Capus lässt zwei Bankräuber aus den 1930er Jahren neu aufleben, konstruiert einen existenten Fall nach. Er durchforscht dafür Polizeiarchive, sucht alte Zeitungsartikel heraus, führt Interviews mit den beteiligten Personen, … und so liest es sich im Nachhinein dann auch: Wie ein Protokoll - nüchtern und steril, auf Fakten beschränkt.
Sie fühlen sich vom Pech verfolgt, erweisen sich für Bankräuber als totale Nieten, immer darauf getrimmt, die falsche Entscheidung zu treffen. Im Grunde sind sie doch liebenswerte Herren, die auf der Flucht einen Plattenladen betreten und Sympathie für die Verkäuferin entwickeln; Tango-Schallplatten kaufen, die nicht vorrätig sind und deshalb den Aufenthalt in der Stadt verlängern müssen. Währenddessen führen sie die Verkäuferin spazieren, erschießen zwischendurch ein paar Bankangestellte, nachdem sie eine weitere Bank ausrauben. Die Schießerei wird wie das Abbrechen eines toten Astes beim Spaziergang durch den Wald beschrieben. So unschuldig und belanglos erwähnt wie das Vertreiben einer Mücke an schwülen Sommerabenden. Jedenfalls fühlt der Leser keine Panik oder Bestürzung, keinerlei Reaktion von Seiten der Verbrecher, einfach weil das Romanhafte in dieser Erzählung fehlt. Lieber werden peinlichst genaue Zeitangaben, Straßennamen gemacht und lieber Hubraum und Innenausstattung diverser Fluchtwagen erwähnt.
Die Geschichte scheitert, weil im Buch kein Leben auftaucht. Diese Figuren sind leblose Namen aus einem Karteikasten, zweidimensionale Strichmännchen, die über keinerlei Profil verfügen. Geister einer fernen Vergangenheit, in Erinnerung gerufen wie beim Durchblättern eines Fotoalbums. Leider muss ich sagen, denn Capus hätte aus dieser Geschichte etwas Großartiges schaffen können. Zum Beispiel die Zuneigung zur Verkäuferin intensivieren, durch Tangomusik tanzend und verliebend, um so der brutalen Gegenwart zu entkommen. Aber der Titel deutet es an, der grausame Winter lässt’s nicht zu. Und so werden sie, die Verbrecher, als Märtyrer gegen eine gestörte Weltordnung gefeiert, Täter werden zu Opfer stilisiert, als Produkt einer rohen Gesellschaft entschuldigt.
Gruß,
chip