leicht, doch erreichte es wie so oft ihre Augen nicht.
    Nur wenn sie auf der Bühne stand vermochte es dies manchmal.
    Ihre Stimme war dabei melodisch und verführerisch zart, fast wie die Klänge einer Harfe.

    Der Vater grinste dabei ungewöhnlich, während er sich in das Gespräch der Seherin und des Richters nicht einzumischen gedachte.

    Claude räusperte sich, scheinbar etwas unwohl und sah nur kurz zur Seite.
    "Hauptmann .. durchsucht die Zelte und Wagen. Verbotene Ware, zollpflichtige Gegenstände, heidnische Relikte und eindeutig gestohlene Güter sind zu konfizieren!"

    Der Hauptmann verneigte sich im Sattel und befahl den Männern die Zelte und Wagen zu durchsuchen, während er selbst im Geiste nur seufzte und an der Seite des Richters verblieb.

    Der Vater nickte nur knapp, sich nun doch einmischend "Ihr könnt suchen. Aber nach wie vor werdet ihr nichts finden."
    Sprach er ruhig ohne Spott in der Stimme, er schien sich seiner Sache sicher.

    Ein kurzer spitzer Schrei erscholl und lenkte kurz die Aufmerksamkeit der kleinen Gruppe ab, als einer der Wachmänner etwas zu schnell war und wohl eine Dame beim Umziehen gestört hatte.

    Während die Rotwelschen über diesen Vorfall nur schmunzelten war der Hauptmann peinlich berührt und sah wie die Wut im Gesicht des Stadtvogtes aufkochte.

    Ein Soldat kam nun herbei und hielt den Rappen des Richters, während er abstieg.
    "Natürlich werde ich es mir nicht entgehen lassen ... euer Narrenspiel in den nächsten Tagen zu verfolgen. Ich muss zugeben, es ist zuweilen .. recht erheiternd."
    Dies gab der Stadtvogt mit einem Gesichtsausdruck zur Schau, die ihn Lügen strafte und eher vollkommenes Missfallen verriet.

    Der Vater verneigte sich, verwundernd leicht als wenn er noch immer beide Beine hätte "Das ist auch unsre Aufgabe. Das Volk zu erheitern." sagte er lächelnd.

    "Solang ihr auch nur das tut .. Alter ... sei euch freies Geleit gewährt." Claude sah ihn prüfend an "Doch übertritt nur einer eurer Leute das Gesetz, wird diese ganze Truppe dafür gerichtet werden!" Er sprach kalt und ernst.
    Scheinbar diesen Tag sehnsüchtig erwartend.

    "Keine Sorge, keiner würde es jeh wagen dies zu tun."
    Man hätte fast das Gefühl haben können einem Wolf und einem Fuchs vor sich zu haben.
    Der Wolf des Rechtes und der Fuchs der immer wusste sich aus der Schlinge zu ziehen.

    Claude runzelte leicht die Stirn und sah dann zu Jiliessira "Wollt ihr mich nicht ein wenig herumführen? Auf eurem kleinen Jahrmarkt?"
    Scheinbar hatte er kein Interesse mehr daran, sich mit dem Alten abzugeben.

    Nun verneigte sich die Tänzerin "Aber sicherlich. Folgt mir der Herr."
    Sie drehte sich um und ging langsam etwas vor, wohl wartend das er folgte.
    Der Stadtvogt neigte sein Haupt kurz vor dem Vater und kam dann zur Seherin.

    "Schließlich sind meine Augen etwas wachsamer als die meiner Männer .." er musterte sie kurz, dabei wohl auch ihre weiblichen Rundungen "Diese lassen sich zu schnell ablenken ..."
    Sein Tonfall war eigentümlich, fast schon anklagend.

    "Ja das glaube ich euch aufs Wort." sie drehte sich nicht zu ihm herum, doch ihre Worte konnten einen gewissen Spott nicht verbergen.

    Claude schritt neben ihr und betrachtete das Geschehen um sich herum mit wachen aufmerksamen Augen, jedoch huschte sein Blick immer wieder über seine Führerin.

    "Ich hoffe eure Augen erfassen auch wirklich das was sie sollen?" in einem dieser Momente blickte sie kühl zu ihm.
    Doch verfolg dies schnell wieder und es wirkte nur wie ein ruhiger sanfter Blick.

    Kurz riss Claude bei ihrem Blick die Augen auf, scheinbar etwas peinlich berührt.
    "Natürlich .. was denkt ihr von mir Tänzerin?!" er räusperte sich "Euer .. Kostüm ist nur sehr .. fragwürdig ..."

    Sie hob nun eine Augenbraue und sah ihn ungläubig an "Denkt ihr unsre Tänze wären gefragt, wenn wir in Schlafanzügen auf der Bühne ständen?" sie schmunzelte kurz, egal wo sein Blick auch hinglitt, nichts konnte man erkennen, auch wenn die Schnittweise spärlich war.

    "Die Art eurer Tänze ist dennoch sehr .. sündhaft .. und verleitet so manches schwache Herz zum Abgrund der Lust." sprach er kühl.
    Nun mehr wie ein Mann der Kirche anmutend, der einem reuigen Sünder eine Predigt hielt.

    "Bisweilen haben wir noch keines der wilden Gelage gesehen die ihr uns hier vorwerft." nun war ihr Blick anders, Freundlichkeit war wie weggewischt aus der gesammten Person.
    "Und ich dulde es nicht, das man uns sowas vorwirft."

    Auch in seinem Blick war nun jede Zurückhaltung gewichen "Ich kenne das fahrende Gesindel .. vergesst nicht .. seit fast 15 Jahren sorge ich für Recht und Ordnung in dieser Stadt. Ich kenne die verwerflichen Ausschweifungen!"
    Seine Stimme konnte sich seines Zornes und seiner offensichtlichen Anklage nun nicht mehr erwehren.

    "Es gibt nur keine. Und das Wissen, das ihr nichts fandet, macht euch umso verbissener..." Ihre Stimme nahm langsam einen seltsamen Klang an. Einen fast schon gereizten, den so mancher Mann als typisch weiblich bezeichnet hätte.

    "Seid froh darüber, das ihr es so gut verbergt ..." sprach Claude nun wieder die Ruhe findend, kam etwas näher und wollte sie leicht am Kinn erfassen.

    "Wenn ihr es wagt mich an zu fassen, werdet ihr auch spüren was andre Männer spürten als sie es wagten!" verengte die Tänzerin die Augen und kleine aber sichtbare Flammen waren darin zu sehen.

    Er hielt daraufhin inne in der Bewegung, musterte sie nun aber noch eingehender "Das wagt ihr nicht Tänzerin! Und überdies ..."
    Er strich leicht vor ihrem Kinn durch die Luft, als würde er sie berühren "Wäre es doch schade, euch etwas antun zu müssen."

    Seine gesammte Haltung hatte nun etwas ungewöhnliches, das so garnicht zu ihm zu passen schien.

    "Ihr würdet nicht mehr dazu kommen. Das Licht selbst weis das Männer wie ihr schnell bestraft werden und grausam." keinen Zentimeter wich sie, die Füchsin die zum Kampf bereit war, so mutete es an.
    Oder war es gar ein Wiesel, das hier vor dem Wolf stand?

    "Ich bin erstaunt .. das ihr zufrieden seit .. mit diesem Leben hier ..." er machte eine schweifende Bewegung und bedachte damit den Platz, die Buden und den gesammten Platz.
    "Im Dreck .. und Kälte .. immer herumziehend, wie streunende Hunde ..."

    "Es freut einem das Herz wenn man andre zum Lachen bringt. Aber jemand wie ihr kann dies wohl nicht verstehen. Zumal... So sind wir immer noch frei und ungebunden." sie lächelte nun sanft, als sie antwortete.

    "Frei?" er schmunzelte freudlos und abwertend.
    "Was nützt Freiheit ohne Halt? Ohne Zukunft? Ohne ein Zuhause? Ohne Ordnung?"

    "Wir haben unsre Ordnung. Schaut genau hin! Ihr sagtet doch eben das ihr es könnt." entgegnete die Tänzerin rasch und etwas ungehalten.

    Claude runzelte für einen Moment die Stirn und blickte sich dann um.

    Die Leute die er sah waren fröhlicher Natur, sie ließen sich nichtmal sonderlich von den Wachmännern stören. Sie boten ihnen hier und da auch etwas zu Essen oder Trinken an. Störten sie aber bei ihrer Arbeit nicht weiter. Fast als würden sie dazu gehören.

    Einige der Soldaten nahmen die Angebote dankend an. Andere jedoch, zumeist junge - wohl auf ihre Karriere bedacht - lehnten mürrisch ab und taten nur ihren Dienst.

    Claude wandte sich wieder an seine Führerin "Einen Mörder erkennt man auch nicht auf den ersten Blick!"
    "Manch einen schon. Und was soll das heißen? Denkt ihr etwa unter uns ist ein Mörder?" sie hob eine Braue, zeigte offene Neugierde wie es üblich ist für Frauen.

    Er schien tatsächlich darauf anzuspringen und antworte rasch "Ich bitte euch .. fahrendes Volk .. natürlich ist da etwas! Und noch dazu .. hörte ich von den Samekh´s und nicht nur als Schaustellertrupp .. sondern durchaus auch im Kriegshandwerk versiert."

    "Na hört mal. Die Männer müssen das ja auch. Denkt doch mal daran durch welche Gebiete wir alles wandern dürfen. Oder denkt ihr, wir lassen uns von Straßenräubern aufknüpfen am nächsten Baum?" sie neigte den Kopf leicht zur Seite, ihn nun fragend anblickend.

    "Deshalb sollte man ja auch einen anständigen Beruf .. innerhalb einer Stadt unter dem Schutz des Gesetzes ..." er zeigte auf sich "ausüben .. oder."
    Er sah sie seltsam an "Als Ehefrau seine Pflicht bei Haus und Kindern tun."

    Nun hob sie eine Augenbraue "Hier in der Stadt ist man auch nicht immer sicher und das wisst ihr. Ihr könnt nicht überall sein. Und was das Eheleben angeht. So lasst dies meine Sorge sein." sie hatte durchaus seinen Wink verstanden.

    Der Richter kam wieder etwas näher und beugte sich leicht zu ihr "Ich erwarte jedenfalls in freudiger Erwartung euren Auftritt .. das Einzige, das mir wohlgefällig ist hier."

    "Zu der üblichen Stunde. Wollt ihr den Rest nun sehen?" sie wich nicht zurück, doch hätte ein aufmerksamer Beobachter merken können das sie sich ihm gegenüber abschirmte.

    Claude kam mit seinem Gesicht gefährlich nahe an ihres, ehe er zurückwich - selbst wohl etwas überrascht - und sich dann kurz durch die Haare fuhr "Ja bitte .. zeigt mir den Rest."

    Sie nickte seltsam lächelnd, dann wandte sie sich um und führte ihn über den Rest des Platzes.
    Er folgte ihr, während seine Mannen wohl langsam zum Ende ihrer Inspektion kamen und sich bei seinem Reittier aufstellten.

    Claude selbst schien das wenig zu kümmern, er folgte der Tänzerin weiter.
    Der Vater hatte sich indess den anderen Schaustellern gewidmet, als wäre die Stadtwache schon längst wieder verschwunden. Er sorgte dafür das auch ja alle Attraktionen auch bereit sein würden.

    Die Tänzerin kam so langsam mit Claude am Ende des Lagers an. Ein Lager das knapp 100 Leute wenn nicht sogar mehr beinhaltete.

    "Es sind wieder mehr geworden?" fragte er eher im vorbeigehen.
    Wieder wahr der kalte unerfreut Ton in dieser Aussage, als würde er über sich vermehrende Ratten sprechen.

    "Bleibt nicht aus. Einige haben eingeheiratet. Andre haben ihre Familien verloren und kamen mit uns." sie sagte dies als wäre es das Normalste der Welt.

    Claude schien nicht erfreut, das das fahrende Volk zulauf bekommen hatte, sagte aber nichts - sein Gesicht sprach für sich -.

    "Aber ihr habt noch immer keinen der zahlreichen Bewerber gewählt?"
    Diese Frage schien ihm einiges abzuverlangen und er stellte sie eher beiläufig.

    "Nein. Noch nicht die Zeit dafür." gab sie schlichtweg als Antwort.
    "Sagt.. Wenn wir sie nicht aufgenommen hätten. Was denkt ihr wäre aus ihnen geworden?" es liefen Kinder an ihnen vorbei.
    Sie waren defintiv nicht von Geburt an Rotwelschen gewesen und Claude empfand den Anblick als fremdartig und falsch.

    "Das Licht verlässt seine Kinder nicht." gab er kalt zur Antwort "Wenn sie gestorben wären, hätten sie es sicherlich verdient."
    Dieser Ausspruch war emotionslos und kühl, sein Gesicht verzog sich dabei um keinen Milimeter.

    "Kinder ohne Eltern? Welche von Trollen heimgesucht wurden?" ihr Blick war nun wieder so unangenehm.
    "Ihr solltet mal überlegen WARUM ich mich nicht für euch entschieden habe."

    Claude´s Gesicht verzog sich sofort voller Zorn, den Part mit den Kindern hatte er scheinbar nicht mitbekommen.
    Nur der zweite Teil der Aussage schien sich in sein Gedächtnis zu brennen.
    "Hütet eure Zunge Weib! Ich ein Mann des Rechts und des Glaubens .. mit einer wie euch?"

    "Eure Blicke und eure Gedanken sprechen für sich, denn sie zieren euer Gesicht das ich nichtmal meine Gabe brauche dafür." gab sie ruhig zur Antwort.

    "Unterstellt ihr mir sündige Gedanken? Dann nur, weil ihr den Geist der Männer verhext!" sprach er von oben herab.
    Und schien dies als Tatsache zu sehen, während seine zornigen Augen nicht von den ihren wichen.

    "Ich habe es nun wirklich nicht nötig so etwas zu tun." sie blickte ihn nachdenklich an, doch dann schaute sie zu seinen Männern. "Sie warten."

    Claude zischte und wandte sich ab "Ihr solltet eure Worte überdenken. Ich komme wieder!"

    "Dem bin ich mir gewiss ..." murmelte Jiliessira.

    Und so verließ der Wolf das Wiesel.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 15.01.2008, 18:46


    Rassenhass

    "Sonnenblumen und Wein." ging es ihm durch den Kopf.

    Ja, diese beiden Dinge wollte er für die Tänzerin besorgen.

    Viel wusste er noch nicht über sie, doch er war fest entschlossen, ihr Herz für sich zu gewinnen.

    Wenn es um Frauen ging, war Lucheni hartneckig, so wie er es zuweilen nur bei Geld war.

    Der Hochelf betrachtete das Treiben auf der Plasterstraße vor ihm, während er an der Wand eines Fachwerkhauses lehnte.

    Auch wenn er genau wusste, was er wollte, so war es für ihn nicht allzu leicht, an diese Gegenstände heranzukommen.

    Als Rotwelsch konnte er sich nicht auf dem großen Markt blicken lassen, sonst hätte er die Stadtwache sofort an seinen Versen gehabt.
    Auch die berühmten und wunderschönen Veilchengärten - wo es, anders als der Name vermuten lässt, nicht nur Veilchen gab - war für ihn verbotenes Terrain.

    Denn das Großbürgertum und der Adel lustwandelten täglich in den Gärten und dementsprechend war das Gelände scharf bewacht.

    Ihm blieb also nichts anderes übrig, als die Seitenstraßen des großen Marktes und des Händlerviertesl nahe des Händlertores nach einem Geschäft abzusuchen.

    Die Bürger der Stadt gingen ihren täglichen Geschäften nach.
    Alle möglichen Rassen und Typen von Leuten waren auf der Straße zu sehen.

    Egal ob Hochelf, Mensch, Zwerg, Gnom oder gar Goblin.
    Sie alle feilschten, lachten und schimpften im buntem Mischmasch der Schilder und Plakate.

    Hier und da konnte man auch eine fragwürdigere Gestalt sehen, doch diese hielten sich nie lange auf.
    Denn von Zeit zu Zeit kam auch eine kleine Patroullie der Stadtwache vorbei und behielt die illustere Szene im Auge.

    Lucheni hatte natürlich - so wie immer - seine Augen und Ohren überall.
    Und das Hauptthema, wie sollte es auch anders sein, war das bald stattfindende Fest der Narren.

    Lucheni schüttelte schmunzelnd den Kopf, normalerweise wurde über die Rotwelschen und das fahrende Volk nur schlecht und voller Misstrauen gesprochen.

    Doch nun schienen die einfachen Bürger der Stadt deren Auftritt sehnsüchtig zu erwarten.
    "Drehen es sich, wie es ihnen grade passt." schoss es dem Narren verächtlich durch den Kopf.

    Da bog ein junges Mädchen in die Straße ein und Lucheni wandte seine Aufmerksamkeit ihr zu.

    Sie war ärmlich gekleidet und ihr schulterlanges braunes Haar etwas verdreckt und Lucheni war sich sicher, das sie auch - so wie er - ohne Erlaubnis in diesem Teil der Stadt war.

    Doch das war nicht wirklich das, was ihn an ihr interessierte, es war ihre Berufung, der sie hier unerlaubterweise nachging.

    Denn das Mädchen war eine Blumenverkäuferin.
    Der klängliche Versuch eines Armen Kindes sich über Wasser zu halten.

    Sie trug einige Stäuße in Händen und auch Saatgut schien sie dabei zu haben.

    Sie bot es den vorbeilaufenden Leuten an.

    Manche zahlten ein paar Kupferstücke um sie wohl endlich los zu sein, andere kauften scheinbar gerne und dankend bei ihr.
    Und jene, die sich wohl für etwas Besseres hielten, bedachten das Mädchen nicht einmal mit einem Blick, selbst wenn sie sie direkt ansprach.

    Lucheni grinste und holte den kleinen Lederbeutel hervor, den er am frühen Morgen dem Passanten abgenommen hatte.

    Viel war nicht darin und fast hatte er ein schlechtes Gewissen, den armen Mann noch ärmer gemacht zu haben.
    Aber eben nur fast.

    Er sah sich nocheinmal nach Soldaten um und als er keine entdeckte, kam er auf das Mädchen zu.

    Dieses rief unentwegt mit einer schüchternen Stimme "Blumen! Saatgut! Kränze! Nur ein paar Kupfer das Stück!"

    Als das Mädchen den Rotwelschen näher kommen sah, war ihr Gesicht eine Mischung aus Angst und Unentschlossenheit.

    Sie wisperte Lucheni zu, als er vor ihr stand "Ich habe die Erlaubnis des Bluckligen hier meiner Arbeit nach zu gehen."

    Lucheni hob abwehrend die Hand und lächelte sie dabei an.
    Er trug den klimpernden Lederbeutel noch in der Hand.

    "Keine Sorge Kleines." zwinkerte er ihr zu "Ich will nur was von dir kaufen. Hast du ein paar Sonnenblumen?"

    Sofort wurde das Blumenmädchen ruhiger und lächelte zaghaft "Ja habe ich der Herr."

    Sie holte einen kleinen Strauß von Sonnenblumen hervor. Die meisten waren im guten Zustand, doch ein paar waren schon etwas verwelckt.

    Das Mädchen zischte kurz und zog die Verwelckten rasch heraus.
    "Drei Kupferstücke für euch."

    Lucheni besah sich grinsend die Blumen und nickte "Die werden ihr gefallen! Ich nehm sie alle!"

    Das Mädchen strahlte daraufhin und reichte ihm die Blumen, während es die Münzen entgegennahm.
    "Für eine Frau? Dann viel Glück Herr Freier!"

    "Danke dir." grinste Lucheni und wollte sich abwenden, als das Mädchen einen leisen Schrei von sich gab.

    Erst jetzt hatte das Mädchen bemerkt, das Lucheni ihr nicht drei Kupferstücke, sondern drei Silbermünzen in die Hand gedrückt hatte.

    "Aber ... das .. das ist zuviel!" stotterte sie "Viel zu viel!"
    Sie sah aus, als hätte sie noch nie soviel Geld gesehen.

    Lucheni zwinkerte und ging nur leicht winkend weiter "Teil es dir gut ein."

    Das Mädchen nickte nur lächelnd und rief ihm leise nach "Danke."

    Lucheni ging weiter die Straße entlang und roch an den Blumen "Hach Lucheni. Du bist einfach zu galant."

    "Jetzt hast du kein Geld mehr für den Wein." schellte er sich selbst.

    Wie auf ein Stichwort ging er dabei an einem kleinen Weingeschäft vorbei.
    Der Winzer hatte ein paar Flaschen in Aufbauten vor die Türe gestellt, scheinbar um Kunden anzulocken.

    Lucheni sah nach links und rechts und griff sich einfach eine Flasche Wein, ehe er dann rasch los lief.
    "Naja ... so gehts auch." grinste er breit, während er hinter sich ein "Haltet den Dieb!" hörte.

    Derweil war der Stadtvogt in den Justizpalast zurückgekehrt.

    Sichtlich schlecht gelaunt ging er im großen Kaminzimmer auf und ab, während der Hauptmann still und steif im gebührendem Abstand wartete.

    Der Hauptmann rang mit sich selbst, er wollte seinen Herrn um einen freien Tag, während des Festes bitten.
    Doch konnte er sich den Wutausbruch schon vorstellen.

    Der Richter war setets schlecht gelaunt, wenn er von den Samekhs kam.
    Das hatte der Hauptmann schon das letzte Jahr miterleben dürfen.

    "Herr?" fragte er zögernd.

    "Was gibt es Hauptmann?" Claude sah auf, scheinbar in seinem Gedankengang gestört.

    "Euer Ehren ... ich wollte fragen ..." der Hauptmann schluckte "Nunja .. wisst ihr, meine Verlobte mag die Gaukler und ich wollte mit ihr aufs Fest ..."

    Er kam nicht weiter, als Claude mit fast schon vor Wut glühenden Augen auf ihn zu kam und er in sich zusammenstauchte.

    "Auf das Fest?! Dieses Narrenspiel?!" entbrüstete sich der Stadtvogt.

    Der Hauptmann fühlte sich in die Enge getrieben und bedachte seine Antwort nicht "Aber ihr seid auch jedes Jahr dort Herr."

    Der Offizier hob sofort eine Hand vor den Mund, als der Richter ihn für einen Moment fassungslos ansah.

    "Ich hüte die öffentliche Ordnung, ich muss dorthin!" gab der Stadtvogt dann von sich, als würde er sein Handeln rechtfertigen.

    Der Hauptmann runzelte über diese Reaktion die Stirn, als der Richter fortfuhr.

    "Aber ich leide, jede Sekunde." sprach er weiter erklärend "Landstreicher, Taschendiebe, der Abschaum der Menschheit. Alle zusammengewürfelt in einem belanglosen, betrukenen Sud!"

    "Aber Herr ..." setzte der Hauptmann an "Es sind doch nur Gaukler."

    Wieder bäumte sich die Gestalt des Stadtvogtes auf und seine kalten Augen schienen den Offizier durchbohren zu wollen.

    "Hauptmann." begann Claude "Das ist genau das, was sie euch glauben machen wollen! Sie sind eine Gefahr für die Allgemeinheit. Ihre heidnischen Gebräuche wecken in der Bevölkerung die niederen Gelüste!"

    Der Hauptmann schien nicht überzeugt und Claude kam näher zu ihm "Denkt an den Seilmacher, von dem ihr mir erzählt habt."

    Sofort verfinsterte sich das Gesicht des Offiziers und plötzlich machten des Richters Worte einen dunklen Sinn in seinem Geist.

    "Sie sind Abschaum! Verdorben, missraten, bis ins Mark!" sprach der Stadtvogt mit Zorn und Abscheu in der Stimme "Wir müssen unsere Bürger vor ihnen schützen! Sie versuchen uns zu täuschen mit ihren Narretein und breiten sich aus wie Insekten. Wie ein Geschwürr in unserer Stadt."

    "Aber es sind doch nicht alle so euer Ehren." meinte der Hauptmann kleinlaut dazu "Viele können nichts für ihre Lage."

    Der Richter begann um den Offizier herum zu gehen, wie ein Wolf der um seine Beute herumschleicht.

    "Sie haben den Platz, den das Licht ihnen zugewiesen hat. Sie sind dort weil sie es so wollten und weil das ihr Platz ist!" sprach der Richter anklagend, als hätte er nicht einen Soldaten, sondern einen Rotwelschen vor sich.
    "Sie sind eine niedere Rasse! Nicht soviel wert wie wir!"

    Der Hauptmann wollte wiedersprechen, doch Claude fügte rasch hinzu "Denkt an eure Verlobte! Was, wenn sie ihnen in die Hände fallen würde, so wie der Seilmacher und seine Familie?!"

    Der Hauptmann stockte, er salutierte und fragte "Euer Ehren, was soll getan werden? Befehlt, wir führen euren Befehl aus!"

    Der Richter lächelte bösartig, als er wieder vor dem Offizier stand "Sehr gut Hauptmann ... sehr gut ..."

    "Sie sind raffinierte Tiere ..." sprach der Stadtvogt weiter über das fahrende Volk "Sie verbergen ihre dunklen Machenschaften. Wir müssen auf der Hut sein. Umstellt das Lager. Ich will über jede Bewegung genauestens bescheid wissen."

    "Jawohl euer Ehren." stimmte der Hauptmann nun vollkommen überzeugt zu.

    "Wenn sie nur einen Fehler machen ... gehören sie uns!" Claude ballte eine Hand zur Faust.

    "Und dann beim Licht, werden sie das erhalten, was ihnen zusteht."
    Der Hauptmann nickte zu den Worten seines Herrn und verließ salutierend den Raum.

    Claude ging zurück zum Kamin und starrte in das Feuer.
    "Nur ein toter Rotwelsche ... ist ein guter Rotwelsche."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 16.01.2008, 21:12


    Die Sammlung

    "Er ist uns entkommen." schnappte der Soldat nach Luft.

    Die vier Soldaten sahen sich in der kleinen Sackgasse um, in die sie gerade hinein gelaufen waren.

    "Das kann nicht sein!" stellte einer der Vier fest "Ich habe genau gesehen, wie der Rotwelsche hier reingelaufen ist."

    Und meinte mit dieser Aussage Lucheni.

    Da Lucheni´s kleiner Weindiebstahl nicht unentdeckt geblieben war, hatte der Winzer rasch die Stadtwache allamiert.

    Zu Luchen´s Leidwesen war diese in der Nähe gewesen und so rasch auf der Jagd nach ihm.

    Doch in den engen Gassen der Hinterhöfe hatten die Soldaten mit ihren schweren Rüstungen das Nachsehen und nun suchten sie den Narren vergeblich.

    "Verdammt." spuckte einer aus "Zurück zur Patroullie, es ist bald Schichtwechsel und ich will keine Überstunden machen!"

    Es dauerte nicht lange und dann waren die Wachmänner wieder aus der Seitenstraße verschwunden und sie lag wieder in Stille.

    Dann erhob sich ein leichtes Poltern und ein Deckel der Kanalisation hob sich leicht an.
    Mit einem breiten Grinsen, aber sichtlich verdreckt, entstieg Lucheni dem Abwassersystem.

    "Hehe ... die alten Tricks sind immernoch die Besten." grinste er breit, sah sich noch einmal verstohlen um und schritt dann rasch in Richtung des nächsten Einganges zum Katakombensystem.

    Als der Hochelf dieses mal in das Reich der Bettler hinab stieg, war er aufmerksamer gewesen und hatte seinen Namen gerufen.

    Genutzt hatte es ihm dennoch nicht, denn Gringoire hatte verlauten lassen, den Drückeberger von einem Narren die Leviten zu lesen.

    Sich den schmerzenden Kopf reibend, kam Lucheni zurück in das Sanktum der Wunder, wo nun alle Welt auf den Beinen war.

    Das Kommen der Samekhs hatte für Aufsehen gesorgt.
    Die närrischen Tage, die nun folgen sollten waren zwar gefährliche Tage, aber es waren die Tage der Narren.

    So war auch die Unterwelt des Stadtstaates in Festlaune und die Schausteller und Gaukler übten bereits ihre Vorführungen, die sie - zwar unter Gefahr aber auch - unter großem Jubel bald auf dem Fest zeigen würden.

    Lucheni entdeckte den Samekh vom Morgen, der gerade dabei war, Stoffe und andere Waren wie Gewürze und Tant anzubieten.

    Die Samekhs brachten ein Potpurri von exotischen Kleinodien mit sich und jeder der Rotwelschen wusste, das man damit gut Geld machen konnte.

    Lucheni grinste ob dieser lockeren Stimmung im Sanktum, als er unsanft in den Rücken gestoßen wurde.

    Er drehte sich mit einem "Hey!" herum, und sah dann in das wütende Gesicht von Luca, die mit verschränkten Armen vor ihm stand.

    "Wo warst du?!" fuhr sie ihn an.

    Lucheni hob die Hand, doch das Bettlermädchen fuhr ihm ins Wort "Einfach verschwunden, als ich heute Morgen aufwachte! Lässt mich einfach mit dem Buckligen allein, er hat getobt und ich wusste nicht mal wo du warst!"

    Lucheni grinste breit "Klingt ja fast so, als hättest du dir Sorgen gemacht."

    Eine leichte Röte kam auf Luca´s Züge, ehe sie ihn anschrie "Von wegen du Mistkerl! Wo beim Nether hast du dich rumgetrieben?!"

    Lucheni lachte leicht "Ich war bei den Samekhs."

    Das Gesicht des Bettlermädchens wurde sofort noch wütender "Ach, bei denen? Und was ist das?" sie zeigte auf den Blumenstrauß.

    "Das sind Blumen." antwortete Lucheni lapidar.

    "Das seh ich auch." runzelte Luca die Stirn, scheinbar nun etwas zugänglicher.
    "Und was willst du damit?" ein wenig Neugier sprach aus ihrer Stimme, als sie den Strauß besah.

    "Die sind für eine Frau!" lachte Lucheni freudig, doch Luca´s Gesicht war nun wieder augenblicklich finster wie die Nacht schwarz.

    "Eine Frau?" fragte Luca mit zusammengezogenen Augen.
    "Eine Frau." nickte Lucheni leicht.
    "Eine Frau!" sagte das Bettlermädchen nun etwas lauter.
    "Eine Frau!" nickte Lucheni nun noch energischer.
    "Eine ..." wollte Luca gereizt ansetzen, bevor Lucheni meinte "Gibs hier ein Echo oder was?"

    "Woah!" entrann es Luca und sie wandte sich wütend ab.

    Lucheni runzelte die Stirn, diese Szene war für ihn befremdlich gewesen.

    Doch lange konnte er seinen Gedanken nicht mehr nachhängen.
    Harsch wurde er am Arm gepackt und hinauf zum Hochsitz des Bettlerkönigs geschleift.

    "Da bist du ja ..." Die Miene Gringoires sagte unmissverständlich aus, das er den Hochelfen, der nun vor ihm stand lieber tot gesehen hätte.

    Lucheni lachte gespielt, selbst er konnte nun seine Anspannung nicht mehr verbergen.

    Denn er stand nun ganz allein vor dem Kissenthron des Bettlerkönigs, als einzige Gesellschaft dessen aufreizende Gespielinen und sechs mürrische und bewaffnete Rotwelschen.

    "Wisst ihr eure Narrheit ..." setzte Lucheni an, bemerkte aber dann, das er selbst nicht wusste, was er sagen wollte.

    Der Gnom sah ihn abwartend an und die Rotwelschen zogen langsam bereits ihre Dolche.

    "Ah, jetzt hab ichs!" lachte Lucheni und zog den Trinkschlauch hervor, den er vom Hochelfen-Heiler der Samekhs bekommen hatte.

    "Das habe ich für euch abgeholt eure Narrheit." grinste Lucheni, nun mit sich selbst zufrieden "Ein Gebräu der Samekhs."

    Gringoire schien wirklich überzeugt, ein leichtes Lächeln umspielte seine unansehnlichen Züge, als er sich im Kissenaufbau zurücklehnte und seine Finger sich wieder der rothaarigen Hochelfe widmeten.

    "Ah, ich fragte mich schon, wann dieses Zaubergebräu ankommen sollte." er grinste breit.

    Lucheni wollte vortreten um dem Narrenkönig die Flasche zu reichen, doch dieser wunk ab.

    "Nein, dies ist für Xelram. Bringt es ihm nur gleich." grinste der Bucklige bösartig "Er wird sich sicher freuen."

    Lucheni verzog das Gesicht zu einer Maske des Unbehagens, der Anblick war derweil so belustigend, das die rothaarige Elfe das Kichern anfing.

    Doch wahrlich erfreute es den Narren garnicht, den Hexer der Rotwelschen aufsuchen zu müssen.

    Xelram´s Unterschlupf lag in einem der entlegensten Winkel des Sanktums.

    Hier in diesem feuchten und modrigen Teil des Gruftensystems drang nur wenig Licht von der Oberfläche und so wurde die Umgebung von unheilverkündenden Fackeln erleuchtet.

    Ratten und Insekten lebten in diesem Zwielicht und man konnte sehen, das die anderen Bettler und Gaukler diesen Ort meideten.

    "Na das nenn ich mal ne richtige Hexerbehausung, wie aus dem Märchenbuch." murmelte Lucheni, während er voranschritt.

    In der großen Gruft in der er sich nun befand gab es ein großes Mausoleum, das sich der Hexer als Behausung gewählt hatte.

    Einige Teile des bröckelnden Marmor waren mit Holz verstärkt worden und überall hingen wie immer die bunten Wandbehänge.

    Einst schien dies die letzte Ruhestätte eines schon längst vergessenen Adligen gewesen zu sein, nun war es der Lebensraum der rechten Hand des Bettlerkönigs.

    Lucheni schluckte, ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken, als er durch die Stille dieses Ortes zum Eingang des Mausoleums trat.

    Es gab keine Türe, der Eingang war nur mit einem dicken Vorhang verhengt und so war - erfahrungsgemäß - an Anklopfen nicht zu denken.

    Der Hochelf schob den Vorhang bei Seite und trat dann in den ersten Raum des Mausoleums ein.
    Es war ein großer runder Raum mit kleinen steinernen Abstufungen an den Wänden, einer Treppe nicht unähnlich.

    Doch war der Raum schlecht und sperrlich beleuchtet und Lucheni musste seine Augen erst an die Umgebung gewöhnen, ehe er etwas erkennen konnte.

    Als sich seine Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten, wich er erschrocken zurück und landete prompt auf allen Vieren.

    Pures Entsetzen beherrschte sein Gesicht und fast wäre er schreiend aus dem Raum gerannt.

    Der Raum, er schien voll.
    Als wären die kleinen steinernen Tribünen an den Wänden ringsherum mit Schaulustigen besetzt.

    Dutzende von kleinen Gestalten saßen dort regungslos und schienen ihn anzustarren.
    Sie alle waren fein herausgeputzt: gut gemachte Haare, feine brokatbestickte Kleider.
    Makellose vornehme blasse Haut.

    Doch die Augen der Mädchen, die dort saßen, sie waren tot.

    Kalt und still starrten die Mädchen herausgeputzt wie die Puppen der Adelskinder vor sich hin.

    Lucheni stieg noch der frische Duft von verbranntem Fleisch in die Nase und langsam reifte in ihm die Erkenntnis, das diese Mädchen alle wie Tiere ausgestopft worden waren.

    Eckel und Abscheu stieg in ihm auf, als er in die Mitte des runden Raumes sah.

    Dort auf einem Diwan sass eine bleiche Gestalt, in einer schwarzen Robe, ihr einer Arm war bandargiert und sie grinste wahnsinnig vor sich hin.

    Xelram hielt auf seinem Schoß ein kleines Mädchen, die weitaufgerissenen blauen Augen sahen noch nicht so tot aus, wie die der anderen Opfer.

    Immer wieder strich der Hexer wie in Trance über das Haar seiner Puppe und startte Lucheni unverwandt an.

    Mit Schrecken erkannte Lucheni, das das tote Mädchen auf dem Schoß des Hexers die Tochter des Seilmachers war.

    Er sprang auf und wollte etwas rufen, doch seine Stimme versagte und dafür erscholl ein schrilles Lachen.

    Das Lachen kam von Xelram, der hier in seinem Unterschlupf noch wahnsinniger und selbstbewusster wirkte als vorher.
    Er wirkte hier nicht kalt und furchteinflößend, sondern der pure Wahnsinn sprach aus seiner Stimme und seinen Gesten.

    "Lass die Flasche einfach hier ..." wisperte er, doch seine Stimme hallte von den Wänden wieder.

    Er strich der Tochter des Seilmachers wieder verträumt über die Haare "Nicht war mein Liebling? Der Böse Lucheni soll uns in Ruhe lassen."

    Zorn und Wut wallten in Lucheni auf, doch er wusste, das er an diesem Ort niemals gegen einen solch mächtigen Magus bestehen konnte.

    Wiederwillig warf er die Flasche in die Mitte des Raumes.

    "Und nun geh!" schrie Xelram schrill, während er seine Wange gegen die des toten Mädchens presste "Ich und meine Püppchen wollen allein sein."

    Lucheni wollte nciht gehen, er wollte diesen kranken Schwarzmagier lieber in Stücke reißen.
    Doch war Xelrams Magie zu stark.

    Mit einem schrillen "Hinaus!" entfesselte er eine Schockwelle und Lucheni wurde unsanft aus dem Mausoleum katapultiert.

    Wieder hallte die schrille Stimme des Hexers durchs Gemäuer, als er seiner Puppe eine Strähne aus dem Gesicht strich.
    "Nun sind wir wieder allein mein Liebes. So haben wir es am liebsten nicht wahr? Keine Angst ... er wird uns nicht mehr stören."

    Lucheni konnte nur noch das wiederhallende Gelächter des Hexers vernehmen, ehe er sich voller Abscheu erbrach.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 17.01.2008, 21:12


    Dunkelheit

    Es schmeckte bitter.

    Nicht nur sein Erbrochenes hatte diesen Geschmack, als Lucheni noch immer auf dem Boden vor dem Mausoleum kauerte.

    Sondern auch die Erkenntnis war bitter.
    Er hatte Xelram für einen Hexer gehalten, für jemanden, der Nethermagie nutzte und deshalb von der Gesellschaft ausgeschlossen war.

    Er hatte ihn zuerst für einen Freigeist gehalten.
    Für einen hinterlistigen und erbarmungslosen Freigeist zugegebener Maßen, aber einen Freigeist.

    Die Wahrheit hatte alles Grauen überstiegen, das sich der Narr hätte vorstellen können.

    Diese unschuldigen Mädchen, hergerichtet wie Jagdtrophäen und dem kranken Geist des Schwarzmagiers ausgeliefert.
    Wer konnte wissen oder ahnen, was er mit ihnen getan hatte, bevor er sie tötete.

    Wieder kam diese Übelkeit auf, doch diesmal hielt sich Lucheni zurück.

    Er wollte weg von diesem Ort, diesem Ort, der ihm zeigte das Gringoire keine Moral kannte.
    Und das das Sanktum der Wunder durchsetzt war von Verbrechen und Schuld.

    Ja, hier hatten viele Unschuldige Schutz gefunden.
    Jene, die das Schicksal hart getroffen hatte und die verhasst und davon gejagt worden waren.

    Doch hier verkrochen sich auch jene Monster, die die Gesellschaft zu recht jagte.

    Jetzt verstand Lucheni warum die Bevölkerung den Hass des Richters auf die Rotwelschen teilte und so empfänglich für seine Propaganda war.

    Bleich wie ein Leichentuch richtete er sich auf und wischte sich seinen Mund an seinem Ärmel ab.
    "Reiß dich zusammen Lucheni." sprach er zu sich selbst "Du hast schon schlimmeres gesehen."

    Doch das war eine Lüge.
    Er hatte viel Schreckliches gesehen, doch jeder Schrecken, ob Tod oder Zerstörung hatte auf die eine oder andere Art Sinn ergeben.

    Dies hier war einfach nur ein Bild des Grauens gewesen, reiner Wahnsinn.

    Er schüttelte den Kopf und ging langsam zurück zum Sanktum, dabei versuchend die Gedanken zu vertreiben, die ihn quälten.

    Es war einer dieser seltenen Augenblicke, in dem keine Narretei in seinem Gesicht lag.
    Indem keine Maske ihn verbarg und schützte vor der Welt und dem was darin lag.

    "Nicht sehr appetitlich was?" kicherte eine Stimme, als er den belebteren Teil des Bettlerschlupfwinkels betrat.

    Lucheni zuckte kurz aus seinen Gedanken, als er angesprochen wurde und versuchte wieder ein Grinsen aufzulegen.
    Doch wurde es nicht mal ein halbherziges Lächeln.

    Er blickte zur Seite und sah eine der Gespielinen des Narrenkönigs an der Wand lehnen.

    Es war die rothaarige Elfe, die wie immer einen verführerischen Blick zur Schau stellte, während ihre Kleidung fast nichts mehr der Phantasie überließ.

    "Wisst ihr davon?" fragte Lucheni sie.
    Es war das Erste, das ihm einfiehl und auch etwas, das ihn interessierte.

    Noch immer grinste die Elfe "Natürlich. Gringoire weiß alles und deshalb weiß auch ich alles."
    Sie machte eine ausschweifende Geste, was den Blick noch mehr auf ihren verführerischen Körper lenkte "Khavita weiß alles!"

    Lucheni runzelte leicht die Stirn, für einen Moment musste er schmunzeln.
    Auch wenn es hier viele Verbrecher gab, so gab es auch die Schausteller, das fahrende Volk und die Bettler.

    "Xelram ist nunmal der Liebling vom Boss." erklärte Khavita weiter "Da kann man nichts machen."

    Sie zuckte mit den Schultern "Ist schon schade um die jungen Dinger .. ein Gutes hat es aber."

