Ulrike Arnold 15.11.2005

travelling seminar forum
Verfügbare Informationen zu "Ulrike Arnold 15.11.2005"

  • Qualität des Beitrags: 0 Sterne
  • Beteiligte Poster: kimcito
  • Forum: travelling seminar forum
  • Forenbeschreibung: wintersemester 05/06 - fh dortmund
  • aus dem Unterforum: Termine
  • Antworten: 6
  • Forum gestartet am: Mittwoch 26.10.2005
  • Sprache: deutsch
  • Link zum Originaltopic: Ulrike Arnold 15.11.2005
  • Letzte Antwort: vor 18 Jahren, 5 Monaten, 12 Tagen, 23 Stunden, 41 Minuten
  • Alle Beiträge und Antworten zu "Ulrike Arnold 15.11.2005"

    Re: Ulrike Arnold 15.11.2005

    kimcito - 13.11.2005, 14:33

    Ulrike Arnold 15.11.2005
    dear seminar on the move,

    please don't forget our date at Cologne main train station next Tuesday the 15th of November at 2:30 pm. Hpe to see you all there.

    sincerely yours,
    cindy gates

    http://www.ulrikearnold.com/index.html



    Re: Ulrike Arnold 15.11.2005

    kimcito - 13.11.2005, 14:45




    Re: Ulrike Arnold 15.11.2005

    kimcito - 13.11.2005, 14:48


    Oktober 2005
    Ulrike Arnold
    Eröffnung Ausstellung Deutsche Bank, Köln, 19. Oktober 2005
    „Erdnah - Sternenfern"
    Bilder aus Erde und Meteoritenstaub
    Wenn Sie möchten, würde ich gerne, bevor ich auf das Werk von Ulrike Arnold eingehe, zunächst mittels einiger "Statements" verdeutlichen, was zeitgenössische Kunst für Sie und für mich bedeuten könnte. So kann ich Ihnen vielleicht am besten einen Eindruck vermitteln von dem Klima, in dem das Werk von Ulrike Arnold möglichst gut zu seinem Recht kommt.Kunst ist eine einmalige Art, um inne zu halten. Sie bietet eine äußerst wertvolle
    Gelegenheit um uns zu berühren zu lassen von Emotionen und unerwarteten, anregenden
    Gedanken. Kunst verwirrt und stellt Fragen, die wir uns selbst normalerweise nicht stellen. So
    kann Kunst zu ganz neuen Einsichten und Erfahrungen führen. Der Maler Max Beckmann
    charakterisierte die Funktion der Kunst und des Künstlers im 20. Jahrhundert wie folgt:
    „Kunst dient der Erkenntnis, nicht der Unterhaltung, der Verklärung oder dem Spiel. Das
    Suchen nach dem eigenen Selbst ist der ewige, nicht zu übersehende Weg, den wir gehen
    müssen."
    Aber Kunst kann uns durch ein Gefühl von Schönheit und Spiritualität auch herausreißen
    und emporheben aus unserem Alltag. Kunst kann uns Trost bieten und Belebung. 1888
    schrieb Vincent van Gogh aus Arles an seinen Bruder Theo: Ach, lieber Bruder, manchmal
    weiß ich so genau was ich will. Ich kann im Leben und in der Malerei recht gut ohne den
    lieben Gott auskommen, aber ich kann - ein leidender Mensch - etwas nicht entbehren, das
    stärker ist als ich und mein wirkliches Leben ausmacht: die Kraft zu schallen, (...)" Und er
    setzt fort: „Mit einem Gemälde möchte ich etwas tröstliches sagen, wie Musik, Ich möchte
    Männer oder Frauen malen mit dieser Ewigkeit, deren Zeichen einst der himmlische Schein
    war und die wir in der Ausstrahlung, in der Schwingung unserer Farben wieder zu geben
    suchen'
    Sie werden mit mir übereinstimmen, das er das Tröstende und die ewige Schönheit nicht allein in seinen Portraits eingefangen hat, sondern auch in seinen leuchtenden Gemälden mit Zypressen, Kornfeldern und Sonnenblumen.Kunst ist allzeit positiv, auch wenn alte wie neue Kunst häufig das Negative im Menschen,wie Krieg, Gewalt, Leid und Unterdrückung, thematisiert.

