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Re: Mondmädchen 2 - mondfinsternis
eiskristall - 17.02.2006, 19:24Mondmädchen 2 - mondfinsternis
Mondfinsternis
Mondmädchen wachte auf. Heute ist Mond, dachte sie, aber er ist hinter den Wolken, ich kann ihn nicht sehen, aber ich weiß, daß er da ist. Sie ging in die Küche, sie wußte noch, dass da die Meerschweinchen waren. Hallo Susi, sagte sie.
Oh hallo Mondmädchen, sagte Susi. Guck mal, ob da noch Möhren liegen irgendwo. Ja ja ja sagten die anderen Meerschweinchen. Möhren. Mondmädchen guckte. Da auf dem Tisch stand ein Plastikbehälter mit Möhren. Sie nahm mehrere und gab sie Susi und den anderen. Hallo, piepste ein kleines Meerschweinchen mit rotbraunem Fell, ich heiße Linde. Wie schön, sagte Mondmädchen, die im Dunkeln genauso gut sah, wie im Hellen, ja sogar noch besser. Dein Fell sieht aus, wie Baumrinde, so eine schöne Farbe.
Alle aßen Möhren und ihre kleinen Zähne mahlten. Ich vermisse den Mond, sagte Mondmädchen. Aber vielleicht gehen die Wolken nachher noch weg. Sie beschloss, sich in der Küche auf den Boden zu legen. Sie hörte den Meerschweinchen beim Essen zu, und nach einer Weile wurde sie müde. Sie schlief ein, und als sie wach wurde, sah sie draußen die Wolken über den Himmel wandern. Zwischen den Lücken war dunkler Nachthimmel zu sehen.
Ach, sagte Mondmädchen, ich glaube, heute ist Mondfinsternis, ich glaube, ich gehe mal runter. Wollt ihr mit, fragte sie Susi und Linde, aber die blinzelten nur mit ihren dunklen Augen und träumten weiter ihre Meerschweinchenträume.
Mondmädchen ging zur Wohnungstür, nahm die Schlüssel, machte die Tür auf, huschte raus und machte die Tür leise wieder hinter sich zu. Gut, dass ich kaum Licht brauche, dachte sie.
Sie horchte auf die Geräusche im Haus, aber ausser einem leisen Knacken in den Wänden war alles sehr ruhig. Ihre nackten Füße tappten fast unhörbar die Treppen hinunter. Hoffentlich wird keiner wach und sieht mich, dachte sie. Denn das durfte nicht sein.
Die Haustüre unten war zugeschlossen, aber sie hatte ja die Schlüssel.
Vor der Haustüre gab es eine Steinstufe. Die Straßenlaternen gaben Licht, aber es gab immer noch genug Schatten. Die anderen Häuser waren still und dunkel. Sie lief bis vorne zur Hauptstraße, aber auch da war alles dunkel und still.
Sie ging wieder zurück und setzte sich auf die Steinstufe vor die Haustüre. Die Haustüre ließ sie auf, damit sie schnell verschwinden konnte, wenn jemand kam.
Sie schaute nach oben in den Himmel, und dort war er, der Mond. Heute ist Vollmond, dachte sie, aber der Mond am Himmel war eine Sichel. Sie machte die Ohren ganz weit auf. Sowas kann man nur nachts machen, weil es tagsüber viel zu laut ist.
Sie saß da, es ar ein bisschen kühl, aber nicht kalt. Langsam zogen kleine Wolken über den Himmel, und die Mondsichel wurde immer schmaler.
Von weitem waren Stimmen zu hören, als sie näher kamen, huschte sie hinter die Haustüre und zog sie leise zu. Es waren wohl Menschen, die noch spät aus einer Kneipe kamen und jetzt nach Hause liefen. Die Stimmen kamen näher, wie ein Zug und wurden wieder leiser. Irgendwer lachte leise. Dann waren sie nicht mehr zu hören.
Sie machte die Haustüre wieder ein Stück auf und huschte nach draußen. Wieder saß sie auf der Stufe. Die Sichel war inzwischen hauchdünn. Der Rest des Mondes im Schatten schimmerte bräunlich. Ich dachte, der Mond wird ganz dunkel, dachte sie, aber so ist es gar nicht.
Sie machte die Ohren wieder groß und weit. Hier wird es nie richtig still, dachte sie. Ganz weit weg waren Autos zu hören. Die Stadt schläft nie.
Die Kühle der Nacht kroch um sie herum, aber es war nicht unangenehm. Sie schaute wieder nach oben. Die Mondsichel war jetzt ganz weg, jetzt war es wieder Vollmond, aber er war nicht mehr hell, sondern von einem herbstlichen rotbraun. Ich warte noch, bis es auf dem Mond wieder hell wird, dachte sie, dann geh ich hoch. Obwohl es still war, fühlte sie sich nicht sicher.
Ganz langsam kam die Mondsichel wieder zum Vorschein. Mondmädchen wurde müde. Sie erhob sich von ihrer Steinstufe und tappte wieder leise nach oben. Die Meerschweinchen raschelten in ihrem Heubett. Hallo Susi, sagte sie leise. Susi machte die Augen auf. Kannst du nicht auch bei uns im Heu schlafen? fragte sie. Auja, sagte Linde leise. Du kannst dich dann an unser Fell kuscheln, das ist schön. Würde ich gerne, sagte Mondmädchen, aber ich bin ein bisschen größer als ihr, das geht nicht.
Gehst du jetzt wieder schlafen, fragte Susi. Ja, sagte Mondmädchen. Gute Nacht, sagte Susi. Gutnacht, sagte Linde. Schlaft gut ihr Lieben, sagte Mondmädchen. Leise ging sie aus der Küche, legte sich ins Bett und schlief ein.
eiskristall 2004
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