    Sie ging an Lucheni vorbei, der ihr verwirrt nachsah "Was soll daran gut sein?"

    Die Hochelfe zwinkerte ihm zu "Frauen wie mich fast er niemals an."

    Mit diesen Worten verließ die Gespielin Lucheni und dieser schüttelte nur über diese Kaltblütigkeit den Kopf.

    Doch verstand er es auch, auch wenn es ihm Angst machte, das er Gringoire und seine Schergen verstehen konnte.

    Er verstand, das um in dieser Welt zu überleben Stärke und Macht alles waren.
    Und Xelram war mächtig, das stand außer Frage.

    Ihn zu schützen, hieß ihn als Waffe benutzen zu können.
    Und das sicherte ihr Überleben und ihre uneingeschränkte Macht.

    Der Narr kam zurück zu Luca´s Zelt und schob die Vorhänge zur Seite.

    Augenblicklich kam Luca´s Stimme an sein Ohr, doch war es nicht - wie er erwartet hatte - eine anklagende Stimme, sondern ein überraschter und ja gar besorgter Ton.

    "Beim Licht! Was ist denn nun wieder passiert?" rief das Mädchen aus, als sie dem Hochelfen auf eine der Decken half.

    "Nichts weiter." grinste Lucheni schwach und noch immer schrecklich bleich "Ich war nur beim Hexer."

    Luca´s Gesicht wurde sofort angstvoll und sie blickte leicht zur Seite.

    In Lucheni war schon eine Zeit lang der Gedanke gereift, das Luca genau wusste, was Xelram mit jungen Mädchen wie ihr machte.
    Deshalb hatte sie solche panische Angst vor ihm.

    Luca riss die Augen auf, als sie von Lucheni plötzlich zu ihm gezogen wurde.

    Er hielt sie sanft im Arm "Pierre ist nicht mehr da. Aber jetzt passe ich auf dich auf."

    Das Mädchen wollte etwas sagen, schloss dann aber die Augen und lehnte sich leicht gegen ihn.

    Das Feuer loderte prasselnd im Kamin und schickte seine monströsen Schatten an die Wände des großen Raumes.

    Es wurde Abend.
    Bald würde das Fest der Narren beginnen und noch immer loderte das Feuer unentwegt im Kaminsaal des Justizpalastes.

    Vor dem Feuer stand der Stadtvogt und legte einen feinen samtenen Umhang um.

    Er hatte ein festliches Richterornat angelegt, das viele silberne Verzierungen hatte und aus den feinsten Materialien gefertigt war.

    Er brauchte keinen Spiegel, er wusste einfach, das alles passte, so wie immer.

    Er starrte noch einen Augenblick ins Feuer "Es ist Zeit."
    Murmelte er und verließ den Raum.

    Er hatte die Wachen bereits vorausgeschickt, sein Pferd zu satteln und so lief er allein die langen Gänge des Justizpalastes hinab.

    Die Gänge waren hoch und meist schmucklos, nur hin und wieder sah man eine Büste, ein Bild oder einen Wandvorhang.

    Hier in den oberen Etagen, in den Räumen der Behörden und des Gerichtes hörte man die Schreie aus den Kerkergewölben nicht mehr und man hatte einen wunderschönen Blick auf die Stadt, die von hier aus geschützt wurde.

    Oft war es gespenstisch still in den langen Gängen und die Fenster spendeten bei weitem nicht genug Licht, um sie zu erhellen, schon garnicht nun bei untergehender Sonne.

    So waren die langen Korridore von magischen Lampen erhellt und unterstrichen damit die bedrückende und gefühlsarme Stimmung des Gemäuers.

    Dies war Claude´s Welt, schon seit über 15 Jahren residierte er hier.

    Kannte jeden Stein, jedes Eck und er genoss bei Zeiten die Ruhe und den Frieden wie er es nannte.

    Es hatte für ihn etwas entspannendes die weiten Gänge hinab zu laufen, scheinbar ohne Ziel vor Augen einfach nur zu gehen, in Stille und Einsamkeit.

    Seine kalte Miene zeigte wie immer wenig Gefühl, als er an den Türen vorbei ging, hinter denen die Arbeitszimmer der Beamten und Würdenträger lagen.

    Sie waren schon alle längst nach Hause gegangen oder auf das Fest aufgebrochen.

    Wer noch Dienst hatte, war ohnehin zur Bewachung des Festivales abkommandiert worden.

    Er bog um eine der vielen Ecken und dann stockte er.

    Vor ihm lag der letzte Gang, den er zur Eingangshalle nehmen musste.

    Aufgrund seiner Lage erhellten ihn keine Fenster, doch es gab eine magische Lampe.

    Diese schien jedoch funktionsuntüchtig zu sein, denn sie spendete kein Licht und der Gang lag in vollkommener Finsternis.

    Er war so weit, das man nach ein paar Schritten in der Dunkelheit nichts mehr sehen konnte, doch dort drin in der Düsternis lag die Türe, das wusste der Richter.

    Er schritt weiter, seine Schritte wurden schneller.

    Sein Atem wurden unregelmässiger, je weiter er in den verdunkelten Korridor hineintrat.

    Plötzlich hielt er an, drehte sich um und rannte zurück zum Licht des anderen Ganges, aus dem er gekommen war.

    Wieder im Licht angekommen schnappte er nach Luft, als wäre er lange unter Wasser gewesen.

    Er strich sich eine ergraute Strähne aus dem Gesicht und atmete tief durch.

    Dann ging er den erhellten Gang zurück, er würde einen anderen Weg zur Eingangshalle suchen.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 18.01.2008, 18:00


    Das Fest der Narren

    Es war der Abend des Festes.

    Und es hatten sich viele Leute eingefunden an diesem Abend.

    Personen verschiedenen Standes und verschiedener Rassen.

    Sogar Zwerge waren hier und da zu sehen, sie hatten wohl allein für das Fest den weiten Weg auf sich genommen und beehrten so die Magierstadt mit ihrer seltenen Anwesenheit.

    Es war bereits düster geworden und während in der Stadt die magischen Lampen entzündet wurden, wurde der gesammte Platz des Schauspieles von bunten Laternen erleuchtet.

    Diese tauchten ihn in ein sanftes Licht aus den verschiedensten Farben und erzeugten so ein fast schon surreales Bild einer exotischen und fremdartigen Traumwelt.

    Lucheni kam wieder fröhlich summend zum Wagenplatz und sah sich suchend und fasziniert um.

    Er hatte sich vom Schrecken des Vormittages wieder erholt und war - tortz Luca´s immensem Protest - hierher zum Fest aufgebrochen.

    Er konnte es nicht erwarten die Klingentänzerin wieder zu sehen.

    Er hatte einen Korb dabei, der mit einem Tuch abgedeckt war.
    Er grinste innerlich und freute sich schon wie ein kleiner Junge, den Inhalt des Korbes `seiner´ Tjalisie zu präsentieren.

    Und trug feinere Kleidung als bei seinem letzten Besuch, sie war bunter und aus edlerem Stoff.
    Noch mehr Glöckchen bimmelten fröhlich an ihr und die Farben waren kräftig und auffallend.

    Ein kleiner Luxus, den er aufbringen konnte, denn normalerweise war diese Aufmachung sein Kostüm für Auftritte.
    Und das war auch bitter nötig, denn um die Mildtätigkeit der Bürger zu wecken, musste man ihnen etwas bieten.

    Man musste herausragend, erstaunlich und verrückt sein und alles traf auf ihn zu.

    Lucheni sah sich grinsend um.

    Das Volksfest war in seiner ganzen Pracht errichtet worden.
    Der weite Platz strotzte von bunten Wagen, Aufbauten und Buden.

    Verschiedenfarbige Wimpel hingen über den Köpfen der Schaulustigen und aller Orten führten Schausteller kleine Tricks vor.

    Viele der Besucher, wie auch der Gastgeber waren verkleidet und fröhliche Stimmen erhoben sich auf dem gesammten Platz und sangen und lachten.

    Der Alkohol floss in Strömen und das beste Essen wurde ausgegeben. Alles natürlich unter den strengen - hier jedoch abgelenkten - Augen der Stadtwächter, die hier und da standen.

    Denn der Richter war nicht müssig gewesen, so war nicht nur der gesammte Platz umstellt, sondern auch das Fest selbst und der Weg zur Stadt waren bewacht.

    Doch hatten die Wachen des Wolfes ihre Augen lieber an den Körpern der Tänzerinen oder in den Krügen der Schankwirte, als wirklich aufmerksam zu sein.

    Es war ohnehin ein ausgelassener Abend, selbst die Ausgangssperre war an den Festtagen aufgehoben worden.

    Lucheni war trotz des Wachaufgebotes jedoch recht ruhig.
    Er wusste, das man ihn nicht so schnell erkennen würde in diesem Tumult, sollte er einem Wächter nicht direkt in die Arme laufen.

    Dennoch war er vorsichtig und hielt sich etwas im Hintergrund.

    In der Mitte des Platzes war ein großes Podium errichtet worden, hier wurden die Hauptprogrammpunkte vorgestellt.

    Rings um das Podium hatte sich eine riesige Menschenansammlung gebildet, während einzelene Tribünen am Rande des Podiums bis auf den letzten Platz besetzt waren.

    Während das Hauptprogramm noch nicht begonnen hatte, wurde das Publikum mit einigen kleinen Zwischenauftritten bei Laune gehalten.
    Und tatsächlich schien sich alles Volk herrlich zu amüsieren.

    Die ausgelassene Stimmung und das Feiern von Rotwelschen und Bürger gemeinsam konnte fast über die Tatsache hinwegtäuschen, welche Schrecken sonst in der Stadt für beide Seiten galten.

    Lucheni ging näher an das Podium und sah schweifend über die fröhlich brabbelnde Menschenmenge hinweg.

    Doch plötzlich wurden die Leute stiller.
    Verstummten dann gänzlich, als eine in Schleiern verhüllte Gestalt das Podium betrat.

    Auf einem Zweiten, das direkt anschloss, hatten sich die Musiker eingefunden.
    Der Tanz, die Eröffnung des Festes, der Tanz der Seherin begann.

    Lucheni sah dies und versuchte rasch durch die Menschenmenge nach vorne zu kommen.

    Er streckte sich dabei und bahnte sich seinen Weg, oft sagte er dabei Dinge wie "Entschuldigt.", "Muss da durch.", "Gehöre zum Personal.", "Bringe das Essen für die Herrschaften" und ähnliches, wenn er versehentlich jemanden rammte.

    In der Nähe der Bühne stand ein Podest für besondere Gäste.
    Es war größer und nicht so überfüllt wie die Tribünen der einfachen Leute.
    Kissen lagen aus und weite Stoffvorhänge hingen über den Köpfen der hohen Häupter.

    Dort saßen Adel und Großbürgertum.
    Ganz vorne saß Richter Claude und schien mit seinen Augen an der Seherin geradezu zu hängen, die nun auf der Bühne stand.

    Er hätte es sicherlich niemals zu gegeben, doch zeigten seine Augen eine Faszination, die für ihn sonst vollkommen undenkbar war.

    Langsam begann der Tanz.
    Zwei junge Männer gesellten sich auf das Podest zu Jiliessira.
    Sie trugen jeweils zwei entflammte Fackeln.
    Die Trommeln schlugen nun sachte den Takt und die Seherin stimmte in diesen mit ihren Schritten ein.

    Lucheni war nun vorne an der Bühne angekommen und grinste über beide Ohren vergnügt, als er nach oben sah und den Tanz beobachtete.

    Seine Aufmerksamkeit galt aber scheinbar nicht im Vordergrund der Tänzerin - obwohl er diese und ihre weiblichen Reize selbstverständlich zur Kenntnis nahm - sondern ihrem Tanz selbst.

    Wie jemand, der sich etwas Neues von einem Kollegen der selben Branche abschauen wollte.
    Man lernte schließlich nie aus und das Programm der Samekh´s war auf dem gesammten Kontinent berühmt.

    Der Tanz wurde immer schneller.
    Die beiden jungen Männer begannen nun die Fackeln zu werfen.
    Sie warfen das Feuer um die Seherin herum und oft sehr knapp an ihr vorbei.

    So mutete es an, als würde Jiliessira mit ihren schwungvollen und makellosen Bewegungen durch ein Meer von Flammen tanzen.

    Wäre eine solche Art von Tanz nicht allein schon gefährlich, so wehte ihr Gewand und ihr Schleier immer gefährlich nahe an den Flammen vorbei und drohte oft Feuer zu fangen.

    Oft zischte das Publikum oder fürchtete schon das die Feuertänzerin selbst bald in Flammen stehen würde.

    Der Stadtvogt schluckte und seine Finger krallten sich in den Stuhl auf dem er sass, während er das Ganze mit großen Augen betrachtete.
    Eine seltsame Mischung aus Abscheu und Faszination war in seinen grauen Augen zu lesen.

    Mit einem Mal begann der Schleier dann wirklich Feuer zu fangen ohne das er die Fackeln berührt hatte.
    Es war ein magisches Feuer wie kundige Augen wohl erkannt hätten.
    Doch war es ein eigentümliches Feuer, mehr den natürlichen und primitiven Magien verhaftet, als den Arkanen Künsten.

    Das Volk zuckte bei dem Spektakel erschrocken zurück, die Tänzerin selbst und ihre Helfer jedoch nicht.
    Sie tanzte unberührt und still weiter, nur das Aufkeuchen der Menge war zu vernehmen.

    Richter Claude schien ebenso geschockt wie die Menge.
    Kurz flammte soetwas wie Sorge in seinem Gesicht auf, als er sich weit in seinem Stuhl lehnte und wie gebannt die Bewegungen der Tänzerin mit seinen Augen nachfuhr.

    Nur Lucheni blieb relativ ruhig in der Menge und rief aus "Beim Licht! Die Schönheit ist so heiß, da fängt selbst das drumherum Feuer!"

    Der Schleier brannte nun lichterloh und hüllte die Bühne in ein warmes flackerndes Licht.
    Die Trommeln halten über den Platz, doch dann mit einem Mal, erlosch das Feuer plötzlich und unerwartet.
    Es erlosch jegliches Licht auf dem Platze und nur leise Flöten und Geigen hörte man noch.

    Die Menge und so auch Lucheni machten ein erstauntes "Aaaah" und sahen immer noch gebannt auf die nun dunkle Bühne.

    Den Richter schien das ganze jedoch noch mehr zu fesseln und er stand sogar leicht auf, sich suchend umblickend.

    Nach und nach gingen die Laternen wieder an, von ganz Außen auf das Podest hin zu.
    Die Tänzerin stand dort wie die beiden Fackelwerfer.

    "Willkommen ihr Leut. Seid gegrüßt zum Feste der Samekhs." rief sie freudig über den Platz ehe sie sich daraufhin verneigte.

    Der Stadtvogt ließ sich zurück in den Stuhl fallen und fuhr sich durchs Haar.
    Er machte dabei einen mitgenommenen Eindruck, was ihm einige erstaunte Blicke der Höflinge einbrachte.

    Die Menge jubelte derweil den Schaustellern zu, wieder war es ein unvergesslicher Auftackt gewesen.
    Auch Lucheni war von der Begeisterung angesteckt worden und fiehl in den Jubel ein.

    Doch im Geiste erwartete er noch immer voller Vorfreude und Verlangen den Auftritt der Klingentänzerin.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 19.01.2008, 18:55


    Gesucht

    Die Stimmung war gedrückt.

    Die Soldaten murrten und flüsterten miteinander.

    Zwar standen sie in Reih und Glied auf dem großen Platz vor den Toren des Justizpalastes, doch von einer Batallionsmoral konnte hier nicht gesprochen werden.

    Der Grund dafür war offenstichtlich.
    Von Weitem schienen die Lichter des großen Festes am Horitzont wieder, fast wie eine nächtliche kleine Sonne, die am aufsteigen war.

    Und auch die fröhliche Musik brachte ihren Klang weit in die verstummte Stadt.

    Und sie, diese Soldaten, die nun hier standen durften, oder vielmehr mussten dennoch ihren Dienst tun.

    Und darüber waren sie alles andere als erfreut.

    Wie jedes Jahr hatte es schon im Vorfeld bei den Dienstplänen viel Streitereien gegeben.
    Die meisten wollten natürlich das Fest mit ihren Familien besuchen und sich so noch rasch ein paar Tage vom Dienst freistellen lassen.

    Und wer das Pech hatte, zum Dienst eingeteilt worden zu sein wollte natürlich den Wachschutz beim Fest übernehmen.
    Oder zumindest einen ruhigen Posten im Justizpalast ausführen.

    Doch das Batallion das hier nun stand hatte den schlimmsten Posten abbekommen, den sie sich vorstellen konnte.

    Die Nachtpatrouille.

    Die Nachtpatrouille war immer eine schreckliche Schicht.
    Es war kalt, dunkel und das Gesindel versuchte Nachts auf Beutefang zu gehen.

    Doch in den Festnächten war es noch schlimmer.
    Nicht nur, das die Soldaten selbst lieber woanders gewesen wären, so war in diesen Nächten die Ausgangssperre aufgehoben.

    Das bedeutete das die Durchsuchungen und Kontrollen um fast das vierfache anstiegen und die Arbeit damit noch viel komplizierter wurde.

    Dazu kam, das während die meisten Soldaten an den Festtagen das Wandervolk der Samekh´s auf Befehl des Richters bewachten, die Rotwelschen innerhalb der Stadt aufmüpfig wurden.

    Genau wissend, das nun die Stadtpatrouillen geringer ausfallen würden, konnte es sich das Bettlervolk leisten ihre Aktivitäten zu verstärken.

    Dem Hauptmann war dies alles bewusst.

    Und so musste er mit seinen Männern eine harte Schiene fahren.
    Doch er konnte seine Soldaten natürlich verstehen, im letzten Jahr hatte er noch genauso gedacht wie sie.

    Doch heute, nach den überzeugenden Worten des Stadtvogtes, dachte der Offizier anders.

    Angestachelt von Claude´s Ausführungen dachte der Hauptmann nur daran, für Ordnung in der Stadt zu sorgen.
    So hatte er sich gar freiwillig für den Dienst bei der Nachtpatrouille gemeldet.

    Das führte zu noch mehr Verdruss bei den Soldaten.
    Hätten sie nur einen kleinen Leutnant als Befehlshaber gehabt, hätte man diesen vielleicht davon überzeugen können, in einer Taverne einzukehren und den Dienst mal Dienst sein zu lassen.

    Doch beim Hauptmann war das natürlich undenkbar.

    Gerade kam ein Beamter aus dem Justiztpalast auf den Hauptmann zu, auch dessen Miene verriet, das er es unmöglich fand, zu so einer Stunde noch arbeiten zu müssen.

    Er verneigte sich leicht und hielt dem Offizier ein Schriftstück entgegen.
    "Die neuen Steckbriefe Herr. Genauso wie Lord Claude sie wollte."

    Der Hauptmann nickte und besah sich die neuen Steckbriefe.

    Es waren Namen, Daten, Beschreibungen und Zeichnungen von Verbrechern, Dieben, Rotwelschen und Gesindel.
    Je nachdem wie viel man über die Gesuchten wusste, waren die Beschreibungen und Zeichnungen detaillierter.

    Es fiehl auf, das gerade jene Steckbriefe, die vom Richter selbst in Auftrag gegeben wurden - und so auch durch seine Informationen gespeißt waren - am genauesten waren.

    Claude hatte scheinbar ein perfektes Gedächtnis, was Verbrecher und ihre Erscheinungsbilder anging.

    Der Blick des Offiziers blieb an den Steckbrief eines Rotwelschen hängen.
    Eines schwarzhaarigen Hochelfen um genau zu sein, im Auftrag gegeben vom Richter selbst.

    Eine - für Steckbriefe - sehr detaillierte Zeichnung des Gesichtes und der Erscheinung ließen den Hauptmann stoppen.

    "Das ist doch ..." murmelte er "Der Mörder, der den Seilmacher getötet hat."

    Tatsächlich zeigte der Gesucht-Zettel Lucheni´s Gesicht und Daten.
    Der Stadtvogt hatte sich den Narren tatsächlich gut eingeprägt.

    "Der da." sagte der Hauptmann zum Beamten "Wurde von uns bereits erledigt, er liegt tot auf dem Grund des Flusses."

    Der Beamte schüttelte jedoch den Kopf "Das ist unmöglich, ich habe die Steckbriefe bereits ausgegeben und eine Patrouille meinte, das sie genau diesen Rotwelschen heute in der Nähe des Händlertores verfolgt hat."

    Der Hauptmann konnte es nicht fassen "Das Schwein lebt also! Beim Licht, der wird mir nicht entkommen."

    Der Staatsbeamte nickte und konnte sich dann endlich auf seinen wohlverdienten Feierabend freuen.

    Der Offizier ließ derweil die Steckbriefe an die Soldaten verteilen, die sich die Daten und Gesichter der Verbrecher einprägen sollten.

    "Wir brechen gleich auf." befahl der Hauptmann "Und ich will das ihr mir diesen Halunken bringt."

    Er zeigte auf Lucheni´s Beschreibung "Für den Kopf dieses hinterhältigen Bastards gewähre ich euch eine Belohnung von fünf Silberstücken und den Rest des Narrenfestes frei!"

    Die Soldaten grinsten und tuschelten kurz.
    Das war ein Angebot, das sie so schnell nicht ausschlagen würden.

    Derweil in einem anderen Teil der Stadt fuhr ein kleines Ruderboot den Kanal auf dem Fluß der Kreuzinsel, die das Zentrum der Stadt bildete, ab.

    Es bewegte sich langsam und still durch die Nacht.

    Während eine maskierte Gestalt am Bug stand und in die Nacht spähte, stieß am Heck eine in einen weiten Umhang gehüllte Gestalt das Boot mit einem langen Stock immer weiter durchs Wasser.

    Sie sprachen kein Wort und vermieden jedes Geräusch, denn es war unter strenger Strafe verboten, den Fluss ohne Genehmigung als Schiffsstraße zu verwenden.

    Und zur Nacht herrschte sowieso ein Übersetzungsverbot.

    Doch war die kleine Reise auf dem Fluss nur jetzt möglich, in der Stille und Dunkelheit der Nacht.

    Denn sie hatten ein paar Kisten bei sich in dem kleinen Ruderboot und das, was darin lag sollte nicht in die Hände der Stadtherren fallen.

    Der Bootsmann lenkte das Schiff auf eine der zahlreichen Steinbrücken zu, die ihren Schatten auf das ruhige Wasser warf.

    Unter der Brücke warteten bereits ebenfalls maskierte Gestalten.

    Sie waren wie abgesprochen an jenem Ort zu jener Zeit.

    Es waren ein halbes Dutzend männlicher Rotwelschen, die in Lederrüstungen und bunten Hemden gekleidet waren.

    Nur eine Frau war dabei.
    Eine rothaarige Hochelfe, sie trug eine leichte Bluse und eine hautanliegende Hose aus gegerbtem Leder.

    "Ist dir nicht kalt Khavita?" grinste einer der Rotwelschen, ein großer stemmiger Kerl und starrte dabei unverholen auf den Hintern der Hochelfe.

    Diese grinste unter ihrer Maske und legte die Hüfte etwas schief, so das er wohl noch einen besseren Blick hatte.
    "Aber warum denn? Es ist doch angenehm in der Abendluft."

    Das die Gespielin des Bettlerkönigs selbst hier Hand anlegen musste, gefiehl ihr zwar nicht, doch war die Lieferung, die Gringoire hier erwartete zu wichtig.

    Er musste daher jemanden schicken, dem er vertraute und damit war seine Wahlmöglichkeit mehr als eingeschränkt.

    Da Xelram aufgrund seiner Verletzung ausfiehl hatte es Khavita getroffen.

    Und bisher lief auch alles wie am Schnürchen.
    Das Boot kam gerade zur rechten Zeit und bisher war noch keine Patrouille in Sicht gewesen.

    Der Bootsmann lenkte nun das kleine Schiff an den Rand des Kanals, mitten unter der Brücke und sein Begleiter sprang aufs Festland.

    "Habt ihr alles?" fragte Khavita mit einem Blitzen in den Augen.

    Die vermummte Gestalt nickte und holte eine der kleinen Kisten von Bord und öffnete sie.

    Es waren kleine Beutelchen darin, die mit einem weißen Pulver gefüllt waren.

    "Das beste Rauschgift diesseits von Boralus." erklärte der Fährmann.

    Khavita nickte zufrieden, während der Rotwelsche hinter ihr ein wenig des Pulvers auf den Finger nahm und es dann aufleckte.

    "Diese Drogen werden ein hübsches Sümmchen bringen." grinste er breit.

    "Der Bucklige wird sehr zufrieden mit euch sein." sagte die Hochelfe verführerisch "Ihr erhaltet eure Bezahlung auf die übliche Weise."

    Plötzlich erscholl das Krähen eines Hahnes.
    Doch klang dieses Krähen nicht wie das eines Tieres, es war menschlichen Ursprunges.

    Kein Wunder, denn dies war nur eines der verabredeten Zeichen.

    Rasch luden die Rotwelschen das Boot ab und machten sich dann auf in die Dunkelheit.

    "Verdammt." murmelte Khavita, während sie selbst die kleine Kiste an sich nahm "Gerade jetzt müssen diese Wachmänner auftauchen."

    Der Bootsmann legte gerade ab, als er von einem Bolzen getroffen wurde und ins Wasser stürzte.

    Das kleine Boot bekam daraufhin Schräglage und drohte umzukippen.

    Der Hochelfe war dies egal, sie wusste, das nun der Zeitpunkt für Flucht gekommen war.

    Sie rannte davon und als sie sich umdrehte sah sie, das es einige ihrer Kumpanen erwischt hatte.

    Denn die Stadtwache kam gerade den Aufgang zur Brücke hinunter und kesselte die Rotwelschen ein.

    Während Khavita um eine Ecke in die rettende Düsternis bog, sah sie, wie einer der Offiziere der Stadtwache die Gefangenen mit einem Schriftstück verglich.

    "Sie suchen jemanden ..." murmelte die Gespielin des Bettlerkönigs "Wir haben also eine Schwachstelle, das wird Gringoire interessiern."

    Sie verschwand dann in der Dunkelheit der Gasse, glücklicherweise von keinem der Soldaten bemerkt.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 21.01.2008, 17:55


    Tanz der Klinge

    Die Menge jubelte noch immer.

    Noch minutenlang nachdem Jiliessira ihren Auftritt abgeschlossen hatte, rief das Publikum nach einer Zugabe.

    Doch es bekam nicht, nach was es verlangte, denn der Programm-Plan musste eingehalten werden.

    Die Vorführungen der Samekhs waren ein gut ausgeklügelstes Programm, das die Zuschauer den gesammten Abend begleiten sollte.

    Auch Lucheni war noch hell auf begeistert und fiehl immer wieder mit in die Zugabe-Rufe ein.

    "Bravissimo!" rief er, während er klatschte und pfiff.
    Dann beugte sich der Hochelf zu dem ihm nächsten Zuschauer "Sagt mal, wann kommt denn Tjalisie die Klingentänzerin?"

    Diese Frage brannte ihm geradezu unter den Fingernägeln.

    So konnte er es vor Verlangen und Sehnsucht garnicht erwarten ihren Auftritt zu sehen, der in seiner Vorstellung sowieso viel besser sein musste, als der Tanz der Seherin.

    "Wie? Ah, die werden nun kommen laut Programm." grinste der Mann neben ihm freudig.

    Vor ihm stand ein kleines Mädchen, sie hatte die Augen noch gebannt auf das Podest gerichtet von dem sich nun die drei Rotwelschen entfernten und die nächsten Schausteller aufliefen.

    "Oh, wie wunderbar!" lachte Lucheni und sah wieder gebannt nach vorn, nun endlich sollte seine Angebetete auftretetn, er wollte es scheinbar ganz und gar in sich aufnehmen.

    Kurz huschte sein Blick über das Mädchen "Na Kleines? Willst du besser sehen?"
    Er deutete auf seinen Arm und grinste breit und freundlich.

    Der Blick des Mädchens haftete sofort auf dem Elfen, dann nickte sie eifrig und schaute fragend zu dem Mann hinter ihr, scheinbar ihr Vater.

    "Wenn es euch keine Umstände macht." lächelte dieser etwas verlegen.

    "Nicht doch." wunk Lucheni lachend ab und hob die Kleine auf seine Schulter.

    "Für die kleine Lady tue ich das doch gern. Stets zu Diensten MyLady." er zwinkerte dem Mädchen vergnügt zu, während er sie kurz ein wenig rückte damit sie besser sitzen konnte.

    Jenes Mädchen lachte kurz leise und verlegen auf, dann schaute sie wieder zur Bühne, wo die Tänzerinen nun aufgelaufen waren.

    Es waren wieder die - wie der einfache Bürger sagen würde - typischen Rotwelschinen.

    Wahre, exotische Schönheiten in bunten und aufreizenden Gewändern, die nun auf der Bühne Stellung bezogen und scheinbar noch ein paar kleine Absprachen trafen.

    Lucheni sah nun auch wieder nach vorne.
    Er suchte die Anwesenden nach Tjalisie ab.

    Dabei hatte er einen Gesichtsausdruck wie ein kleiner Junge, der nach Süßigkeiten ausschau hielt.

    Tjalisie war schnell gefunden.
    Sie stand rechts außen, wohl aufgrund ihrer Größe und der Beschaffenheit der kommenden Aufführung.

    Denn jede der Aufführungen und Tänze war ins kleinste Detail ausgearbeitet und erforderte ein hohes Maß an Genauigkeit und stete Übung.
    Jeder musste seinen Platz und seine Aufgabe genauestens kennen.

    Die Klingentänzerin trug wieder ein verführerisches Kleid, das viel zeigte und die Phantasie der Zuschauer wecken sollte.

    Und Phantasie, das hatte Lucheni wahrlich mehr als genug, weshalb sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht abspiegelte.

    Dann hörte man den Klang einer Trompete, die ankündigte das das Schauspiel nun beginnen würde.

    Lucheni wunk der Klingentänzerin kurz aufgeregt zu, was diese jedoch nicht bemerkte oder nicht bemerken wollte und flüsterte zu dem Mädchen auf seinen Schultern.

    "Siehst du die das rechts? Das ist die wunderschönste Frau der Welt! Meine Tjalisie!" sagte er stolz und verträumt, als wären sie schon jahrelang ein Paar.

    Das Mädchen sah daraufhin neugierig zu der Klingentänzerin hin, doch wurde ihr Blick dann abgelenkt.

    Denn der Tanz begann nun plötzlich und unvermittelt und war kurz darauf schon so schnell, als hätten sie schon eine Weile so getanzt und wären mitten in der Aufführung.

    Lucheni grinste über beide Ohren.
    So wie die Augen des Richters auf der Seherin gelegen hatten, so lagen nun seine an der Klingentänzerin.

    Stadtvogt Claude schien derweil das Interesse verloren zu haben und seine Augen hatten nun nur noch einen angewiderten Ausdruck, als würde er Schweinen dabei zusehen, wie sie sich im Dreck suhlten.

    Flink und filigran mutete der Tanz nun an.

    Die Tänzerinen zogen die Säbel, die sie an den Seiten trugen und begannen diese im Potpurri ihrer Bewegungen zu verwenden.

    Die Schritfolge des Tanzes selbst war eigentümlich und so mutete das Treiben auf der Bühne fast wie ein einstudierter, schneller und musikalisch unterlegter Kampf an.

    Doch keine Klinge berührte dabei die Andere, kein Laut außer das Surren der Schwerter durch die Luft war zu vernehmen neben der Musik, die treibend und fremdartig klang.

    Lucheni´s Gesicht spiegelte vollkommene Faszination und Begeisterung wieder, während er immer mal wieder pfiff oder jubelte.

    Dieses Schauspiel war für ihn atemberaubend, nicht nur die Schönheit Tjalisie´s begeisterte ihn, sondern auch die gesammte Atmosphäre.

    Das Publikum starrte gerade zu vor Ehrfurcht auf die Bühne und diese Bewunderung war genau das, was er als Schausteller und Narr auch erreichen wollte.

    Auch wenn der Tanz nun schon sehr schnell war, so wurde er sogar noch etwas schneller.

    Die Schwerter wurden nun geworfen in beängstigenden Schwüngen, das das Publikum immer wieder den Atem anhielt wenn eine Klinge auf eine Frau zusauste die sich gerade im Takt drehte.

    Lucheni schluckte angstvoll, als dies auf Tjalisie zutraf.
    Rasch wisperte er ein kurzes Schutzgebet an das Licht und ließ dafür für einen Augenblick das Mädchen auf seiner Schulter los.

    Die Kleine sah deshalb kurz verdutzt auf ihn herab, doch war die Neugierde zu groß und so sah sie dann wieder auf die Bühne.
    Auch sie schluckte ab und an schwer als es gefährlich schien, scheinbar vom Narren angesteckt.

    Lucheni sah kurz hoch zu ihr und grinste "Sie schafft es schon." und zwinkerte, sah dann aber selbst wieder gespannt und mit angehaltenem Atem auf die Bühne.

    Die Trommeln, die den Tanz unterlegten wurden schneller.

    Die Klingen wurden in die Luft geworfen, ehe sie die geschickten Hände der Frauen wieder auf fingen.
    Sie gingen dabei in eine kniende Haltung und wendeten ihre Gesichter den Zuschauern zu.

    Lucheni zog die Luft an, als das Schwert auf Tjalisie herniedersauste und suchte ihren Blick.

    Die Klingentänzerin blickte in die Menge.
    Das Gesicht - wie das der anderen Tänzerinen - wirkte fröhlich, doch die ihrer Zunft wussten wie anstrengend dies alles war.

    Dennoch fing sie das Schwert wie einstudiert auf und für den unbedarften Schaulustigen wirkte es wie das Einfachste der Welt.

    Lucheni lächelte erleichtert und rief jubelnd ihren Namen, während er das Mädchen auf seiner Schulter etwas neckisch wippeln ließ.

    Sein Jubeln und das kreischende Lachen des Mädchens gingen unter in dem tosenden Beifall der Menge, die nun ihre Begeisterung für die Vorführung lautstark verkündete.

    Er sah zum Mädchen auf "Ich muss dich mal runter lassen. Ich will zu ihr!"
    Dann sah er jedoch neugierig zum Vater des Kindes "Oder was kommt als Nächstes?"

    Der Mann schüttelte leicht den Kopf.
    "Nein für heut Abend war es das. Danke euch." sagte der Vater lächelnd als Lucheni die Kleine herrunter ließ.
    "Ja danke dir." sagte die Kleine freudestrahlend.

    Lucheni kicherte und wuschelte dem Mädchen dann durchs Haar.
    Er zog aus seinem Korb eine Sonnenblume und reichte sie ihr.

    "Hier für dich junge Lady. Und meld dich mal beim alten Lucheni, wenn du 18 bist." er zwinkerte vergnügt, während der Vater ihm einen missmutigen Blick zuwarf.

    "Hui, danke dir Onkelchen!" lachte die Kleine freudestrahlend.

    Währenddessen ebbte die Menge um das Podest herum langsam ab.
    Nun da das Rahmenprogramm vorbei war, öffneten die meisten Buden und kleinen Unterhaltungen.

    Die Musik spielte nun einfachere Melodien, zu denen auch das einfache Volk leicht tanzen konnte.
    Während einzelne Rotwelschen und Schausteller sich unter die Bürger mischten und sie mit kleinen Darbietungen bei Laune hielten.

    Lucheni fing wieder an zu summen, nahm seinen Korb fester und suchte in der Menge nach Tjalisie um zu ihr zu gelangen.

    Jetzt nach dieser beeindruckenden Vorstellung nur noch mehr angestachelt, diese Frau für sich zu gewinnen.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 22.01.2008, 18:38


    Das Ende des Festes

    Mit kalten Augen sah er sich um.

    Sein Blick fiehl auf belustigte Bürger, auf Rotwelschen in bunten Kostümen und auf Tänzerinen in hinreisenden Gewanden.

    Er sah Feuerspucker, Schwertschlucker, Jongleure und Narren.

    Er sah die Betrukenen, die durch die Menge wankten und sich an den Ecken der bunten Buden übergaben.

    Er sah Randalen, die von der Stadtwache aufgelöst wurden und er sah Paare, die sich ihrer Lust viel zu offensichtlich in aller Öffentlichkeit hingaben.

    Und das alles ... es widerte ihn an.

    Überall wohin er blickte sah er Sünde, Schuld und Pflichtvergessenheit.

    Und jede Sekunde konnte diese Situation eskalieren.

    Ein lasziver Blick konnte schnell zu einer Vergewaltigung führen, ein falsches Wort zum Todschlag und so mancher hatte dem Alkohol schon so zugesprochen, das er tot umgefallen war.

    Mit den Augen eines wachenden Wolfes, der über sein missratenes Rudel blickte sah Claude über die Masse.
    Nur hin und wieder sprach er ein Wort mit den anderen hohen Häuptern, war es doch seine Pflicht hier wachsam zu sein.

    Doch gleitete sein Gedanke immer wieder zum Tanz mit dem Feuer ab.
    Rasch schüttelte er den Kopf um wieder Herr seiner Sinne zu werden.

    Doch dann erhob er sich und verließ das Podium der Adligen.

    Derweil hatten die Tänzerinen, die gerade auf der Bühne gestanden waren ein Zelt etwas abseits erreicht.

    Es diente wohl dazu sich zu entspannen und die Frauen redeten fröhlich und tranken etwas um wieder zu Kräften zu kommen.

    Lucheni, der sich gerade durch Massen von Schaulustigen hindurchquetschte hatte das Zelt bereits erspäht.

    Sofort wurde es zum Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit, denn er vermutete Tjalisie darin und so kam er beschwingt darauf zu und wollte einfach ungeniert hinein treten.

    Eine der Damen kam nun aus dem Zelt heraus und lief fast in ihn hinein.
    "Wie? Moment! ihr könnt doch nicht einfach hier reinlaufen!" sagte sie aufgebracht.

    "Nicht? Ist da ein Schutzzauber um das Zelt?" runzelte Lucheni die Stirn und grinste dann breit und schelmisch.
    "Und keine Sorge, diese paar Schritte sind auch nicht zu viel für meine Beine, auch wenn ich heute schon viel gelaufen bin."

    "Ihr werdet da nun nicht hinein gehen!" Wiederholte die Tänzerin ihre Worte.
    "Ganz einfach aus dem Grund, da sich die Damen umziehen." Sie verschränkte die Arme und baute sich vor dem Zelt auf, scheinbar bereit alles zu tun um die Privatsphäre der Samekh-Damen zu schützen.

    Lucheni grinste schelmisch und sah kurz an ihr vorbei, aufgrund des Zeltstoffes natürlich nichts erblicken könnend.

    Dann sah er betont ernst zu der Tänzerin "Oh, verzeiht holde Maid. Wie konnte ich Narr nur so blind sein! ich werde dann hier warten."
    Er setzte sich unvermittelt neben das Zelt und sah zu der Tänzerin auf.

    Jene hob eine Augenbraue, bewegte sich aber nicht vom Posten.
    Im Inneren des Zeltes konnte man derweil die Tänzerinen tratschen hören, doch konnte Lucheni nicht verstehen, über was sie sich unterhielten.

    Als der Hochelf bemerkte, das lauschen sinnlos war, blickte er wieder grinsend auf, doch erstarb das Grinsen beinah augenblicklich.

    Richter Claude trat mit zwei Wachen heran und Lucheni blickte sich panisch um.

    An Flucht war nicht zu denken, dafür kam der Stadtvogt zu schnell näher, doch bisher hatte er ihn wohl glücklicherweise noch nicht entdeckt.

    Als seine Augen sich suchend umwandten erblickte der Narr auf dem Boden ein Stück bunten Stoffes.
    Rasch wickelte er es sich um den Kopf, und zog es sich tief ins Gesicht, bis er eine Art Turban auf seinem Haupt hatte.

    Der Richter und auch die Wachen würdigten ihn beim vorbeigehen keines Blickes, Claude´s Schritte führten ihn direkt zum Zelt.

    Die Tänzerin an dem Zelt blinzelte den Wolf an.
    "Was führt euch hierher Richter?" fragte sie unverdrossen.

    Claude sah nun kurz herablassend auf Lucheni, den er wohl nicht erkannte und für einen Bettler hielt.
    "Ich wollte nur Jiliessira für ihren Auftritt gratulieren."

    Der Richter hielt kurz inne und schien sich seine Worte zu überlegen "Er war... durchaus... sehenswert."
    Der Richter räusperte sich "Die Anderen ... waren wie immer ..."

    "Ich werde es ihr ausrichten." lächelte die Tänzerin und stand weiterhin in der Türe.
    "Oder wollt ihr noch etwas warten, bis sie sich umgezogen hat?"

    Die Wachen grinsten leicht und Lucheni lugte mit einem funkelnden Blick unter dem Turban hervor.
    Er empfand dieses Gespräch als durchaus sehr interessant.

    Claude jedoch schien das garnicht zu erheitern, er winkte die Wachen weg.
    "Hinfort ... ich brauche euch zur Zeit nicht." er strich sich kurz durch die Haare und wandte sich dann zur Tänzerin "Wie lange wird sie brauchen?"

    "Ich glaube nicht mehr lange." erwiederte die Tänzerin.

    Sie wendete leicht den Kopf zur Seite als lausche sie den Gesprächen im Zelt, dann ging sie etwas zur Seite ehe ihr jemand ins Kreuz rannte.

    Denn eine andere Tänzerin trat grade heraus.
    Sie stutze als sie den Richter sah, unterdrückte mit ihrer Hand einen Schrei und machte dann rasch wieder kehrt.

    Claude hob eine Augenbraue als der Vorhang des Zeltes aufgeschlagen wurde, doch vermied er es ins Innere zu sehen, das gebietete ihm Wohl sein Anstand.