    Kunst überdauert Zeiten, häufig im Gegensatz zu anderen Elementen der Geschichte,
    zumindest so lange keine Kriege geführt werden, die den Menschen vernichten, inklusive
    seiner Kunst.Kunst ist der optimale Ausdruck und Verteidigung des Humanen. Darum ist Kunst in diesen
    verwirrenden Zeiten von Kriegen, Ausbeutung und übertriebenem, materiellem Konsum eine absolute Notwendigkeit.Aber Kunst kann das alles insbesondere deshalb sein, weil sie eine einmalige Schöpfung ist von einem einzigartigen und ursprünglichen Individuum.
    Wegen all dieser Gründe ist es ein besonderes Geschenk, dass wir hier heute konfrontiert werden mit dem Werk von einem dieser einzigartigen Menschen, der Künstlerin Ulrike Arnold.
    Bevor ich mich mit Ihnen gemeinsam in ihr Werk vertiefe, möchte ich aber noch ganz kurz auf die Tatsache eingehen, dass wir uns hier in Räumen der ,Deutschen Bank"' befinden, und nicht in einem Museum oder einer Galerie. Es ist sehr begrüßenswert, dass es in Deutschland, aber auch im übrigen Europa, inzwischen selbstverständlich geworden ist, dass große Unternehmen, Einrichtungen und Betriebe ihre Türen für die zeitgenössische Kunst öffnen. Dies betrifft sowohl den Aufbau einer eigenen Sammlung, als auch die Organisation von Ausstellungen und die Vergabe von Stipendien. Und es ist bemerkenswert, dass sie das noch immer tun, gerade heute, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.Es zeugt von einem offenen Geist, dass die Leitungen dieser Unternehmen sich offenbar bewusst dafür entschieden haben, ihre Mitarbeitenden, Kunden und Gäste in Kontakt zu bringen mit der häufig schwer verständlichenlichen Gegenwartskunst. Viele Menschen stehen ihr fremd bis absolut abweisend gegenüber. Sie sehen Darstellungen, die sie nicht einordnen können; sie schauen auf ein „schönes" Bild und fassen dessen reine Erscheinung als Botschaft des Werkes auf. Aber ein Kunstwerk hat, wie sie wissen, mehrere Schichten, Wenn es dann kein „schönes", anschauliches Bild mehr ist, sondern es allein Formen und Farben gibt, werden Menschen meisten sehr unsicher.Daher ist es gut, dass auch Kollektionen von Unternehmen Einblicke ermöglichen in die Ideenwelt heutiger Kunstschaffender, dass sie anhand von Werkblöcken Interesse wecken für die Entwicklung eines Künstlers.Was als Dekoration begann, als Schmuck von Betriebsgebäuden, wächst, wie hier, häufig aus zu einer Einladung an die Mitarbeitenden und Gäste des Unternehmens, sich zu vertiefen in die Gefühls- und Gedankenwelt von Künstlern.So wird durch den Aufbau einer Sammlung und die Durchführung von Ausstellungen ein Unternehmen nicht nur zu einem Mäzen für Künstler, sondern allgemein zu einem Förderer der Gegenwartskunst. Diese wertvolle Unterstützung ist angesichts der finanziell schweren Zeiten, in denen Museen, Kunsteinrichtungen und Künstler sich befinden, äußerst willkommen und im Grunde unentbehrlich!!Außerdem schneidet das Messer mit zwei Seiten: Die Kunst kann auf diese Weise überleben und das Image des Unternehmens erhält, genau wie in der Zeit der Medici in Florenz, mehr Glanz.Kurzum: Wir können der „Deutschen Bank" dankbar sein, dass wir hier nun die Bekanntschaft machen dürfen - und für einige von Ihnen ist es eine erneuerte Bekanntschaft -mit dem inspirierenden Werk der Künstlerin Ulrike Arnold.
    Für Ulrike Arnold ist die Erde, aber auch der Grundstoff Erde, der Anfang und das Ende aller Dinge. Die Erde in diesen beiden Bedeutungen ist ihre große Liebe, dass sich nie erschöpfende, zentrale Thema ihres Oeuvres.Die Erde ist nicht allein, zusammen mit der Sonne, seit dem Ursprung der Menschheit für den Menschen von wesentlicher Bedeutung, ein Urmaterial und Lieferant von Lebensenergie, für Ulrike Arnold ist die Erde, wie sie selbst einmal sagte, auch der Produzent von „Grundlagen für die Herstellung von Farben, mit denen der Mensch sein Bild von der Welt entwirft".Jedes ihrer Werke entsteht aus einer intensiven, geistigen und körperlichen Verbundenheit mit der Erde, die ihr Mutter und Inspiration ist. Daher sucht sie ein ums andere Mal einen wesentlichen Kontakt mit der Erde in ihrer Urform und reist regelmäßig in die Welt. Im Bemühen, mit ihrem Werk den ganzen Erdball zu umfassen, sucht sie bereits seit über zwanzig Jahren auf allen fünf Kontinenten nach Plätzen, die für sie eine unentrinnbare Energie und Magie ausstrahlen. Orte, die bei ihr wie von selbst das Bedürfnis wecken ein Bild zu schaffen.Sie begann damit 1984 in Süd-Frankreich, in der Provence. Seitdem weilte sie in Nord-Amerika (Utah, Arizona, Colorado, New Mexiko), Zentral-Australien (Alice Springs), Asien (Jemen, Japan, Süd-Indien), Süd-Amerika (Brasilien) sowie Afrika (Togo). Und dies ist nur eine Auswahl.Mit einer unstillbaren Neugier hat sie alle diese Kontinente bereist. Getrieben von dem inneren Drang, verlassene Landschaften und Orte zu finden, die sich ihre Ursprünglichkeit bewahren konnten. Das heißt, die durch nicht anderes gekennzeichnet sind als durch das Klima und die Geschichte der Erde selbst.Meistens sucht sie Wüsten auf, aber auch Hochplateaus und Schluchten. Was sie besonders beeindruckt an diesen abgelegenen Orten, die sie manchmal erst nach vielen Tagen der Wanderung „entdeckt", ist deren Stille. Man ist an diesen Plätzen vollkommen der Erde ausgeliefert, sich selbst - und der Stille. Ulrike Arnold sagte dazu: „Das Alleinsein, die absolute Ruhe, das Beobachten der Naturvorgänge, der Lauf der Sonne machen mich immer ruhiger, angstloser. Ich fühle mich wohl."Ulrike Arnold erzählte mir auch, dass sie durch ihre tagelangen, einsamen Aufenthalte in kargen, wüsten Gebieten nicht nur ihre Angst verloren habe. Vor allem sei sie zu der tiefen Erkenntnis gelangt, dass der Mensch nur einen winzigen, unbedeutenden Teil des Universums bilde. Diese existentieüe Erfahrung führte bei ihr so weit, dass sie in bestimmten Momenten davon überzeugt war, dass es eigentlich unbedeutend sei, ob sie als Individuum existiere oder nicht.
    Für diejenigen unter uns, die mit dem Werk von Ulrike Arnold noch nicht vertraut sind, möchte ich jetzt kurz skizzieren, wie ihre Bilder entstehen.
    Wie geschildert, verbringt sie oft Wochen oder Monate in ursprünglichen, rauhen, einsamen und oft gefährlichen Gegenden. Wie ein Nomade streift sie tagelang umher, und sucht nach einer Stelle, die eine solch anziehende Magie besitzt, dass sie darauf mit einem Werk reagieren muss. Sie malt vor Ort mit den dort, in der Wüste, an Felsen, in Höhlen oder Flüssen abgegrabenen Erden, Steinen, Gesteinsstaub und Mineralien, Diese werden mühsam zerrieben oder mit einem Hammer zu Pulver zerklopft. Darm mischt sie dieses von Mineralien und Pigmenten reich kolorierte Pulver mit einem Bindemittel, meistens Öl, Wachs oder Harz. Bevor sie ihre Arbeit auf oft riesigen Leinwänden beginnt, geht sie in sich. Sie macht sich frei von momentanen, persönlichen Problemen, um einen direkten Kontakt mit der sie umgebenden Natur, dem spezifischen Ort, zu ermöglichen.Das ist der Beginn eines schöpferischen Prozesses, der kaum in Worte zu fassen ist. Sie lässt sich dabei leiten von einer großen, gefühlsmäßigen Verbundenheit mit dem auserkorenen Platz. Natürlich auch von der unvorstellbaren Schönheit der Lokalität, dem variierenden Farbenreichtum, den plastischen Formen der Landschaft und dem unbegrenzten Raum.
    Sie beginnt zu malen . beinahe wie der urzeitliche Mensch. Absolut intuitiv entsteht ein völlig emotional-abstraktes Bild, das ihre komplexen, nicht zu artikulierenden Erfahrungen des Moments widerspiegelt. Sie versucht auf diesen Moment, wie sie einst sagte, mit Ihren von Erinnerungen gesteuerten Bewegungen zu korrespondieren und auf einer meditativen Ebene das Wesen und die Kraft einer Landschaft zu begreifen.Daneben spielen auch zahllose andere Einsichten und Gedanken eine Rolle. Ich nenne einige: Die Naturgeschichte des jeweiligen Ortes. Das wechselnde Klima. Das sich verändernde Tageslicht. Die spärliche Vegetation. Ebenso die geheimnisvolle Geschichte der Entstehung der Erde und das Mysterium des Weltalls. Oder die Art und Weise, wie der Mensch bis heute umgeht mit unserem blauen Planeten, von dem er sich langsam entfernt.