    Lucheni wurde die Sache derweil zu heikel.
    Er rutschte etwas vom Richter weg, doch lenkte er damit die Aufmerksamkeit des Stadtvogtes auf sich.

    Claude sah ihn finster an, nun seine gesammte Aufmerksamkeit auf Lucheni fokussierend.

    Der Narr spürte den durchbohrenden Blick des Richters und währe fast eingeknickt.

    "Du da!" schrie Claude herrisch "Elender Lump! Betteln ist verboten!"

    "Der gehört zu uns." sagte die Tänzerin sofort.
    "Hat die Blattern, deswegen das Tuch. Ehe er Andre verschreckt."

    Lucheni atmete erleichtert durch, denn der Richter wandte sich an die Tänzerin.
    Doch konnte er nichts mehr entgegnen, denn in diesem Moment trat die Seherin heraus.

    Die Augen des Richters weiteten sich, als er die Feuertänzerin sah und er neigte leicht den Kopf "Jiliessira. Eine faszinierende Darbietung ..."

    "So wie es meine Aufgabe ist." entgegnete sie und sah nicht sehr überrascht aus, den Richter zu sehen.

    "Aber wie kommt man zu der Ehre?" fragte sie ihn dann stirnrunzelnd.

    Der Richter strich sich wieder druchs Haar, er wirkte etwas unsicher.
    "Gehen wir doch ein Stück ..." sagte er und ergriff sie sanft am Arm, sie mit sich ziehend.

    Kurz, kaum merklich, hob Jiliessira eine Braue, doch sie folgte ohne Widerstreben.

    Kaum waren die Beiden weit genug weg, hob die Wächterin des Zeltes wieder ihre Stimme "Das wird ein Fiasko..."
    Eine andere Tänzerin blickten nun aus dem Zelt "Wem sagst du das... Der Kerl nervt."

    Lucheni kicherte und erhob sich wieder, er wickelte dabei den Turban wieder ab und schüttelte kurz seinen Kopf.

    Dann beugte er sich zu der Tänzerin die das Zelt bewacht hatte und küsste sie rasch und flüchtig verspielt auf die Wange "Danke für die Hilfe!"

    "Was...?" sie fasste sich verdutzt an die Wange, versuchte dann nach seinem Hintern zu treten.

    "Kusch dich ehe der dich wirklich noch erwischt." und als ob diese Worte ein Omen gewesen wären kamen in diesem Moment zwei Wachen in ihre Richtung.

    Lucheni hatte dies noch garnicht bemerkt, da zogen die Tänzerinen ihn einfach ins Zelt hinein.

    Lucheni quickte kurz erschrocken auf und polterte dann ins Zelt.

    Einige der herumhängenden bunten Stoffe hatten sich beim Hereinfallen um seinen Körper geschmiegt.
    Seine Ohren zuckten leicht, als er sich im Zelt umsah und unter den Stoffen konnte man sein typisches Grinsen erkennen.

    "Stopf ihn in das eine da drüben!" herrschte eine der Tänzerinen raunend zu einer Anderen.

    Geübte Hände begannen nun also ihn zu entkleiden und ihn danach rasch in eine Tanzrobe zu stecken, welche aber eher nach aufgeregten Tänzen getragen wurde und daher geschlossener als die anderen war und gut verdeckte.

    Lucheni stotterte zwar "Mo ... mo ... momomoment!" doch konnte er sich der vielen Hände nicht erwehren.

    Sein Gesicht zeigte nun nicht mehr das gewohnte Grinsen, sondern ein durchaus unerfreutes Grummeln.
    Dies lies ihn sofort älter und ernster erscheinen als sonst.

    Er wurde ruckartig vom Zelteingang weggedreht, so das man nur seinen Rücken sehen konnte.

    Die beiden Wachen schauten gerade hinein und einige der Tänzerinen eilten sofort zu ihnen.

    Die Wachen grinsten und eine sagte "Routine Durchsuchung die Damen!" Der Zweite murmelte zu sich selbst "Warum soll nur der Richter seinen Spaß haben?"

    Die Tänzerin nahe Lucheni wisperte ihm rasch etwas zu "Spiel mit, wenn dir dein Kopf etwas wert ist..."
    Dann lächelte auch sie den Wachen zu.

    Die Frauen wirkten irritierend aufgeheitert, sie umschwirrten die beiden Wachmänner, was diesen natürlich ausgesprochen gut gefiehl.

    Lucheni grummelte noch einmal kurz, dann drehte er sich um und ging mit einem betont ausladenden Hüftschwung auf einen der Wachmänner zu.

    "Na mein Hübscher?" säuselte er mit einer irritierend hohen Stimme.

    Die Wachmänner waren derweil scheinbar mehr als zufrieden mit der Situation und ließen sich gerne umschwirren.

    Eine der Tänzerinen schlich sich derweil nach draußen.
    Es war Tjalisie selbst gewesen. Sie schien von dem ganzen nicht allzuviel zu halten.

    Lucheni bemerkte dies und grinste nun wieder gewohnt breit unter den ausladenden Schleiern.

    Er kam näher zu einem der Wachmänner und säuselte "Ich muss leider Süßer!"
    Gab ihm daraufhin einen Kuss und huschte dann an dem verdutzten Soldaten vorbei nach draußen, der Klingentänzerin hinterher.

    Kurz glucksten die anderen Frauen und umsäuselten die Wachmänner rasch wieder wie vorher, um sie von den anderen Zwein ab zu lenken.

    Tjalisie indess atmete draußen erleichtert auf, als sie einige Schritte vom Zelt entfernt stand.

    Lucheni hatte sich beim hinauslaufen seinen Korb geschnappt und trat zu ihr.
    Er zog die Schleier etwas vom Gesicht, behielt die Maskerade jedoch noch aufrecht.

    "Ich bin wahrlich vom Glück verfolgt, niedergeschlagen und ergriffen. Wenn so schöne Frauen sich um mich sorgen. Und die Schönste von allen obendrein."
    Grinste er vergnügt, als er die Stimme hob.

    Rasch wandte sie sich ihm zu, dann rollte sie mit den Augen als sie ihn erkannte "Du schon wieder. Sag mal, findest du das nicht etwas arg gefährlich was du hier machst?"

    Er kicherte amüsiert und lehnte sich etwas zu ihr "Gefährlich? Ja! Dumm? Vielleicht! Waghalsig? Ohne Zweifel! Und unvermeidlich ... auf jeden Fall! Denn seht, wie die Motte vom Licht, werde ich von euch angezogen."
    Er zwinkerte närrisch als er dies sagte.

    Rasch glitt ihre Hand an seinen Kragen, hob ihn sogar etwas an "Ich weis nicht wer du bist. Aber dein Geschwätz geht mir grad eher auf die Nerven als das es..."
    Sie überlegte kurz die nächsten Worte "...förderlich wäre für gute Laune. Also rede normal." damit lies sie ihn los und blickte ihn abwartend an.

    Lucheni´s Grinsen wurde zu einem sanften Lächeln.

    Ein seltsamer Ausdruck, denn nun sah er nicht mehr aus wie ein Narr, sondern eher wie ein Barde, der an Königshöfen aufspielt.

    Er zog sich die Schleier vom Kopf und schlüpfte aus der Kleidung, die ihm vorhin übergeworfen worden waren.
    "Aber sollte man nicht gerade albern sein, wenn die Wahrheit um einen herum grau und dunkel ist?"

    Nun blickte sie ihn offen verwundert an.
    "Bist du dir eigentlich bewusst wen du hier anhimmelst?" fragte sie ihn nun rundheraus.

    Er hob beide Augenbrauen und lächelte wieder etwas breiter, jedoch noch süßlich und nicht närrisch.
    "Ehrlich gesagt .. nein. Ich weiß so gut wie nichts, über euch. Eure Art. Euer Leben. Doch ... weiß ich eins. Das ich nur an euch denken kann."

    Er zwinkerte wieder ehe er fortfuhr "Und normalerweise gehen mir tausende von verrückten und wahnsinnigen Dingen durch den Kopf!"

    "Das glaube ich euch auf Anhieb." sie seufzte, als wäre dies alles eine Prüfung für sie.

    "Kommt mit. Dann seht ihr wer ich bin." damit schritt sie schnellen Schrittes von dannen, etwas hielt sie dabei im Stoff an ihrer Seite gewickelt, doch konnte Lucheni nicht erkennen, was es war.

    Der Hochelf sah kurz nach links und rechts, als wollte er sich vergewissern, das sie auch wirklich ihn meinte.

    Wieder kam das närrische Grinsen auf seine Züge, als würde er wieder eine Maske anlegen.

    Er drückte den Korb leicht unter den letzten der Stoffe, den er noch über seiner normalen Kleidung trug und folgte Tjalisie auf dem Fuße, durch das Gewirr von Stimmen und Leuten.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 23.01.2008, 21:25


    Ein Abendspaziergang

    Der Abend war angenehm mild für die Jahreszeit.

    Und die Lichter des Festes und der Stadt erleuchteten das Umland Dalarans in einem sanften Schein.

    Hier in diesem Teil des Festplatzes war es ruhiger, denn die Bürger und Rotwelschen entfernten sich von hier und ließen die Buden allein und verlassen zurück.

    Der Grund dafür war offensichtlich:
    Denn hier ging der Richter mit der Seherin durch das Volksfest spazieren.

    Auch wenn die Initative für diesen kleinen Ausflug von Claude ausgegangen war, so stellte er wieder sein dunkles und kaltes Gesicht zur Schau.

    Auch hatte er bisher nur wenig gesprochen, als würde er über etwas nachdenken.

    Ruhigen Schrittes war Jiliessira bisher an seiner Seite gegangen, doch ihren Arm hatte er nach wie vor nicht los gelassen.

    "Darf man erfahren was diese `Entführung´ soll?" schmunzelte sie leise und lächelte ihn dabei an.

    Claude räusperte sich kurz und ließ dann ihren Arm los "Ich wollte mit euch reden .. über eure Aufführung."

    Er versuchte ihr neutral zu zu nicken, doch zeigte sein Blick nur wieder die gewohnte Verachtung.

    "Hm... Ja ihr fandet sie wohl zu unsittlich." sagte sie und hob dabei leicht die Augenbrauen was ihre Augen noch besser zur Geltung brachte.

    Der Richter sah ihr einen Augenblick tief in die Augen, als wäre er davon gefesselt, ehe er sich leicht abwandte.

    "Ja ... sie war .. aufreizend." stellte er mit Missbilligung fest.
    "Das weckt die dunklen Gelüste bei schwachen Individuuen. Meine Aufgabe ist es, die Bürger der Stadt vor soetwas zu schützen!"

    "Ja das sagtet ihr bereits." entgegnete die Seherin.
    "Doch ist an dem Tanz nichts gewesen, das auf den Beischlaf hindeutete." sie sprach dies in einem sehr kühlen und neutralen Ton aus.

    Claude jedoch sah das mehr als anders.

    Da er Worte als nicht ausreichend für die Erklärung betrachtete, gestikulierte er heftig mit den Armen.
    "Aber eure Bewegungen. Der Augenkontakt. All das ... ihr wisst doch selbst, wie die Herren der Schöpfung über euch reden!"

    Fuhr er fort, während sie langsam an den Rand des Geländes und der bunten Aufbauten kamen.

    Sie seufzte nun leise "Sorgt ihr euch etwa um mich wehrter Richter?"
    Jiliessira sah ihn etwas verblüfft an, während sie neben ihm lief.

    Der Stadtvogt strauchelte kurz im Schritt und brauchte eine Weile, bis er wieder im Takt mit ihr lief.
    Dann räusperte er sich wiederholt "Ich finde es nur ... unhaltbar, das so über eine Dame geredet wird."

    "Wehrter Richter." begann die Tänzerin mit melodischer Stimme "Es ist mir einerlei, wie die Leute über mich reden. Ihr selbst wisst, das an den verwerflichen Gerüchten nichts dran ist."

    Der Richter nickte nur kurz missmutig, als würde er sich nicht gern selbst eingestehen, das er genauso dachte.

    "Bei eurem Tanz ist mir jedoch etwas aufgefallen ..." Claude sah sie nicht an als er dies sagte.
    "Seit 15 Jahren sehe ich euch jährlich .. und ihr scheint nicht zu altern."
    Stellte er kühl und ohne Überraschung in der Stimme fest.

    "Ihr wisst wir nutzen Magie bei uns." Jiliessira sprach weiterhin ruhig, lies sich von seiner Frage scheinbar nicht aus der Ruhe bringen.
    "Und eine alte Frau auf dem Tanzparket sorgt nicht für das gleiche, wie eine Junge." lächelte sie sachte.

    Der Stadtvogt sah sie daraufhin wie einen verurteilten Verbrecher an, seine Miene war wieder eine Spur kälter geworden.

    "Manche könnten das als Hexerei bezeichnen." meinte der Richter kühl und scharf, fügte dann aber rasch hinzu "Was ich bei euch aber nicht annehme ..."
    Er hielt kurz inne und seine Worte wurden herrischer "... noch nicht."

    "Wir nutzen so etwas nicht." entgegnete sie in einem resoluten Ton.
    "Es wäre gegen unsre Natur etwas so zerstörerisches zu nutzen. Denkt daran wir sind Künstler."

    "Künstler ..." er sprach dieses Wort seltsam aus.
    Als hätte dieser Begriff etwas unheilvolles, wenn er mit Rotwelschen in Verbindung gebracht wurde.

    Während sie gelaufen waren, hatten sie den Rand des Volksfestes erreicht.
    Hinter ihnen erhob sich die Stadt mit ihren Lichtern und vor ihnen das Umland mit seinen einzelnen Gehöften, die am Abend still und schweigsam anmuteten.

    "Kommt, gehen wir noch ein Stück." Diese Aussage des Richters hatte den Ton, als würde er sie wahrlich fragen und nicht befehlen.
    Sachte nickte sie "Gern."

    "Und ja Künstler." griff Jiliessira das Thema wieder auf.
    "Ich weis nicht, was ihr euch drunter vorstellt."

    Sie gingen weiter, nun ins Umland und in den Sonnenuntergang hinein.
    Es war ein fast surrealer Anblick, als die Sonne am Horitzont den Boden berührte und sich die wenigen Bauernhäuser im roten Schein des sinkenden Gestirns abhoben.

    Claude machte ein paar ausschweifende Gesten, als er erklärte, den Sonnenuntergang wohl garnicht bemerkend.

    "Ein Künstler ist ein Bildhauer, der Skulpturen für einen Palast anfertgt. Ein Maler, der ein Kirchenschiff bemalt. Ein Architekt, der ein Theater entwirft." stellte er fest.
    "Eben etwas ..." er hielt kurz inne "...ehrenvolles."

    "Künstler sind auch Musiker und Tänzer. Wir müssen schließlich auch nachdenken was wir machen." gab die Seherin zu bedenken.

    Sie kamen nun zu einem niedergebrannten Gehöft, es schien einstmals eine Mühle gewesen zu sein, doch war nur wenig davon geblieben.

    Der Richter sah sich kurz um und ging dann zielstrebig darauf zu.

    "Künstler müssen nicht wie die Schweine wohnen und ohne festes Dach über dem Kopf herumreisen wie die Wilden." Setzte er seine Definition von Künstlern fort.
    "Wahre Künstler ..." er sah Jiliessira dabei an, als würde er über sie sprechen "Haben Besseres verdient."

    "Es gibt Künstler die haben kein Dach zu Lebzeiten über den Kopf gehabt. Die wurden erst nach ihrem Tot bekannt." konterte die Tänzerin selbtsicher.

    "Ein Punkt für euch ..." knirschte der Stadtvogt mit dem Zähnen und trat in die Bauernhaus-Barracke.
    Alles sah so aus, als wäre es schon seit Jahren zerstört, so zerschlissen war der letzte Rest der Außenwand und so abgegriffen die wenigen noch intakten Steine.

    "Aber seid ihr wirklich zufrieden?" wandte sich der Stadtvogt wieder an seine Begleiterin.

    "Wäre ich es nicht. Würde mein Tanz dann noch beim Publikum ankommen?" fragte sie ihn lächelnd.

    Der Richter schien fast von dem Lächeln erdrückt zu werden.
    Geistesabwesend schritt er an den alten verkohlten Kamin der ehemaligen Wohnstube und strich leicht mit seinen Fingern darüber.

    "Nun ... ja ... vielleicht." gab er widerwillig zu.
    "Ihr scheint es ja mit Leib und Seele zu tun." wobei der das Wort `Leib´energischer betonte, als das Wort `Seele´.

    "Würde ich es nicht gerne tun, könnte ich meine Arbeit auch nicht so gut machen." schmunzelte sie nun vergnügt.

    "Ihr macht eure Arbeit ja auch gerne. Oder sehe ich das falsch?" fragte sie ihn offen heraus.

    Claude fror augenblicklich in der Bewegung ein, als wäre er von einem Geschoss getroffen worden.

    Nur langsam fuhr er mit dem Finger eine Einkerbung im Kamin nach.
    "Es MUSS getan werden." sagte er bestimmt und ohne Zweifel in seiner Stimme.
    "Jemand muss die Bürger der Stadt schützen. Es ist die vom Licht mir übertrage Pflicht."

    "Hm.. Also macht es euch keinen Spaß.. Was würdet ihr denn gerne tun?" die Feuertänzerin sah ihn unverwand an, als sie dies fragte.

    Der Richter schien kurz überfordert von dieser Frage, ehe er für einen Moment kurz lächelte, es war ein kaltes und freudloses Lächeln.

    "Ich habe nie etwas anderes getan .. immer gekämpft, als Soldat, als Beamter ... immer der Magiokratie gedient."
    Etwas leiser fügte er hinzu "Mein Vater ... er war Müller ... sagte immer, harte Arbeit kann man nicht mit Gold aufwiegen."

    "Also gibt es nichts das ihr gerne macht?" war die nächste Frage der Seherin, nun aber mit einem anderen, fast ungläubigen Ton.

    Claude schien sich wieder gefangen zu haben und machte nur eine abfällige Geste.
    "Freude und Lust führen nur zur Sünde. Und Sünde führt zu Verderben und Verderben zu Leid." Er sah sie wieder mit dem kalten Gesichtsausdruck an, seine Worte waren hart und er schien über die in ihnen wohnende Wahrheit fest überzeugt zu sein.

    "Freude führt nicht zwingend zur Sünde." widersprach die Tänzerin.
    "Man kann eine Arbeit nur wesentlich besser noch machen, wenn man auch Freude daran empfindet. Oder ist daran etwas falsches?" sie lächelte nun wieder engelsgleich.

    Er kam langsam auf sie zu und musterte sie "Ihr seid wirklich ungewöhnlich ... normalerweise sehe ich nur Angst in den Augen eurer Art, wenn sie mit mir sprechen."
    Er sagte das mit etwas wie Hochachtung in der Stimme.

    "Würde ich Angst empfinden, würdet ihr wohl denken ich verstecke das was ihr sucht oder?" gab sie lächelnd dagegen.

    "Wohl wahr .. wohl wahr ..." nickte der Stadtvogt und ging leicht um sie herum, wie ein Wolf der seine Beute betrachtet "Ihr seid sehr schlau für fahrendes Volk."
    Er blieb dann wieder vor ihr stehen und sah sie an "Ungewöhnlich ... in jeder erdenklichen Beziehung."

    "Wie man es nimmt. Wir haben Magier unter uns wie ihr an unsrer Darbietung immerzu sehen könnt. Soviel also zu dem Thema." Jiliessira folgte ihm nur mit den Augen, bewegte sich fast nicht, scheinbar auf das Thema nicht weiter eingehend wollend.

    "Dann will ich es ohne die Magie sehen!" sprach der Richter, doch schien er kurz über seine eigenen Worte zu staunen, als köntne er es nicht fassen, was er gerade gesagt hatte.

    Doch nickte er dann bestimmt "Tanzt für mich, hier und jetzt."

    Jiliessira´s Blick zeigte nun vollkommene Verblüfftheit, das hatte sie wohl nicht erwartet.
    "Tanzen? Hm, na gut, aber geht dann etwas auf Abstand.." sie wirkte nachdenklich, denn die Frage war nun, welchen Tanz sie genau vor der Nase des Wolfes verwenden sollte.

    Der Richter wirkte weder erfreut noch enttäuscht und ging etwas auf Abstand, die Arme vor der Brust verschränkend und sah dann zu ihr.

    Kurz lächelte sie, als sie für sich entschieden hatte, welcher Tanz es sein sollte.

    Sie wickelte ihr Schultertuch etwas ab, das gewohnt bunt und filigran war und begann dann langsam und rythmisch zu tanzen.

    Es war ein Tanz aus der ferne, exotisch und verführerisch, der auf wallenden und wiegenden rythmischen Bewegungen des Körpers beruhte.

    Die Rotwelschen wandten ihn oft an und aufgrund seiner Beschaffenheit, hatten ihm die normalen Bürger einen passenden Namen gegeben: Ein Bauchtanz.

    Der Richter schluckte leicht als sie begann, doch konnte - oder wollte - er seinen Blick nicht abwenden.
    Ganz im Gegenteil, folgten seine Augen jeder ihrer Bewegungen gebannt. Langsam ließ er die Hände sinken.

    Dann schlug der Tanz um.
    Er wurde schneller und schwungvoller und Jiliessira betonte ihre fließenden Bewegungen noch mehr.
    Dabei lächelte sie den Richter unentwegt an.

    Claude kam bei dem schwungvolleren Tanz einen Schritt näher, als wollte er besser sehen können.
    Er richtete sich den Kragen seines engen Gewandes, als könnte er fast nicht atmen und folgte weiterhin - scheinbar fasziniert - dem Tanz.

    Seine Augen schienen gar jede Faser ihres Körpers genau abzutasten und mit ihr im Takt des Tanzes zu schwingen.

    Jiliessira tanzte unbeirrt weiter.
    Und noch eine ganze Weile zogen ihre exotischen Bewegungen die Aufmerksamkeit des Stadtvogtes auf sich, bis sie abrupt vor ihm zum stehen kam.
    Ihre Kleidung schwenkte dabei noch leicht, bis auch sie zur Ruhe kam.

    Er schluckte wieder, als hätte er einen Kloß im Hals und ging rasch einen kleinen Schritt zurück.

    Es dauerte eine Weile, ehe er wieder aufrecht dastand "Ich ... ich denke ..."
    Er fuhr sich durchs Haar "Ohne Magie ist es ... noch ..."

    Claude suchte nach Worten und seine Augen verrieten Faszination, doch dann schwenkte sein Gemüt um.
    Er schüttelte den Kopf und erwiederte kalt "Noch verführender! Sündiger!"

    Nun hob sie wieder eine Augenbraue "Das ist der Dank dafür das man euch eine Bitte erfüllt?"
    Noch sprach die Seherin ruhig, aber verhaltener Zorn war schon in ihrer Stimme zu hören.

    Auch wenn er gerade sehr abwehrend und feindseelig geklungen hatte, so sprachen die Augen des Richters doch noch immer eine andere Sprache.

    Er musterte kurz ihr Schultertuch, das sie noch in Händen hielt und das sie ausgiebig bei dem verführerischen Tanz gebraucht hatte.
    "Und das nehme ich an mich!" sprach er herrisch und griff mit einer schnellen Geste danach.

    Wortlos überlies sie es ihm, ein kurzes wütendes Schnauben war die einzige Antwort.
    Dann drehte sie sich ruckartig herum und ging wieder zum Festplatz zurück.
    "Unverschämter...!" grollte sie dabei.

    Der Richter sah ihr nach, ehe er kurz das Tuch in seinen Händen sanft drückte und es dann in seiner prunkvollen Tracht verschwinden lies.

    Er eilte ihr dann nach und rief nun wieder im umgänglicheren Ton "Wartet!"

    Jiliessira ging jedoch schnurrstracks weiter, sich nich zu ihm umblickend. Blanke Wut konnte man nun in ihrem Gesicht lesen.

    Claude blieb stehen, als er erkannte, das er sie nicht mehr einholen würde.

    Wieder wurde sein Gesicht zornig, vielleicht auch etwas enttäuscht.
    "Bitte! Ganz wie ihr wollt!" rief er ihr schallend nach.

    Dann sah er wütend zu einem seiner Männer, der das Pech hatte, am Rand des Volksfestes Wache zu stehen.

    "Bring mir mein Pferd!" grollte der Stadtvogt "Und das Fest ist für heute beendet!"

    Und mit diesen Worten schickte der Richter nich nur die Bevölkerung zurück in die Stadt, sondern beendete auch den kleinen Abendspaziergang.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 25.01.2008, 17:40


    Rebellion

    Das Fest löste sich langsam auf.

    Der Richter hatte die Nachtruhe ausrufen lassen und nur widerwillig ließen sich die Feiernden vom Festplatz treiben.

    Danach begannen die Soldaten das Festgelände weiträumig zu umstellen, denn der Stadtvogt wollte die Schaustellerschar nicht aus den Augen lassen.

    Tjalisie und Lucheni blieb dieser Aufruhr verborgen.

    Sie hatten das Gelände des Festes bereits hinter sich gelassen und bewegten sich nun an der Stadtmauer Dalarans entlang.

    Hier unterhalb der steinernen Zinnen gab es nur sperrliches Licht von den Laternen innerhalb der Stadtgrenze, jedoch konnte man durch den Schein des Festes noch das Nötigste erkennen.

    Die Klingentänzerin ging eine Weile an der Mauer entlang, sie schien einen bestimmten Punkt im Mauerwerk zu suchen.

    Derweil hatte der Narr nur Augen für seine Angebetete.
    Nun war er mit ihr ganz allein im Dunklen und wieder spiegelte sich das hämische Grinsen auf seinem Gesicht ab.

    Dann hatte Tjalisie das gefunden, nach dem sie gesucht hatte.

    Der Mauerteil, an dem sie stehen geblieben war, unterschied sich nicht vom Rest der Mauer.
    Doch als sie zielsicher einen der Steine berührte gab es ein ächzendes Geräusch und ein kleiner Mauerteil fuhr etwas in die Wand hinein.

    Lucheni pfiff kurz überrascht, als die Klingentänzerin das Mauerstück leicht zur Seite schob und ein Eingang in die Katakomben zum Vorschein kam.

    Sie sah noch einmal hinter sich, um sich zu vergewissern, das nur der Narr bei ihr war und trat dann wortlos hinein.

    Lucheni sah sich nichtmal mehr um, rasch folgte er ihr hinein in den Untergrund.

    Nur langsam gewöhnten sich seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse und er stellte sich nah an Tjalisie um sie nicht zu verlieren.
    Obwohl es auch noch andere mannigfaltige Gründe gab, warum er ihre Nähe suchte.

    Kaum war der Hochelf neben sie getreten, schloss sich die Türe hinter ihm wie von Geisterhand.
    Die Klingentänzerin scherrte sich nicht darum, sondern schritt weiter.

    Sie entfernte ein wenig den Stoff um ihre Hüfte und legte etwas frei, dessen Metall beim Laufen leicht klirrte.

    Lucheni zuckte nur leicht mit den Ohren, als er das Geräusch vernahm, konnte sich aber wohl seinen Teil denken und ging nicht weiter darauf ein.

    Er bemühte sich stattdessen Schritt zu halten und blickte sich nur hin und wieder flüchtig um "Weitere Katakomben? Ist das ein Weg zum Sanktum der Wunder?"

    "Einer von den ewig vielen." gab Tjalisie ruhig von sich.

    Manchmal fiel ein schwacher Lichtschimmer durch eine der Rizzen der Decken und spiegelte sich leicht auf dem Metall an ihrer Hüfte.

    Lucheni konnte nun erkennen, das es zwei Dolche waren, die sie trug.
    Beide sehr kunstvoll und filigran gearbeitet.

    Lucheni grinste wieder schelmisch und kam etwas näher zu ihr.
    Nun wieder einen fast schon tänzelnden Schritt annehmend.

    Selbst in dieser Dunkelheit konnte er sich scheinbar filigran bewegen "Die wunderschöne Blume hat also auch Dornen? Wie schön!"
    Er lachte närrisch auf "Das macht den Reiz des Botaniker-Seins aus: Der Nervenkitzel."

    Sie blieb ruckartig stehen "Du solltest nicht so viel Mist erzählen! Sondern die Augen aufmachen."
    Sagte sie harsch zu ihm und spielte dabei auf zwei der Rotwelschenwächter an, die scheinbar unbemerkt an sie herangetreten waren.

    Tatsächlich hatte Lucheni sie nicht bemerkt, da er nur Augen für die Tänzerin gehabt hatte, doch kurz darauf grinste er wieder wie gewohnt.
    "Die Herren Rotwelschen! Schön euch zu sehen edle Diener des Buckligen."

    Eine der Wachen seufzte auf, als sie die Fremden musterte.
    "Der schon wieder ..." sagte er genervt zu Lucheni, ehe er sich der Samekh zuwandte "Die Wiesel? Welch seltene Gäste. Gringoire wird sicher erfreut sein. Der Boss erwartete euch schon."

    "Denke ich mir. Gibt es überhaupt Arbeit dieses Mal?" Tjalisie´s Schritt wirkte nun etwas seltsam, fast aggresiv als sie die Männer vor sich her schreiten ließ.

    Lucheni blieb erstmal ruhig, was für ihn sehr ungewöhnlich war, doch hingen seine Augen an der Tänzerin, während diese mit dem Rotwelschen sprach.

    "Genügend ..." begann dieser "Der Wolf wurde aufgeschreckt ..."

    Bei diesen Worten musste Lucheni unvermittelt an sein Zusammentreffen mit dem Stadtvogt denken und stockte kurz, schritt dann aber wieder normal weiter.

    "Ach der Herr Richter? Der klebt derzeit an den Lippen unsrer Seherin... Und wohl auch an andrem bei ihr." gab die Klingentänzerin trocken von sich.
    "Was tat er wieder?"

    Die Wachen lachten kurz auf "Jaja, eure Seherin ist ja auch ne verdammt geil..."
    Sie brachen im Satz ab, als sie zu Tjalisie sahen und wechslten dann rasch das Thema.
    "Er hat die Jagd verschärft ... unsere Ladungen in den Kanälen hat er abgefangen ... er scheint jemanden zu suchen."

    Die Nachrichten über die vereitelten Drogengeschäfte waren bereits ins Sanktum der Wunder galangt.
    Zwar waren die ausgeschickten Rotwelschen noch nicht zurück, doch war Gringoires Informationskette dicht genug um schon darüber informiert zu sein.

    "Wann sucht er mal nicht wen?" stellte die Samekh fest, ging jedoch nicht auf den Satz über Jiliessira ein.
    "Was meine Tante angeht. Die kann sich den Kerl gut vom Leibe halten." Ihr Blick wurde kurz seltsam als sie den Wachmann ansah "Ihr wisst ja wie sie mit Solchen... umgeht."

    Der Rotwelsche rieb sich in Gedanken die Wange, als würde sie schmerzen "Und wie ..."

    Doch Lucheni blieb bei Tjalisie´s Worten verblüfft stehen und seine Stimme hallte durch die Gänge "Tante?!"
    Erst jetzt hatte er begriffen, was dies bedeutete.

    Ein schwaches Grinsen zeigte sich auf den Zügen der Klingentänzerin, als sie hinter sich zu Lucheni blickte "Ja. Die Seherin ist die Zwillingsschwester meiner Mutter."
    Damit ging sie weiter.

    Der Rotwelsche, der bisher still gewesen war, kam zu Lucheni und klopfte ihm auf die Schulter "Hat sich gut gehalten was?" grinste er breit.
    Der Hochelf erwiederte das Grinsen auf die selbe Weise "Beim Licht .. und wie!"

    "Wenn man es so sehen mag. Ja." war der Kommentar der Tänzerin dazu, doch war der Klang ihrer Stimme dabei eigentümlich.

    Nun traten sie gemeinsam in das Sanktum der Wunder ein.

    Es war nicht soviel los wie sonst, denn viele Rotwelschen waren auf Beutetour oder noch auf dem Festgelände.
    Doch drangen dennoch die Geräusche und Gerüche von Tanz, Musik und Essen zu den Neuankömmlingen, während die bunten Aufbauten und die Wandvorhänge in ein sanftes Fackellicht eingehüllt waren.

    Voller Zwielicht und Schatten.

    Tjalisie sah sich mit etwas wie Abscheu im Blick um.
    Dies galt vorallem den sehr zweifelhaften Zünften, wie den Mördern und Hexern, die auf dem unterirdischen Platz herumstanden.

    Ihr Eintreffen wurde natürlich bemerkt und rasch kamen ein paar Rotwelschen auf sie zu, die scheinbar einstmals mit den Samekh´s gereist waren, ehe sie nach Dalaran gekommen waren.

    Gemeinsam machte sich die kleine Gesellschaft auf um den König der Bettler die Aufwartung zu machen.

    Als sie hinauf auf den hölzernen Balkon getreten waren, mussten die Schaulustigen und Lucheni etwas abseits bleiben, denn der Bucklige wollte scheinbar nur mit der Vertreterin der Samekh´s sprechen.

    "Schwester Schatten zum Gruße." war Tjalisie´s Grußformel gegenüber dem Gnom, wobei sie einen Spruch der Schurken und Diebe verwandte.

    Gringoire sah die Klingentänzerin fast schon spöttisch an, während er auf seinem Kissenthron saß und sich von seinen Gespielinen umschwärmen ließ.

    Khavita jedoch war nicht unter ihnen, scheinbar war die Hochelfe von ihrem Streifzug noch nicht zurückgekehrt.

    "Ah, die kleine Klingentänzerin." stellte der bucklige Gnom schmunzelnd fest.

    "Ihr seid ja immer noch von dem Weiberhaufen umringt." Gab auch Tjalisie spöttisch von sich.
    "Wie ich höre, macht der Richter noch schlimmeren Ärger als sonst?"

    "Allerdings." sagte der Bucklige "Er hat die Stadtwache verstärkt und sie patroullieren strenger. Jene die wir bestochen hatten, wurden gehängt."

    "Schlecht zu hören. Wollt ihr ihn immer noch nicht büßen lassen oder ist der Preis den wir wollten nun genehm?" ein seltsames Grinsen zierte ihre Lippen nun, als sie diesen Vorschlag zur Sprache brachte.

    Die Samekh´s waren nämlich - so wie Claude richtig vermutete - nicht nur einfache Schaustelle.
    Ihre Magie und ihre Waffenkünste waren mehr als reale Bedrohungen und als Assassinen hatten sich die Fürsten der Schausteller einen ebensolchen hohen Titel erworben.

    Der Bucklige verzog jedoch das Gesicht "Ihr Wiesel seid selbstsicher wie eh und je! Doch bedenkt, wie gefährlich dieser Irre ist!"
    Eine der Gespielinen nickte dazu "Wenn er diesen Unterschlupf findet, sind wir alle Tod!"

    "Es wird keiner merken, das einer von hier daran beteiligt war." beteuerte Tjalisie mit einer Verbeugung.
    "Ihr wisst das wir gut darin sind."

    "Und teuer!" bemerkte die menschliche Gespielin und der Bettlerkönig nickte bestätigend zu dieser Einschätzung, während sie weitersprach.
    "Zu teuer ... Geld wächst nicht auf Bäumen!"

    "Irgendwie muss man sich ja was verdienen. Aber ihr könnt auch weiter in Leben bezahlen und zusehen wie ihr diese Kosten wieder reinholt, die entstehen durch das Fehlen von Arbeitern." die Klingentänzerin sprach ruhig, fast etwas kokett.

    Gringoire beuchte sich leicht vor "Claude ist seit fast 15 Jahren unser schlimmster Verfolger ..." er seufzte und lehnte sich wieder zurück "... wenn ihr mir seinen Kopf bringt, dann werde ich euch bezahlen!"

    Lucheni und einige der Schaulustigen murmelten leicht, aufgrund dieses fragwürdigen Vorschlages.
    Tjalisie zuckte mit den Schultern und wandte sich schon halb ab "Dann also nicht. "

    "Moment." der Gnom erhob sich und schob damit eine Hand seiner Gespielin weg, man konnte sehen, das er leicht hinkte "Haben wir eine Garantie? Das es klappen würde?"

    "Ihr kennt unsre Arbeit! Wann haben wir jemals unser Wort nicht gehalten?" ihre Stimme klang nun scharf und schneidend durch den gesammten Raum.

    Einige der Rotwelschen zischten, andere nickten zustimmend.
    Vorallem die Gespielinen waren über den Ton der Tänzerin alles andere als erfreut.
    Lucheni dagegen hing geradezu an Tjalisie´s Lippen.

    Der Bettlerkönig schien zu überlegen "Na schön ... aber ich warne euch. Wenn ihr versagt, schlitze ich euch höchstpersönlich auf und schicke eure Tante an den Richter!"

    "Ihr wagt es uns zu drohen?" Tjalisie´s Stimme klang nach wie vor schneidend.
    "Ihr wisst was mit jenen passiert die uns drohen. Wehrtester."

    Lucheni runzelte die Stirn und wich leicht zurück, als die Rotwelschen ihre Säbel zogen und nach vorn traten.

    Der Gnom lachte auf "Und ihr seid in meinem Reich! In meiner Stadt! Vergesst ihr das nicht!"
    Auch die Gespielinen hatten aus den Stofffetzen - die zugegebener maßen schon recht wenige waren - Dolche gezogen.

    Leicht neigte die Klingentänzerin den Kopf nun "Dann sind hiermit alle Aufgerufen die jeh mit den Samkehs reisten!"

    Kaum waren die Worte gesprochen kamen einige aus der Menge der Schaulustigen soweit nach vorn, wie sie konnten.
    Ihre Blicke hafteten dabei auf dem Bettlerkönig.

    Gringoire sah sie böse an "Passt auf! Ihr wisst was bei der Revolte vor 20 Jahren passiert ist."

    Einer der Samekh-Treuen schrie darauf hin "Da wo ihr Narbengesicht verraten habt?"
    Einige Männer des Buckligen wollten schon zum Angriff übergehen und Lucheni kam zu Tjalisie "Du willst doch keinen Kampf anzetteln?"
    Er wirkte bei den Worten seltsam ernst.

    "Ich nicht aber er dort scheinbar." meinte seine Angebetete mit dem Blick zum Bettlerkönig.
    "Wir gehen. Sie brauchen uns scheinbar nicht mehr." damit kehrte sie Gringoire den Rücken zu.

    Gringoire schrie aufgebracht, als die Klingentänzerin und ihre Treuen die Stufen hinab vom Balkon nahmen.
    "Das werden die Samekhs noch büßen! Ich will mit eurem Oberhaupt reden!"
    Er sah den Verrätern nach "Und wehe einer von euch geht mit ihr!"

    Lucheni sah noch kurz zwischem dem Buckligen und der Tänzerin hin und her und lief ihr dann doch nach, meinte dann entschuldigend in Richtung des Bettlerkönigs "Die Liebe ..."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 27.01.2008, 18:37


    Der Befehl

    Gringoire war außer sich vor Zorn.

    "Diese elenden Samekhs!" spie er aus und zeriss wütend eines seiner Kissen.

    Die Gespielinen wichen rasch vor ihm zurück, denn sie wussten, das der Gnom in diesem Zustand schnell Köpfe rollen lies.

    "Sie erdreisten sich, sich mir zu wiedersetzen?!" kreischte er fast hysterisch "Mir?! Mir gehört diese Stadt!"

    "Boss ..." begann einer der Leibwächter, doch wurde er vom Bettlerkönig harsch im Satz unterbrochen.

    "Schnauze!" befal Gringoire "Diese Hure wird dafür büßen!"

    Es hatte in der langen Zeit von Gringoire´s Regentschaft schon einige Revolten gegeben.

    Manche wollten selbst das Zepter an sich reißen, andere wollten Unabhängigkeit und wieder andere wollten seine Tyrannei einfach beenden.

    Doch war es ihnen allen nicht gelungen, blutig und brutal hatte der Bucklige jeden Wiederstand gegen sich und sein Regime ausgemerzt.

    Schon lange fürchtete der Gnom die Samekhs als Unruhestifter, die seiner uneingeschränkten Macht ein Dorn im Auge sein könnten und nun war es tatsächlich offen zu einem Eklat gekommen.

    Dies konnte sich Gringoire nicht bieten lassen.
    Würde er Nachsicht zeigen und die Samekhs gewähren lassen, so würde er Schwäche zeigen, was noch mehr Revolten heraufbeschwören würde.

    Nein, er musste es im Keim ersticken.

    Im Geiste des Gnoms entwickelte sich ein finsterer Plan und langsam begann er wieder hässlich zu lächeln.

    Als seine Laune wieder etwas gehoben war, kam gerade Khavita mit ein paar Rotwelschen zurück.
    Die rothaarige Elfe sah etwas mitgenommen aus, schien jedoch ziemlich guter Dinge.

    "Tag Boss!" grinste sie und schlag ihren Arm um den Bettlerkönig, dieser schien dem Ganzen nicht abgeneigt.

    "Khavita mein Täubchen ... wie ich hörte ist die Lieferung abgefangen worden?" stellte der Bucklige fest.

    Die Gespielin mimte ein trauriges Gesicht und nickte leicht, unschuldig mutete sie dabei an "Ja Boss, tut mir leid. Aber wir haben dennoch einen Teil der Ladung retten können!"

    Sie grinste und hielt Gringoire eine kleine Schatulle entgegen, in der sich das kostbare Rauschgift befand.

    "Und ..." fügte sie dann zwinkernd hinzu "Die Wiesel machen Ärger?"

    Der Bettlerkönig nahm die Schatulle an sich und sagte trocken, während er sich den Inhalt besah "Ich werde mich schon darum kümmern mein Täubchen, sei da unbesorgt."

    "Ach da hab ich noch was Süßer!" säuselte die Hochelfe und holte einen Steckbrief hervor "Das haben wir einem der Soldaten abgenommen."