    Dies alles und noch viel mehr geht Ulrike Arnold - so kann ich mir vorstellen - während des Malens durch den Kopf.Dieser ganze kreative Prozess mündet in prächtigen Werken mit großer künstlerischer Qualität, Insbesondere die immensen Gemälde aus Flagstaff, Arizona, die hier zu sehen sind, verfügen über eine starke, zusammenhängende Komposition. Diese entsteht immer gleich aus der Geste, der Bewegung, mit der Ulrike Arnold die Erdfarbe mit ihren Fingern und Händen auf die Leinwand bringt. Diese Bewegungen ihres ganzen Körpers, das Malen mit Steinen, Stöcken, Pinseln und vor allem mit Händen, das Fühlen der Erde, kurzum das körperliche Element ist ein Aspekt ihres Werkes, der von wesentlicher Bedeutung ist. Und dieser ist auch deutlich sichtbar im Werk selbst nachzuvollziehen.
    Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist das Triptychon aus Bisbee, das in diese Ausstellung aufgenommen worden ist, mit seinen wogenden, dunkelroten Feldern, die sich über die gesamte Breite der drei Leinwände bewegen, von der einen zur anderen.Aber es sind doch an erster Stelle die Farben, die eine unmittelbare Emotion hervorrufen: das Gefühl von Erde!
    Ulrike Arnolds Gemälde werden häufig bestimmt von einem warmen, tiefen Rot, das manchmal nach Orange, mitunter nach Gelb neigt. Dies rührt daher, weil die Farben und Pigmente in ihren Arizona-Gemälden von vulkanischem Gestein stammen und in der Urzeit geformt wurden von Eisenoxyd. Als Kontraste fungieren in ihren Gemälden das strahlende Blau des Minerals Azurit und das Meergrün des Malachit. Ihre Kristalle brechen und reflektieren auf bezaubernde Weise das Licht.Es fällt sehr auf, dass nicht allein das gesamte Gemälde ein visuelles Abenteuer darstellt und beim Betrachter eine bestimmte Erregung bewirkt, sondern auch das Eingehen auf bestimmte Teile davon ein unglaubliches Erlebnis bietet. Auch in diesen Details spiegelt sich die Kraft des Universums wider.
    Nach meiner Auffassung ist es unsinnig zu versuchen, das Werk von Ulrike Arnold einer spezifischen Richtung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zuzuordnen und sie auf diese Weise kunsthistorisch zu klassifizieren. Ich werde das auch nicht tun. Ihr Werk setzt nicht, wie einst behauptet wurde, die informelle Kunst von der 40-er und der 60-er Jahre fort. Meiner Ansicht nach gehört Ulrike Arnold sicher nicht zu Künstlern wie Wols, Hans Härtung, Georges Mathieu oder Jean-Paul Ripelle. Und obwohl sie selbst eine große Bewunderung hegt für Jackson Pollock und sich verwandt fühlt mit den Materialbildern von Antonio Tapies, möchte ich ihre Gemälde auch nicht verbinden mit dem Werk dieser bedeutenden Künstler. Es wird doch schnell deutlich, dass ihr Werk wenig zu tun hat mit der Art von Dynamik der „action paintings" und der „dripping"-Technik von Pollock. Auch nichts mit dem expressiven Gebrauch von Material und Form durch Tapies.
    Das Werk von Ulrike Arnold ist meines Erachtens in sich selbst begründet. Es ist einmalig. Es verfugt über eine sehr eigene, künstlerische Qualität. Ihre Gemälde leben durch die natürliche Bewegung, durch ihre Komposition, als wäre sie eine erstarrte Form der Geste. Außerdem sind es die reichen Farben der Erde selbst, mit ihren zahllosen Nuancen zwischen warm und kalt, die die Betrachtung eines ihrer Gemälde zu einem intensiven Erlebnis mache.Aber es gibt mehr!