    Gringoire besah sich den Steckbrief und seine Augen weiteten sich, als er eine Zeichnung Lucheni´s erkannte, sein böses Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen.

    Khavita ließ von dem Gnom ab und lehnte sich zurück in die Kissen, derweil sah der Rotwelschenführer auf "Wo ist Xelram?"

    "Er ist noch in seinem Unterschlupf Boss." antwortete eine der Leibwachen.

    "Gut." meinte Gringoire und erhob sich, er hinkte zu einem der Aufgänge "Ich werde ihn selbst holen und wehe einer stört uns!"

    Seine Männer hatten keine Einwände dagegen, denn sie fürchteten Xelram und ihm bei seiner Sammlung zu stören, war ein gefährliches Unterfangen.

    Als der Gnom von dannen gezogen war, grinste Khavita zu den anderen Gespielinen und wandte sich an die Leibwächter "Holt uns einen Wein! Wir haben Durst!"

    Während Gringoire durchs Sanktum wanderte, machten ihm die Rotwelschen ehrfürchtig platz.

    Einige betrachteten ihn voller Missgunst und gezügeltem Hass, andere neigten ihren Kopf ehrfürchtig und respektvoll vor ihm.

    Doch die meisten hatten nur Angst vor dem Buckligen.

    Mit langsamen, hinkenden Schritten kam er letztlich zu Xelrams Gruft und trat langsam ein.

    Er verspührte dabei keine Furcht oder Achtung, so wie die Anderen seiner Organisation.

    Als er hinein trat, begrüßte ihn wieder das matte Zwielicht der Kerzen und Fackeln und nur wenig wendete er sein Haupt auf die Trophäen des Hexers.

    Gringoire kannte Xelrams Wahnsinn zur Genüge und als Oberhaupt der größten und mächtigsten Mörderbande der Magiokratie hatte er selbst viele scheußliche und verachtenswerte Taten begangen.

    Ihn hatte diese Sammlung auch geschreckt, als er sie das erste Mal gesehen hatte, doch nun war es zum Alltag geworden und rührte sein Herz nicht mehr.

    Xelram selbst saß wieder auf dem Diwan in der Mitte des kreisrunden Mausoleums.

    Er verging sich gerade an dem toten Leib der Seilmacherstochter und küsste den Hals des Leichnams.

    Gringoire durchfuhr ein Schaudern, als er das sah und er sprach laut, vielleicht schon etwas schreiend "Xelram!"

    Der Hexer fuhr augenblicklich hoch, er ließ von seiner Puppe ab, die daraufhin haltlos auf den Diwan zurückfiehl.

    Er starrte den Gnom an, der nun zu ihm trat, doch in seinem Blick war nicht Hass oder Wut, sondern eher Angst und Unsicherheit.

    "Gring ... Gringoire." stotterte der Hexer seltsam unsicher und nicht kühl und kalt, wie zu den anderen der Sanktums Bewohner.

    Der Bettlerkönig trat lächelnd zu einem kleinen Tisch, der in der Nähe des Diwan stand und schob einige blutige Messer beiseite, die darauf lagen.

    "Ich habe dir was schönes mitgebracht." grinste der Gnom und stellte die Schatulle mit den Drogen ab.

    Xelram erhob sich rasch und öffnete mit einem neugierigen, fast kindlichen Blick den kleinen Behälter.

    Seine Züge hellten sich auf, als er das Rauschgift sah und danach gierig greifen wollte.

    Doch Gringoire schloß den Deckel rasch und schallend "Noch nicht ... noch nicht."
    Grinste er dabei süßlich "Du musst vorher noch eine Kleinigkeit für mich erledigen."

    Xelram nickte und fuhr sich über die Lippen, als könnte er es nicht erwarten, einen Zug der Drogen zu nehmen.

    "Du sollst dich ein wenig mit den Samekh´s amüsieren." grinste der Bucklige "Und ... diesen hier zur Strecke bringen."

    Der Gnom holte den Steckbrief von Lucheni hervor und hielt ihn Xelram unter die Nase.

    Das Gesicht des Hexers wurde dabei wieder kalt, so wie es die anderen Rotwelschen kannten "Lucheni ... er hat gewagt mich anzufassen."

    Gringoire nickte und lächelte süßlich "Ja, er ist eine Gefahr für uns ..."

    Xelrams Blick wurde wieder verunsicherter, als der Gnom das Wort `Gefahr´ ausgesprochen hatte.

    Der Bettlerkönig merkte dies und kam etwas näher "Die Welt ist schlecht. Die Welt ist böse. In ganz Dalaran kannst du mir allein vertrauen. Ich bin dein einzger Freund!"

    Xelram wich nur kurz zurück, als Gringoire ihm über die Wange fuhr, doch bei dem Gnom schien er keine Berührungsängste zu haben.

    "Ich bin der, der dich ernährt und kleidet. Und der dich betrachtet als normal!" sprach der Gnom sanft "Ich will nur, das du da Draußen niemals leidest. Nicht einmal, ein einzges Mal!"

    Xelram nickte eifrig und folgte dem Buckligen, als er zum Ausgang des Mausoleums ging.

    "Vergiss nicht, was du gelernt hast Xelram." sprach Gringoire ohne den Hexer anzusehen, sein ganzer Tonfall mutete an, als würde er mit einem Kleinkind reden.

    "Du bist verrückt." sprach der Gnom und der Hexer stimmte zu "Ich bin verrückt."

    "Und du bist grausam!" grinste der Bettlerkönig und Xelrams Stimme war etwas fester, als er es wiederholte "Und ich bin grausam!"

    Der Gnom drehte sich um "Für diese Welt ist so ein Greul unerträglich! Gehorche meinem Rat!"

    Der Hexer senkte den Kopf "Du bist für mich ... ein Vater."

    "Einmal siehst du es ein, du bist ein Monstrum." sprach Gringoire voller Überzeugung.
    "Ich bin ein Monstrum." nickte Xelram dazu bestätigend.

    "Einmal reicht allein, sie sind brutal!" schallte des Gnoms Stimme durch das Mausoleum und er spielte dabei auf den Richter und seine Leute an.

    Der Hexer zuckte bei dem Schrei zusammen "Gehasstes Monstrum."

    "Willst du diese Netherqual mein Sohn?" fragte Gringoire süßlich "Drum sei was ich befahl! Mir treu ergeben!"

    "Ich bin ..." begann der Gnom und Xelram endete "... mein Leben."

    "Bleib mir loyal, diesmal ..." grinste Gringoire, als er beim Ausgang der Gruft angekommen war.
    "... es war einmal." und endete, wie er ein Märchen erzählen würde.

    Xelram nickte und schloß die Augen, als er sie wieder öffnete, war sein Gesicht wieder die kalte, gefühllose und selbstsichere Fratze, die die Rotwelschen so sehr fürchteten.

    Seine Stimme war kalt und erbarmungslos als er sprach "Ich werde tun, wie mir geheißen."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 28.01.2008, 18:56


    Die Sünde

    Er zügelte sein Ross.

    Seine Gedanken rassten und Richter Claude schüttelte den Kopf als er zum Justizpalast aufblickte.

    Ein Page wartete schon auf ihn, um ihm vom Rücken seines Rappen zu helfen.

    Doch der Stadtvogt geduldete sich nicht so lange und sprang selbst vom Pferd, rasch die Treppen zum Haupttor empor schreitend.

    Etwas zehrte in ihm und dieses Gefühl, diese fremde Sehnsucht schien ihn geradezu von innen zu zerreißen.

    Die Wächter salutierten zackig, als sie die Türen aufhievten und ihren Herren an sich vorbei rennen sahen.

    Ja er rannte, sein schneller Schritt war zu einem wahren Lauf geworden, mit dem er die langen Gänge des Justizpalastes hinter sich ließ.

    Immer weiter, immer höher führte sein einsamer gehetzter Weg in Richtung seines Domizils, des Kaminzimmers, seinem Rückzugsort.

    Der Richter hatte einen ganzen Flügel des Palastes als Arbeits- und Wohnräume, mit Aufenthaltsräumen, Schlafzimmer und Musikzimmer.

    Doch Claude hielt sich die meiste Zeit nur im Kaminzimmer auf.

    Er schlief auch oft dort auf seinem großen Holzthron und starrte stundenlang in das Feuer des Kamins.

    Dieses Feuer schien wie seine Lebensader zu sein.
    An dem Tag, als er vor knapp 15 Jahren sein Amt annahm, wurde das Feuer entfacht und seitdem brannte es ununterbrochen.

    Ein dutzend Bedienstete mussten dafür Sorgen, das es nie erlöschen würde und die Betreffenden wussten, das der Richter sie erbarmungslos bestrafen würde, würden sie ihre Aufgabe vernachlässigen.

    Als der Richter vor dem Kaminzimmer ankam, erwartete ihn schon ein Beamter "Ah, euer Ehren. Sie sind schon zurück? Wie war die Eröffnungsfeier?"

    Doch der Stadtvogt ging nicht auf die höfliche Frage des Mannes ein, er stemmte die massiven Eichentüren auf und schritt hinein.

    Nur kurz blieb er in der Tür stehen, seine Stimme klang monoton und fern.

    "Ich will nicht gestört werden." sprach er kalt.

    Der Beamte nickte "Natürlich nicht euer Ehren. Wie euer Lordschaft wünscht."

    "Außer es geht um die Samekhs!" sprach Claude noch im gebieterischem Ton, ehe er - ohne eine Antwort abzuwarten - die Türe hinter sich krachend ins Schloß fallen ließ.

    Er lehnte sich kurz gegen die Türe und atmete tief durch, dann nahm er seinen Richterhut ab und schleuderte ihn in eine der Ecken nahe der Türe.

    Das Kaminzimmer lag vor ihm, wie er es verlassen hatte.

    Die steinernen kalten Wände, an denen nur wenige lichtgefällige Skulpturen prangerten, wie Ritter und Jungfrauen.

    Die großen Glasfenster, die den Blick auf den kleinen Balkon und die Stadt freigaben.

    Der kleine lilane Samtteppich, auf dem sein Holzthron mit den Wolfsverzierungen stand.

    Und letztlich der große Kamin, in dem ein prasselndes Feuer loderte und das riesige Lichtsymbol über dem Kamin erleuchtete.

    Langsam hatte sich Claude wieder etwas beruhigt, er öffnete die Schnallen seines Umhanges und ließ ihn krachend zu Boden gehen.

    Selbst der feine Stoff schien einiges an Gewicht gehabt zu haben auf seinen Schultern.

    Er lockerte seinen Kragen und entledigte sich seiner Handschuhe, die er auch achtlos auf dem Steinboden fallen ließ.

    Während er zum Balkon trat, fuhr er sich immer wieder durchs Haar, so das sie bald zerzaust und durcheinander aussahen.

    Einige Strähnen fiehlen ihm ins Gesicht, als er nach Außen trat.

    Er starrte auf die Stadt vor sich und dann wandte er seinen Blick über die Stadtmauern hinweg, zum erleuchteten Lager der Samekhs.

    Wieder kam dieses fremde Gefühl in ihm auf, das ihn zu übermannen drohte.

    Dieses unausgesprochene Sehnen und Trachten.

    Er kannte dieses Gefühl, auch wenn es oft nur eine ferne Erinnerung war.

    Doch immer wenn das Wieselvolk in der Stadt war, schien es in ihm zu wachsen, bis es ihn an den Rand des Wahnsinnes trieb.

    "Noch zwei Tage ..." murmelte er.

    "Noch zwei Tage haben sie hier ihr Lager ... dann sind sie wieder fort." er schüttelte den Kopf, als vor seinem geistigen Auge plötzlich Jiliessira erschien.

    "Nein, was denke ich da?" fragte er sich selbst "Diese Hexe ... diese Tänzerin ... diese Rotwelsche!"

    Das Gefühl in ihm, dieses Sehnen wurde immer stärker.
    Noch stärker als es schon gewesen war, als sie vor ihm getanzt hatte.

    Was hatte er sich verzehrt sie zu berühren, doch er durfte nicht, er sollte nicht.

    Er wandte sich um und fuhr sich nocheinmal durchs Haar.

    Als er ins Kaminzimmer zurücktrat und die Glastüre hinter sich schloß, sah er zum Lichtsymbol über dem prasselnden Feuer.

    "Licht, du kennst mich als gerechten Mann. Auf die strenge Tugend bin ich stolz." rief er das Licht an.

    Claude faltete seine Hände, als er zum Kamin schritt "Licht, die Sünder, die verachte ich. Ich bin aus einem ander'n, besseren Holz."

    Er kam vor dem prassenlden Feuer zum stehen und breitete fragend die Arme aus.

    "Doch sag mir, warum muss ich sie dort tanzen seh'n? Wo ihr wildes Auge mich entzückt?" seine Gedanken rassten und sein Geist zeigte ihm Bilder von der tanzenden Seherin.

    Er umarmte sich selbst und schloss für einen Moment die Augen "Ich fühl' sie! Ich seh' sie!"

    Er öffnete rasch die Augen und starrte ins Feuer vor ihm, es kam ihm vor, als würden die Flammen Formen bilden.

    Eine tanzende Schönheit erschien im Feuer des Kamins und nahm langsam Jiliessira´s Züge an.
    "Die langen, goldenen Haare weh'n! Ein Rausch, der mich bezaubert und berückt!"

    Claude spürte die Hitze des Feuers auf seiner Haut, die scheinbar nicht nur seinen Körper, sondern in seiner Vorstellung auch seine Seele zu verbrennen suchte.

    Er wich leicht von dem Flammenschauspiel zurück "Das Feuer des Nethers, entbrennt in meinem Leib!"

    Geistesabwesend, fast wie in Trance, griff er in sein Gewand und zog Jiliessira´s Halstuch hervor.

    Er küsste es kurz und rieb es mit verträumten Blick an seine Wange.

    Er ließ sich auf die Knie fallen, während er den Duft der Tänzerin, der noch immer an dem Halstuch hing einatmete.
    "Befreit meine Seele, von diesem Dämonenweib!"

    Die Flammen des Kamins schienen sich vor seinen Augen auszubreiten und warfen große beängstigende Schatten.

    Die Schatten legten sich auf die steinernen Abbilder von Helden und Heiligen, die an den Wänden des Raumes hingen und verliehen ihnen lebende Züge.

    Verurteilend und enttäuscht starrten die Steinfiguren auf den Stadtvogt herab.

    Claude sah voller Schrecken in den Augen auf, er kam wieder auf die Beine und sah mit ängstlichen Augen von einer Statue zur nächsten.

    "Ich bin nicht schuld!" verteidigte er sich, doch die immaginären Stimmen der steinernen Wächter dröhnten auf ihn herab "Mea culpa!"

    Der Richter sah kurz auf das Halstuch der Rotwelsche und drückte es an sich "Ich bin noch rein! Es ist die Rotwelsche, die Hexe ganz allein!"

    Doch die unerbittlichen Zeugen klagten ihn noch heftiger an "Mea maxima culpa!"

    "Ich bin nicht schuld!" wiederholte Claude verzweifelter.

    "Es ist des Lichtes Plan!" nickte er bekräftigend und überzeugt "Das Böse ist doch soviel stärker als ein Mann!"

    Die heiligen Ankläger schienen von dieser Antwort befriedigt zu sein und vor Claude´s weitaufgerissenen Augen zogen sich die Schatten zurück in das Feuer.

    Doch dafür erschien wieder das Abbild Jiliessira´s, das ihn verührerisch aus den Flammen anblickte.

    "Licht, beschütz mich! Lass nicht die Hexe siegreich sein. Vergib' die Sünde, dass ich ihr erlag." flehte er das Licht an und wollte seinen Blick abwenden, doch konnte er nicht, zu stark war das Verlangen.

    Er verzog kurz das Gesicht zu einer wütenden Fratze "Verdirb Jiliessira!
    Und lass sie Netherqualen schreien!"

    Er stockte, als der leichte Rauch, der sich vom Feuer erhob, die Gestalt der Tänzerin bildete und sie ihre Arme ausbreitete als würde sie ihn empfangen wollen.

    "Wenn sie nicht mir allein gehören mag..." sagte er ungewöhnlich sanft und schritt auf die Gestalt aus Rauch zu, doch als er sie in die Arme schließen wollte, zerfiehl die Gestalt und er umarmte nur wieder sich selbst.

    Er sah sich kurz suchend und verzweifelt um.

    Die Gestalt der Frau, nach der er sich so sehr sehnte und es doch nicht durfte.
    Jene Frau, die eine der Menschen war, die er als unrein und verdorben ansah.

    Diese Gestalt war verschwunden.

    Er blickte nun wieder voller Zorn in das Feuer "Sie wird mir gehören!"

    Diese Erkenntnis schien alles in ihm aufschreien zu lassen, eine abscheuliche Mischung aus Frohlocken und Abscheu sich selbst gegenüber.

    "Sie wird mir gehören! Und wenn ich ganz Dalaran niederbrennen muss!" schrie er schrill zum Lichtsymbol empor.

    Er drückte wieder das Halstuch sehnsüchtig an seine Wange "Das Feuer des Nethers, Rotwelsche sei froh. Noch kannst du mich wählen, sonst brennst du lichterloh!"

    Claude wich langsam zurück, als sich die Flammen des Kamins vor seinen Augen wieder ausbreiteten und ihn zu verschlingen drohten.
    "Licht, erbarme dich ihrer! Licht, erbarme dich meiner!"

    Er starrte in das Feuer, das ihn zu verbrennen drohte, doch sich dann plötzlich wieder zurückzog.
    "Doch sie wird mein, sonst brennt sie lichterloh!"

    Die leblosen steinernen Wächter schienen ein "Kyrie Eleison!" zu wispern und Claude fiehl in seinen Holzthron zurück.

    Wirr fiehlen ihm die Haare ins Gesicht, als er mit dem Halstuch in seinen Händen spielte und mit vor Wahnsinn geweiteten Augen ins prasselnde aber ruhige Feuer starrte.

    Er ließ sich ganz von den Flammen gefangen nehmen.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 29.01.2008, 18:21


    Der Müllerssohn

    Er ließ sich ganz von den Flammen gefangen nehmen.

    Er liebte das Feuer, es war so warm und gab ihm ein Gefühl von Geborgenheit.

    Es spendete Licht und verscheuchte so die Dunkelheit und mit ihr alle dunklen Träume.

    Er liebte das Spiel der Formen und Farben in den Flammen, auch wenn er sich schon manchmal daran verbrandt hatte.

    Wieder lag er vor dem kleinen Kamin auf dem abgenutzten kleinen braunen Teppich und starrte verträumt lächelnd in die Flammen.

    Das Feuer erhellte die kleine einfache Bauersstube, als vor den Fenstern die Sonne langsam hernieder stieg.

    "Du sollst doch nicht immer so ins Feuer sehen! Du machst dir noch die Augen kaputt!" erscholl eine melodische weibliche Stimme.

    Der kleine Junge vor dem Kamin hob seinen Kopf mit den dunkelbraunen, schon fast schwarzen Haaren.

    Als er sich erhob, strich er seine braune einfache Kleidung glatt und sah zu der braunhaarigen Frau, die an einer Kochstelle stand und ihn sanft anlächelte.

    "Nein Mama." grinste der kleine Junge.

    Die Frau schüttelte lächelnd den Kopf "Wenn du dich daran erinnerst Claude, warum tust du es dann?"

    Der junge Claude grinste noch viel breiter "Weil das Feuer so schön ist! Es hat etwas magisches!"

    "Etwas magisches?" schmunzelte seine Mutter und kam zu ihm, ihm sanft über den Kopf streichend.

    Der braunhaarige Junge nickte und umarmte seine Mutter "So wie die Magie der Zauberer in der Stadt! Und so wie in den Geschichten."

    Er sah fragend auf "Lesen wir heute Abend wieder Mama?"

    Claude war sehr stolz, das er lesen und schreiben konnte.
    Seine Mutter hatte es ihm beigebracht und bei ihrem Stand, war dies keine Selbstverständlichkeit.

    Die Frau nickte sanft "Natürlich mein Schatz, aber jetzt geh und hilf deinem Vater bei den letzten Handgriffen. Es ist schon spät."

    Der Junge nickte eifrig und rannte los, fragte noch, als er das Haus schon verließ "Wo ist Papa?"

    Seine Mutter kicherte leicht als sie ihm nachrief "Auf dem Feld und zieh dir den Mantel über!"

    Einen Augenblick hörte man nichts von dem Jungen, dann kam er nochmal zurück, griff sich einen löchrigen und zerlumpten braunen Mantel und rannte wieder los "Ja Mama!"

    Claude zog sich den Mantel über, aufgrund seiner Beschaffenheit half er nur wenig gegen die kühle Abendluft, doch wenn seine Mutter beruhigt war, war es dem Jungen mehr als recht.

    Er drehte sich kurz um, als er die Stube verlassen hatte und sah auf sein zu Hause.

    Es war kein großes und auch kein besonders schönes Haus, ein Bauernhaus, das schon fast in sich zusammenbrach.

    Doch es war die ganze Welt für den kleinen Jungen.

    Schon immer fasziniert hatte ihn die Mühle, die an das Bauernhaus anschloß und deren Mühlenflügel sich auch jetzt im Wind drehten.

    Er blickte kurz über das Umland Richtung Stadt, wo sich die großen Türme und steinernen Mauern Dalarans erhoben.

    Er war noch nicht oft dort gewesen, manchmal auf einem Fest, mit seinem Vater auf dem Markt oder mit seiner Mutter einkaufen.

    Die Stadt war immer ein Abenteuer für ihn, fast schon ein unerreichbarer Traum mit all ihrem Prunk und der Schönheit.

    Doch ihm gefiehl das Leben hier im Umland der Magiokratie, auch wenn er nichts anderes kannte, so konnte er sich auch nichts schöneres vorstellen.

    Sein Vater war Müller und auch er wollte das werden, irgendwann, wenn er groß war und alles gelernt hatte.

    Da die Geschäfte schon die letzten Quartale schlecht liefen, hatte sein Vater damit begonnen auch selbst das Getreide anzupflanzen und es nicht nur zu mahlen.

    Doch dadurch hatte der Müller weniger Zeit für seine Familie und Claude vermisste manchmal seinen Vater.

    Deshalb freute er sich immer, wenn er ihm helfen durfte und lief so beschwingt zu den Weizenfeldern, die nicht weit entfernt lagen.

    Der Müller hatte ein paar Erntehelfer angangiert, doch diese waren faul gewesen und machten keine besonders gute Arbeit, deshalb blieb er selbst, bis spät Abends auf den Feldern.

    Der große Mann, mit den schwarzen Haaren und dem Vollbart wischte sich gerade den Schweiß von der Stirn, er hatte die Sense beiseite gelegt und wollte wohl gerade Feierabend machen.

    "Papa!" rief der Junge, als er über das goldene Weizenfeld zu seinem Vater rannte und lachend von diesem in die Arme genommen wurde.

    "Na mein Sohn?" grinste der Müller mit einer basslastigen Stimme.

    "Ich wollte dir helfen Papa!" nickte Claude, doch sein Vater schüttelte lächelnd den Kopf.

    "Ich bin schon für heute fertig Claude." er wuschelte seinem Sohn durchs Haar "Aber wenn du willst, kannst du dir ein wenig von den Weizenbündeln nehmen und sie nach Hause tragen."

    Der Müller zeigte auf ein paar kleine Bündel zusammen gebundenen Weizens und ehe er sich versah, hatte der Junge schon einen großen Ballen in Händen.

    "Ist das nicht ein bisschen schwer?" lachte der schwarzhaarige Mann, als sein Sohn spürbar mit dem Weizenballen zu kämpfen hatte.

    "Nein Papa!" widersprach Claude "Ich schaff das schon!"

    Beide gingen langsam wieder den Weg zurück zum Bauernhaus, wobei der Vater darauf achtete, das sich sein Sohn nicht übernehmen würde.

    "Gut so Claude." lobte der Müller den Jungen "Nichts geht über harte, aber ehrliche Arbeit."

    "Ich will auch mal Müller werden, so wie du." sagte der Müllerssohn voller Stolz.

    Der Mann lächelte sanft, aber mit Sorge im Blick "Weißt du mein Sohn, manchmal wünschte ich mir, ich könnte dir mehr bieten."

    Der Sohn sah seinen Vater fragend an "Was meinst du Papa?"

    "Wir haben ein sehr einfaches Leben Claude." begann der Müller, doch sein Sohn fiehl ihm ins Wort.

    "Aber es ist schön!" sprach der Junge ernst.

    Der Müller lachte "Ja, ein gutes Leben. Einfach, aber gut."

    Als sie wieder am Bauernhaus angekommen waren, erwartete sie schon eine warme Mahlzeit.

    Es war nicht viel, ein wenig frisches Brot und geräuchertes Fleisch, doch es war genug, um satt zu werden.

    "Gehen wir morgen auf den Jahrmarkt?" fragte Claude mitten beim Essen.

    Seine Eltern sahen sich kurz an und lächelten dann.

    "Na schön, wenn du willst." nickte seine Mutter, doch sein Vater fragte ernst "Aber mein Sohn, was hab ich dir über die Schausteller gesagt?"

    Claude nickte, als er einen Bissen Brot herrunter geschluckt hatte und sprach wie eingeübt "Sie sind lustig und bunt, aber man darf ihnen nicht vertrauen."

    "Genau mein Junge." nickte der Vater "Du weißt nicht was hinter ihrer Maske liegt."

    "Und nichts ist wichtiger als Ehrlichkeit!" sprach der Junge voller Überzeugung.

    Seine Mutter kicherte leicht "Genau mein strahlender Ritter, jetzt aber ab ins Bett."

    Auch wenn sich Claude ein wenig streubte, so war es nutzlos, schnell lag er in seinem Bett aus Stroh.

    "Aber wir lesen noch etwas!" darauf schien der Junge zu bestehen.

    Seine Mutter lächelte und holte das einzige Buch hervor, das die Müllersfamilie besaß.
    Es war eine bürgerliche Sammlung von heiligen Geschichten und Lehren des Lichtes.

    Claude liebte die Geschichten vom Licht, seinen Heiligen und den großen Helden, die gegen Trolle, Monster und Dämonen kämpften.

    Nachdem er beim Lesen schon fast eingeschlafen war, nahm seine Mutter dem Jungen das Buch sanft ab.

    Sie sprachen noch rasch ein Gebet an das Licht und dann fiehl der Müllerssohn in einen tiefen, aber glücklichen Schlaf.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 30.01.2008, 20:24


    Die Narbe

    Das Schreien erstarb.

    Es gab nur noch ein Röcheln, als er sein Messer aus dem Hals seines Opfers herauszog.

    Die Holzdielen knarrten, als er mit schweren Schritten die zerfallene Treppe hinab stieg.

    Ein breites Grinsen spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder, als er sich umblickte und die blutbeschmierten Wände der Barracke sah.

    Ein grausames Kichern entrann der Kehle des über 2 Meter großen Mannes mit dem kahlrasierten Schädel.

    Seine Augen waren schwarz und glänzend, doch wurden sie meist nicht beachtet.

    Denn etwas anderes lenkte den Blick der Menschen ab, die ihn ansahen.

    Es waren die vielen, fast schon unzähligen Narben auf seinem Gesicht und auf allen Teilen seines Körpers.

    Große, kleine, gut verheilte und entstellende.

    Jede erdenkliche Form schienen sie zu haben und verwandelten sein Gesicht in ein grausammes Kunstwerk.

    Sein Name, war ohne Bedeutung.

    Schon lange hatte er ihn abgelegt, ihn schon fast selbst vergessen.
    Die Menschen um ihn herum hatten ihm einen anderen Namen gegeben.

    Ein Name, der gut zu ihm passte, der ihm gefiehl und deshalb benutzte er ihn auch.

    Der Mann, den man nur Narbengesicht nannte, hob seinen Kopf und spie ein schallendes Gelächter aus.

    Zu der Zeit, als Claude noch ein kleiner Junge war, war die Magiokratie schon lange ein Schmelztiegel für alle möglichen kulturellen und sozialen Bevölkerungsschichten.

    Und auch wenn viele in der Stadt der Magie ihr Glück suchten, so fanden sie dort nur den Ruin und wachten bald aus ihrem Traum in den Armenvierteln der Metropole auf.

    Damals gab es noch keinen geheimen Stützpunkt der ärmsten der Armen.

    Kein Sanktum der Wunder, das Schutz bieten konnte.

    Und so lebten die Rotwelschen in ständiger Furcht vor den Schergen des Rechts auf den Straßen der Stadt.

    Wer als fahrendes Volk in die Stadt kam, musste Anschluss finden um zu überleben.

    Und es gab viele etablierte Banden und Vereinigungen.

    Manche von ihnen waren miteinander verbündet, andere bekämpften sich untereinander und jede dieser Banden hatte ihren eigenen Bezirk und ihr Terretorium in und um die Stadt.

    Auch wenn es immer Streitigkeiten gab, so hätte niemals eine Vereinigung die andere vollständig ausgelöscht, denn alle waren sich im Klaren darüber, das sie letztlich doch an einem Strang zogen.

    Doch dann kam er in die Stadt.

    Und mit ihm seine Bande, die sich die Spötter nannten.

    Es war eine große Gruppe gewesen, fast schon ein kleines Heer und das traf es sehr gut.

    Denn einst waren sie wohl Söldner gewesen.

    Nicht wie die anderen Banden, die sich heimlich in der Stadt mit Raubzügen und Gaunerein hevortaten wirkten sie.

    Nein sie mordeten, plünderten und brandschatzten.

    Die Stadtwache schien dagegen fast machtlos zu sein.
    Immer kamen sie zu spät oder ihre Patroullien waren zu schwach um es mit den marodierenden Banden aufzunehmen.

    Bisher hatten sich die Spötter vorallem im Armenviertel ausgetobt und die hohen Herren der violetten Zitadelle waren der Meinung, das sich der Abschaum ruhig selbst dezimieren sollte.

    Doch wurden auch schon Gerüchte laut, das die Stadtwache, wegen interner Verräter, Korruption und Bestechung nichts unternehmen konnte oder wollte.

    Letztlich tat Narbengesicht aber genau das, was die Kirin Tor wollten:
    Er suchte systematisch die Rotwelschenbanden und zerschlug eine nach der anderen.

    Wer sich ihm nicht anschließen wollte, starb.
    Das war sein Gesetz.

    Und wieder, in dieser kühlen Nacht, hatte er eine kleine Diebesbande aufgespührt, in diesem kleinen schäbigen Haus.

    Sie waren nicht viele Gewesen und wären niemals eine Gefahr für die Spötter gewesen, doch ihm war es egal.

    "Narbengesicht macht keine halben Sachen!" so sagten seine Leute über ihn und es stimmte zu.

    Der Anführer der Spötter besah sich sein blutiges Werk und war sehr zufrieden, denn niemand war übrig geblieben.

    Er strich sein großes schartiges Messer an seiner grauen Kleidung ab, nur eine gelbe Kaputze stach von der schmucklosen Tracht ab.

    Unter seiner Lumpenkleidung lockerte er etwas die Lederrüstung, die er trug und seufzte erleichtert.

    "Was für ein Abend ... haben sich ganz schön gewährt die Burschen." es schien zuerst so, als würde er mit sich selbst reden, doch dann wandten sich seine dunkle Augen zur Seite.

    "Nicht wahr Gringoire?" grinste Narbengesicht breit, als ein buckliger Gnom mit rotem Haar aus dem Schatten heraus trat.

    Der Gnom nickte, während er sich das Blut aus dem Gesicht strich "Aye Boss. Für so ne kleine Rattenbande, waren sie ganz schön zäh."

    Narbengesicht lachte schallend und klopfte dem Buckligen auf die Schulter "Gringo, eins musst du dir merken!"

    Begann der Rotwelschenführer und beachtete des Gnoms missmutiges Gesicht nicht, als er dessen Kosenamen verwandte.

    "Unterschätze niemals, die Kraft eines einzelnen, entschlossenen Mannes." sagte Narbengesicht ernst.

    Gringoire kannte seinen Boss gut genug und wusste, das er manchmal solche ernsten Momente hatte, meist wenn er über alte Feldzüge oder über Bekannte sprach.

    Doch meist tat es Narbengesicht nur dem Gnom gegenüber.
    Kein Wunder, denn dieser war sein Vertrauter, sein oberster Offizier, seine rechte Hand.

    "Solche Männer, die Mumm in den Knochen haben." grinste der Narbige und spuckte etwas Blut aus "Sind mir tausend mal lieber, als hundert Feiglinge!"

    Gringoire zuckte mit den Schultern und verließ mit dem Hünen das Gebäude.

    Sie fanden sich auf einer schäbigen Straße im Armenviertel wieder, das von Passanten wie leergefegt war.

    Dies war nicht verwunderlich, war es zum einen schon tiefste Nacht, zum anderen war die Straße erfüllt von Gemurmel und Gewisper.

    Dutzende von grimmig aussehenden Rotwelschen in lederner Söldnertracht warteten hier auf ihren ersten Offizier und ihren Anführer.

    Sie gröllten harsch, als Narbengesicht seine Faust hob "Wieder so eine beschissene Bande weniger!"

    Er grinste mit seiner narbigen Fratze in die Runde "Bald sind die Spötter nicht mehr aufzuhalten!"

    Wieder erhob sich ein Gröhlen und einige der Männer stampften auf dem Boden.

    "Wie auf dem Schlachtfeld!" erklärte Narbengesicht "Diese Stadt, diese Straßen! Sie sind jetzt unser Schalchtfeld! Und niemand, außer wir Spötter können hier siegen!"

    Während seine Männer in schieren Jubel ausbrachen, legte Narbengesicht eine Hand auf Gringoire´s Schulter und machte eine schweifende Bewegung zu den Lichtern der Regierungsviertel.

    "Gringo ..." grinste er breit "Diese Stadt ist wie eine reife Frucht! Und wir werden sie pflücken!"



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 01.02.2008, 18:23


    Fleur

    Der Morgentau lag noch auf den Gräsern.

    Doch obwohl es noch so früh am Morgen war, war der junge Claude schon wach.

    Während seine Eltern noch schliefen hatte er sich rasch angezogen, den lumpenhaften Mantel übergeworfen und war hinaus gegangen in die Kälte des Morgens.

    Es war ruhig und still im Umland der Magiokratie und nur hin und wieder konnte man einen Vogel singen, oder eine Grille zirpen hören.

    Das Treiben bei der Stadt und den hohen Zinnen am Horitzont schien gerade erst anzufangen und ganz Dalaran schien noch in einem schlaftrunkenen Schlummer zu sein.

    Der Müllerssohn zog genießend die frische Luft in seine Lungen, doch fröstelte ihn dann und er zog den Mantel etwas enger.

    Seine kleinen Schritte führten ihn zur Mühle.

    Als er die Türe öffnete, kamen die Geräusche der Seilwinden und Zahnräder an sein Ohr und durchbrachen die sonstige Stille des Morgens.

    Wie immer knarrte und jauchzte die alte Mühle, während sie sich im morgendlichen Wind drehte und unerschütterlich ihren Dienst tat.

    Doch nicht lange fesselte das Mühlrad seine Neugierde, denn er suchte etwas anderes.

    Er schritt zu einem kleinen Nebenraum, der als Abstellkammer genutzt wurde und suchte etwas bestimmtes.

    Mit einem erfreuten Laut zog er ein altes, rostiges und stumpfes Schwert hervor.

    Es war das Schwert seines Vaters, oft und lange benutzt in früheren Jahren und nun nur noch ein Staubfänger.

    Claude hatte es eines Tages beim Spielen entdeckt und sein Vater hatte ihn gescholten, die Waffe niemals wieder anzurühren.

    Doch wie kleine Jungen nunmal sind, konnte er es nicht lassen und als sein Vater ihn das nächste Mal damit erwischte, war er zum Erstaunen des Jungen nicht böse gewesen.

    Nein, er hatte seinem Sohn angeboten, ihm zu zeigen, wie man ein Schwert benutzte.

    Claude war natürlich begeistert gewesen, doch war es schwierig, die schwere Waffe überhaupt zu halten und so übte er sich im Umgang mit dem Schwert so oft er Zeit hatte.

    Dabei dachte er an die Ritter aus den Geschichten, die seine Mutter ihm immer vorlas und für einen Moment war er mehr als der einfache Müllerssohn.

    Mühsam balancierte er das Eisen in seiner Hand und hatte sichtlich Mühe, es gerade zu halten.

    Doch so leicht gab Claude nicht auf und mit jedem Schlag, den er vollzog, wurde sein Griff fester und sicherer um das Schwertheft.

    Seine Hiebe waren nicht gerade filigran und zeugten auch nicht von sonderlichem Können oder gar Begabung.
    Doch hätte ein Soldat wohl erkannt, das die Schläge nicht so tölpelhaft waren, wie sie auf den ersten Blick anmuteten.

    Jedoch sollte er an diesem Morgen nicht lange zum üben kommen.

    Gerade als der Müllerssohn wieder etwas in den Trott der Schläge gekommen war und sich leichte Schweißperlen auf seiner kleinen Stirn bildeten trat sein Vater in die Mühle.

    "Claude!" rief er "Wo bist du? Komm, wir wollten doch auf den Jahrmarkt!"

    Sofort lies der Knabe das Schwert sinken und verstaute es wieder an seinem gewohnten Platz.

    Fröhlich grinsend kam er zu seinem Vater gerannt "Ohja! Ich freue mich schon!"

    Der Müller lachte und wuschelte seinem Sohn durchs Haar, ehe er mit ihm die Mühle wieder verlies.

    Der Morgen war während Claude´s Übungen vorangeschritten und die Sonne war nun schon ein gutes Stück aufgegangen.

    Von weitem konnte man schwach die Musik und den Tumult des Festes hören, das vor den Mauern der Stadt aufgebaut worden war.

    Denn auch schon zu Claude´s Jugendzeit fiehl das fahrende Volk unter strenge Auflagen, auch wenn sie nicht ganz so hart waren, wie in späteren Zeiten.

    Und auch lange nicht so gnadenlos durchgesetzt wurden.

    Die Müllersfrau hatte sich scheinbar für den Festbesuch extra heraus geputzt.

    Sie trug ein feines Kleid, das aber schon ein paar Mal ausgebessert worden war und hier und dort etwas eingerissen war.

    "Du siehst wunderschön aus Mama!" lächelte Claude und erntete dafür von seiner Mutter ein sanftes und liebevolles Lächeln.

    Jetzt wo der Junge wusste, das sie auf das Fest gehen wollten, war er kaum mehr zu halten.

    Zu sehr freute er sich auf die Attraktionen, die Gaukler, die Musik und all das Neue und Fremde.

    Das Fest, das die Bürger der Stadt erheiterte, war zwar nicht das berühmte Schauspiel der Samekh´s und bei weitem nicht so groß und bunt, jedoch für den kleinen Müllerssohn, eine ganz eigene und faszinierende Welt.

    Bunte Fahnen und Buden schmückten wieder den Festplatz vor den großen Stadttoren und allerlei fahrendes Volk in Kostümen und Masken erfreute die Schaulustigen mit ihren Narreteien.

    Auch wenn Claude´s Vater manchmal etwas missmutig auf die Rotwelschen blickte, so genoß auch er und seine Frau das Spektakel.

    Manchmal schien es der Müllersfrau gar garnicht zu gefallen, wie sehr ihr Ehemann die Darbietungen der Tänzerinen zu genießen schien.

    Ein für den Jungen aufregender und erlebnissreicher Tag zog dahin.

    Und von Feuerschluckern, über Tänze und Ringe werfen, probierte die Familie alle Attraktionen aus.

    Ein kleiner Luxus, den sie sich trotz der bescheidenen Mittel leisteten.

    Es wurde langsam Abend und Claude war schon müde von dem Staunen und Frohlocken, als er einen Puppenspieler entdeckte.

    Ein paar Jungen und Mädchen hatten sich bereits um den Rotwelschen versammelt, der eine närrische rote Maske trug.

    Doch trotz der Maske konnte man seine geringelten schwarzen Haare, die große auffällige Nase und seine für Dalaran untypische schwarze Hautfarbe erkennen.

    Der Puppenspieler stellte mit zwei Puppen nur eine kleine Alltagsszene, zwischen einem Lehrmeister und seinem jungen Schüler da und sang dabei fröhlich.

    Doch war diese einfache Darbietung für die Kinder mehr als genug, um davon begeistert zu sein.

    Ein einfacher Lautenspieler begleitete den Marionettenspieler, als dieser wieder begann mit melodischer Stimme zu singen.

    "Kinderzeiten schöne Zeit, dennoch gibt es manches Leid, vieles ist so schwer zu verstehn!" begann der Puppenspieler fröhlich mit dem Gesang und die zuhörenden Kinder schienen den Reim erfreut aufzunehmen.

    "Schularbeiten jeden Tag, wenn man lieber spielen mag und draußen scheint die Sonne so schön. Doch am Ende ist die Arbeit vorbei, alles jubelt: `Endlich haben wir frei.´" ein Lächeln schien unter der Maske des Rotwelschen zu liegen als er die Verse sang.

    Dann wurde seine Haltung und seine Stimme etwas sanfter "Wenn es Liebe gibt in unserem Leben, dann ist alles andere garnicht mehr schwer."

    Der Müller lächelte und legte einen Arm um seine Frau, während sie beide zusahen, wie ihr Sohn dem Puppenspieler lauschte.
    "So ist das heute, so war das damals. Schön war die Zeit, aber nicht immer leicht. Wenn man ein Kind ist, möchte man wachsen, bis man die Sterne am Himmel erreicht!"

    In der Nähe der kleinen Kinderschar stand ein junger Mann - gerade wohl dem Knabenalter entwachsen - in einer schmucklosen violetten Tracht.