    Seit zwei Jahren hat Ulrike Arnold ein für sie vollkommen neues Gebiet entdeckt. Der Zufall wollte es das sie 2003 in Flagstaff Arizona, wo sie sich regelmäßig aufhält, einen Meteoritenforscher und -Sammler kennenlernte. Dieser amerikanische Spezialist, Marvin Kilgore, war sofort interessiert an ihrer Kunst und stellte ihr Meteoritenpartikel zur Verfügung. Kilgore hat dieses Material an Fundplätzen auf vier Kontinenten gesammelt.Um eben ein Bild aufzurufen von dem Geheimnis und der Magie, die Meteoriten umgeben, folgen kurz einige sachliche Angaben über das Phänomen. Der Mineraloge und Physiker Gero Kurat schreibt in dem fesselnden Buch „Meteoriten. Was von außen auf uns einstürzt" folgendes:„Das Wachstum der Erde begann vor 4,5 Milliarden Jahren, war in der Anfangsphase hektisch und katastrophal, verlangsamte sich vor etwa 3,8 Millarden Jahren, setzt sich bis heute auf einer Sparrate fort und wird sich weiter fortsetzen bis zum Ende dieser Welt (in etwa 5 Milliarden Jahren) in der Sonne, die inzwischen zu einem Roten Planeten entartet sein wird.Die Erde sammelt auf ihrem Weg um die Sonne ständig außerirdische Materie in der Form von Atomkernen, Staub und größeren Körpern mit Massen bis zu 10 Millionen Tonnen:Meteoriten und Meteoriden.Ein Meteorit ist eine Masse von 10 Gramm oder mehr.Die dringen mit kosmischer Geschwindigkeit - 10 bis 90 km pro Sekunde - in dieErdatmosphäre ein. Sie werden durch die Kollision mit Luftmolekülen erhitzt, ihre Oberfläche schmilzt und verdampft teilweise.Diesen Vorgang sehen wir häufig und nennen die Erscheinung „Meteor": „Sternschnuppe",wenn klein, „Feuerball", wenn groß.Die meisten Meteoriten sind Steinmeteoriten (85%) und heißen Chondrite. Sonst gibt es noch Eisenmeteoriten. Alle Meteoriten sind sehr alt, sie entstanden vor 4,5 Milliarden Jahren, zusammen mit der Sonne und den Planeten (...). Die Meteoriten waren also offensichtlich dabei, als die Sonne, die Erde und die anderen Planeten entstanden; sie können uns davon Geschichten erzählen und diese Tatsache macht sie besonders wertvoll und geheimnisvoll."
    ENDE ZITAT