    Der junge Mann mit der bleichen Haut strich sich eine hellblonde Strähne aus dem Haar, als der Puppenspieler den letzten Ton des Gesanges ausklingen ließ und die Kinder ihm zujubelten.

    Der blonde Jüngling sah seufzend auf die Kinder und sein Blick blieb an einem ebenfalls blonden kleinen hübschen Mädchen hängen.

    Doch zuckte der Junge zusammen als er gerufen wurde.

    "Xelram!" schrie ihn eine harsche Männerstimme an.

    Der junge Xelram drehte sich rasch um und sah einem grimmigen älteren Herren ins Gesicht.

    Der Mann der vor ihm stand trug einen prunkvollen Harnisch mit den Insignien der Magiokratie und sah den jungen Magus unter seinen ergrauten Augenbrauen prüfend an.

    "Zu ... zu Befehl Hauptmann Erland!" stotterte Xelram etwas verlegen.

    Hauptmann Erland, ein altgedienter Offizier und derzeitiger Befehlshaber der Stadtwache seufzte theratralisch "Was soll ich nur mit euch machen Junge?"

    Xelram errötete leicht bei dieser Frage, als Erland fortfuhr.

    "Ihr träumt den ganzen Tag vor euch hin ... scheint nie bei der Sache." gab der alte Mann zu bedenken "Verdammt Junge! Ihr seid nicht zum Spaß in die Stadtwache versetzt worden!"

    Xelram nickte leicht und zurückhaltend "Ja Herr ... ich tue mein Bestes."

    "Und das solltet ihr auch!" nickte Erland "Die Kirin Tor halten viele Stücke auf euch. Ihr seid begabt und nur deswegen schon in so jungen Jahren in einer Einheit wie meiner!"

    Xelram sah verlegen auf seine Hände, die er leicht knetete "Äh ... Herr? Es ist bald das Ende meiner Schicht nicht wahr?"

    Der Hauptmann verzog etwas das Gesicht "Immer dasselbe mit euch Magiern! Nur Arbeiten nach Vorschrift! Aber das Verbrechen macht keinen Feierabend."

    Xelram sah auf und sah dem alten Mann vor ihm fast schon hilfesuchend in die Augen, worauf dieser seufzte "Aber gut ... ihr habt heute gute Arbeit geleistet und deshalb lasse ich euch etwas früher gehen."

    Das Gesicht des jungen Magiers hellte sich sofort auf und er lächelte dankend "Habt herzlichen Dank Herr!"

    Ohne noch eine Antwort abzuwarten, machte sich Xelram schnellen Schrittes davon.

    Nur kurz warf er noch einen Blick zurück zum Puppenspieler, doch das kleine blonde Mädchen war schon nicht mehr dort und er seufzte innerlich.

    Der Weg des blonden Jünglings führte ihn in ein Wohnviertel der Stadt.

    Hier lebte die Mittelschicht der Magiokratie, in einfachen, aber schönen Häusern, nahe dem großen Markt und abgeschirmt von den gefährlichen Armenvierteln.

    Das Haus das Xelram bewohnte hatte er von seinen Eltern übernommen, die erst vor kurzem an einer Seuche gestorben waren.

    Es kam öfter vor, das einzelne Stadtteile von Epidimien heimgesucht wurden.

    Doch wurden diese meist schnell von der Kirche des Lichtes und ihren Priestern niedergeschlagen, doch kam die Hilfe auch für manche einfach zu spät.

    Xelram vermisste seine Eltern sehr, vorallem den Rat seines Vaters.
    Doch hatte er den Schmerz langsam überwunden, war es doch schon einige Mondzyklen her.

    Da sein zu Hause in einer engen Gasse lag, wo sich Fachwerkhaus an Fachwerkhaus schmiegte, trat nur wenige Stunden am Tag die Sonne über die Häuserfassaden und zumeist lag alles in einem Zwielicht.

    Als er aufschloß und den kleinen Flur betrat, war es dunkel im Haus.
    Nur wenig Licht schien vom Obergeschoss, das wohl von einer Kerze oder einer kleinen Lampe rührte.

    Leise schritt der junge Magier hinauf ins Obergeschoss wo die Schlafräume der Familie lagen.

    Er spähte in das erleuchtete Zimmer und sah, wie er es erwartet hatte, ein kleines blondes Mädchen in einem großen Bett schlafend.

    Das Mädchen sah friedlich aus, doch verrieten die Ringe unter den Augen und ihre ungesunde bleiche Hautfarbe, das der kleine Körper ausgezehrt war.

    Leise trat Xelram an das Bett und setzte sich auf die Kante.

    Das Mädchen öffnete leicht ihre Lieder.

    Ihre Augen waren etws trüb und sahen müde und entkräftet aus, die Stimme des Mädchens war schwach und zart.

    "Hallo Bruder." sagte sie dennoch in einem sehr sanften Ton.

    "Fleur." sprach er den Namen seiner Schwester ruhig und liebevoll aus "Wie geht es dir Heute?"

    "Es geht schon Bruder." versuchte sie tapfer zu klingen, doch musste sie dann heiser Husten und Xelram hielt ihr rasch ein Stofftuch hin, mit dem sie ihren Mund bedecken konnte.

    Fleur atmete schwer, als sie das Tuch von ihrem Mund nahm und Xelram ein paar Blutspritzer darauf erkennen konnte.

    "Morgen kaufe ich wieder Medizin." sagte er ruhig und entschlossen.

    Sie schüttelte jedoch den Kopf "Das ist zu teuer, du hast seit Tagen nichts gegessen!"

    Tatsächlich sah Xelrams Gesicht unterernährt und eingefallen aus, als er den Kopf schüttelte und ein Buch zur Hand nahm.

    "Ich lese dir ein wenig was vor ja? Das wird dich auf andere Gedanken bringen Schwesterherz." meinte er lächelnd und auch Fleur´s Gesichtsausdruck wurde etwas sanfter.

    Mit ruhiger Stimme begann Xelram seiner Schwerster ein Märchen vorzulesen "Es war einmal ..."



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 02.02.2008, 20:00


    Geschwisterliebe

    Leise atmete sie im Schlaf.

    Während Xelram das Märchen vorgeslesn hatte, war Fleur in einen unruhigen Schlaf gefallen.

    Leise und sanft ging ihr Atem und nur manchmal seufzte sie, wenn sie sich im Schlaf ein wenig drehte.

    Xelram seufzte und schloß das Buch, das auf seinem Schoß lag.

    Mit traurigen Augen betrachtete er seine kleine Schwester.
    Ihr Gesicht war in den letzten Tagen noch bleicher geworden als sonst und auch schien sie, obwohl sie viel schlief keine wahre Ruhe zu finden.

    Seit Wochen schon quälte diese Krankheit die junge Fleur.

    Es war scheinbar die gleiche Seuche die auch ihre Eltern niedergerafft hatte, doch schien der Krankheitsverlauf viel schleppender vor sich zu gehen.

    Der Priester der naheliegenden Kirche des Stadtviertels war schon mehrmals vorbei gekommen, doch hatte er immer nicht viel für das Mädchen tun können.

    Dennoch hatte er Xelram versprochen, nach einem Heilmittel zu suchen und nicht aufzugeben.

    Etwas was den jungen Mann zumindest einen kleinen Funken Hoffnung gab.

    Die Apotheker hatten auch nur Mittel, die die Sympthome der Krankheit schwächten, sie jedoch nicht heilen konnten.

    Aber so gut diese Medizin auch wirkte, umso teurer war sie und der kleine Haushalt, der von Xelrams Lohn bei der Stadtwache lebte, hatte nicht genug Mittel um stets genug Medizin im Haus zu haben.

    Wie Fleur richtig bemerkt hatte, sparte Xelram bei sich.

    Er hatte seit Tagen nichts gegessen und sich auch sonst nichts gegönnt, all seine Habe gab er für seine Schwester aus.

    Dies alles zehrte an ihm und seinen Kräften, doch er wollte und konnte nicht aufgeben.

    Fleur war für ihn alles, jetzt wo seine Eltern verstorben waren mehr denn je.

    Der junge Magus liebte seine Schwester, er liebte sie fast abgöttisch, vielmehr, als es gut war.

    Er merkte es selbst in sich, das dieses Sehnen nach seiner Schwester schon einige Zeit über die gesellschaftsfähige Geschwisterliebe hinaus ging.

    Doch verbannte er diese Gedanken, die ihn selbst schreckten, tief in seinem Unterbewusstsein und wollte sie selbst nicht wahrhaben.

    Er strich Fleur eine blonde Strähne aus dem Gesicht und betrachtete mit sorgenvollem Blick ihr schlafendes Gesicht.

    "Du wirst nicht sterben geliebte Schwester." flüsterte er sanft und gab ihr einen gehauchten Kuss auf die Lippen, ohne das sie davon erwachte.

    Er erhob sich vom Bettrand und sah noch einmal kurz auf das schlafende Mädchen, ehe er den kleinen Kerzenstummel, der noch brannte mit sich nahm und den Raum leise verlies.

    Als er die Treppen ins Untergeschoss nahm bemerkte er, das das Geländer etwas staubig war.

    Er seufzte und machte sich selbst Vorwürfe, das er nicht dazu kam, den Haushalt ordentlich zu führen.

    Doch hatte er dafür schlicht keine Zeit, er verwendete seine Energie nur auf zwei Dinge.

    Die erste und wichtigste war dabei Fleur und ihr Wohlergehen und die zweite war seine magische Karriere.

    Er verbrachte Stunden mit seinen Studien und seinen Lesungen in der großen Akademie der violetten Zitadelle.

    Er war sehr stolz darauf, das er es als Bürgerssohn so weit gebracht hatte, doch hatte er dafür auch stets hart gearbeitet.

    Sein Talent war beachtlich und die Kirin Tor hatten ihm ein Stipendium ermöglicht, dessen er sich stets als würdig erweisen musste.

    Seine Erfolge in der arkanen Magie waren derart begnadet gewesen, das man ihn vor seiner Zeit zu den Streitkräften der Stadtwache versetzt hatte, um praktische Erfahrungen zu sammeln.

    Zwar konnte Xelram das zusätzliche Gehalt, das er bei der Stadtwache bekam mehr als gut gebrauchen, doch schrenkte diese neue Tätigkeit seine Zeit noch mehr ein.

    So hatte er in den letzten Tagen nicht nur nichts gegessen, sondern auch kaum geschlafen.

    Doch er wollte weiterkommen, wenn er ein Agent der Kirin Tor werden würde, hätte er es geschafft:
    Eine gut bezahlte Stellung, eine respektable Berufung und viele Privilegien und Sonderrechte.

    Als Kirin Tor würde er sehr gut für Fleur sorgen können, dem war er sich sicher.

    Und er studierte die magischen Künste nicht nur für seine Karierre, nein sondern auch für seine Schwester.

    Da die Priester und die Medizin seiner kleinen Schwester scheinbar nicht helfen konnten, hatte er begonnen einen magischen Weg für ihre Heilung zu suchen.
    Bisher leider ohne nennenswerten Erfolg.

    Er öffnete eine knarrende Tür im Erdgeschoss, die in einen kleinen Keller führte.

    Es war stickig im Untergeschoss uns stank nach Schwefel und anderen Chemekalien, dennoch wagte es Xelram nicht, das kleine Fenster am oberen Rand der Kellerwand zu öffnen.

    Der junge Magus hatte sich im Untergeschoss ihres Familienhauses ein kleines Labor eingerichtet.

    Früher hatte er hier nur kleine Experimente vorbereitet, die er für sein Studium gebraucht hatte, doch nun verwandte er es um nach einem Heilmittel für Fleur zu suchen.

    Er hatte Unmengen von Büchern aus allen möglichen Geschäften und Bibliotheken erstanden, die sich nun überall im Raum verteilten.

    Einige waren an bestimmten Stellen aufgeschlagen, andere mit Vermerken und Mutmaßungen beschriftet und andere resigniert in Ecken geworfen.

    Viele Flüssigkeiten, Beutelchen und Gerätschaften bevölkerten den Raum und ließen ihn fast wie die Heimstatt eines Erzmagiers in einem hohen Zinnenturm erscheinen.

    Doch egal welche Bücher Xelram durchsucht hatte:
    Schriften der Hochelfen, Abhandlungen der Priester, Enzyklopidien der arkanen und der spiritistischen Magie.

    Alles war umsonst gewesen.

    Er hatte sich auch Rat von seinen Lehrmeistern und von anderen Studienkollegen geholt und diese hatten ihn auch nur gesagt, das er vergeblich suchen würde.

    Doch durch seine Hartneckigkeit, ja seine Besessenheit etwas zu finden, hatte er in der Akademie schon lange den Ruf eines Irren.

    Sie verstanden den Schmerz nicht, den er jedesmal durchlebte, wenn er die müden Augen seiner Schwester sah.

    In Gedanken an Fleur machte Xelram immer weiter.

    Auch diese Nacht hatte er wieder vor durch zu arbeiten, egal wie müde und hungrig er war.

    Er verdrängte den Ruf seines Körpers nach Entspannung, der schon fast schmerzte und setzte sich wieder an ein großes in schwarzes Leder gebundenes Buch.

    Auf dem Buch stand "Arkane Bannkreise und deren Ausrichtung und Verwendung", doch als er den schwarzen Einband aufschlug kam ein anderer Buchtext auf der ersten Seite zum Vorschein.

    Xelram überraschte das nicht, hatte er doch selbst in der großen Bibliothek von Dalaran dieses Buch in einen anderen, falschen Einband gelegt.

    Denn als er in den Bibliotheken des Stadtstaates, nach magischen Abhandlungen gesucht hatte, hatte er jemanden kennen gelernt.

    Es war ein älterer Magier gewesen und Xelram hatte ihm eigentlich aus dem Weg gehen wollen, denn an der Akademie ging das Gerücht um, das der alte Magier ein Hexer sein sollte.

    Doch all seiner Vorsicht zum Trotz, war es dieser alte Mann selbst, der Xelram angesprochen hatte.

    Sie hatten sich zuerst über etwas banales wie den Studienplan unterhalten, doch dann hatte der vermeintliche Hexer Xelram´s Schwester angesprochen.

    Er habe gehört, das Xelram nach magischen Heilmitteln suchen würde, hatte er gesagt und versicherte dem jungen Magier, das er dessen Trachten nach einem Heilmittel gut nachvollziehen könnte.

    Xelram hatte dem Mann auf keinen Fall vertraut, doch war er bereit jeden Strohhalm zur Rettung seiner Schwester zu ergreifen.

    Der alte Mann hatte ihm letztlich von einem Buch erzählt, ein Buch, das zu den grenzwertigen Schriften in der Bibliothek gehörte.

    In der Magiokratie war Hexerei bei Todesstrafe auf dem Scheiterhaufen streng verboten und so wurden auch alle Schriften mit hexerischem Inhalt verbrannt.

    Doch gab es auch Bücher mit grenzwertigem Inhalt, diese durften jedoch nicht aus dem Bibliotheken entfernt werden und standen meist nur höher gestellten Personen zur Verfügung.

    Xelram war davon angestachelt, denn der alte Mann hatte ihm versichert, das die dunkleren Formen der Magie mehr Möglichkeiten boten, die ihm helfen würden.

    Er hatte daher einen einfachen, aber raffinierten Plan gefasst.

    Er hatte das besagte Buch einfach in einen falschen Einband eingelegt und dieses dann aus der Bibliothek ausgeliehen.

    Nun schlug er besagtes Buch auf, der Inhalt lautete "Von okkulten Künsten, Beschwörungen, Abschwörungen und Bannkreisen in der modernen Arkanologie".

    Offiziell war das Werk eine Sammlung von Bannkreisen und Beschwörungen von Elementarwesen, gespickt mit Beschreibungen zur Abwehr von dämonischen Künsten.

    Jedoch, wenn man wusste nach was man suchte, konnte man aus den niedergeschriebenen Zeilen auch Praktiken eben dieser Dämonenmagie herauslesen.

    Der Autor hatte es durch diese raffinierte Schreibweise geschafft dem Index zu entgehen.

    Xelram hatte einige kleinere Zauber ausprobiert, so konnte er Dunkelheit hervorrufen, dunkle Energien kanalisieren und Bannkreise ziehen.

    Schon allein mit diesem Wissen würde er auf der Straße schon nun als Hexer gelten und dieses Wissen würde ihm und sicherlich auch seiner Schwester das Leben kosten.

    Deshalb hielt er alles was er tat streng im Verborgenen, nicht einmal Fleur wusste, was ihr Bruder im Keller so alles tat.

    Sie wusste nichts von den schwarzen Ritualen, den Bannkreisen, Pentagrammen und gefangenen kleinen Tieren wie Ratten, deren Blut sich Xelram bediente.

    Bisher hatte er zwar ein, zwei Zauber gefunden, die ihn interessierten.

    Wie eine magische Teleportation, indem man sich in Schatten verwandelte oder einen Angriffszauber.
    Doch nichts, was Fleur geholfen hätte.

    Einige Zaubertränke hatte er ausprobiert.
    er gab sie den Ratten, irgendwelchen Bettlern auf der Straße, die dafür ein paar Münzen sehen wollten oder testete sie an sich.

    Bisher hatten sie aber alle nicht den gewünschten Effekt gezeigt oder hatten unschöne Nebenwirkungen, wie Brechreiz und Fieberanfälle zur Folge gehabt.

    Nur ein Zauber hatte Xelrams Interesse erweckt, es war ein Zauber der beschrieb, wie man Lebewesen Lebensernergie entziehen konnte um sie sich selbst einzuverleiben.

    Der junge Magier oder besser Hexer verfiehl dem Gedanken, das er den Zauber umkehren könnte um Fleur von seiner eigenen Lebensenergie zu spenden.

    Und so sass er nun Nächtelang über diesem Buch und seinen Gerätschaften um den Zauber zu begreifen und ihn für seine Zwecke zu verändern.

    Wieder las er eine Passage nach und nahm sich eine große Phiole.

    Laut ließ er die Zutaten für den Trank vor, während er sie in die Phiole gab.

    "Schwefel, Blutdisteln, Silberblatt ... Fledermausblut." er stockte, denn er hatte keine Fledermäuse.

    "Mal sehen, ob es auch mit Rattenblut funktioniert." murmelte er in Gedanken, als er zu einem kleinen mit einer Decke abgedeckten Käfig ging.

    Es quikte und raschelte in ihm und als er die Decke wegzog tummelte sich ein Dutzend Ratten im Käfig.

    Er wählte sich eine davon, die heftig nach ihm kratzte und biss, als er sie aus dem Käfig hob, doch machte Xelram das ganze scheinbar nichts aus.

    Mit einem schnellen Hieb eines vorbereiteten Messers war der Widerstand der Ratte gebrochen und der blonde Hexer träufelte ein paar Tropfen des Lebenssaftes in die Phiole.

    Er rührte es um und sprach dabei dunkle Worte, die er zwar nicht verstand, aber aus dem Buch entnehmen konnte.

    Es gab eine Reaktion, das Gebräu brodelte und verfärbte sich.

    "Der Trank sollte nach der Prozedur eine bernsteinfarbene Färbung aufweisen ..." las Xelram und sah dann missmutig auf das Gebräu vor sich.

    Es war nämlich aschgrau.

    "Verdammt!" fluchte er und legte seinen Kopf erschöpft in seine Hände.

    "Fleur." wisperte er "Ich schaffe es! Ich muss es schaffen!"

    Und während er es sich noch selbst schwor erlosch der letzte Rest der Kerze und er blieb in der Dunkelheit des Kellers zurück.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 03.02.2008, 20:11


    Wunder

    Er konnte hören, wie er ihm die Nase brach.

    Der gellende Schrei des Rotwelschen dröhnte durch die Seitengasse im Armenviertel Dalarans, als er sich seine zertrümmerte Nase hielt.

    Gringoire senkte grinsend die blutige Keule, mit der er seinem Gegner gerade verstümmelt hatte und sah vergnügt zu, wie dieser versuchte vor ihm davon zu laufen.

    Jedoch kam er nicht weit, denn die Komplizin des Buckligen hatten ein paar schlagkräftige Argumente um ihn davon abzuhalten.

    Unter einem schmerzvollen Stöhnen, stürzte der Rotwelsche mit der gebrochenen Nase auf den Boden, wo er auf den leblosen Körper eines seiner Bandenmitglieder fiehl.

    Wieder war eine Schlägerei vorbei und Gringoire und sein Stoßtrupp der Spötter hatte diese Bandenschlacht mal wieder für sich entschieden.

    Während einer der Spötter den Kopf des am Boden liegenden Rotwelschen unsanft an den Haaren hinaufzog, lehnte sich der Gnom zu diesem herab.

    "Wann kapiert ihr endlich, das das unser Revier ist?" fragte Gringoire den Rotwelschen, der schon fast der Ohnmacht nahe war.

    Dabei wusste der Gnom, das das nicht stimmte, denn sie befanden sich im Terrain der Bande, die sie gerade aufgemischt hatten.

    Doch für die Spötter war ganz Dalaran ihr Schlachtfeld und Narbengesicht der einzig wahre Anführer und Bettlerkönig.

    Seit Dekaden hatte es keinen Rotwelschenführer mehr gegeben, der von allen Banden akzeptiert worden war, doch alle Zeichen deuteten daraufhin, das Narbengesicht bald den Titel des Bettlerkönigs annehmen würde.

    Die Spötter kontrollierten bereits den Hauptteil des Armenviertels, strategische Punkte in der Stadt und Teile des Umlandes.

    Viel fahrendes Volk hatte sich dem Heer der Spötter angeschlossen und ganze Banden hatten sich ihnen unterworfen.

    Nur wenige stellten sich noch gegen Narbengesicht und diese wurden Stück für Stück ausgelöscht.

    Als der Mann mit der gebrochenen Nase nur Röcheln konnte und nicht mehr fähig war zu antworten, verlor Gringoire das Interesse an ihm.

    "Bringt ihn um." befahl der Gnom und die umstehenden Spötter grinsten grausam, als sie begannen ihren Feind zu Tode zu knüppeln.

    Der Bucklige achtete nicht auf die Schreie und das Geräusch von splitternden Knochen, als er sich zu seiner Beute umwandte.

    Sie hatten der feindlichen Bande eine Lieferung abgenommen und Gringoire war sehr erfreut als er erkannte, was in den kleinen Holztruhen lag.

    Rauschgift.

    Der Handel mit Drogen war einer der gefährlichsten und am stärksten umkämpften in der Stadt und mit dieser Ware könnten die Spötter sich sicherlich für den gesammten nächsten Monat finanzieren.

    Gringoire selbst rührte von dem Rauschgift nichts an, er sah es als Schwäche, sich durch diese Drogen zu berauschen.

    Doch andere mit diesen Mitteln gefügig zu machen, das war eine seiner bevorzugten Techniken.

    So wusste der Gnom allzu gut, das ein Süchtiger für eine kleine Handvoll des Pulvers töten würde und jeden Befehl ohne zu fragen ausführen würde.

    Sehr zufrieden mit sich und seinem Erfolg, ließ er die Beute zusammensuchen und machte sich mit seinem Trupp auf, zurück zu Narbengesicht.

    In einer der unzähligen Gassen der Stadt stiegen sie in die Kanalisation hinab und durchwanderten ein herrunter gekommenes System von Kanälen und Katakomben.

    Sie kamen in einen Bereich, der dereinst wohl als unterirdischer Friedhof oder etwas ähnliches genutzt worden war.

    Denn neben gepflasterten Steinböden und hohen Steinwänden lagen hier und dort im Untergrund Gruften und Mausolen verborgen.

    Doch waren diese Überbleibsel älterer Generationen wohl schon lange vergessen, denn als einer der Spötter diesen Ort entdeckt hatte, war er herrunter gekommen und verwahrlost gewesen.

    Narbengesicht war über diesen Zufall sehr erfreut gewesen, er ließ den Ort, der fast wie ein unterirdischer Platz anmutete herrichten und machte ihn zum Hauptquartier der Spötter.

    Ein solches Nest war in Dalaran einzigartig, so gut versteckt, so trocken und leicht zu beheizen.

    Ein perfekter Ort für den König der Bettler, so dachte auch Gringoire.

    Die Spötter hatten es sich hier schon gemütlich gemacht und begonnen bunte Wagen und Aufbauten anzubringen.

    Feuerstellen wurden geschaffen und erste Wohnnischen aus Holz errichtet, während begonnen wurde, die Außenbereiche des Versteckes zu befestigen.

    Narbengesichts Erfahrung als Söldner und sein Leben in befestigten Lagern kamen ihm hier zu gute.

    Auch war schon einiges fahrendes Volk, Bettler und Rotwelschen in das Versteck gekommen, die sich den Spöttern angeschlossen hatten und sich hier sichtbar wohlfühlten.

    Es war schon fast ein paradisischer Ort der Ruhe und der Sicherheit für die auf der Straße lebenden und gejagten Rotwelschen.

    Das Hauptquartier der Spötter zeigte einen Ort, ein Königreich der Armen, das dereinst als das Sanktum der Wunder bekannt werden sollte.

    Gringoire schritt in die Mitte des Versteckes, wo ein großes Lagerfeuer Licht und Wärme spendete und die Spötter und ihre Gäste lachend und feiernd beisammen saßen.

    Narbengesicht hatte es sich wieder auf einem großen Aufbau aus Kisten gemütlich gemacht.
    Er hielt nicht viel von Stühlen und Komfort, sondern mochte es lieber einfach.

    Einige Tänzerinen umschwirrten ihn, bei deren weiblichen Rundungen Gringoire neidisch zu seinem Boss sah.

    Doch dieser schien davon unbeeindruckt, als würden ihn die Frauen garnicht interessieren.

    Der Gnom grinste als er näher kam und rief den Rotwelschinen zu "Vergeudete Liebesmühe ihr Schönheiten! Der Boss hat andere Vorlieben!"

    Narbengesicht schmunzelte in Richtung seines ersten Offiziers, als die Frauen murrten und sich langsam entfernten.

    "Sie mal was ich habe Boss!" grinste Gringoire und stellte eine der Holzkisten vor Narbengesicht ab, der den Deckel öffnete und garnicht glücklich aussah.

    "Was willst du mit diesem Dämonenzeug Gringo?" Fragte der Anführer der Spötter "Du weißt genau, das ich es nicht ausstehen kann! Und noch weniger damit zu tun zu haben!"

    Der Gnom grinste noch etwas mehr "Ja ich weiß Boss, überlass die Sache einfach mir! Ich werd das Zeug schon gewinnbringend unter die Leute bringen."

    "Nun gut Gringoire." stimmte Narbengesicht zu und verzog sein Gesicht wieder zu einem Grinsen, das durch seine zahlreichen Narben mehr als furchterregend aussah.
    "Ich verlass mich da ganz auf dich, so wie immer."

    Der Bucklige schätzte das Vertrauen, das ihm sein Anführer entgegenbrachte sehr, die beiden waren schon seit Jahren ein eingespieltes Gespann.

    "Wie sieht es im Viertel aus?" wollte der Spötter-Fürst dann wissen, während er sich eine Pfeife anzündete.

    "Sehr gut Boss! Wieder eine Bande weniger, nicht mehr lange und es gibt niemanden mehr, der uns in die Quere kommen wird." grinste der Gnom.
    "Außer vielleicht die Stadtwache."

    Narbengesicht lachte auf, als die Stadtwache erwähnt wurde "Was glaubst du, wozu wir sie bestechen? Solang wir uns ein wenig zurück halten, werden die ihre Pfoten schön still halten."

    "Und die nächsten Tage kümmern wir uns um unseren Einfluß im Umland." grinste Narbengesicht bösartig, während er einen Rauchring aus seinem Mund gleiten lies.
    "Ein paar der Banden vor den Stadttoren und die Bauern müssen schließlich auch noch sehen, wer hier die Hosen an hat!"

    Gringoire und Narbengesicht fiehlen beide in ein schallendes Gelächter, das die Aufmerksam der Spötter auf ihre Anführer lenkte.

    Einer ihrer Männer rief betrunken lallend "Ne Rede Boss! Ne Rede!"

    Die anderen Spötter nickten und auch einige der Rotwelschen, Bettler, Straßenjungen und Blumenverkäuferinen stimmten in den Ruf mit ein.

    Narbengesichts Faszination ging nicht nur von seiner Stärke aus, auch wie er die Dinge betrachtete, hatte die Spötter an ihn geschweißt.

    Narbengesicht drückte seine Pfeife aus und erhob sich grinsend "Schon gut, schon gut. Ihr wollt ne Rede? Dann sollt ihr eine bekommen!"

    Er kletterte auf den Kistenstapel und überblickte seine Leute.

    Gringoire war nun ganz Ohr, er teilte Narbengesichts Auffassungen und sah ihn als großen verehrungswürdigen Anführer.

    "Meine Kameraden!" begann Narbengsicht "Ihr wisst, das ich ein Söldner bin, ein Raubein, ein Raufbold, eben ein verdammt streitlustiger Geselle!"

    Einige der Spötter lachten dazu zustimmend, ehe ihr Boss fortfuhr "Und einige von euch wissen das, weil sie mit mir in meiner Söldnerbande gekämpft haben ... oder auch gegen uns!"

    Er beugte sich leicht herab zu seinen Zuhöhrern "Jahrelang haben wir gekämpft für die Magiokratie und ihre parfümierten Herren! Gegen Trolle, gegen Gnolle! Gegen andere Nationen!"

    "Und wie haben sie es uns gedankt?!" spie er zu seinen Zuhörern aus, die ihn beipflichteten.

    "Rodrick." sprach Narbengesicht einen Mann in der ersten Reihe an "Hast du dein Bein nicht in der Schlacht in Arathi für Dalaran verloren?"

    Der Mann nickte und Narbengesicht wandte sich gleich an den nächsten "Und hast du nicht, eines deiner Augen büßen müssen, als wir gegen die Trolle zogen?"

    Der Mann hob demonstrativ seine Augenklappe und man konnte die leere Augenhöhle sehen.

    "Und was bekamen wir dafür?" wiederholte der Anführer der Spötter seine Frage.

    "Einen Sold, der nicht mal für einen Monat reichte! Und danach wurden wir fortgejagt und geschmäht, weil wir ja nicht kultiviert genug sind!" er spuckte, als er das Letzte aussprach.

    "Und ihr!" er zeigte auf die Bettler und Rotwelschen aus der Stadt.
    "Habt ihr nicht für einen Hungerlohn gearbeitet? Wer bestellt ihre Felder? Wer errichtet ihre Häuser? Wer hält diese lichtverdammte Stadt am Laufen?!"

    Die Spötter und Rotwelschen schrien alle gleichzeitig "Wir!"

    "Genau!" stimmte Narbengesicht zu "Und was tun sie? Die Herren und Damen mit ihrem Silberbesteck?! Sie sperren euch weg! Sie jagen euch wie Tiere!"

    "Während sie mit ihrer hochheiligen Magie Wunder vollbringen in ihren Sankten." fuhr der narbige Rotwelsche fort "Und Essen und Gut verschwenden, verhungern eure Kinder auf der Straße!"

    Eine der Bettlerinen drückte ihre kleine Tochter näher an sich und horchte wieder wie gebannt auf die Worte des ehemaligen Söldners.

    "Doch jetzt ist es genug!" schrie Narbengesicht "Jetzt sind wir da! Und wir werden uns nehmen was uns zusteht!"

    Die Spötter gröllten bei diesen Worten.

    "Bald gehört uns diese Stadt! Und dann werden wir schlemmen!" er machte eine schweifende Geste und bedachte damit den gesammten unterirdischen Platz.

    "Haltet zu mir ..." sprach er nun ungewohnt ruhig "Und ich verspreche euch, ihr werdet es erleben! Wir werden ein eigenes Sanktum haben."

    Er grinste selbstzufrieden "Ein Sanktum voller Wunder!"



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 05.02.2008, 18:14


    Das Feuer

    "Gestern war ein schöner Tag!" lachte er, während er das letzte Stück Brot herrunter schlang.

    "Schön wenn es dir gefallen hat mein Sohn." lächelte der Müller, als er sich vom Frühstückstisch erhob und Claude durch das Haar wuschelte.

    Der Junge nickte eifrig "Vorallem der Puppenspieler hat mir gefallen!"

    Seine Mutter lächelte zustimmend "Ja, das war wirklich schön."

    "Claude." sprach dann sein Vater, als er sich die Stiefel anzog "Gehst du schonmal vor aufs Feld? Und nimm Phillipe mit."

    Der Müllerssohn sprang auf und grinste "Ja Papa."

    Als er sich seinen Mantel schnappte, umarmte er noch einmal seine Mutter und drehte sich nur nochmal in der Türe um "Hab euch lieb."

    Seine Eltern schmunzelten, als sie ihm nachsahen und sich dann selbst einen liebevollen Blick zu warfen.

    Claude derweil lief durch die kühle Morgenluft direkt zu einer kleinen Scheune, die auf dem Gehöft seines Vaters lag.

    Dort wurde der Weizen gelagert und auch die Mehlsäcke, ehe sie verarbeitet wurden oder in die Stadt gebracht wurden.

    Und hier hatte auch Phillipe seinen Stall.

    "Morgen Phillipe." rief Claude vergnügt, als er den behelfsmässigen Stall betrat und der große Schecke den Jungen schon erwartungsvoll anschnaupte.

    Der Müllerssohn striegelte seines Vaters Pferd noch kurz, ehe er zu den Zügeln griff und sie gewand anbrachte.

    Phillipe war zwar schon ein altes und verbrauchtes Pferd, aber auf dem Feld noch immer eine große Hilfe.

    Und für Claude war es immer ein besonderes Vergnügen, den alten Gaul reiten zu dürfen.
    Er konnte es zwar noch nicht sonderlich gut, aber sein Vater hatte ihm schon alle Grundlagen beigebracht.

    Gemütlich ließ der Müllerssohn den Schecken auf das nahe Feld traben, wo noch viele Weizenbündel darauf warteten abtransportiert zu werden.

    Auch der alte Karren, den sein Vater am Vortag auf das Feld gebracht hatte, stand noch an seinem Platz.

    "Bis Vater kommt, können wir noch ein wenig üben." grinste Claude zu seinem Reittier und gab Phillipe die Sporen.

    Das Pferd wechselte daraufhin in einen raschen Gallop und Claude hatte ein wenig Mühe, es auf dem Schotterweg, der neben dem Feld verlief zu halten.

    "Brr ... Brr." meinte der Junge sanft und langsam beruhigte sich der Schecke wieder.

    Der Müllerssohn ließ ihn noch bis zum Ende des Feldes traben, wo er das Pferd umwenden ließ.

    Als Claude´s Blick wieder zurück in Richtung Mühle glitt, war etwas anders, es waren auf einmal mehr Wolken als vorher am Himmel zu sehen.

    Und diese schwarzen Wolken, die fast nach Gewitter aussahen, schienen von der Mühle aufzusteigen.

    "Wolken?" der Junge sprach leise, als wollte er seine Gedanken ordnen "Rauch!"

    Als dieser Gedanke in ihm überhand nahm, gab er Phillipe wieder die Sporen und gallopierte zurück zur Mühle.

    Seine schreckliche Vorahnung hatte sich bestätigt.

    Er sah voller Schrecken im Blick, wie der schwarze Rauch vom Haus seiner Eltern aufstieg, dessen Strohdach Feuer gefangen hatte.

    Langsam breiteten sich schon die Flammen aus und drohten auf die Flügel der Mühle über zu greifen.

    "Claude! Flieh!" schrie die Stimme seiner Mutter zu dem Müllerssohn und er wandte seinen Blick ab von den Flammen, die ihn gefesselt hatten.

    Über ein Dutzend fremder Gesalten in bunter und fremdartiger Kleidung standen um das Haus herum.

    Einige hielten noch Fackeln in der Hand, andere sahen nur belustigt zu ihm auf.

    Er konnte Freude an dieser ganzen Situation in ihren Augen sehen und eine Furcht kam in ihm auf.

    Seine Eltern standen zwischen dem brennenden Haus und den Angreifern, der Müller hatte seine Frau fest in die Arme geschlossen, in einer schützenden Geste.

    "Er hat uns gesehn!" schrie eine kleine Gestalt, ein rothaariger Gnom, der aus der Masse der Angreifer heraus trat und auf Claude zeigte.

    "Schnappt ihn euch!" schrie Gringoire und noch ehe Claude reagieren konnte, wurde er unsanft vom Rücken des Pferdes gezogen.

    "Mein Sohn!" schrie der Müller und wollte schon durch die Angreifer laufen, doch ein Hüne von einem Mann schlug ihm hart ins Gesicht und der Müller stolperte zurück.

    Während die Müllersfrau sich zu ihrem Mann kniete grinste der Hüne mit den unzähligen Narben im Gesicht kalt "Tja ... ihr hättet euch uns einfach nicht widersetzen sollen Müller."

    Claude strampelte mit den Füßen und schrie, doch es nutzte nichts, der Rotwelsche der ihn hielt, war einfach zu stark.

    Unsanft bedeckte er den Mund des Jungen und dieser sah mit vor Furcht und Schrecken geweiteten Augen zu seinem Peiniger auf.

    Der Müllerssohn stockte.

    Der Rotwelsche hatte eine große Nase, schwarze geringelte Haare und war dunkelhäutig.

    Claude erkannte ihn sofort. Es war der Puppenspieler vom Vortag.

    Kalt und finster grinste der Puppenspieler den Jungen an, ehe er sein Kinn packt und ihn so zwang zum brennenden Haus zu sehen.

    "Jetzt ist es zu spät ..." begann Narbengesicht "Ihr wollter ja nicht hören ... letztes Mal, als ich hier war, habt ihr mich schon weggejagt ..."

    Der Müller atmete schwer und konnte kaum aus den Augen sehen, während er sich das blutende Gesicht hielt.

    Seine Frau hatte begonnen zu weinen, während sie sich an ihren Ehemann klammerte, aber immer nur zu ihrem Sohn starrte.

    Claude erwiederte den Blick seiner Mutter, er konnte die Angst und die Verzweiflung in ihrem sonst so sanften Anglitz sehen und ihm kamen die Tränen.

    Er wollte nach ihr rufen, zu ihr laufen, doch konnte er nichts tun, nur die Tränen kullerten sein Gesicht herab.

    "Ihr wolltet nicht für unsere Sache zahlen." stellte Narbengesicht fest "Aber jetzt bezahlt ihr!"

    "Gringoire!" schrie der Anführer der Spötter und der Gnom trat mit zwei großen Rotwelschen vor und betrachtete die Müllersfamilie.

    Claude´s Mutter ließ sich nach vorne fallen und klammerte sich an die Kleidung des Gnoms "Bitte! Bitte so habt doch erbarmen!"

    Gringoire sah noch einmal zu seinem Anführer, man konnte dem Buckligen ansehen, das er mit der Situation nicht allzu zufrieden war, doch dieser schüttelte nur ernst den Kopf.

    "Dann ..." fuhr die Müllersfrau fort, während ihr Mann nicht sprechen konnte "Dann verschont wenigstens unseren Sohn."

    Gringoire senkte kurz den Blick, er sah nicht mehr zu Narbengesicht ehe er leise antwortete "Er wird nicht sterben, dafür sorge ich."

    Dann gab der Gnom ein Zeichen und die Rotwelschen hievten den Müller und seine Frau auf.

    "Claude! Claude!" rief die Müllersfrau "Wir lieben dich!"

    Claude schüttelte heftig unter Tränen den Kopf und der Griff des Puppenspielers löste sich leicht, so das er seinen Mund frei bekommen konnte.

    Noch bevor der Rotwelsche seinen Mund wieder verschließen konnte, vermochte er "Mama! Papa!" zu rufen, doch mehr konnte er nicht herausbringen.

    Die Flammen griffen gerade auf die Flügel der Mühle über, als Claude´s Eltern von den Rotwelschen in die Flammen gestoßen wurden.

    Ihre gellenden Schreie durchfuhren die Luft, während die Mühle nun lichterloh brannte und ihre Flügel wie die flammenden Schwingen eines Dämons anmuteten.

    Claude war wie gebannt von dem Anblick der Flammen und den Schreien seiner Eltern.

    Seine Tränen versiegten, während er nach ihnen rufen wollte, sich wehren wollte, jedoch nicht konnte.

    Seine Verzweiflung, seine Angst wurde immer größer, als er vollends begriff, das es schon zu spät war.

    Während Narbengesicht und einige andere Rotwelschen - darrunter der Puppenspieler - begannen zu lachen, entwich dem Knaben langsam seine Kraft und er drohte in Ohnmacht zu fallen.

    Narbengesicht kam lachend auf den Puppenspieler und den gefangenen Jungen zu, seine Augen hatten dabei einen fast raubtierhaften Glanz.

    Ehe Claude in Ohnmacht fiehl, prägte er sich das Gesicht dieses Mannes ein.

    Niemals sollte er es vergessen, das narbige Gesicht des Mörders seiner Eltern.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 09.02.2008, 19:22


    Stärke

    Er kam leise ins Zimmer.

    Xelram atmete durch, als er alles so vorfand, wie er es verlassen hatte.

    Eine neue Kerze brannte in seiner Hand und warf ihre kleinen Schatten auf die Wände und die schlafende Gestalt von Fleur, die noch immer ruhig im Bett lag.

    Der junge Hexer konnte nur schlecht in der Düsternis sehen und er ging ruhig zum Bettrand.

    Dort stellte er fest, das Fleur die Augen geöffnet hatte und wohl garnicht schlief.

    "Verzeih Schwesterherz, ich habe dich wohl geweckt." sprach er sanft und setzte sich an den Bettrand.

    Doch seine Schwester blieb stumm und ruhig liegen.

    "Geht es dir nicht gut Schwester?" der junge Magus griff nach Fleur´s Hand und mit Schrecken musste er feststellen, das die kleine Hand des Mädchens eiskalt war.