    Ulrike Arnold hat also diesen geheimnisvollen, außerirdischen Meteoritenstoff mit beiden Händen erfasst und gleich für eine Serie neuer Arbeiten verwendet. Erstaunlicherweise kommt diese Materie auf unserer Erde nicht vor, denn sie gehört zu einer Verbindung, die sich nur in unserem Universum gebildet hat. Ebenso bemerkenswert ist die Tatsache, das diese Meteoritenstoffe und -steine schon im Universum schwebten, bevor unsere Erde entstand!
    Gerade das hat Ulrike Arnold unglaublich fasziniert. Sie sah und berührte diese Materie voller Ehrfurcht und erkannte damals aufs Neue, wie relativ und winzig der Mensch ist in der Gesamtheit von Kosmos und Weltall.Was wir auf diesen Meteoritenbildern sehen, ist metallhaltiges Gestein oder bräunlicher, mit silbrig glitzernden Splittern durchsetzter Staub. Das Prinzip des Malens ist bei diesen Arbeiten übrigens dasselbe geblieben. Sie streicht die Farbe mit großen Gesten auf das Tuch und kreiert so wolkige Felder mit Meteoritenmaterial. Manchmal bleiben Teile der Leinwand leer und konzentriert sich das Meteoriten-Feld in einer Ecke des Gemäldes, was ihm eine besondere Spannung verleiht.
    Selbstredend sind die Meteoritenbilder von Ulrike Arnold weitaus kühler als die Erdbilder,
    vor allem weil sie von schwarzer, dunkelbrauner und anthrazitgrauer Farbe sind.
    Nach meinem Gefühl sind diese letzten Werke aufgrund ihrer kühlen Magie eine poetische,
    künstlerische Übertragung aller Fragen, Rätsel und Mysterien nicht allein des Weltalls,
    sondern auch von uns selbst, von unserer eigenen Existenz.
    Sie rufen Fragen hervor über das Entstehen der Planeten, über die Zeit davor und über den
    Ursprung des Menschen; Fragen, die wir wahrscheinlich nie beantworten können. Und
    möglicherweise ist es auch das Beste um immer wieder aufs Neue fragen zu können, in dem
    Bewusstsein, dass es keine Antwort gibt.Mit dem Folgenden möchte ich gerne schließen.
    Ich glaube, dass die Werke von Ulrike Arnold nicht betrachtet werden sollten als auf sich
    selbst bezogene Kunstwerke, bei denen es lediglich um die Ästhetik geht, die vielleicht nur
    noch korrespondiert mit dem Unterbewusstsein des Künstlers.
    Es steht für mich fest, dass ihre Gemälde eine faszinierende Komposition, einen mitreißenden
    Farbeinsatz und integrierende Details besitzen. Mit Bück auf die Kunst des letzten halben
    Jahrhunderts steht ihr Werk auf einem hohem Niveau.
    Trotzdem können wir ungeachtet dieser hohen bildkünstlerischcn Qualität, ihr Werk niemals
    losgelöst vom Kontext sehen, in dem sie entstanden sind. Ihre Form, Inhalt und
    Ausgangspunkte sind unauflösbar miteinander verbunden. Konzept, Kontext und Ausführung
    bilden für sie eine absolute Dreier-Einheit.Ausgehend von ihrem Band mit der Erde und dem Weltall, das heißt den Kräften der Materie, versucht Ulrike Arnold mit dem Einsatz ihrer ganzen Person schöpferisch tätig zu sein. In diesem Sinne schließt ihr Werk perfekt an die zahlreichen Tendenzen in der Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts an, in dem der Künstler sein Atelier verlässt, nach draußen geht und die Welt zu seinem Werkplatz macht. Ich denke hierbei besonders an Joseph Beuys, der mit seinem „Erweiterten Kunstbegriff' und seiner Auffassung, das „Denken Plastik" ist, die Grenzen der traditionellen Kunst weit überschritten hat.Das Werk von Ulrike Arnold enthält ohne Zweifel eine Botschaft, eine Botschaft ohne Worte. Als bildende Künstlerin will sie den Menschen, die dafür empfänglich sind, allein durch das magische Bild, das sie auf ihrer Leinwand entstehen lässt, bewusst machen, dass wir aus der Erde hervorkommen, dass die Erde, die Sonne und das Weltall unsere wichtigsten Quellen sind, woraus wir unsere unentbehrliche Energie schöpfen dürfen. Daher ist das Werk von Ulrike Arnold im Grunde positiv und beruhigend. Ihre Gemälde scheinen uns zu sagen:“Bleib an der Erde, schau und betrachte die unermesslicheSchönheit des Kosmos, Allein dann kommen wir zum Kern unserer Existenz und werden wir überleben!''
    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit,
    Jaap Bremer Köln,19.10.2005