    Er starrte seiner Schwester ins Gesicht und erkannte, das die weitaufgerissenen Augen von Fleur tot waren.

    Ihm kamen die Tränen und eine schier endlose Verzweiflung stieg in ihm hoch, als er der toten Fleur leicht über die Wange strich.

    Er wollte sich zu ihr beugen um sie zu küssen, als der tote Leib sich plötzlich ruckartig zu ihm umwandte.

    Mit einem erstickten Schrei erwachte Xelram aus seinem Alptraum.

    Er sah sich verwirrt um und erkannte, das er tatsächlich in Fleur´s Schlafzimmer war.

    Er war am Bettrand eingeschlafen und rieb sich kurz die müden Augen.

    Mit Erleichterung erkannte er, das sein Traum wirklich nur ein Traum gewesen war und seine Schwester, friedlich, jedoch etwas unruhig im Bett schlief.

    Er konnte ihren leichten Atem hören und empfand es als das schönste Geräusch der Welt.

    Xelram atmete tief durch und lächelte kurz sanft, als Fleur leicht ihre Augen öffnete.

    Sie sagte nichts, sondern schenkte ihrem Bruder ein kurzes, aber sanftes Lächeln.

    "Hattest du wieder einen Alptraum?" fragte sie mit zittriger Stimme, die ihre Krankheit nicht verschweigen konnte.

    Er nickte leicht und drückte ihre Hand, die wie er mit Glück feststelle warm und zärtlich war.

    "Irgendwann wird es aber passieren." sprach Fleur ruhig, sie hatte sich damit abgefunden, das ihr Leben bald enden würde, auch wenn ihr Bruder das nicht wahr haben wollte.

    Sie legte ihre freie Hand an seine Wange und sprach aufrichtig "Du bist stark Bruder, du wirst es schaffen."

    Er schüttelte leicht den Kopf und drückte ihre Hand "Sag soetwas nicht, ich liebe dich Schwesterherz."

    "Und ich liebe dich." lächelte sie und sank dann wieder erschöpft in ihre Kissen.

    Xelram fuhr Fleur nocheinmal über die Wange, während diese schon wieder eingeschlafen war.

    Er hatte keine Zeit weiter zu verharren, auch wenn er es gern getan hätte.

    Es war schon spät und er hatte seinen Dienst bei der Stadtwache zu tun.

    Bei den Hütern des Gesetzes gab es derweil helle Aufregung.

    Die gefürchteten Spötter hatten die Armenviertel verlassen und am Morgen die Außenbezirke unsicher gemacht.

    Banden waren angegriffen und zerschlagen worden, Passanten belästigt und bedroht und Felder und Gehöfte niedergebrannt worden.

    Hauptmann Erland war höchstpersönlich an den Ort des Verbrechens geritten.
    Langsam nahm der Zustand Ausmaße an, die zu einem härteren und energischeren Handeln zwangen.

    Er überblickte die rauchende Ruine, die vollkommen abgebrannt war und seufzte, während er sich ein nasses Tuch vor den Mund hielt, um sich vor den Dämpfen zu schützen.

    "Das war so eine schöne Mühle ..." murmelte er, während er auf die herabgefallenen Mühlenflügel sah.

    Er ging ein paar Schritte in Richtung des niedergebrannten Gebäudes und einer der Soldaten wandte sich zu seinem Offizier.

    "Herr, wir haben zwei Opfer gefunden." sprach der Wachmann "Sie sind fast zur Unkenntlichkeit verbrannt, jedoch können wir sagen, das es sich um einen Mann und um eine Frau handelte."

    Erland nickte kalt und wandte seine Aufmerksamkeit auf zwei weitere Wächter, die gerade die beiden Leichen abtransportierten, sie sollten auf einem der vielen Friedhöfe der Magiokratie beigesetzt werden.

    In diesem Moment kam Xelram hinzu, der Magier sah verschwitzt und außer Puste aus, so hatte er sich beeilt und war dennoch viel zu spät.

    "Guten Tag Herr." sagte er kleinlaut "Verzeiht meine Verspätung."

    Erland machte eine abfällige Handbewegung und bedeutete Xelram ihm zu folgen "Eure Gewissenhaftigkeit lässt in letzter Zeit sehr zu wünschen übrig Junge."

    Xelram nickte nur beschähmt, während sein Vorgesetzter fortfuhr "Wie ihr seht, werden diese Rotwelschen immer dreister, sie führen sich auf als würde ihnen die Stadt gehören."

    Leider wussten sowohl der Hauptmann, als auch der junge Magier, das diese Aussage garnicht so falsch war, wie sie glauben wollten.

    "Herr." begann Xelram und schluckte dabei hörbar "Es heißt in der Truppe, das sie einen Spitzel bei uns haben ... oder gar jemanden bestechen."

    Erland fuhr erbost herum, er sah wütend aus und rang nach Haltung "Das ist eine infarme Unterstellung! Unter meinen Leuten gibt es keinen Verräter! Mit solchen Gerüchten ..."

    Er räusperte sich und beruhigte sich wieder etwas "Mit solchem Gerede, wollen sie nur die Bevölkerung gegen uns aufbringen."

    Xelram nickte eingeschüchtert, ob des Ausbruches seines Herren und unterließ es, dieses Thema nocheinmal anzusprechen.

    Der Tag zog dahin und während Erland und sein Trupp die Umgebung erkundeten, Zeugen vernahmen und nur wenig Erfolg in ihren Bestrebungen hatten, sank die Sonne am Horitzont herab.

    Die Turmglocken, der großen Kirchen und Kathedralen läuteten von Fern und zeigten damit an, das die großen Stadttore bald schließen würden und das Leben in der Stadt zu Ruhe kommen würde, jedenfalls beim ehrlichen Teil der Bevölkerung.

    Xelram wurde unruhig.
    Er wollte, nein er musste noch zu einem der Apotheker um Fleur´s Medizin zu erwerben, doch die Geschäfte würden kurz nach Sonnenuntergang schließen.

    "Herr." begann er schüchtern und ohne Kraft in der Stimme "Herr, es wird spät ... dürfte ich mich auf den Heimweg machen?"

    Erland, der gerade dabei war, eine Abschrift eines Berichtes zu lesen, antwortete ungehalten.

    "Nein, das dürft ihr nicht!" befahl er "Ihr seid zu spät gekommen und lasst eure Arbeit in den letzten Tagen immer mehr verkommen! Ihr werdet mit mir hier die Ermittlungen führen, bis ich sage, das ihr gehen dürft."

    "Aber Herr ..." wollte Xelram mit einer Spur Verzweiflung in der Stimme wiedersprechen, doch Erland hielt ihn davon ab.

    "Nichts aber!" sagte der ältere Mann im festen Ton "Das ist eure Pflicht."

    Xelram senkte den Kopf, seine Gedanken rasten und führten immer wieder zu seiner Schwester und das er die Medizin bekommen musste, egal was sein Herr sagte.

    Ohne weiter zu zögern, rannte er los und sprang auf eines der Pferde der Stadtwache.

    "Was zum?!" erboste sich sein Herr und rief ihm nach "Xelram! Kommt sofort zurück! Das ist ein Befehl!"

    Der junge Mann hörte das Geschrei nicht mehr, es war ihm auch egal, nur Fleur zählte für ihn.

    Er ritt das Pferd fast bis zur Erschöpfung und hätte fast ein paar Passanten niedergetrampelt, als er durch die Straßen der Magiokratie gallopierte.

    Die Apotheke kam in Sicht, die ganz nah an seinem Familienhaus lag und wo er immer die Medizin für seine Schwester erstand.

    Er sprang noch im Gallop vom Pferd, so das dieses weiter durch die Straßen trabte und bald verschwunden war und ging zur Eingangstür des alten Gebäudes.

    Doch wie er schon befürchtet hatte, war die Aptoheke bereits geschlossen.

    Heftig hämmerte er gegen die Türe "Macht auf! Bitte! So macht doch auf!"

    Doch es kam keine Reaktion.
    Egal wie sehr er schrie, wie oft er gegen die Türe hämmerte oder einen kleinen Stein gegen eines der Fenster warf.

    Das Haus blieb stumm und still.

    Langsam kam Verzweiflung in ihm auf, der sank vor der Türe auf die Knie und klopfte immer schwächer gegen sie.

    "Was soll ich jetzt nur tun?" flog seine wispernde Stimme über die leere Straße.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 10.02.2008, 18:47


    Das Märtyrium

    Leise verklang sein Wimmern.

    Es verklang in der schier endlos erscheinenden Finsternis um ihn herum.

    Nichts konnte er erkennen, kein Fünkchen Licht erhellte auch nur um das Geringste sein dunkles Gefängnis.

    Er wusste nicht, wie lange er schon hier war.
    Sein Verstand sagte ihm, das es noch nicht lange sein konnte, doch fühlte er sich, als wäre er schon seit Ewigkeiten in dieser Düsternis.

    Die Angst und die Verzweiflung hatte ihn schon öfter übermannt und immer wiederkehrende Panikattacken waren die Folge.

    Er hatte den Raum abgetastet.
    Nichts außer einer kleine Liege aus Stroh war in ihm und die Wände waren aus harten, kaltem und manchmal auch feuchten Stein.

    Sie hatten ihm nichts zu Essen gebracht und er verspürte auch keinen Hunger, dies war das einzige Indiz, das er wohl nur ein paar Stunden hier gewesen war.

    Er hörte nur manchmal Gewisper von Außerhalb und hatte Angst das sie kommen würden.

    Andererseits jedoch ersehnte er das Öffnen der Türe um endlich etwas Licht in der erdrückenden Finsternis zu haben.

    Er hatte um Hilfe gerufen, nur kurz, denn er erinnerte sich, das niemand mehr da war, der ihn hätte helfen können.

    Der Gedanke an seine Eltern trieb ihm die Tränen in die Augen, doch nun, nach endlosen Momenten des Weinens, hatte er keine Tränen mehr.

    Manchmal glaubte er Stimmen ganz nah an sich zu hören, Hände die ihn berührten und er glaubte nicht allein zu sein in seinem Gefängnis.

    Nach diesen Momenten der Panik wurde er jedoch wieder von dem Gefühl der Einsamkeit erdrückt.

    Es war wie ein ewiges Auf und Ab seiner Gefühle, die ihn schier wahnsinnig machten.

    Der Geist und der Verstand des kleinen Müllersjungen war mit dieser Situation überfordert.

    Er versuchte sich zurück zu ziehen, weg von all dem Schrecken und dem Leid, doch ließ sein Verstand dies nicht zu und klammerte ihn mit scheinbar unüberwindbaren Ketten an die Wirklichkeit.

    Er dachte über alles nach und erkannte, das sein Vater so recht gehabt hatte.

    Die Gaukler waren schlecht gewesen, sie hatten gelogen und ihn betrogen.

    Ihr Schauspiel, ihr Lachen, ihre freundlichen Gesichter.

    Es war alles nur Lüge gewesen, Täuschung und dieser Schock saß tief.

    Ihre grinsenden und lachenden Gesichter waren wie die von Dämonen gewesen, als sie ihn mit sich schleppten, ihn schlugen und letztlich die Augen verbanden, bis er in dieser Finsternis wieder aufwachte.

    Sie hatten seine Eltern getötet.
    Niemals wieder würde er das sanfte Gesicht seiner Mutter sehen, niemals wieder von seinem Vater im Arm gehalten werden.

    Und sie hatten gelacht, gelacht als sie es taten, es machte ihnen Freude.

    Sie waren wie Tiere, ja diese Erkenntnis reifte in seinem Inneren. Menschen hatten ein gutes Herz, das hatte ihm seine Mutter gesagt.

    Und wenn diese Menschen kein gutes Herz hatten, dann konnten sie keine Menschen sein.

    Nur dieser Gedanke verhinderte, das sein Weltbild nicht in sich zusammenbrach.

    Er hatte das Licht angefleht, um Hilfe, um Beistand, doch nichts war passiert.

    Wie konnte das heilige Licht nur so etwas zu lassen. Der Junge verstand es nicht, wie konnte so etwas geschehen.

    Um so mehr Claude über die Rotwelschen nachdachte, so mehr veränderte sich seine Angst zu Abscheu und seine Trauer in Wut.

    Er wollte mit ihnen tun, was sie mit seinen Eltern getan hatten, er wollte aus diesem Gefängnis heraus um sie zu richten.

    Richten, dieses Wort hatte er in den Geschichten, die ihm seine Mutter vorgelesen hatte, nie so recht verstanden.

    Gerechtigkeit, was war es, das man so nannte?

    Wie sollte man richten, wenn alle Menschen doch im Keim gut waren.
    Doch jetzt schien er zu verstehen.

    Es gab jene, die schlecht waren, die anderen böses antaten und jene zu strafen, sie zu bestrafen, das war Gerechtigkeit.

    Ein Gefühl kam in ihm auf, das er vorher niemals gekannt hatte, in der Zeit als er voller Glück über die Felder lief.

    Er hatte davon gelesen, doch hatte er es sich nicht vorstellen können, den Hass.

    Er brannte in ihm und war das Einzige, das seinen Geist nicht vernebelte, der jede Panik und jede Verzweiflung wegwischte und ihn für einen Moment klar denken ließ.

    Diese Gedanken waren dann immer kalt und berechnend, logisch und ohne Emotion, denn jede Emotion stieß ihn zurück in dem Abgrund aus Panik und Verzweiflung.

    Er versuchte jede Emotion zu verbannen, sie zu beherrschen und mit jedem Versuch und jeder erneuten Panikattacke, gelang es ihm besser.

    Es waren nur Stunden gewesen, die vergangen waren, doch in diesen Stunden in der ewigen Finsternis, die für den kleinen Jungen eine Ewigkeit waren, hatte er sich verändert.

    Diese Veränderung war gekommen wie ein Schock, sie war die Abwehrreaktion des kleinen Körpers gewesen.

    Der eiserne Wille zum Überleben.

    Claude hatte sich in eine der Ecken des dunklen Raumes zurück gezogen, er hatte die Augen geschlossen, er wollte die Dunkelheit nicht sehen.

    Er wollte die Augen nicht öffnen, um nichts zu sehen, denn das Nichts war schlimmer als jedes Grauen.

    Er fürchtete die Dunkelheit, die ihn umgab und ihn zu verschlingen suchte.

    Er glaubte zu spüren, wie sie nach ihm griff, an seiner Kleidung zog, an seinen Haaren, über seine Haut fuhr und vesuchte seine Seele zu ergreifen.

    Immer wieder murmelte er Gebete an das Licht, sich selbst dabei umarmend, auch wenn diese Berührung, die von ihm selbst ausging keine Geborgenheit und keinen Trost spenden konnte.

    Plötzlich gab es einen Luftzug und ein Schimmer zeigte sich vor seinen geschlossenen Lidern.

    Schwache Stimmen drangen an sein Ohr und er öffnete die Augen.

    Das Licht war fahl und schwach, doch es blendete ihn und er musste für einen Moment seine Augen bedecken.

    Das Licht verging wieder und die Stimmen erstarben, als die Türe zu seinem Gefängnis wieder geschlossen wurde.

    Doch herrschte noch immer ein Schein im Raum, es war ein vertrauter, ein beruhigender Schein.

    Der Schein von Feuer, der Schein einer Flamme.

    Das Feuer, das ihn schon immer so fasziniert hatte, es tanzte und vertrieb die Schatten, die Kälte und die Einsamkeit.

    Die Fackel spendete Licht und die Schatten, die sie warf waren bei weitem nicht so furchterregend, wie die endlos erscheinende Finsternis.

    Die Gestalt, die sie an die Wand des kleinen Gefängnis gehängt hatte, war riesieg.

    Der Hüne konnte in dem kleinen Raum nicht aufrecht stehen und ging gebückt auf den Jungen zu.

    Hass und Angst vermischten sich im Geiste Claude´s zu einem seltsamen bedrückenden Gefühl, als er den Mann vor sich anstarrte und versuchte immer weiter in der Ecke zurück zu kriechen.

    Es war der narbige Mann mit der Glatze, dessen entstelltes Gesicht wie das Anglitz von tausenden Dämonen für den Jungen war.

    Dies war der Mann, den er nur kurz erblickt hatte, doch all seine Wut, sein Zorn und auch seine Angst und seine Verzweiflung gingen von ihm aus.

    Er grinste schrecklich verzerrt und seine raubtierhaften Augen waren glänzend und benebelt.

    Der Mann vor ihm war betrunken, das erkannte selbst der Junge, als er auf ihn zu torkelte.

    Narbengesicht hob seine Stimme und in den Ohren des Jungen, der Stunden in Stille und Dunkelheit verbracht hatte, klang selbst dieses Wispern wie ein ohrenbetäubender Lärm.

    "Da ist ja der kleine Junge." grinste Narbengesicht und kam nun gefährlich nahe.

    Claude wollte schreien, doch erstarb seine Stimme und er schüttelte nur wehement den Kopf.

    Der Anführer der Spötter griff harsch und unsanft nach Claude´s Kinn und strich ihm über die Wange.

    "Keine Sorge ... wenn du dich nicht wehrst, wird es schnell gehen." grinste Narbengesicht lüstern.

    Claude verstand nicht, was der Mann meinte, doch dann riss er die Augen auf, als der narbige Dämon vor ihm begann seine Kleidung zu zerreisen.

    Der Müllerssohn strampelte mit den Beinen, wollte sich wehren, doch die Hände des Hünen waren zu stark.

    Schließlich kam Claude´s Stimme zurück und er schrie aus Leibeskräften.

    Doch Narbengesichts riesige Hand legte sich bald über den Mund des Jungen.

    "Ich mag es nicht, wenn sie dabei schreien!" grinste der Rotwelsche und bedrängte den Jungen noch mehr.

    Egal wie sehr sich Claude auch wehren mochte, dem Hünen hatte er nichts entgegen zu setzen und letztlich vergrub er seinen Geist in den Nebel, den er so lange zu bekämpfen versucht hatte und ergab sich seinem Schicksal.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 11.02.2008, 18:25


    Die Stille des Herzens

    Endlich lies er von ihm ab.

    Augenblicklich rollte sich der kleine Körper in einer Abwehrreaktion zusammen.

    Noch immer spürte er die großen Hände, die Berührungen, das Drängen und das Verletzen.

    Er atmete nur stoßweise und krallte seine kleinen Fingernägel in seine Haut, sie hinterließen rote Streifen und fast riss er sich die Haut vom Leib.

    Sein Geist konnte noch keinen Gedanken fassen, versuchte das Erlebte zu verdrängen, es weg zu wischen.

    Jedes Gefühl quälte ihn, denn jedes Gefühl führte zu diesem Leid und zu der Erkenntnis was passiert war.

    Er fühlte sich so schmutzig, so schlecht, als wäre er selbst dafür verantwortlich gewesen.

    Wimmern konnte er nicht mehr, weinen konnte er nicht mehr.

    Er starrte nur vor sich hin und versuchte die gequälte Stimme in seinem Herzen zum Schweigen zu bringen.

    Immer wieder wiegte er vor sich hin und zog die letzten Reste seiner zerrissenen Kleidung um sich.

    Er versuchte ein Gefühl des Schutzes aufzubauen und dieses überwältigende Gefühl der Scham zu vertreiben.

    Der Hüne, der ihm das angetan hatte, achtete nicht mehr auf sein Opfer, er schien zufrieden zu sein.

    Langsam und gemächlich, als wäre nichts gewesen, als wäre es ganz normal gewesen zog er sich an und machte sich auf, den Raum zu verlassen.

    Für einen Moment wurde Claude´s Hoffnungslosigkeit vertrieben und wich ungezügeltem Hass, als er seinem Peiniger nachsah.

    Er konnte keinen festen Gedanken, kein festes Gefühl greifen, doch waren seine Augen für einen Augenblick kalt und hart.

    Dann kam wieder die Finsternis.

    Die Fackel und ihr zuversicht spendendes Licht verschwand mit dem narbigen Dämon und zurück blieb Dunkelheit und erdrückende Stille.

    Wieder kam die Panik in ihm auf, wieder fühlte er die reißenden Hände, die unsichtbaren Peiniger in der Finsternis.

    Doch nun flehte er nicht mehr zum Licht, diesesmal betete er nicht mehr.

    Denn nun hatte er alle Hoffnung verloren.

    Nachdem Narbengesicht den kleinen Raum verlassen hatte, der nicht mehr war als ein leerstehender Lagerraum im Hauptquartier der Spötter, sah er sich um.

    Seine Leute feierten noch immer die heutige Beute und noch mehr hatten sich unter dem Tage den Spöttern angeschlossen.

    Jetzt schon war Narbengesicht der Bettlerkönig, er musste nur noch danach greifen, sich diesen Titel nehmen.

    Er hatte das Fest nur verlassen um kurz ein wenig Spaß zu haben, so wie er es nannte.

    Reue spürte er nicht, verschwendete keinen Gedanken daran.
    In seiner Welt gab es kein Recht und Unrecht, keine Sünde, keine Tugend, nur der Stärkere regierte.

    Und er war der Stärkste von allen.

    Noch immer betrunken schrie er über den unterirdischen Platz "Gringoire!"

    Der Gnom, der gerade mit einer Flasche Rum und einer Tänzerin beschäftigt war - nunja, mehr mit der Tänzerin, als mit dem Rum - sah etwas erbost auf.

    Als der Bucklige erkannte, wer ihn da rief, stand er sofort auf und rannte zu seinem Herrn "Ja Boss?"

    "Schaff den Jungen weg." spuckte Narbengesicht aus "Er hat mir zu viel gerschrien dabei."

    Gringoire nickte, er wollte sich garnicht vorstellen, was in dem kleinen Raum passiert war.

    Der Gnom war gnadenlos und grausam, doch einen letzten Rest von Moral hatte er sich behalten und darauf war er - paradoxer weise - sogar stolz.

    "Was soll ich mit ihm machen Boss?" fragte der Gnom, doch kannte er eigentlich schon die Antwort.

    "Bring ihn um ..." war Narbengesichts kalter Befehl, ehe er sich abwandte und wieder mit seinen Leuten feierte.

    Der Gnom seufzte "Warum passiert immer wir sowas?"

    Derweil hatte es in den Straßen von Dalaran begonnen zu regnen.

    Die großen Tropfen parasselten hernieder und tränkten das Land und die hohen Zinnen.

    Kleine Pfützen bildeten sich in den Gassen, die Steinpflaster wurden rutschig und glitschig und selbst das Getier suchte Schutz und Unterstand vor der Naturgewalt.

    Seine Schritte halten in den Pfützen laut wieder, als er langsam und gemächlich vor sich hin schritt.

    Der junge blonde Mann hatte das Gesicht auf den Boden geheftet und zog nicht einmal seinen Mantel enger, so war er in Gedanken.

    Er dachte über das Für und Wider nach und kam niemals zu seinem Schluss.

    Alles war verschwommen in seinem Geist und wie von selbst nahm Xelrams Körper den Weg nach Hause.

    Mit traurigen, fast verzweifelten Augen sah er hinauf auf die Häuserfassade und sah, das alle Lichter erloschen waren.

    "Fleur wird wohl schlafen." dachte er bei sich.

    Der junge Hexer hatte es nicht geschafft, die Medizin zu erstehen.

    Er hatte es noch bei zwei anderen Apotheken versucht und sogar ein Fenster eingeschlagen, nur um zu erkennen, das es dahinter vergittert gewesen war.

    Leise öffnete er die Türe zu seinem Elternhaus und trat ein.

    Es war still und dunkel im Haus, nur die Regeltropfen waren zu hören, wie sie gegen die Fenster schlugen.

    Xelram zog sich den nassen Mantel aus und zündete eine frische Kerze an, die im Hausplatz stand und machte sich leise hinauf zum Schlafgemach seiner Schwester.

    "Gleich Morgen ..." dachte er "Gleich Morgen früh gehe ich zur nächsten Apotheke, egal was es kostet und wenn ich das letzte Kupferstück ausgeben muss."

    Er kam leise ins Zimmer.

    Xelram atmete durch, als er alles so vorfand, wie er es verlassen hatte.

    Die neue Kerze brannte in seiner Hand und warf ihre kleinen Schatten auf die Wände und die schlafende Gestalt von Fleur, die noch immer ruhig im Bett lag.

    Der junge Hexer konnte nur schlecht in der Düsternis sehen und er ging ruhig zum Bettrand.

    Dort stellte er fest, das Fleur die Augen geöffnet hatte und wohl garnicht schlief.

    "Verzeih Schwesterherz, ich habe dich wohl geweckt." sprach er sanft und setzte sich an den Bettrand.

    Doch seine Schwester blieb stumm und ruhig liegen.

    "Geht es dir nicht gut Schwester?" fragte er und langsam kam eine schreckliche Vorahnung in ihm auf.

    Es war alles so, wie in seinem Traum.

    Langsam, ängstlich streckte er seine Hand nach der Fleur´s aus, doch wagte er sie nicht zu berühren.

    Er faste sich ein Herz und tat es und plötzlich war sein Herz ganz still.

    Die Hand, seiner über alles geliebten Schwester, war so wie in seinem Traum, eiskalt und leblos.

    Er wandte sein vor Panik bebendes Gesicht zum Anglitz seiner Schwester und Fleur´s weitaufgerissene Augen starrten ihn nur tot an.

    "Nein ... nein ..." murmelte er und fuhr seiner Schwester über die Wange "Fleur ... Schwesterherz ... hör auf, das ist nicht lustig."

    Die Tränen kamen ihm und er schluckte stark, er begann sie zu schütteln und der leblose Leib beugte sich seinem Drängen ohne jeden Widerstand.

    "Schwester! Schwester!" flehte er weiter, doch es gab keine Reaktion.

    Die Verzweiflung stieg in ihm ins Unermessliche, bis sie ihn ganz einnahm und er keinen anderen Gedanken mehr fassen konnte.

    "Fleur, geliebte Fleur." schluchzte er und drückte den toten Körper seiner Schwester in einer innigen Umarmung an sich.

    Leise hallte seine Stimme durch den Raum wieder, nur übertönt von den Regentropfen "Bitte ... ich bin nicht stark. Lass mich nicht allein!"



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 12.02.2008, 18:24


    Das Geschenk

    Immer wieder strich er ihr durch das Haar.

    Das Geräusch der Regentropfen, die gegen das Fenster schlugen nahm er schon nicht mehr wahr.

    Auch die flackernde Kerze, die bald erlöschen würde, war ihm gleichgültig.

    Nichts, garnichts war mehr für ihn von Belang.

    Sein Lebensmittelpunkt, sein Antrieb, das was ihm wichtig gewesen war und seinen Lebenswillen verkörperte.

    Dieser Mensch, der dies alles war, er lag tot in seinen Armen.

    Der Körper seiner Schwester war kalt und schlaff, als er ihn immer wieder in seinen Armen wog, wie ein kleines Kind, das nicht einschlafen wollte.

    Ihre Augen hatte er nicht geschlossen, noch immer starrte Fleur tot vor sich hin und immer wieder sah er ihr tief in die leblosen Augen.

    Er flüsterte ihren Namen und lehnte seine Stirn gegen ihre oder fuhr ihr sanft durch ihr blondes Haar.

    Er konnte nicht denken, keinen klaren Gedanken fassen.

    Was nun sein würde, wie es weitergehen sollte, es war ihm egal.

    Das hier und jetzt, es übermannte ihn, überforderte ihn.

    Er wollte sie niemals loslassen, sie an sich drücken, um diesen letzten Rest von ihr und die Erinnerung ewig in seinem Herzen zu behalten.

    Während er sie in seinen Armen wog, weinte und schluchzte er ununterbrochen und seine Augen waren schon rot und sein ganzer Körper fühlte sich entkräftet und ausgelaugt an.

    Irgendwann konnte sein Geist wieder einen klaren Gedanken fassen, dieser Gedanke drehte sich natürlich wieder nur um sie.

    "Sie hätte nicht gewollt, das ich so verzweifle." sprach er sich selbst laut Mut zu.

    Für einen Moment vertrieb dieser Gedanke die Hoffnungslosigkeit und widerwillig legte er Fleur sanft auf das Bett zurück, schloss ihre Augen und betete sie.

    Als er sie so sah, glaubte Xelram nicht, das sie wirklich tot war.

    Sie sah aus, als würde sie nur sanft schlafen und jeden Moment aufwachen um ihn lieblich anzulächeln.

    Wieder kamen die Tränen in ihm auf und er schüttelte den Kopf.
    Dann sprang er auf, wobei er einen kleinen Schemel umschmiss und verließ das Zimmer.

    "Ich muss hier weg!" spukte es ihm durch den Kopf und er rannte aus dem Haus hinaus, in den strömenden Regen.

    Es war kalt und ungemütlich, noch mehr als vorher, denn er hatte sich nicht einmal seinen Mantel genommen.

    Ohne Sinn und Ziel rannte er einfach durch die Straßen und rutschte immer wieder auf dem glitschigen Stein aus.

    Seine Hände und Knie waren schon wund, als er sich abermals aufrappelte und hinauf in den Regen starrte.

    "Fleur." flüsterte er erstickt und taumelte in eine kleine Gasse.

    In der Düsternis der Häuserschluchten, ließ er sich an einer Hauswand niedersinken, vergrub sein Gesicht in seinen Händen und weinte still vor sich hin.

    Während Xelram in der Finsternis der Nacht Frieden suchte, war Claude in seinem lichtlosen Gefängnis dem Wahnsinn nahe.

    Er hatte die Augen nun weit geöffnet in der erdrückenden Dunkelheit und sass ganz still.

    Jedes Gefühl, jede Regung, hatte er verbannt.

    All den Schmerz, das Leid und die Verzweiflung hatte er mit aller Gewalt seines Willens tief in sich verborgen, weit, weit weg von seinem Verstand.

    Es war der enzige Ausweg, die einzige Flucht gewesen, die er gesehen hatte.
    Der einzige Strohhalm, den er ergreifen konnte.

    Die Trauer um seine Eltern war verschwunden, die Hoffnungslosigkeit ob seiner Situation verging, die Verzweiflung verschwand.

    Doch die Angst blieb.

    Diese quälende Angst vor der Dunkelheit, diese ewige, alles verschlingende Schwärze.

    Er lenkte seine Gedanken ab, ab von der Finsternis, zu dem Brennen in seinem Inneren.

    Die Wut, der Zorn und der unbändige Hass auf seine Peiniger, war das Einzige gewesen, an das er sich nun klammerte.

    Nur dieses eine Gefühl bebte noch in ihm, wie im Gleichklang mit dem Schlag seines Herzens.

    Es war das einzige Gefühl, das er zulies, denn es war das Einzige, das ihn bei Verstand bleiben ließ, das ihn nicht verzweifeln ließ.

    Dann wurde die Dunkelheit durchbrochen.

    Für einen Moment stauchte der Müllerssohn zusammen, in seinem Geist flehend, das es nicht wieder der narbige Dämon sein würde.

    Doch die Gestalt, die sich im Lichte abhob, war viel kleiner und hatte eine Buckel.

    Und doch war sie so wie der Narbige.

    Claude sah auf, seine Augen fixierten sein Ziel und der kleine Gnom vor ihm blieb stehen.

    Gringoire war erstaunt, den Jungen so ruhig vor zu finden, er hatte etwas anderes erwartet.

    Der Bucklige wagte es kaum den Blick des Jungen zu erwiedern, denn er kannte die leeren, toten Augen von Narbengesichts Opfern.

    Doch als Gringoire es doch zu lies, das ihre Blicke sich trafen, war er kurz irritiert.

    Der Blick des gequälten Jungen war fest, anklagend und durchbohrend.

    Die kühlen, grauen Augen Claude´s starrten Gringoire mit aller Intesität ihres Hasses an und der Gnom musste seinen Blick abwenden.

    "Verdammt." murmelte der Gnom und zog ein Stück Stoff hervor "Junge, ich bring dich hier raus ... muss dir aber die Augen verbinden."

    Claude antwortete nicht, eine erdrückende Stille breitete sich in dem kleinen Gefängnis aus, während seine Augen noch immer starr auf den Gnom gerichtet waren.

    Auch wehrte sich der Junge nicht, als Gringoire ihm die Augenbinde anlegte.

    Dann betrachtete der Gnom den kleinen Gefangenen genauer, als er erkannte, das seine Kleidung nur noch Fetzen waren, seufzte er und legte Claude eine zerlumpte Decke um die Schulter.

    Der Junge erschauderte bei der unerhofften Berührung und zog den Mantel eng um sich.

    Endlich etwas, das Wärme und Geborgenheit spendete.

    "Komm jetzt!" Befahl Gringoire und zog den Jungen mit sich, der ohne Widerstand folgte.

    Er hatte schon versucht sich zu wehren, als sie ihn hergeschleppt hatten und wusste, das es keinen Sinn hatte.

    Der Gnom und der Müllersjunge nahmen einen Weg hinaus aus dem späterten Sanktum, der ruhig und abgelegen war.

    Niemand begegnete ihnen und das war Gringoire auch sehr recht.

    Der Bucklige erkannte erst jetzt, im Fackelschein der Katakomben, das einige Strähnen von Claude´s Haar ergraut waren.

    "Muss wohl der Schock gewesen sein ..." murmelte er bei sich.

    Dann kamen sie aus den Katakomben heraus, Claude stauchte zusammen, als er die Regentropfen auf seiner Haut spürte.

    "Das ist nur Regen." schnaubte Gringoire "Wir sind draußen."

    `Draußen´dieses Wort ließ des Jungen Herz kurz höher schlagen, konnte es möglich sein, das er das Gefängnis aus Schatten und Stille endlich verlassen hatte.

    Dann schreckte er wieder zurück, als die Augenbinde ruckartig entfernt wurde.

    Er wurde geradezu erschlagen von den neuen Eindrücken.

    Der Regen der hernieder prasselte, das fahle Licht der Straßenlampen, die Gerüche der Gasse, in der sie sich nun befanden und der Luftzug auf seiner Haut.

    Er sah sich kurz verwirrt um und erblickte eine ihm fremde Gasse, voller großer Häuserfassaden.

    Dann wandte er sich ruckartig zu der Gestalt hinter ihm um.

    Als er den Gnom anblickte, verfinsterte sich sein Blick wieder, er wurde wieder zu dem kalten Starren des Hasses.

    Gringoire kümmerte sich nicht darum.

    "Eigentlich sollte ich dich töten." sprach er kalt und Claude ging einen Schritt zurück, instinktiv in eine Verteidigunshaltung, so wie ein wildes Tier in Bedrängnis.

    "Aber ich hab deiner Mutter was versprochen." sprach der Gnom und seufzte.

    Bei der Erwähnung seiner Mutter, kam in Claude wieder die Hoffnungslosigkeit und die Trauer herauf, doch er schluckte sie herrunter und verbannte den Gedanken an seine Familie tief in seinem Herzen.

    Dann war es wieder still in ihm.

    "Das ist mein Geschenk." grinste der Bucklige "Ich schenke dir dein Leben ... nutze es gut Junge."

    Claude glaubte der Gestalt vor sich nicht, er vertraute ihr nicht, er hasste sie, doch alles in ihm schrie danach zu laufen.

    Zu laufen, einfach weg von diesem Ort, weg von dieser buckligen Gestalt.

    Und so wandte sich der Müllerssohn um und lief in die Nacht hinaus.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 18.02.2008, 16:13


    Schicksal

    Es war kalt und feucht.

    Doch es war besser, besser als die Dunkelheit.

    Er rannte, rannte immer weiter.

    Er wollte weg von diesem Ort, diesem Ort des Leides, der seine Sinne beherrschte.

    Der Regen prasselte auf ihn herab und seine zerlumpte Erscheinung war schon durchnässt bis auf die Knochen.

    Wohin er rannte wusste er nicht, alles um ihn herum war ihm fremd und beängstigend.
    Die hohen Häuserschluchten, die dunklen Gassen, die Pflasterstraßen, alles war so anders, als das was er kannte.

    Er wollte nach Hause laufen, raus aus dieser Stadt, weg von diesem Ort.
    Nach Hause zur Mühle.

    Dann blieb er ruckartig stehen.

    Er senkte den Blick und ballte die kleinen Hände zu Fäusten.

    Die Mühle, sein zu Hause.
    All das gab es schon nicht mehr, er konnte nicht dorthin zurück, nicht zurückkehren.

    Niemand würde dort auf ihn warten.

    Es gab überhaupt niemanden, der auf ihn wartete.

    Wieder setzte er sich in Bewegung, nun langsam und ruhig, den Blick noch immer gesenkt.

    Tränen hatte er keine mehr, es waren die Regentropfen, die seine Wangen hinabliefen.

    Sein Geist war ruhig und kalt und kein Gefühl ließ er zu.

    Ohne zu denken lief er vor sich her.

    Er bemerkte nicht einmal, wie er aus den Gassen heraus trat, hinaus auf einen großen prunkvollen Platz.

    Der Platz war leer und still und nur erhellt von den magischen Lampen, die in dem nun strömenden Regen gar mystisch glänzten.

    Plötzlich stauchte der Müllerssohn zusammen, als die Stille der Nacht durch ein lautes Geräusch durchbrochen wurde.

    Das Geräusch flog geradezu über die Stadt und als Claude genauer hinhörte, merkte er, das es vertraut war, ja fast schon melodisch.

    Es war der donnernde Klang von läutenden Glocken, die die späte Nachtstunde ankündigten.

    Dieser Klang von Glocken, den er schon oft auch außerhalb der Stadt vernommen hatte, nur nicht so durchdringend, sondern fern und sacht.

    Es erinnerte ihn an die Geschichten über das Licht und an die Wärme und Geborgenheit, die er in den Stunden mit seinen Eltern gespürt hatte.

    Kurz kam wieder die Hoffnungslosigkeit in ihm auf und er zog die Decke enger um sich, die er noch immer über der Schulter trug, ehe er wieder jede Emotion von sich wies.

    Als die Glocken erneut läuteten, erkannte der Junge, das der Klang ganz nah war und er wandte sich um.

    Am Ende des großen Platzes erhob sich ein riesieges Bollwerk aus weißem Marmor, verkleidet mit kostbaren Ornamenten.

    Die hohen Zinnen und Türme ragten in den Himmel, so das Claude sich strecken musste, um in der Dunkelheit der Nacht überhaupt die Spitzen des Gebäudes zu erkennen.

    Die Wände des Bollwerkes waren fein gearbeitet und zeigten viele Verzierungen, während die mannshohen Buntglasfenster sich stark von dem weißen Stein abhoben.

    Große steinerne Gestalten waren auf den Zinnen angebracht.

    Ritter, Heilige und Jungfrauen.
    Gekleidet in festliche Ornamente, ehrfurchtgebietende Rüstungen und majestätische Roben.

    Der Junge riss die Augen auf und ging einen Schritt zurück, als er glaubte die steinernen Götzen würden ihn anstarren, so lebensecht und durchdringend wirkten die Statuen auf ihn.

    Er stand vor einer der großen Kathedralen Dalarans, die sich hier weit über die Dächer der Fachwerkhäuser erhob.

    Claude wollte sich fast schon wieder erschrocken abwenden, als sein Blick über die großen Tore fiehl.

    Ein goldenes Licht-Symbol war dort angebracht worden, das gleiche Symbol, das klein auf dem Buch der Müllersfamilie eingestickt worden war.

    Kurz keimte Hoffnung im Herzen des Jungen.
    Dies war eine Kirche und in der Kirche lebten gute Männer und Frauen, so hatten seine Eltern zu ihm gesagt.

    Mit diesem Gedanken im Herzen schritt er auf das Bauwerk zu.

    Langsam und zurückhaltend, nahm er die kleinen Treppenstufen, die vom Platz hinauf zum Eingang der Kathedrale führten.

    Dabei blickte er immer wieder hinauf zu den Statuen der Heiligen, die ihn mit ihren Blicken zu verfolgen schienen.

    Sie schienen ihn jedoch nicht mit dunkler Miene anzustarren, nichts böses war in ihrem kalten, leblosen Blick.

    Doch fühlte sich Claude fast angeklagt.

    Wieder kam das Gefühl der Scham herauf und er fühlte sich schmutzig und schlecht, als würden die steinernen Wächter des Gebäudes allein durch ihre Blicke Recht über ihn sprechen und ihn dabei erdrücken.

    Vorsichtig trat der Müllerssohn an die massiven Eingangstore heran.

    Sie waren geschlossen und nur ein großer Ring prangerte an ihnen, mit dem man sie aufziehen konnte oder mit der Bitte um Einlass klopfen konnte.

    Furchtsam kam Claude an die Türe und ergriff den Ring, er zögerte und hielt den Eisenring lange in seinen kleinen Händen.

    Er hatte Angst zu klopfen, denn er wusste nicht, was dann passieren sollte.
    Doch wusste er auch nicht, wohin er sonst gehen sollte.

    Er nahm allen Mut zusammen und ließ den Eisenring kurz gegen die Türe schnellen.

    Es gab ein kurzes Klopfen, doch war der Ton wohl viel zu leise, um im Inneren des marmornen Gebäudes weiter zu hallen.

    Der Junge wusste das.
    Er wusste, das wenn ihn jemand hören sollte, er noch einmal klopfen müsste, mit mehr Kraft und mehr Nachdruck.

    Doch der Junge seufzte nur, ließ den Ring los und wandte sich ab.

    Doch dann geschah etwas.

    Niemals, in so einer stürmischen Nacht, bei allen Geräuschen des Regens und des Unwetters, hätte jemals jemand das kleine Geräusch des Klopfens hören können.

    Doch wie ein Wink des Schicksals, öffneten sich die großen Türen der Kathedrale knarrend und langsam.

    Claude riss die Augen auf und wandte sich rasch wieder den Türen zu. Furcht schlug in seinem Herzen, die er zu vertreiben versuchte.

    Ein alter Mann trat aus der Türe, er ging gebückt und schwerfällig.

    Sein Gesicht war gezeichnet von Falten und einem langen weißen Bart.

    "Beim Licht." sprach er mit kratziger, aber freundlicher Stimme "Du armer Junge, wie siehst du denn aus? Was für ein ausgesprochenes Glück, das ich dein Tun hier Draußen vernommen habe."

    Der alte Mann bedeutete Claude einzutreten "Komm herein mein Sohn und ruhe dich aus."

    Der Müllerssohn schüttelte zuerst wehement den Kopf, er vermochte nicht zu sprechen und der Mann vor ihm - trotz seiner freundlichen Art - war dem Jungen nicht geheuer, er misstraute ihm.

    Doch dann erblickte Claude die Licht-Symbole auf der Kleidung des Priesters und ein Funken von Hoffnung und Vertrauen keimte in ihm.

    "Hab keine Angst." lächelte der Priester "Dies ist das Haus des Lichtes, nichts böses wird dir in diesen heiligen Hallen widerfahren."

    Der Müllerssohn nickte zaghaft und folgte dem Priester ins Innere der Kathedrale.

    Derweil schritt Gringoire durch die Gassen der Stadt.

    Er hatte sich noch nicht auf den Rückweg zum Unterschlupf der Spötter gemacht, denn er hatte noch etwas zu erledigen.

    Er hatte ein wenig des Rauschgiftes bei sich, das er vor kurzem ergaunert hatte und wollte es nun gewinnbringend unter die Leute bringen.

    Doch bisher hatte er nicht viel Glück gehabt, nur Wenige waren bei so einem Wetter auf der Straße und nur die Wenigsten derer wollten etwas von seiner Ware haben.

    Der Gnom versuchte nicht an den Jungen mit den kalten, hasserfüllten Augen zu denken.

    Er fragte sich selbst, ob es gut gewesen war, Narbengesichts Befehl zu missachten und den Jungen gehen zu lassen.

    Doch hatte der Junge wahrlich genug erlitten und seine Mutter hatte den Bluckligen immerhin ein Versprechen abgenommen.

    "Verdammtes Weib ..." murmelte Gringoire "Packte mich an der Ehre."

    Außerdem, so dachte der Gnom, was konnte so ein kleiner Junge schon jemals für eine Gefahr darstellen.

    Um sich abzulenken nahm Gringoire eine kleine Kupfermünze hervor und begann sie in seiner Hand hin und her zu bewegen.

    Er ließ sie durch die Finger gleiten oder warf sie immer wieder in die Luft um sie aufzufangen.

    So bemerkte er auch nicht, das er - als er in eine Gasse einbog - an einer Gestalt vorbeischritt.

    Die Gestalt saß zusammengekauert am Boden, hatte sich an die Wand gelehnt und ihr Gesicht in ihren Händen vergraben.

    Ja, Gringoire bemerkte den wimmernden Xelram nicht, als er an ihm vorbei schritt.

    Doch dann, gerade hier in dieser Gasse, zu dieser Zeit, geschah es.

    Wie von einer höheren Macht bestimmt, gleitete die Münze ohne ersichtlichen Grund aus der Hand des Gnomes und fiehl auf den Boden herab.

    Sie klirrte beim Aufkommen und rollte noch etwas weiter, direkt vor die am Boden kauernde Gestalt und stieß leicht gegen ihren Fuß.

    Xelram, aus seinem hoffnungslosen Gedankengang gerissen, hob den Kopf und blickte mit seinen verweinten Augen in die Nacht.

    Er zog die Luft rasch ein, als seine Augen und die Augen des Gnomes sich trafen.

    Auch Gringoire war überrascht und für einen Augenblick sahen sich die Beiden nur an.

    Niemals in ihrem Leben hätten sich diese beiden Individuen bemerkt, wenn nicht - wie durch Geisterhand - die Münze hernieder gefallen wäre.

    Für einen langen Augenblick legte sich Stille über diesen schicksalhaften Moment.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 19.02.2008, 18:16


    Die Stimmen

    Der Duft von Weihrauch lag in der Luft.

    Voller Staunen sah sich der Junge um, ein solch gewaltiges Bauwerk hatte er noch niemals betreten.

    Weit empor schlungen sich die dicken Marmorsäulen und endeten in den filigranen Hochbögen, während die Bankreihen aus feinem Eichenholz auf dem weißen Boden aus festem Stein thronten.

    Große Kerzen, Kronleuchter und magische Lampen erhellten das beeindruckende Gebäude, während durch die hohen Buntglasfenster nur wenig Mondschein fiehl, wenn die Wolkendecke des Unwetters hin und wieder aufbrach.

    Es herrschte Stille und die Schritte des Priesters und des Müllerjungens hallten von den massiven Wänden wieder, an deren Seiten kunstvolle Ornamente mit lichtgefälligen Malungen angebracht worden waren.

    An den Säulen prangerten große steinerne Wächter, wie auf den Zinnen der Außenfassade und blickten auf die beiden Besucher ehrfurchtgebietend herab.

    Wieder durchfuhr Claude ein Schaudern, als er die toten, anklagenden Blicke der Statuen spürte und wendete seinen Blick dann rasch wieder ab.

    An der Stirnseite des gewaltigen Kirchenschiffes erhob sich der majestätische Altar, verziert mit Gold und Silber und feinem violettem Stoff.

    Direkt über dem Altar thronte ein großes Fenster im Form des Licht-Symboles, das nicht - wie die restlichen Fenster - aus buntem Glas, sondern aus reinem, feinem weißen Glas bestand.

    Das Fenster, das den Blick des Betrachters unweigerlich an sich zog, wurde von zwei Statuen aus Elfenbein eingerammt.

    Die Linke, der steinernen Wächter war eine wunderschöne Jungfrau, deren Robe jedoch mit Rüstungsteilen versehen war und die ein Schwert in Händen hielt.

    Der Rechte der Götzen jedoch stellte einen älteren Mann in den Ornaten der Richter der Stadt dar.
    Er trug eine Gesetzesrolle in der einen und einen Schlüsselbund in der anderen Hand.

    Unweigerlich blieben die Augen des Jungen an der Gestalt des elfenbeinenen Richters hängen, bis er von den Worten des Priesters aus seinem Gedankengang gerissen wurde.

    "Mein Sohn." wandte sich der Priester freundlich an den Jungen und drehte sich zu ihm um "Sag, was ist nur mit dir geschehen?"

    Er bedachte Claude mit einem besorgten Blick und musterte seine zerlumpte Erscheinung.

    Doch der Junge fühlte sich unter den Blicken unwohl, er wich ein wenig zurück und zog die Decke enger um sich.
    Wieder kam das Gefühl der Scham auf, das Gefühl schmutzig und schlecht zu sein.

    Die Augen des Jungen lagen kühl und kalt auf der alten Gestalt des Priesters und nur wenig Furcht durchbrach die ansonsten gefühllosen Blicke.

    Als Claude nicht antwortete nickte der Priester sanft und sacht "Du musst nicht darüber reden mein Sohn. Doch egal, was dir wiederfahren ist."

    Er machte eine schweifende Geste, die den Raum ausfüllen sollte "Hier in diesen Hallen bist du sicher. In den schützenden Armen des Lichtes."

    Der Müllerssohn wandte seinen Blick nicht vom Priester ab und zaghaft hob er seine Stimme an, die in dem leeren Marmorsaal weit hallte.

    "Aber warum ..." sprach der Junge ruhig und mit jedem Wort fester "Warum lässt das Licht zu, das Böses geschieht?"

    Diese vielleicht naive Frage, brannte im Herzen des Jungen und nun glaubte er jemanden vor sich zu haben, der sie beantworten konnte.

    Wenn das Licht, das Gute war, so wie seine Mutter ihm immer gesagt hatte und das Licht in jedem Lebewesen ruhte, wie konnte es dann Leid und Verzweiflung geben.

    Der alte Priester schien kurz zu überlegen und als er antwortete, war sein Gesicht ernster, als davor.

    "Mein Sohn." begann er wieder "Das Licht ist kein Wesen, kein Herrscher, der hernieder steigt um diese Welt zu schützen. Es ist das Gute, das Gute in uns selbst. Es liegt in uns und gibt uns Kraft."

    Claude runzelte die Stirn, er begriff nur einen Teil von dem, was der Priester ihm sagen wollte und so meinte er "Das verstehe ich nicht ganz."

    Der Priester nickte und wandte sich zu dem Fenster um, das das Licht-Symbol verkörperte.

    "Das Licht wirkt durch Menschen." sprach er und zeigte auf die Statue des Richters "Es segnet Menschen, die an es glauben und für es kämpfen."

    Claude nickte, das verstand er nun und er sah hinauf zu den steinernen Wächtern.

    "Doch so wie es Menschen gibt, die an das Licht glauben und nach seinen Lehren handeln." fuhr der Priester fort "So gibt es auch jene, die gegen das Licht handeln und Böses tun."

    Der Müllerssohn nickte und senkte wieder den Blick, kurz kam die Erinnerung an Narbengesicht in ihm herauf.

    Der alte Mann wandte sich wieder um "Wir selbst mein Sohn, müssen tugendhaft, ehrlich und gerecht sein. Wir müssen das Licht bringen und jene bestrafen, die gegen es handeln."

    Claude hob wieder zaghaft den Kopf "Wir? Also ... ich auch?"

    Der Priester nickte lächelnd "Wenn dich das Licht dazu auserkoren hat und dein Glaube stark genug ist, dann auch du mein Sohn."

    Langsam schritt der alte Mann an dem Jungen vorbei "Ich hole dir rasch neue Kleidung und richte ein Nachtlager her. Warte hier solange."

    Claude nickte und sah dem Priester nur kurz nah.
    Erleichterung keimte in ihm, kurz fühlte er sich geborgen in diesen Hallen und war überrascht, das der alte Mann so freundlich zu ihm gewesen war.

    Er ging ein paar Schritte weiter ins Kirchenschiff und zog den Weihrauchgeruch in sich ein.

    Kurz wurde ihm von dem fremden Duft schwindelig, ehe er sich wieder fing und wieder hinaufsah zu den Statuen.

    Er betrachtete die steinernen Ritter und Priester, ihre ernsten und kalten Mienen und ihre Waffen und Rüstungen.

    Als er wieder die Blicke auf sich spürte, murmelte er "Ich war nicht schuld ... ich wollte das nicht."

    Das Rauschen des Windes stieß gegen die Buntglasfenster und in der Stille des Kirchenschiffes hallten seine Schritte laut wieder.

    Plötzlich fühlte sich der Junge nicht mehr allein.
    Wie in seinem Gefängnis aus Dunkelheit, glaubte er die Nähe von Jemanden oder Etwas zu spüren.

    In den Augenwinkeln schienen sich die steinernen Wächter zu bewegen. Doch immer, wenn er seinen Blick rasch und angstvoll zu ihnen wandte, standen sie stumm und leblos da, so wie sie es sollten.

    Er glaubte ein Wispern von den hohen Bogendecken zu hören, das immer lauter wurde.

    Die Stimmen sprachen von den Tugenden, von Schuld und Sühne und voll alle dem, was er durch die Nachtgeschichten verinnerlicht hatte.

    Claude schüttelte den Kopf und hielt sich die Ohren fest zu, doch hörte er noch immer das Flüstern in der Stille der Kathedrale.

    Er fiehl auf die Knie und wimmerte "Licht, beschütz mich. Ich will alles tun, alles. Aber beschütze mich!"

    Sein Gebet hallte an den Wänden wieder und die Stimmen schienen kurz zu verstummen.

    Der Müllersjunge hob seinen Kopf und sah hinauf zu der steinernen Gestalt des Richters.

    Die Wolkendecke war aufgebrochen und durch das Fenster im Form des Licht-Symboles schien der helle Schein des Mondes.

    Das Fenster warf das Licht in der heiligen Form auf den Boden der Kathedrale und zu Claude´s Erstaunen saß er genau in diesem hellen Schein.

    Alles um ihn herum wurde vor seinen Augen schwarz, nur der Schein des Fensters und die Gestalt des steinernen Richters blieben vor seinem Blick bestehen.

    Der leblose Wächter schien wieder mit ihm zu sprechen.
    "Dies irae, dies illa, Solvet saeclum in favilla, Teste David cum sibylla, Quantus tremor est futurus, Quando Judex est venturus."

    Dann wurde es schwarz vor Claude´s Augen und er fiehl in Ohnmacht.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 22.02.2008, 18:12


    Der Pakt

    Es hatte aufgehört zu regnen.

    Die einfache Kupfermünze lag nun ruhig auf dem Gassenboden.

    Noch immer sahen sie sich unverwandt an.
    Der Rotwelsche in seiner bunten Tracht und der junge Kirin Tor in seiner violetten Robe.

    Der lange, quälende Moment des Starrens und des Abwartens hatte sich in die Länge gezogen und noch immer wagte es keiner von Beiden sich zu bewegen.

    Dabei waren die Reaktionen beider auf den Anderen und ihre Gedanken über die Situation so unterschiedlich, wie sie kaum sein konnten.

    Jeder für sich hielt noch immer an diesen Gedanken fest, die durch ihren Geist spukten und während des schweigenden Momentes weiter Gestalt annahmen.

    Gringoire hatte zuerst nicht bemerkt, das dort, in der dunklen Gasse jemand gesessen hatte.

    Doch als er es erkannte, hatte er die fremde Gestalt genau ins Auge gefasst.

    Im ersten Augenblick hatte er ihn für einen Bettler gehalten und wollte ihn schon fast ansprechen, als sein Blick auf die feine violette Robe gefallen war.

    Schlagartig war es dem Gnom klar geworden, wer hier vor ihm saß.

    "Verdammt! Ein Kirin Tor!" waren seine Gedanken gewesen "Das ist das aus, dieser Magier zerreißt mich in tausend Stücke!"

    Während sich der Bucklige also auf einen Angriff von dem vermeintlichen Gesetzeshüter bereit machte, dachte Xelram garnicht daran, seine Hand oder seine Magie gegen sein Gegenüber zu erheben.

    Der junge Hexer, der noch immer von Selbstzweifeln, Hoffnungslosigkeit und Trauer beseelt war, hatte in seinen Gedankengängen - die nur seiner Schwester galten - nur widerwillig aufgesehen.

    Seine Augen waren beim Anblick des Gnomes kühl und ruhig geblieben, denn im Grunde war es ihm egal.

    Der junge Mann erkannte natürlich, das er es mit einem Rotwelschen zu tun hatte.
    "Einer dieser Vagabunden ..." hatte er gedacht "Vielleicht macht er ja mit seinem Dolch meiner Qual ein Ende." hatte der Hexer im Stillen gewünscht.

    So wartete jeder der Beiden Individuen auf den nächsten Schritt des Anderen.
    Erwartend, in einen Kampf verwickelt zu werden, der vielleicht sogar den Tod bedeuten könnte.

    Doch nichts geschah.

    Als dem quälenden Augenblick, der so kurz und doch so lange gewesen war, die Stille der Gasse nicht durchbrochen wurde, senkte Gringoire seine Hände und sah den jungen Menschen vor sich prüfend an.

    Nun erst wurde dem Rotwelschen offenbar, das der Magier gerötete und verweinte Augen hatte und seine gesammte Erscheinung verwittert anmutete, als würde er schon seit Stunden im Regen sitzen.

    Ein schmales Lächeln umspielte die Züge des Buckligen, als er sich sicher wurde, das keine Gefahr drohte.

    "Na Junge?" fragte er schließlich die Gestalt vor sich "Was macht ein junger Kirin Tor wie du, bei so einem Wetter hier draußen?"

    Xelram antwortete nicht, er saß noch immer auf dem kalten und nassen Boden und hatte seine Arme um seine Knie geschlungen, während er den Gnom noch immer mit seinen vor Trauer geröteten Augen ansah.

    Gringoire erwiederte den Blick und versuchte etwas daraus zu lesen, doch vermochte er es nicht.
    Doch obwohl die Augen Xelrams kühl waren, so war sein Blick nicht so fesselnd und gleichzeitig beängstigend, wie die Augen des Müllersjungen.

    Während der Bucklige in den Augen von Narbengesichts Opfer Hass und unbändige Wut, die mit bitterer Stärke verbunden war erblickt hatte.
    So erkannte er hier nur Verzweiflung in den Augen des gebrochenen jungen Mannes.

    "Scheint ja ne schreckliche Nacht für dich gewesen zu sein." grinste Gringoire schwach und kam etwas näher, was Xelram jedoch nicht kümmerte und ihn nicht einmal zu einer kleinen Bewegung verleitete.

    Da sein Gegenüber nicht antwortete, fuhr der Gnom einfach fort "Versteh schon ... willst nicht drüber reden."

    "So wie du verheult bist ..." grinste der Rotwelsche nun offen und rieb sich das Kinn, als würde er nachdenken "... geht es bestimmt um eine Frau!"

    Sofort kamen die Gedanken an Fleur zurück in Xelrams Geist und wieder füllten sich seine Augen mit Tränen.
    Er konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken und vergrub seinen Kopf wieder in seinen Händen, dem Gnom keine Beachtung mehr schenkend.

    Dieser grinste derweil innerlich, wie äußerlich "Getroffen ... das war so klar."

    "War bestimmt ein hübsches Ding." lächelte Gringoire bösartig und lehnte sich an die Häuserfassade neben Xelram, während er auf den jungen Mann hinabsah.

    "Ist schon schlimm so Herzschmerz." fuhr der Bucklige fort und holte dabei einen kleinen Beutel aus feinem Leinen aus seiner Tasche.

    "Wäre schön, wenn man das so einfach vergessen könnte was?" fragte der Gnom in einem freundlichen, fast unschuldigem Ton und erfasste Xelram mit einem fragenden Blick.

    Dessen Wimmern und Wehklagen erstarb nun langsam und nur ein wenig hob er den Kopf.

    Ja, vergessen.
    Das wollte er. Was hatte es schon noch für einen Sinn, so dachte er.

    Ohne Fleur hatte nichts einen Wert für ihn und die Erinnerung an sie und der noch viel zu nahe Verlust zerrte an ihm und an allen seinen Gedanken und Kräften.

    Er hätte alles getan, um das Gefühl der Trauer und Verzweiflung zu verbannen.

    Er wischte sich leicht die Tränen von der Wange, als er seine Stimme hob, die vom Weinen schon etwas heißer geworden war.

    "Wie meinst du das?" fragte er interessiert, jedoch noch zaghaft.

    Er wusste, das man den Rotwelschen nicht trauen konnte, doch hätte er in dieser Situation wohl selbst mit einem Dämon Geschäfte gemacht.

    "Ich meine." erläuterte Gringoire darauf ausgesucht höflich und freundlich "Einfach zu vergessen. All das Leid wegzuwischen, frei zu sein, von Schuld, Trauer ... Sorgen."

    Ein wenig Misstrauen kam in das Herz des jungen Hexers, doch war die Neugierde und der unbändige Wunsch nach Ruhe und innerem Frieden stärker.

    "Du kannst mir soetwas geben?" nun siegte die Neugierde vollkommen im Herzen Xelrams.

    Gringoire nickte leicht und schwenkte das Beutelchen in seiner Hand "Ich habe da ein Wundermittelchen ... das alle deine Probleme lösen wird."

    Er beugte sich mit einem väterlichen Lächeln zu Xelram herab "Es vertreibt den Schmerz, lässt dich klar denken, vertreibt alle Trauer und richtet dich wieder auf."

    Xelram dachte garnicht darüber nach was es sein könnte und fragte einfach nur "Was willst du dafür?"

    Gringoire überlegte kurz.
    Die Menge die er dem Jungen anbot war nicht viel, dafür aber gut konzentriert.

    Er hätte auf dem Schwarzmarkt gutes Geld dafür bekommen können, aber noch besser war ein Kirin Tor, der etwas von ihm wollte, etwas von ihm brauchte.

    "Für dich mein junger Freund." lächelte der Gnom freundlich und gönnerhaft "Ist das umsonst. Ich komme nur vielleicht mal wieder auf dich zu, wegen einem kleinen Gefallen."

    Xelram nahm das Beutelchen zaghaft an sich, der Gnom sah in seinen Augen wirklich freundlich und vorallem ungefährlich aus.

    Während Xelram noch den Beutel öffnete, sprach Gringoire weiter "Und du kannst jederzeit zu mir kommen und mehr haben mein lieber Junge. Ich bin oft hier."

    Als der Beutel geöffnet war, erkannte Xelram sofort, was darin lag: Rauschgift.
    Von feinster Art und hochkonzentriert.

    Der junge Mann zögerte, er wusste - dank seiner Ausbildung - natürlich Grundlegendes über die gängigsten Rauschmittel, hatte damit aber noch nie selbst Berührung gehabt.

    Jedoch kam es ihm auch in den Sinn, das einige Heiler Rauschgift verwendeten und es im Hochadel als Beruhigungsmittel sehr beliebt war.

    Während seine Gedanken kreisten sah der Gnom ihn abwartend an.
    Gringoire ahnte nichts von dem inneren Kampf des jungen Hexers.

    Doch siegte der unbändige Wunsch, nach Ruhe und Vergessen.

    Noch einmal hob Xelram zweifelnd den Kopf zu Gringoire.

    Dieser nickte freundlich "Du kannst mir vertrauen. Ich bin dein Freund. Das ist gut für dich. Nimm es!"

    In Xelrams von Trauer verblendetem Geist erschien der Gnom vertrauenswürdig und freundlich.

    Nur in dem Gedanken, das Geschehene zu vergessen, es weg zu drängen mit allen Mitteln, endlich Ruhe zu finden, schluckte Xelram und nickte zustimmend.

    Der junge Mann nahm eine große Dosis des Rauschgiftes und schüttelte sich danach leicht.

    Gringoire derweil lächelte nur finster und zufrieden.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 23.02.2008, 17:14


    Die Schwingen des Wahnsinns

    Es geschah nichts.

    Garnichts veränderte sich, noch immer quälte ihn die Trauer und alle seine Gedanken waren klar und rein.

    Xelram seufzte, er hätte sich wohl denken können, das der Gnom ihn nur zum Narren halten wollte.

    Er sah auf und sprach ruhig und desillusioniert "Es wirkt nicht."

    Gringoire grinste noch immer, stieß sich von der Wand ab und lachte schallend auf "Na so schnell geht es nicht, ein wenig musst du warten ..."

    Er sah den jungen Mann dann fragend und auffordernd an, als er erkannte, das er dessen Namen garnicht kannte.

    Der Hexer nickte leicht "Xelram ..."

    "Gringoire, ein Vergnügen dich kennen zu lernen, mein junger Freund." antwortete der Bucklige lächelnd.

    "Und vertrau mir, bald wird es wirken und dann wirst du nichts Anderes mehr wollen." nickte der Gnom mit einem finsteren Lächeln.

    Xelram war nun skeptisch, er hatte eigentlich kein Interesse daran, mehr mit dem Rotwelschen zu tun zu haben.
    Er senkte wieder den Kopf und wartete ab, lauschend, prüfend, ob sich etwas veränderte.

    Eine kurze Weile passierte nichts.

    Doch dann, dann veränderte sich etwas.

    Zuerst konnte er es nicht ganz nachvollziehen, die Empfindung schien fern und unwirklich.

    Doch breitete sich in seinem Inneren eine seltsame Wärme aus.
    Er fühlte sich plötzlich beschwingt, voller Energie und Stärke.

    Das Gefühl wuchs an und alles schien intensiver zu werden.

    Die Geräusche der letzten Regentropfen, das Gefühl des Steinbodens auf dem er saß, alles wurde lauter, stärker, durchdringender.

    Er schien fast von den neuen, verstärkten Eindrücken erschlagen zu werden.
    Er glaubte seinen Atem, den Schlag seines Herzens und den Druck seines Blutes, das durch seine Adern floss fast greifen zu können.

    Die Farben vor seinen Augen schienen intensiver zu werden und das fahle Licht der wenigen Laternen erstrahlte nun wie die reine Sonne am frühen Tage.

    Eine solch tiefe, überwältigende Empfindung kannte Xelram nicht, es war für ihn, als würde er das erste mal wirklich fühlen, seine Umgebung in sich aufnehmen, sie voll auskosten.

    Doch blieb auch das Gefühl der Trauer, es verblieb, wurde fast noch stärker.

    Doch so wie sich seine Wahrnehmung veränderte, so veränderte sich auch das Gefühl der Verzweiflung.
    Es wurde - so wie alles - überwältigender, tiefer und schien nun fast schon verführerisch und wohltuhend zu sein.

    Er erschauerte, wenn er daran und an Fleur dachte und verfiehl fast in eine Ekstase aus sich widersprechenden Emotionen.

    Gringoire betrachtete den jungen Mann grinsend, er konnte geradezu sehen, wie die Augen Xelrams langsam gläsern wurden und das Rauschgift seine Wirkung entfaltete.

    Das leichte Zittern des Hexers und sein langsam aufkommendes, verzerrtes Lächeln bedeutete dem Gnom, das sein Gegenüber nun schon im Sinnesrausch war.

    Gringoire hatte das schon oft gesehen.
    Und jedesmal war die Reaktion auf die erste Dosis bei verschiedenen Individuen unterschiedlich gewesen.

    Genauso wie die Tatsache, wie sie den Rausch und den darauf folgenden Entzug überstanden.
    Es kam natürlich auch auf die Menge und die Konzentration der Drogen an.

    Doch wurden Einige besser damit fertig als Andere.
    Konnten sich der Sucht erwähren, während die Anderen in ihr vergingen.

    Xelram kümmerte das alles nicht, einen festen Gedanken zu greifen war in der aufkommenden Ekstase schwer.

    Glücksgefühle, gepaart mit seinen Empfindungen des Schmerzes vermischten sich zu einem verzehrenden und gleichsam verführerischen, gar überwältigenden Gefühl.

    Er ließ sich fallen in diese neue Erfahrung und genoß sie sichtlich, während die Gedanken in ihm kreisten und die Bilder seiner Schwester - auch wenn er es nicht wollte - immer klarer vor seinem geistigen Auge aufblitzten.

    Plötzlich sah er ihr Gesicht klar und eindeutig vor sich.

    Sie sprach mit ihm, mit einer fernen, schwachen, aber liebevollen Stimme.

    "Bruder ..." sprach die Fleur in seinem Inneren "Geliebter Bruder, bitte komm zu mir. Komm zu mir."

    Xelram riss die Augen auf.

    Alles um ihn herum schien verzerrt, als die Gasse, in der er noch immer saß sich schnell vor seinen Augen drehte.

    Der Gnom neben ihm schien nun ein Riese zu sein und er wurde fast geblendet von den grellen Schatierungen des Graus, das ihn umgab.

    Während er fast taub wurde von den dröhnenden Tropfen des Regens.

    "Na, gefällts dir?" fragte Gringoire grinsend, doch Xelram verstand ihn schon nicht mehr.

    Der Hexer stand auf und obwohl er sich stark und unbesiegbar fühlte, schienen seine Beine wackelig und zittrig zu sein.

    "Ich muss zu ihr ..." murmelte er und rannte mit weit geöffneten und geweiteten Augen in die Nacht hinaus.

    Gringoire sah ihm noch nach, wollte ihm gar hinterher laufen, doch dann unterließ er es.

    "Der kommt wieder ..." grinste er innerlich "Er ist auf den Geschmack gekommen."

    Der Bucklige rief dem jungen Magus noch etwas nach, egal ob dieser verstehen konnte oder nicht "Es fühlt sich an, als würdest du fliegen nicht wahr? Ohja, ich habe dir neue Schwingen gegeben!"

    Und tatsächlich fühlte sich Xelram, als würde er schweben.

    Als würde er in unglaublicher Geschwindigkeit über den Gassenboden fliegen.

    Die Häuser schienen nur noch wie Schemen an ihm vorbei zu ziehen und die Geräusche um ihn herum waren nur noch ein Wispern, während die Stimme Fleurs in seinem Inneren nach ihm rief.

    Er bekam nichts mehr mit, das Laufen, es schien von selbst zu gehen, als würde alles ihn zurück nach Hause treiben.

    "Bruder! Bruder! Komm zu mir! Komm zu mir!" hörte er nur immer wieder und achtete auf nichts anderes mehr.

    Er bemerkte auch nicht, wie er die Türe zu seinem Haus aufstieß, die Treppen hinauf ging und in vollkommener Dunkelheit das Schlafgemach betrat.

    Der Tod der jungen Fleur war jetzt schon Stunden her und langsam breitete sich ein erster Anflug von Verwesungsgeruch aus.

    Doch Xelram bekam das nicht mit, er glaubte das feine Parfüm seiner geliebten Schwester zu riechen.

    Er konnte in der Dunkelheit fast nichts erkennen und doch wusste er, das sie auf dem Bett lag.

    Doch in seinem Wahn, sah er sie auf dem Bett sitzen, wie sie ihn mit liebevollen, erwartungsvollen Augen ansah.

    Er hörte noch immer ihre imaginäre Stimme, als er an das Bett trat und über die kalte tote Wange seiner Schwester strich.

    In seinen Augen war die Haut warm und einladend und Fleur lächelte ihn an, während sie ihm in die Augen blickte.

    Dabei umarmte und liebkoste er tatsächlich den leblosen Leib des Mädchens, während er in der Stille und Einsamkeit des Raumes mit sich selbst sprach.

    "Du bleibst bei mir geliebte Fleur! Nur bei mir! Wir werden immer zusammen sein." und seine Schwester schien ihm in seinem Rausch zu antworten "Ja geliebter Bruder! Ich gehöre ganz dir!"

    Er strich ihr durch das blonde Haar, während seine vor Wahnsinn geweiteten Augen den toten Leib anstarrten.
    "Du wirst nie fortgehen! Mich nie allein lassen! Niemals vergehen!"

    Kurz öffnete er seinen Mund, als seine Hand auf ihrer Wange lag.
    "Dich niemals verändern! Immer meine Fleuer bleiben!"

    Sein Geist raste und die Stimme seiner toten Schwester schrie in seinem Inneren.

    Der Wahnsinn ergriff volle Kontrolle über ihn und so zog der junge Hexer seinen Dolch.

    Das Blut spritze, als Xelram begann seine erste Puppe zu erschaffen.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 24.02.2008, 18:16


    Der Weg in die Zukunft

    Er hörte leise Stimmen an sein Ohr dringen.

    Noch wagte der Junge nicht seine Augen zu öffnen, zu groß war die Furcht, das die Kathedrale und der freundliche Priester nur ein Traum gewesen sein könnte.

    Er hatte Angst davor, die Augen zu öffnen und wieder in seinem Gefängnis aus Dunkelheit zu erwachen.

    Auch fürchtete er noch die fremden Stimmen der steinernen Götzen, deren Klang tief in sein Innerstes vorgedrungen war.

    Doch waren die Stimmen die er vernahm nicht die Stimmen der Statuen und auch waren sie nicht die kratzigen Töne der Rotwelschen.

    Es waren zwei alte, jedoch feine Stimmen und Claude kam der nun bekannte Duft von Weihrauch in die Nase.

    Vorsichtig öffnete er eines seiner Augenlider und blickte in eine kleine marmorne Stube.

    Er lag auf einem einfachen, aber weichen Bett, über dem ein Lichtsymbol hing.
    Und mit Ausnahme eines kleinen Schrankes und eines schmucklosen Tisches war nichts in diesem kleinen Raum.

    Der Müllerssohn konnte nicht wissen, das er in einem Nebenraum des großen Kirchenschiffes war.
    Doch erkannte er wohl, das es bereits Tag geworden war, denn durch die Glasfenster strömte das Licht der Sonne herein.

    Die Stimmen die er vernommen hatte gehörten zu den beiden Gestalten, die mit ihm in diesem Raum waren und sich gerade miteinander unterhielten.

    Sie hatten scheinbar noch nicht bemerkt, das der Junge erwacht war und blieben an der Türe des kleinen Raumes stehen.

    Der eine von Beiden war der alte Priester, der nun ein anderes, noch festlicheres Ornat trug.
    Sein Gesicht zeigte Sorge und Claude konnte aus den wenigen Wortfetzen heraus lesen, das sie über ihn sprachen.

    Der Gesprächspartner des Priesters war ebenfalls ein Mann gehobeneren Alters, dessen Haare schon grau und an einigen Stellen sogar schon weiß waren.

    Er trug eine feine Rüstung, die der der Stadtwache entsprach und lediglich mehr Verzierungen aufwies.

    Der Müllerssohn hielt sich zurück, er versuchte sich nicht zu bewegen und still zu sein.
    Auch wenn er dem Priester ein wenig vertraute, so war ihm der Fremde suspekt und das die Beiden scheinbar über ihn redeten.

    Doch blieb sein Erwachen nicht unbemerkt, der fremde Soldat richtete seine Aufmerksamkeit auf ihn und dann auch der alte Priester.

    Claude zog die Decke etwas enger um sich und schob sich im Bett etwas zurück, doch starrte er noch immer mit kalten Augen zu den beiden Männern.

    Diese traten nun an das Bett heran und während der Fremde den Müllersjungen genau musterte, sprach der Priester mit freundlicher Stimme.

    "Ah, du bist erwacht mein Sohn. Ich hatte schon Angst um dich, du warst im Kirchenschiff zusammen gebrochen." deutlich war Sorge in der Stimme des alten Mannes zu hören.

    Diese offensichtliche und augenscheinlich ehrliche Sorge, verwirrte Claude etwas und ein wenig mehr Vertrauen keimte in ihm.

    Doch dann zuckte er wieder zusammen, als der Soldat mit einer tiefen Bassstimme sprach "Was ist dir passiert Junge?"

    Claude antwortete wieder nicht und starrte nun nur den Soldaten an, der den Blick erwiederte.

    Die Augen des alten Mannes waren müde und sanft, jedoch hatte sein Gesicht etwas ernstes an sich.
    Lange konnte der Soldat dem durchdringenden Blick des Jungen jedoch nicht standhalten und so wandte er sich an den Priester.

    Dieser schüttelte nur leicht den Kopf "Er will nicht darüber reden."

    "Sei es, wie es sei." sprach der alte Mann "Ich glaube ich weiß was geschah."

    Langsam beugte sich der Soldat zu Claude herab und dieser wich noch ein wenig mehr zurück.

    "Du bist der Sohn des Müllers habe ich recht?" fragte der Soldat nun mit einem freundlichen Ausdruck.

    Der Müllerssohn riss die Augen auf, er antwortete wieder nicht, doch seine Reaktion sprach Bände.
    All die unterdrückten Emotionen und die Erinnerungen kamen wieder herauf.

    Jene Ereignisse, die nicht einmal Tage her waren und dennoch schon von Claude in sein Unterbewusstsein verbannt worden waren.

    Der alte Mann nickte "Ich bin Erland, Hauptmann der Stadtwache. Ich weiß was geschah, mein Beileid Junge."

    Claude öffnete leicht den Mund, der Hauptmann der Stadtwache stand vor ihm.

    Die Stadtwache, diese Menschen mussten einfach gut sein, denn sie sorgten für Sicherheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung.
    Plötzlich sah der Junge den alten Mann vor sich mit anderen Augen.

    Er hatte nun fast etwas väterliches, etwas ehrfürchtiges, wie die Statuen der Ritter im Kirchenschiff.

    "Keine Sorge Junge ..." sprach Erland aufrichtig "... wir finden sie und bestrafen sie für das, was sie getan haben."

    "Was soll nun mit ihm geschehen Herr?" mischte sich der Priester mit einem fragenden Blick ein.

    "Kann er nicht bei euch in der Kirche bleiben?" fragte Erland "Als Altardiener vielleicht."

    Claude hörte nur kurz zu, sein Geist war nun wieder von dem Gefühl des Hasses durchbohrt und der Erinnerung an seine Peiniger.

    "Nein." sprach der Müllersjunge mit fester Stimme "Ich will nicht hier bleiben. Ich will euch helfen, helfen diese Schurken zu stellen."

    Der Priester und der alte Soldat sahen sich kurz verwirrt an, dann wandte sich Erland lächelnd an den Jungen.

    "Du willst in die Stadtwache Junge?" er schmunzelte fast "Dafür bist du zu jung."

    "Ich kann ein Schwert führen und reiten!" sprach Claude ernst "Und lesen und schreiben kann ich auch!" fügte er mit einem Anflug von Stolz hinzu.

    Erland runzelte die Stirn, das waren wirklich gute Referenzen, viele der neuen Rekruten konnten garnichts von diesen Tugenden.

    Er zögerte, denn der Müllerssohn war viel zu jung, doch dann blickte er wieder in die kalten, entschlossenen Augen Claude´s und ein Schauer überkam ihn.

    "Du bist dir klar, was das bedeutet?" fragte Erland.

    Claude verzog keine Miene als er antwortete "Nein. Aber ich will alles tun, um sie zu bestrafen."

    Erland seufzte "Nunja ... ich denke: Wenn ich dich jetzt ablehnen würde, würdest du ein paar Jahre auf der Straße rumlungern, bis du alt genug wärest für die Stadtwache."

    Der Priester lächelte, während Claude wie gebannt zum Hauptmann sah.

    Dieser nickte leicht "Na gut Junge ... ich nehme dich unter meine Fittiche. Aber ein Ausrutscher und es ist vorbei. Ich verlange Tugend und Disziplin!"

    Claude durchfuhr ein Glücksgefühl, doch konnte er es nicht zeigen, kalt und gefühlsarm blieb sein Ausdruck und seine Stimme.

    "Ich danke euch ..." er überlegte kurz und fügte dann hinzu "... Herr. Ich werde alles tun und alles lernen."

    Erland schüttelte lächelnd den Kopf "Was hab ich mir da nur wieder eingebrockt?"
    Er wandte sich ab und ging zur Türe des kleinen Raumes.

    "Mach dich fertig." befahl er dem Müllersjungen.
    "Jetzt beginnt für dich eine neue Zukunft."

    Es stank nach Blut und Verwesung.

    Das Rot des Blutes hatte das Bett und den Boden um es herum getränkt.

    Die Stücke von Fleisch und Innereien hatte er fein säuberlich auf dem Tisch aufgebahrt oder sie gar in Behälter verpackt.

    Seine Augen waren noch immer geweitet und vor Wahnsinn flackerten sie wild, wie das Schlagen seines Herzens.

    Er war noch bleicher als sonst und tiefe Augenringe zierten nun sein Gesicht.

    Vorsichtig, fast zärtlich, hielt er ihr Herz in der Hand.

    Er neigte leicht den Kopf, als er es mit einem sanften Lächeln in eine kleine Vase legte.

    Er strich sich den Schweiß von der Stirn und bemerkte nicht, wie er sich dabei sein Gesicht blutig färbte.
    Das Messer auf dem Tisch, das von Blut nur so triffte, beachtete er garnicht mehr.

    Nun betrachtete Xelram sein Werk.

    Er sah auf das Bett, das nun rot wie Blut war und auf die darin liegende Gestalt.

    Wie ein schlafender Engel, lag Fleur darin.
    Wunderschön und friedlich, mit sanften Lächeln und gefalteten Händen.

    Als könnte sie jeden Moment aufwachen.

    Sie war nun eine leere Hülle, präperiert wie die Trophäe eines Jägers, war sie nur noch ein Abbild des einstigen Lebens.

    Xelram hatte es in der Akademie gelernt, an Tieren:
    Ratten, Vögeln, Hasen.

    Doch nun hatte er sein eigenes Meisterstück vollbracht.
    Ewig würde sie nun so sein, nicht verfallen, nicht verwelken wie eine Blume.

    Er hatte eine schrecklich schöne menschliche Puppe erschaffen.
    Und er war in seinem Wahn glücklich in diesem Moment.

    Doch langsam versiegte das Gefühl der Wärme, das Hochgefühl der sich widersprechenden und ineinander übergehenden Gefühle.

    Die Droge verlor ihre Wirkung und langsam wurde sein Geist wieder klar und damit kamen auch wieder die Hoffnungslosigkeit und die Verzweiflung herauf.

    Noch schlimmer: Wurde ihm nun klar, was er getan hatte, was für eine Gräul er verübt hatte.

    Er schüttelte wehement den Kopf, denn dieser dröhnte und sein Geist schien zu zerbersten.
    Er fühlte sich schwach und ausgebrannt und kaum fähig die Hand zu heben.

    Er murmelte während er seiner Puppe über die Wange strich "Ich brauche mehr davon ... mehr ... den Schmerz vertreiben. Ich will zurück .. zurück in dieses Gefühl."

    Mit vor Wahnsinn und Gier verzerrtem Gesicht sah er auf "Ich brauche mehr!"



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 29.02.2008, 18:41


    Die Proklamation

    Er gähnte herzhaft.

    Nur Wenige schritten zu so früher Stunde über die Straßen des Stadtstaates und noch Weniger kamen an dieser verlassenen Ecke vorbei.

    Nur hin und wieder lief ein Händler vorbei oder eine Stadtpatrouille, vor der er sich beflissen verbarg.

    So verbrachte Gringoire seine Zeit damit, wieder mit der schicksalhaften Münze in seiner Hand zu spielen.

    Tatsächlich sah er es als großen Glücksfall, den jungen Kirin Tor getroffen zu haben.

    Zwar wusste der Gnom nicht, wie Xelram auf die Droge reagiert hatte oder wie er weiterhin darauf reagieren würde.
    Jedoch hatte er den seltsamen Glanz in Xelrams Augen gesehen und der Bucklige kannte ihn sehr gut.

    Es war der Blick jener, die sich bereitwillig dem Rausch hingaben, immer auf die unterschiedlichste Weise und aus den unterschiedlichsten Gründen, aber sie taten es.

    Und so wusste Gringoire das Xelram wieder kommen würde, weil sein Körper nach mehr verlangen würde.

    Doch wusste er nicht wann, deshalb stand der Rotwelsche schon seit Sonnenaufgang hier.
    Es war monothon und ermüdent, doch wenigstens regnete es nicht mehr, auch wenn die Regenwolken unheilvoll über der Stadt schwebten.