    Re: Ulrike Arnold 15.11.2005

    kimcito - 13.11.2005, 14:53

    Erdbilder Meteoritenbilder
    Ulrike Arnold malt weltweit an ausgesuchten Plätzen mit vor Ort abgegrabenen Erden,Mineralien und Steinen.Sie spürt in ihren
    abstrakt-lyrischen Landschaftsportraits der Komplexität und Besonderheit von bestimmten Landschaften und magischen Stätten intuitiv nach.Benannt sind die Arbeiten nach den Abgrabe-und Malorten, beispielsweise Flagstaff in Arizona und Bryce Canyon in Utah.

    In ihren jüngsten Werken verarbeitet die Malerin Meteoritenpartikel(Nickel,Eisen und Steinchondren).Diese auf 4 Kontinenten gefundenen ,wertvollen Ursubstanzen,die Ulrike Arnold einem zufälligen Treffen mit dem Meteoritenforscher Marvin Killgore in Arizona verdankt,stammen von Astroiden und Kometen.
    Der Sternenstaub zeugt von der Frühzeit des Universums und ist teilweise älter als die Erde.



    Re: Ulrike Arnold 15.11.2005

    kimcito - 13.11.2005, 14:54

    We are stardust
    Ulrike Arnold steht zeitlebens im Dialog mit dem, was unser Aller ureigentliche Grundlage bildet :unsere Erde. Sie ist ihr verbunden als ihr entsprungener Mensch, als Frau, als Bewohnerin und deren Nutzerin, als Künstlerin.

    Diese Erde, in ihren mannigfaltigen Manifestationen, in ihrem Farbenreichtum, in ihrer so vielfältigen wie unterschiedlichsten Konsistenz, als tragfähiger Untergrund und vitale Basis alles Lebens, wurde nicht nur zum Objekt ihrer ästhetischen Reflexion, sondern liefert zugleich das Material schlechthin in ihrer Kunst: die Böden dieser Welt aus aller Herren Länder waren ganz unmittelbar Malmittel, strukturierendes Element, form- und farbgebend, fruchtbar und eigensinnig für die Herstellung ihrer Bilder wie die Natur selbst. Gestalterischen Zufällen ausgesetzt ebenso wie den Naturgesetzen, entfaltete Ulrike Arnold eine ästhetische eigene Dynamik , den normalen Naturprozessen genauso enthoben wie ihnen dennoch immer wieder ausgesetzt. Reisen, das Sammeln kruden fremden Erdmaterials in dessen mannigfaltigen exotischen wie banalen Farben und Formen, war das eigentliche Ziel ihrer Explorationen ferner Länder, die denen der Entdecker unseres Globus in nichts nachstehen. Säckchen voller fremder Erde bilden nicht nur den Fundus ihrer Malmittel, sondern sind zugleich Objekt ihrer ästhetischen Praxis: der „Fremderd – Altar“ in ihrem Kölner Atelier ist Ausgangpunkt und Ziel ihrer Produktion in gleichen Atemzug. Erde, die verschiedenen natürlichen Malmaterialien, die sie liefert, schließt den Kreis zum fernen Beginn der Malerei in den prähistorischen Höhlen, jener Höhlenmalerei, der sie sich in ihren amerikanischen Abenteuern selbst noch einmal stellt, physisch unter Risiko ihres Lebens, unter primitivsten Bedingungen des Überlebens ohnehin, denn diese Explorationen unserer materiellen Grundlagen können keine Luxusreisen sein.