    Während Gringoire fort gewesen war, hatte sich im späteren Sanktum der Wunder einiges getan.

    Eine weitere Bande hatte sich Narbengesicht angeschlossen und nun war sich selbst der Rotwelschenführer sich seinem Sieg unsagbar sicher.

    Der Gnom konnte geradezu spüren, das Narbengesicht etwas vor hatte und er ersehnte den Aufstieg seines Herrn.
    Denn damit würde auch er selbst mehr Kontrolle erlangen.

    Kontrolle, das erhoffte sich der Bucklige auch von dem jungen Hexer.

    Zwar hatte er seine magischen Fähigkeiten nicht gesehen, doch wenn ein so junger Mann bei den Kirin Tor aufgenommen worden war, dann mussten seine Fähigkeiten wahrlich beeindruckend sein.

    Denn die Kirin Tor waren ohne Frage die mächtigsten und gefährlichsten aller sterblichen Magier und zu Recht die Geheimwaffe der Magiokratie.

    Gringoire malte sich schon aus, wie ein solch mächtiger Magus ihm etwas schuldig war und begann bösartig zu grinsen.

    Nun war er wieder hellwach und das Gähnen erstarb.

    Er sah weder nach links, noch nach rechts, während er über den Markt lief.

    Bisher hatte er sich im Hintergrund gehalten, versucht nicht aufzufallen und niemanden in die Augen zu sehen.
    Doch dann waren die Gassen, in denen er sich bewegt hatte zur Neige gegangen und er musste den Weg über den weitläufigen Markt nehmen.

    Als er ihn bei Nacht genommen hatte, war dies kein Problem gewesen.
    Er war leer, ruhig und einsam gewesen.

    Doch nun platzte er fast aus allen Nähten, während die Händler ihre Stände aufbauten und die ersten Schaulustigen flanierten.

    Xelrams Augen waren gerötet und tiefe Ringe zogen sich unter ihnen, während er über den Markt hetzte.

    Seinen Umhang hatte er eng um sich geschmiegt und wollte nur so schnell wie möglich zu der Gasse, wo er letzte Nacht den Gnom getroffen hatte.
    Er hoffte innigst, das der Bucklige ihn nicht angelogen hatte und er ihn dort finden würde.

    Während des Laufens konzentrierte er sich wieder auf das Dröhnen, er konnte garnicht anders, als es zum Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit zu machen, so erdrückend war es.

    Das Dröhnen ließ fast seinen Kopf zerspringen, auch wenn er es wegdrängen wollte.
    Und nicht nur dieses Gefühl der Leere und des Ausgebrandtseins zehrte an ihm.

    Wieder kamen die Erinnerungen und das Grauen herauf.

    Er hatte Fleur´s Totenruhe gestört!
    Sie ausgeweidet wie ein Tier und er hatte es sogar genossen.

    Im fröstelte als er daran dachte und kurz kam ein Ekel vor sich selbst auf.
    Er wusste, das es an dem Rauschgift gelegen hatte, doch er brauchte es, wollte es.

    Dieses Gefühl, das er nun verspührte, er hielt es fast nicht aus.
    Alles trieb ihn weiter, im Gedanken nur wieder die Empfindung, die er in seinem Rausch durchlebt hatte.

    Auch das Zittern seiner Hände und seines gesammten Körpers bekam er nicht mehr mit, es war ihm schlicht egal.

    Und auch, wenn ihm die Erinnerung an Fleuer quälte, so geriet sie immer weiter in den Hintergrund, neben dem quälenden Gefühl des Hungers nach dem neuen und doch so fremden Gefühl der Ekstase.

    Letztlich war er bei der Gasse angelangt.

    Sein Herz schlug höher, als er die kleine bucklige Gestalt in der Gasse erspähte, die wieder mit einer Münze spielte.

    Raschen Schrittes hastete er nach vorne, hätte den Gnom fast umgeworfen, als er ihn an der buckligen Schulter packte.

    Gringoire sah nur kurz verdutzt hinauf zu der jungen Gestalt, doch grinste er dann wieder, als er sie erkannte.

    "Gib mir mehr!" kreischte Xelram fast von Sinnen und hatte Glück, das niemand nah genug war, um von ihm und seinem Begleiter Notiz zu nehmen.

    Der Gnom legte dem jungen Magus eine Hand auf die Schulter und lächelte "Keine Sorge mein Freund ... ich habe es dir doch versprochen."

    Derweil war in den Katakomben der Stadt Narbengesicht mit seinen Vorbereitungen beschäftigt.

    Er hatte sich letztlich entschieden.

    Nun war es an der Zeit, sich zu nehmen, was ihm zustand.
    Der Titel des Bettlerkönigs lag zum greifen nahe vor ihm und das wusste er nur allzu gut.

    Lange hatte er geplant, sein Netz ausgeweitet.

    Leute um sich gescharrt, sie bewaffnet, Unterschlüpfe errichtet und Beamte bestochen.

    Nun, da das Armenviertel ihm fast alleine gehörte und die meisten Banden der Stadt zu seinem Söldnerheer gestoßen waren, war er bereit.

    Er würde sich selbst krönen, sich krönen mit einem fulminanten Fest.
    Eines Festes, das nie ein Rotwelsche vergessen sollte.

    Gemächlich legte er seine Rüstung an, die schwere Lederkluft, die an einigen Stellen schon zerschlissen war.

    Sie hatte ihm jahrelang gute Dienste geleistet, viel Blut gesehen und ihn oft vom Tode bewahrt.

    Heute, am Tage seines Aufstieges würde er sie auch tragen.

    Um seine Erscheinung noch eindrucksvoller zu gestalten und seinem gegebenen Namen gerecht zu werden, hatte er die Narben in seinem Gesicht noch etwas mit roter Farbe nachgestrichen.

    Fast wie die Kriegsbemalung der Trolle mutete es an, während er seine Handaxt und seinen Dolch zur Hand nahm.
    Seinen Dolch verbarg er wie immer in der Seite seiner massiven Stiefel, während seine kleine Handaxt an seiner Taille ruhte.

    Er betrachtete sich nur noch kurz in dem zerschlagenen Spiegel in seinem hölzernen Unterschlupf.

    Er nickte zufrieden und fragte sich im Stillen, wo seine Rechte Hand wohl stecken würde.
    Doch war er sich sicher, das Gringoire´s Abwesenheit einen wichtigen Grund haben würde und er rechtzeitig wieder zurück sein würde.

    Er legte wieder sein grausames Lächeln auf und schritt hinaus aus seinem Unterschlupf in die unterirdische Halle des Sanktums.

    Sein hölzernes Domizil stand genau an der Stelle, wo später einmal der große Galgen, mit dem Aufbau des Bettlerkönigs stehen würde.

    Viele seiner Männer warteten schon, sie waren - wie er - bis an die Zähne bewaffnet und warteten sehnsüchtig auf ihren Anführer.

    Dieser sah voller Zufriedenheit auf die entschlossenen Gesichter seiner Rotwelschen, die aus allen Schichten der Ärmsten der Armen zu kommen schienen.

    Er breitete die Arme aus und sah lächelnd empor zum steinernen Himmel des unterirdischen Unterschlupfes.
    "Meine Kameraden ... heute beginnt die neue Herrschaft, eines neuen Königs."

    Er lachte schallend, so das es von den Wänden niederdonnerte "Kommt! Wunder muss man selbst vollbringen!"



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 07.03.2008, 17:01


    Ein feste Burg

    Die Zinnen ragten empor.

    Unheilschwanger erhoben sie sich vor dem matten wolkenverhangenen Himmel.

    Wieder sah der Müllersjunge empor, empor auf die Zinnen eines Gebäudes, dessen Größe allein ihn erstaunte.

    Obwohl er sein ganzes Leben im Umland der Stadt verbracht hatte und auch einige Male in ihr gewesen war, so hatte er doch nie die Wunder und Schrecknisse der steinernen Stätten erkannt.

    Nun tat er es, denn seine Wahrnehmung hatte sich verändert.
    Sie war klarer, logischer, gefühlsärmer als noch Tage zuvor.

    Die Welt, die er einst gekannt hatte, die Welt des Kindes hatt er abgelegt.
    Und trat nun ein in eine neue düstere Welt, nicht mehr so bunt und fröhlich, freundlich und heiter.

    Den Schritt den er dabei ging, war die Aufnahme in die Stadtwache.
    Eine ehrenvolle, aber gefährliche Berufung.

    Und er, der kleine Müllerssohn war eigentlich noch viel zu jung für die Pflichten, die der Dienst in der Stadtwache mit sich brachte.

    Dennoch folgte Claude Hauptmann Erland voller Eifer, denn in ihm brannte die Wut und das Begehren nach Vergeltung.
    Und er glaubte sie hier finden zu können.

    Und so war er dem Hauptmann auch hier her gefolgt.
    Zum Dreh- und Angelpunkt der Stadtwache und aller öffentlichen Stellen in der Magiokratie.

    Es war das erste Mal, das er dieses Gebäude sah und seine Verzierungen und seine Architektur fesselten den Jungen vom ersten Augenblick an.

    Der Justizpalast.

    Abermals blickten steinerne Gestalten auf Claude herab und langsam begann er zu glauben, das diese leblosen Wächter allgegenwärtig waren.

    Das Gebäude war in Größe, Pracht und architektonischer Verspieltheit der Kathedrale in jeder Hinsicht mehr als ebenbürtig.
    Dennoch war das Gebäude anders.

    Es war dunkler, unnahbarer, unheimlicher.
    Sein dunkler Stein und seine spitzen Zinnen und Fresken waren das genaue Gegenteil des weißen Marmors und den abgeflachten und abgerundeten Formen der Kathedrale.

    Und obwohl dieses Gebäude dadurch fast beängstigend wirken konnte, fühlte sich Claude hier wohler als in der Kathedrale.
    Der Anblick allein bewirkte etwas in ihm.

    Hier sah er vor sich das Heim des Rechtes.
    Und allein die Mauern zeugten von der alles beherrschenden und unterdrückenden Gerechtigkeit.

    "Komm mit Junge." sprach Erland, als er die großen Steinstufen zu den mächtigen Eingangstoren empor stieg.

    In ehrfürchtiger Entfernung folgte Claude.
    Er vertraute Erland, nicht weil er ihn nun kannte, oder weil der alte Mann ihm sympathisch war.

    Nein, es hatte einen anderen Grund.
    Es war die Tatsache, das der alte Soldat der Hauptmann der Stadtwache war.

    Und dies gab Claude Vertrauen, denn wem sonst, als den Wachen, die für Recht und Ordnung sorgten, sollte er vertrauen.
    Auch war Erland freundlich, wenn auch reserviert gewesen.

    Der alte Mann hatte viel von einem Lehrmeister, ja gar einem Vater und diese Ausstrahlung mochte ihn auch einst in seine verantwortungsvolle Position gebracht haben.

    Als der Müllersjunge und der Hauptmann durch die großen Türen getreten waren, fanden sie sich in der Eingangshalle des Justizpalastes wieder.

    Die Eingangshalle hatte eine große Fläche, von der viele Türen und Gänge in alle möglichen Richtungen führten, während vier Treppen sowohl in die Höhe, als auch in die Tiefe führten.

    Der Justizpalast war mit all seinen Gängen, Etagen, Verliesen und Katakomben, sowie mit seinen Außen- und Nebenanlagen eines der größten Gebäude der Stadt.

    Auch hier hallten Stimme und Schritt wider, wie in der Kathedrale, doch waren die Geräusche dumpfer, gedämpfter und nicht so rein und klar.

    Es herrschte ein fahles Licht, das fast nur von den magischen Lampen gespendet wurde und auch hier war die Verkleidung der Mauern aus schwarzem Stein oder Opal.

    Schwarze Fließen säumten die Eingangshalle, die frisch und sauber aussahen, so das man sich darin spiegeln konnte.

    Einige Verzierungen und Mosaike schmückten die großen Säulen und die Wände und gaben dem Innenleben des Palastes einen mysthischen Ton.

    Claude wurde von den neuen Eindrücken fast erschlagen, er sog es gerade zu in sich auf.

    Ein wenig fröstelte ihn bei den Statuen und dem fahlen Licht und vorallem an den dunklen Gängen die hier und da nicht vom Licht der Lampen erhellt waren.

    Durch sie hindurch zu laufen - auch mit Begleitung - wäre für ihn wohl immernoch unmöglich gewesen, doch glücklicherweise, musste er dies auch nicht.

    Denn Erland schritt voran und zwar in einen breiten und erleuchteten Gang.

    Die Architektur änderte sich nicht sonderlich, auch wenn hier und dort Teppiche und Wandbaldachine hingen oder Bilder die Wände schmückten, die meist lichtgefällige Szenen zeigten.

    Beamte und Soldaten kreuzten den Weg des Jungen und des Alten, doch sie vermieden es, sie anzublicken.

    Nur hin und wieder drehte sich noch jemand um, um die verlumpte Gestalt des Müllerssohnes genauer zu mustern.

    Claude konnte die Blicke förmlich spüren und er hasste es, hasste diese Blicke und die Gedanken, die damit einhergingen.

    Er selbst suchte bei jedem, der ihm entgegen kam den Blickkontakt.

    Kalt und unbarmherzig starrten seine grauen Augen jeden Gegenüber an und die Meisten konnten diesem durchbohrenden Blick nichteinmal sekundenlang standhalten.

    Immer höher führte Erland den Jungen und Claude fragte sich, ob das Gebäude überhaupt ein Dach hatte, oder immer weiter in den Himmel hinaufsteigen würde.

    Schließlich kamen sie vor zwei großen Eichentüren an, die noch mehr als sonst verziert waren.

    Die zwei Wachen, die an den Seiten der Tore standen salutierten und grüßten damit ihren Hauptmann, während sie den Jungen scheinbar garnicht beachteten.

    Erland hielt vor der Türe inne und sah zu Claude, der daraufhin sofort zum stehen kam und den alten Mann forschend anblickte.

    "Nunja ..." seufzte der Hauptmann und betrachtete Claude´s Erscheinung "Du wirst dich später umziehen müssen, wenn ich dir dein Quartier zeige."

    Erland überlegte kurz, nickte dann und zeigte auf die Türen "Doch nun, wirst du zuerst den obersten Richter der Stadt treffen. Seine Ehren ist auch oberster Kommandant der Stadtwache."

    Claude nickte verstehend, da er nun ein neues Mitglied der Stadtwache war, musste auch der Stadtvogt von seiner Aufnahme erfahren.

    Claude wusste nichts über den Stadtvogt, seine Aufgaben oder wo seine Zuständigkeiten lagen.
    Doch verstand er, was ein Richter war und wenn der Stadtvogt der Oberste von ihnen war, dann musste dieser Mann sehr wichtig sein.

    Erland klopfte nur kurz an und stieß die Türen auf.
    Als sie aufgeschwungen waren, fiehlen Claude´s Augen das erste Mal in den großen Kaminraum.

    Schon damals war der Raum, wie er auch fast 20 Jahre später sein würde.

    Die hohen geschwungenen Decken, der kalte Stein, der kleine Balkon, die steinernen Götzen an den Wänden und der große Kamin mit dem Lichtsymbol darüber.

    Claude empfand den Raum als sehr interessant, fast instinktiv zog er die Luft ein, wie ein Tier das sein neues Domizil erkundet.

    Doch fehlte etwas in diesem Raum und dadurch unterschied es sich auch von dem Kaminzimmer in dem einst der Wolf der Justiz residieren sollte.

    Es gab kein Feuer.

    Der Kamin war leer und kalt.
    Nur fahl wurde das Zimmer durch zwei Lampen und das schmächtige Licht aus den hohen Fenstern erhellt.

    Der Raum lag in kühler Düsternis und behagte dem Müllersjungen nicht.

    Erland achtete nicht auf den Jungen hinter sich, der noch immer den Raum in sich aufnahm und schritt weiter auf den Kamin zu.

    Dort stand - wie es auch später sein sollte - auf einem kleinen violetten Teppich ein Holzthron vor dem großen steinernen Kamin.

    Doch war damals der Thron etwas kleiner und zeigte keine Verzierungen in Wolfsform.
    Eher war das Holz schlicht und einfach gehalten.

    Auf dem Stuhl saß ein gebeugter Mann im schwarzen Richterornat, dessen Richterhut fast schon zu groß für ihn war und ihm tief ins Gesicht hing.

    Der oberste Richter der Stadt war noch älter, als es der alte Hauptmann der Stadtwache schon war und sein Körper zeugte von seiner Gebrechlichkeit.

    Tiefe Falten zerfugten das einstmals markante Gesicht und weiße, kurze Haare sahen an den Rändern des Richterhutes hervor.

    Die Hände des Stadtvogtes waren knochig und feingliedrig und hatten sich eng um die Lehnen des Thrones geschlossen.

    Claude folgte Erland und betrachtete den Greis mit einer Spur Erstaunen, denn noch niemals hatte er einen so alten Menschen gesehen.

    "Euer Ehren." meinte Erland und verneigte sich, doch es gab keine Reaktion.

    "Euer Ehren!" sagte der Hauptmann lauter, um die offensichtliche Taubheit des Stadtvogtes zu umgehen und Claude zuckte ein wenig bei dem hallenden Ruf zurück.

    Langsam und mühsam hob der Richter sein Haupt und seine Augen sahen müde und matt aus.

    "Ah, Heinrich." sagte der Richter und lächelte leicht.

    "Nein euer Ehren." widersprach Erland "Hauptmann Heinrich ist schon seit Jahren nicht mehr im Dienst."

    Er salutierte dann leicht "Hauptmann Erland, ihr erinnert euch?"

    Der Richter nickte leicht, doch war nicht zu erkennen, ob der Greis verstanden hatte oder nicht.

    Erland schien das ganze auch egal, denn er fuhr einfach fort, als würde er es immer so tun.

    "Euer Ehren, dies ist der Müllersjunge Claude. Er wird sich fortan als Rekrut in der Stadtwache nützlich machen." sprach der Hauptmann rasch und scheinbar etwas hastig.

    Claude hörte dabei schweigend zu, verneigte sich nur leicht, als er mit Namen erwähnt wurde und betrachtete dann wieder den Greis auf dem Holzthron.

    Dieser schien nicht wirklich zu verstehen, auch sprach der Hauptmann wohl wieder zu leise für den tauben Mann.

    "Ihr seid doch sicherlich mit dieser gut durchdachten und von mir bereits geprüften Entscheidung einverstanden?" endete Erland mit seinem Monolog und nickte dem Stadtvogt energisch zu.

    Dieser runzelte kurz die Stirn, als würde er nicht verstehen, nickte dann jedoch leicht.

    "Natürlich Hauptmann. Natürlich." war seine Antwort darauf.

    "Ich danke euch euer Ehren." und während er dies sagte, wandte sich Erland schon wieder um und bedeutete Claude ihm zu folgen.

    Leicht sah der Junge zurück zu dem Greis, der weiterhin allein und verlassen in der Düsternis sass, ohne Licht und Wärme.

    Fast konnte man ihn vom weiten für einen Toten halten.

    Erland kümmerte es nicht, war dies doch auch nur eine Formalität gewesen.
    Schon lange war der Stadtvogt nur noch ein Greis, der Edikte unterschrieb und wohlgefällig nickte.

    Hauptmann Erland, der wahre Herr der Stadt verließ nun mit seinem neuen Rekruten den großen Kaminsaal.



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 08.03.2008, 16:54


    Vor dem Umbruch

    Es stank fürchterlich.

    "Wo sind wir hier?" fragte Xelram seinen gnomischen Führer, als sie durch die Kloake des Stadtstaates schritten.

    Der beißende Geruch bekam dem jungen Hexer nicht, noch immer war sein Körper schwach und sein Geist verwirrt.

    Zwar war das quälende Gefühl, das ihn vorangetrieben hatte schwächer geworden, aber es war noch da.

    Und nur deswegen folgte er nun dem Buckligen, denn dieser hatte ihm versichert, mehr für Xelram zu haben, wenn er ihm nur folgen und helfen würde.

    Noch vor Tagen wäre es für den jungen Magus undenkbar gewesen, auch nur mit einem Rotwelschen zu reden, doch nun war es ihm egal.

    Fleur war tod und er hatte ihre Ruhe geschändet.
    Nur das Gefühl der Extase, die ihm das Rauschgift gewährte, konnte nun noch seinen Schmerz lindern.

    Dies glaubte Xelram aus tiefsten Herzen, denn er wollte es glauben, er wollte vergessen und Ruhe finden.

    So war er nun bereit alles zu tun, was Gringoire wollte.
    Zur Stadtwache hätte er ohnehin nicht zurückkehren können, da er sicher schon längst in Ungnade gefallen war.

    Seine Zukunft, seine Karriere und all seine Pläne hatten mit Fleur´s Leben geendet.

    Nun war alles egal.

    Nur eines hatte er sich vorgenommen:
    Später zu seinem Elternhaus zurück zu kehren und seine schrecklich schöne Puppe zu sich zu holen.

    Denn obwohl er sich vor sich selbst eckelte, so dachte er immer und immer wieder an Fleur und seine Puppe, ein Spiegel in eine bessere Vergangenheit.

    "Wir sind in den Katakomben." antwortete der Gnom schließlich.

    Er war in Gedanken, während er den jungen Kirin Tor zum Versteck der Spötter führte.

    An Xelrams Eifer, für das Rauschgift alles zu tun, hatte er überhaupt keinen Zweifel.

    Er wusste nicht, was dem jungen Mann passiert war, doch hatte es ihm scheinbar so erschüttert, das er in der Droge eine Ausflucht suchte.
    Und diese konnte und wollte ihm Gringoire liebend gern gewähren.

    Er war sich sicher, das diese Zusammenarbeit noch einen großen Nutzen für ihn haben würde.

    Nur fragte er sich, wie die anderen Rotwelschen auf den Kirin Tor reagieren würden und vorallem ob Narbengesicht zulassen würde, das sich ein ehemaliger Staatsmagier bei ihnen aufhielt.

    "Wie lange brauchen wir denn noch?" fragte Xelram und schloss die Arme um sich, denn das Zittern seines Körpers war noch nicht besser geworden.

    "Nicht mehr lange." grinste Gringoire und an der nächsten Biegung konnte man schon den Schein von Fackeln sehen, während die Geräusche des Versteckes aufkamen.
    "Wir sind gleich da."

    Den Gnom hatte es schon gewundert, das sie noch nicht auf einen Wachtrupp gestoßen waren, doch letztlich war ihm das nur recht.

    "Sicher bereitet Narbengesicht etwas vor." dachte der Bucklige bei sich und erklärte sich so das Fehlen der Rotwelschen.

    Sie bogen in das spätere Sanktum der Wunder ein und Xelram sah voller Erstaunen, was die Ärmsten der Armen hier geschaffen hatten.

    Niemals hatte er erwartet, soviel Leben hier anzutreffen.
    Und das so ein Ort, so ein Versteck unterhalb der Stadt existieren könnte, daran dachte wohl niemand in der Oberstadt auch nur im Geringsten.

    Fremdartig und exotisch kamen ihm die Wandbehänge, die Aufbauten und die bunt und luftig gekleideten Leute hier vor.

    Und die Rotwelschen bemerkten auch sie.
    Fast fassungslos starrten sie den Magier in der violetten Robe an, doch beruhigten sie sich wieder, als sie Gringoire an seiner Seite erkannten.

    Sie vermieden es mit ihnen in Kontakt zu kommen und auch dem Gnom war es recht, mit niemanden zu sprechen, ehe er bei Narbengesicht war.

    Xelram betrachtete die Bettler, Halsabschneider und Mörder der Spötter und dachte daran, wie oft er sie gejagt hatte und wieviel Leid sie über die Bevölkerung der Stadt gebracht hatten.

    Doch dann fiehl sein Blick auch auf eine alte gebückte Frau in Lumpen und er fragte sich für einen Augenblick, ob es richtig war, sie als Verbrecher zu sehen.

    Dieser Eindruck vertiefte sich, als ein paar Straßenkinder an ihnen vorbei liefen.

    Und als ein kleines blondes Rotwelschenmädchen ihren Weg kreuzte, da durchzuckte Xelram ein seltsamer Stich.
    Ein Gedanke an Fleur kam in ihm auf, gepaart mit einer seltsamen Sehnsucht und einem unheiligen Begehren.

    Doch konnte er das Gefühl nicht halten, denn nun kamen sie in die Mitte des großen unterirdischen Platzes.

    Dort wurden die Rotwelschen gerade bewaffnet, sie legten Lederrüstungen und Säbel an, nahmen Knüppel und Fackeln zur Hand und bestückten sich mit Wurfdolchen.

    Gringoire runzelte die Stirn, als er dies sah, denn dies war eine viel zu große Truppe für einen einfachen Überfall.
    Es schien fast gerade so, als würde sich die gesammte Bande zum Kampf bereit machen.

    "Was hat Narbengesicht nur vor?" fragte sich der Bucklige, als er und sein Gast schon zum Führer der Rotwelschen kamen.

    Die Banditen machten Platz, als ihr erster Offizier und der junge Mann in den violetten Roben an ihnen vorbei gingen.
    Sie verengten die Augen und fingen an zu tuscheln.

    Narbengesicht derweil hatte seine Vorbereitungen scheinbar abgeschlossen, seine Bemalungen im Gesicht brachten seine zahlreichen Narben noch mehr zur Geltung.

    Fast wie ein abscheuliches Biest sass er wieder auf einer der Kisten, die in der Mitte des Platzes, nahe des Lagerfeuers standen.
    Er schien Gringoire schon zu erwarten und betrachtete mit Interesse den Fremden an dessen Seite.

    Xelram war dies alles unangenhem, er fühlte sich wie ein ungewollter Feind in dieser Runde und der Anblick des Anführers hatte ihn verunsichert.

    Er kannte diesen Mann von den Steckbriefen und den Gerüchten und wusste, das er der meist gesuchte Verbrecher der Magiokratie seit Jahrzehnten war.

    Viele im Adel belächelten ihn und sein Tun, doch die Offiziere sahen in Narbengesicht eine stetige Gefahr für die Ordnung in der Stadt.

    "Ah, Gringo!" grinste Narbengesicht, so das sich sein Gesicht zu einer grotesken Fratze verzog.

    "Wen hast du uns denn da mitgebracht?" er sah fragend zu Xelram, der nur bitter und ohne Gefühl in der Miene zu dem Rotwelschenführer aufblickte.

    "Ein abtrünniger Magier." grinste Gringoire "Er will für uns arbeiten, für ein wenig Stoff, du verstehst?"

    Aufgeregtes Gemurmel erhob sich bei den Umstehenden.

    Einer der Rotwelschen legte seine Hand an Xelrams Schulter, wohl um ihn zu sich zu ziehen und ihn zu betrachten.

    Doch der Hexer riss nur die Augen auf und die Hand des Rotwelschen durchstieß ein heftiger Schmerz.
    So das er unter einem Schrei seine Hand zurückzog.

    "Fass mich nicht an! Niemand fasst mich an!" kreischte Xelram, so das es ihm selbst verwunderte.

    Die Berührung war seltsam gewesen, sie hatte ihn in sich zusammen zucken lassen.
    Als wäre die Berührung ein Messerstich gewesen.

    Unwohl und beobachtet hatte er sich bei dem winzigen Augenblick der Berührung gefühlt.

    Einige der Banditen zogen ihre Messer, während der Rotwelsche schreiend seine schmerzende Hand hielt.

    Gringoire befürchtete schon, das sie seinen neuen Kumpanen sofort meucheln würden, doch weit gefehlt.

    Denn Narbengesicht lachte auf "Der Junge scheint ja was drauf zu haben! Du bist mir einer Gringoire, da fragt man sich wo du bist und bringst dann einen waschechten Kirin Tor mit."

    Der Anführer nickte bestätigend und sprang von der Kiste.

    "Danke Boss, ich bin sicher, er wird nützlich sein." grinste Gringoire zufrieden.

    Narbengesicht kam auf die Beiden zu und betrachtete den Hexer, dieser wandte den Blick ab, doch wich nicht zurück und blieb einfach stehen.

    "Da bin ich mir sicher." bestätigte Narbengesicht "Doch pass auf, das er keine Dummheiten macht! Du bist für ihn verantwortlich."

    Gringoire nickte und sah sich um "Mach ich Boss. Aber was soll das alles hier?"

    Narbengesicht lachte auf, ein kehliges und dreckiges Lachen.

    "Das mein Freund, ist der Beginn unserer Zukunft." begann er zu erklären.

    "Wieder hat sich uns eine Bande angeschlossen, nun gibt es keinen Rotwelschen, der nicht ein Spötter ist." grinste Narbengesicht breit "Und seit unserer letzten Aktion ist da Armenviertel und das Umland so gut wie unser."

    Xelram sah sich um und erst jetzt erkannte er die immense Anzahl der Rotwelschen, die hier versammelt waren.
    Wie Ratten strömten sie aus allen Löchern und der junge Hexer erkannte, was es für eine Macht bedeutete, soviele Mörder und Banditen unter seiner Kontrolle zu haben.

    "Wir sind keine Bande mehr." schloss Narbengesicht "Wir sind eine Armee!"

    "Und nun wird es Zeit, es wird Zeit zu zeigen, wer wir sind, wo unser Platz ist und was uns zusteht!" gröllte der Rotwelschenführer und seine Mannen stimmten mit ein.

    "Es wird Zeit uns das Armenviertel zu nehmen und den feinen Pinkeln zu zeigen, wer hier der Boss ist." Narbengsicht hob seine Kampfaxt und schrie die letzten Worte.

    "Das Heer des Bettlerkönigs zieht in die Schlacht!" Bei diesen Worten Narbengesichts verfinsterte sich Gringoire´s Miene.

    Denn dies konnte nur eines bedeuten: Krieg gegen die Staatsmacht.



    Re: Lucheni Sunsong

    Moginal - 29.05.2008, 17:53


    ((Wann kommt denn hier was neues?))



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 30.05.2008, 16:05


    ((Wenn ich wieder die Muse habe, weiter zu schreiben.
    Zur Zeit bin ich in einem Motivations und Inspirationsloch.

    Nichts, was ich auf Papierbringe genügt mir, wenn ich überhaupt die Intention habe, mich mal hinzu setzen ...))



    Re: Lucheni Sunsong

    Iluvatar - 16.08.2008, 17:03


    Endlich ist es soweit *g* die Muse hat mich wieder geküsst und das neue Kapitel ist fertig, ich hoffe es gefällt und das ich an den alten Stil gut anschließen kann, eure Meinung dazu würde mich interessieren *g*.


    ---------------------------------------
    Erhebung

    "Das ist dein neues Zuhause." sprach der Hauptmann.

    Claude und der Hauptmann hatten den riesiegen Gebäudekomplex des Justizpalastes weiter durchschritten, unglaublich weit und groß, war dem Müllersjungen die Strecke vorgekommen.
    Auch das architektonische Bild hatte sich verändert, der Teil in dem sie nun waren, war nicht mehr so fein und auch nicht mehr so geschmückt, wie die Eingangshalle oder die Gemächer des Stadtvogts.

    Denn nun waren sie in den Kasernenanlagen der Stadtwache, die direkt an den Justizpalast anschlossen.
    Einst waren es getrennte Gebäude gewesen, die im Regierungsviertel der Magiokratie in unmittelbarer Nähe standen, doch während die Stadt und auch die öffentlichen Gebäude im Laufe der Dekaden wuchsen, so breitete sich der Justizpalast aus und schluckte gewissermaßen die Kaserne, die nun - wie auch der Kerker und andere Einrichtungen - zu dem steinernen Riesen gehörte.

    In den Kasernen gab es Übungsplätze, Aufenthaltsräume, Waffenkammern und natürlich auch die Quartiere der Soldaten.
    Doch diese waren zu dieser Tageszeit fast leer. Der Abend drohte mit der herniedersteigenden roten Sonne und die meisten Soldaten waren im Dienst oder in der Stadt um letzte Besorgungen zu machen, bevor die Nachtruhe oder ihre Abend- und Nachtschichten begannen.

    Dem jungen Claude war dies recht gewesen, noch immer hatte er keine Zeit zum Umziehen gefunden und er sah dreckig und zerlupt aus. Schon normale Blicke durchzuckten ihn und sein gebrochenes Selbst, doch in dieser Erscheinung, konnte er sie noch weniger ertragen.

    Doch war dieser Gedanke ersteinmal vergessen, denn nun besah sich Claude sein neues Quartier, das Erland als sein Zuhause bezeichnet hatte.
    Es war ein kleiner, einfach gehaltener Raum, nackter Stein und ungeschmückt.
    Ein kleines Fenster thronte an der von der Tür abgewandten Seite und gab den Blick frei auf den Platz vor dem Justizpalast, der zu dieser Tageszeit noch voller Leben war.
    Ansonsten gab es nur ein einfaches Bett, einen kleinen Schrank und einen Tisch samt Stuhl, die in der Nähe der schlichten Tür standen.

    Claude war froh, das er nur ein Bett sah, also hatte er ein Einzelquartier erhalten.
    Zwar wusste der Müllersjunge nicht viel über die Stadtwache oder solcherlei Kasernen, doch hatte er sich die anderen Zimmer angesehen, wenn sie an einer offenen Tür vorbeigegangen waren und er wusste daher, das ein Einzelzimmer eine Seltenheit war.

    Doch dankte er dem Licht dafür, hier konnte er vielleicht wahrlich Ruhe und Frieden finden, doch eine Heimat, ein Zuhause, wie der Hauptmann es genannt hatte, war es nicht.
    Dies fühlte der Junge hier nicht, er fühlte - so wie die letzten Tage - garnichts, die neue Umgebung bewirkte nichts in ihm.
    Vielmehr hatte ihn die Außenfassade des Palastes und der Kaminraum bewegt, sie hatten etwas in ihm ausgelöst, doch dies hier, dieses einfache Zimmer, war nichts als nackter und gefühlloser Stein für ihn.

    Dann fiehl sein Blick wieder auf das Bett, das er beim ersten Sondieren nur kurz überflogen hatte.
    Nun erkannte er, das darauf einige Gegenstände lagen: ein graues Hemd und eine graue Hose, sowohl ein violetter Wappenrock, mit dem goldenen Auge Dalarans.
    Und darauf eine Scheide, in der wohl ein Kurzschwert steckte.

    Erstaunt sah Claude mit seinen grauen Augen zu Erland "Sind das meine Sachen?"
    Der Hauptmann nickte bekräftigend und zeigte darauf "Eine Uniform der Stadtwache und ein Kurzschwert für dich, denn ich glaube ein normaler Säbel wäre noch zu groß für dich."
    Fast fühlte sich Claude ein wenig gekränkt, er wollte keine Sonderbehandlung, er wollte einfach nur eines, Vergeltung an seinen Peinigern und dazu war er hier und dazu brauchte er Waffen, brauchte dieses Schwert, das war dem Jungen klar.

    "Du kannst doch damit umgehen?" fragte der Hauptmann nun und Claude stockte.
    Der Müllersjunge hatte schon ein wenig mit dem alten Schwert seines Vaters trainiert, das war wohl wahr, doch war es wohl nicht genug, für die Aufgaben innerhalb der Wache.
    Er atmete durch und meinte kalt und emotionslos "Ein wenig, doch ich werde es lernen und ihr werdet sehen, ich bin ein guter Schüler."

    Erland nickte, diese Art des Jungen verwunderte ihn noch immer.
    Auf der einen Seite war er durchaus erfreut über das abeklärte und sehr erwachsen anmutende Verhalten.
    Auf der anderen Seite bemerkte er jedoch, das dies nicht das normale Verhalten des Jungen war und das normale Verhalten irgendeines Kindes dieses Alters war es schon garnicht.
    Der Hauptmann hatte sich schon länger gefragt, was dem Kind wohl in der Gefangenschaft der Rotwelschen wiederfahren sein musste, doch er war sich sicher, das die Ereignisse dieses Verhalten verursacht hatten.

    Er wurde harsch aus seinen Gedanken gerissen, als ein Soldat raschen Schrittes zu ihnen trat und erschöpft schnaufte "Herr Hauptmann! Es gibt Probleme!"

    Panik war im Armenviertel ausgebrochen.

    Narbengesicht hatte seine Drohung wahr gemacht und hatte alle Spötter und Rotwelschen, die ihm Treu ergeben waren mobilisiert.
    Er war fest entschlossen in den Krieg zu ziehen, ja kein Überfall, keine Erhebung, er bezeichnete es selbst als Krieg und wollte es so sehen und das es auch so gesehen wurde.

    Er hatte keine Bande mehr unter sich, er hatte eine Armee, eine Truppe von großer Stärke und Zahl und er genoß es.
    So lange hatte der alte Söldner darauf gewartet, hatte sein Verlangen nach Blutvergießen und Auflehnung zurück gehalten, nun war der Tag gekommen.
    Zulange hatte er gesehen, wie schäbig die Rotwelschen und die Armen von der besseren Gesellschaft der Magiokratie unterdrückt und wie Dreck behandelt wurden.
    Jedes Mal hatte er mit seinen Kameraden mitgefühlt und sich immer wieder daran erinnert, wie sie ihm seine Dienste und seine Aufopferung gedankt hatten.

    Davon gejagt hatten sie ihn und um seine gerechte Belohnung gebracht, nun mussten sie dafür zahlen, mit Zins und Zinseszins.
    Er ließ die Arme hängen, die nun schon von Blut tropften und legte den Kopf in den Nacken, er horchte auf die Geräusche:
    Die Schreie, die Geräusche des Kampfes und des Terrors und es durchflutete ihn und brachte sein Blut in Wallung.
    Die Streitaxt in seiner Hand, war wie eine Verlängerung seines Armes und ihr Gewicht spürte er garnicht mehr, als er sie wieder hob und die Augen öffnete und in die Schlacht blickte.

    Das Armenviertel lag vor ihm, sein Reich, sein Domizil und endlich sollte es auch offiziell so sein.
    Sein Plan war gewagt, er war wahnsinnig und eigentlich vollkommen widersinnig und das wusste Narbengesicht, doch es war ihm egal.
    Er wollte diese Schlacht, er wollte diesen Aufstand und wenn es nur dazu war, die Bevölkerung aufzurütteln und der Magiokratie zu zeigen, das es sie gab, das sie existierten, das sie noch lebten.
    Sie waren nicht gestorben, nicht verschwunden, sie konnten nicht totgeschwiegen werden, so wie es sich die Adligen gewünscht hatten.

    Er würde das Armenviertel zu seinem Reich machen, ein Staat im Staat innerhalb des Stadtstaates.
    Eine lächerliche Vorstellung, das wusste er allzu gut, doch jene die ihm folgten, glaubten daran, glaubten an ihn.
    Wohl weil sie daran glauben wollten, weil sie eine Perspektive brauchten, jemanden dem sie in all ihrem Leid und in der Verzweiflung folgen konnten.

    Es hieß siegen oder sterben und das das siegen eigentlich unmöglich war, war Narbengesicht bewusst und egal.
    Ja er hatte Macht, ja er hatte eine Armee, die man auch als solche bezeichnen konnte, doch wenn die Magiokratie ihre Truppen und ihre Magier in die Schlacht schicken würde - und früher oder später würde sie das tun - dann waren sie verloren.

    Diese Gedanken hatte sich Narbengesicht schon viel früher gemacht, bevor er den Befehl zum Aufmarsch gegeben hatte, denn nun waren solche Gedanken nicht mehr möglich und auch nicht mehr nötig.
    Die Schlacht tobte und sein Geist war ganz davon gefangen genommen, im Gewirr der Schreie und des Waffengeklirrs, konnte man sich auch nicht mit solchen Gedanken aufhalten, das wusste er.
    Man musste sich auf den Kampf konzentrieren, darauf andere zu töten und nicht getötet zu werden.

    Um ihn herum kämpften seine Rotwelschen gegen die Stadtsoldaten und gegen Bürger, die sich nicht von den Spöttern unterwerfen lassen wollten.
    Es war ihm gleich, gegen wen er kämpfte, solange er nur kämpfen konnte.
    Schon kurze Zeit, nachdem sie ausgerückt waren, war ihr Vormarsch bemerkt worden und die ersten Stadttruppen hatten sich in Marsch gesetzt.

    Narbengesichts Ziel war klar: Er wollte die staatlichen Stellen innerhalb des Armenviertels zerstören und die Flussstraße und die Brücken besetzen, die das Armenviertel vom Rest der Stadt abschirmten.
    Diese wollte er solange halten wie möglich, die Armee der Magiokratie aufreiben und die Stadt ins Chaos und Anarchie stürzen.
    Dies wollte er weitertreiben, bis die Stadt schließlich in sich zusammenbrach oder er mit seinen Leuten in seinen Unterschlupf zurückflüchten würde.

    Ja, er wusste das er nicht gewinnen konnte, doch das bedeutete nicht, das er je besiegt würde.
    Der Rückzug und das Scheitern war in seinem Plan genauso enthalten, wie die unmenschlichen Greultaten, die er begang.
    Ein Außenstehener hätte sein Verhalten als Wahnsinn abtun können, doch war es nüchtern und wohl durchdacht, denn Narbengesicht war ein Stratege und ein Mann des Kampfes und des Krieges und deshalb in seinem Element.

    Er grinste wieder bösartig und sein bemaltes und narbenzerfurchtes Gesicht verzog sich wieder zu der gefürchteten Fratze, die sie war.
    Er setzte sich in Bewegung und begann zu summen, eine kalte und schreckliche Melodie und es klang, als würde es dazu gehören, als er den Schädel eines Soldaten spaltete und das Geräusch des Blutes sich mit der Melodie vermischte.

    So tauchte er ein, der Führer der Spötter, nein der Bettlerkönig und genoß die Symphonie des Kampfes, die Symphonie des Krieges.

    Seines Krieges.



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