    Revokation des ästhetischen Urerlebnisses? Mimesis des ursprünglichen Malaktes? Oder intuitives Erspüren des primären ästhetischen Impulses?

    Ulrike Arnold hat die halbe Welt bereist auf ihrer Suche nach den Stoffen, die die Malerei inspirierten. Unermesslich die Trouvaillen farb- und formgebender Materialien, die Mutter Erde dem Suchenden bereitzustellen bereit ist, sofern er die rein touristischen Attraktionen ignoriert und zu wahrhafter Erkundung, Forschung in den Bezirken kaum berührter Natur bereit ist. Alles versammelt in ihrem Kölner Atelier, von weit, weit hergebracht.


    Der Zufall (Ulrike weiß, welche bedeutsame Rolle er in ihrem Leben spielt) führte sie bei einem dieser ästhetischen Abenteuer in den Canyons von Arizona zu einer bedeutsamen, quasi kopernikanischen WENDE in ihrem gestalterischen Leben. Der Weg zurück in die Ursprünglichkeit der malerischen Materialien wurde urplötzlich zum Sprung aus mineralischer Vergangenheit in die Zukunft: In der Einöde der amerikanischen Wüste (wieder einer dieser Zufälle!) traf sie irgendwann den Mann, der ihr sozusagen die Eintrittskarte zu den Sternen verschaffte: einen jener Wissenschaftler, der so nah zu den stellaren Experimenten der Menschheit steht, dass er ihr den Zugang zu Meteoritenstaub verschaffen konnte! Der Weg zum Ursprung wird zu einem Umweg zu den Sternen: Ulrike Arnold verlässt die Erde!

    Und intuitiv erfasste sie: Das Geheimnis des Lebens erschöpft sich nicht mit der Beantwortung der Frage nach dem Ursprung des Lebens auf der Erde, die Beantwortung dieser Frage geht weit über die enge Begrenzung des Globus hinaus: sie muss nach den Sternen greifen und deren kleinen Brüdern, den Meteoriten, um als Frage überhaupt erst sinnvoll zu sein und darüber hinaus das Fragenstellen wieder sinnvoll zu machen.

    Ulrike verwendet den Sternenstaub wie zuvor das tellurische Material um die Frage der Formgebung als Künstlerin zu beantworten: in monochromen Spielen mit dem Zufall, hierin dem Pollock’schen Impuls verbunden. Die Resultate sprechen eine andere, dunklere und fremdere Sprache als die erdgebundenen. Unendlich konstruktiver das Spiel mit dem Material des Zufalls als etwa die kalkulierte Destruktion von Temple 2!

    So sprengt Ulrike Arnold auch letztlich die provinziellen Horizonte zeitgenössischer Malerei. Sie verlässt die Provinz Erde auf dem Raumschiff Zufall, die ihr einst rückwärts gerichteter Blick noch in ihrer ganzen Großartigkeit zu erfassen mochte. Nun richtet sich ihr Blick wieder nach vorn, ins Unermessliche, als erste Kosmonautin der Ästhetik.

    Steckt nicht in jedem Anfang Wunder?



    Re: Ulrike Arnold 15.11.2005

    kimcito - 13.11.2005, 14:55


    Langen Foundation -
    das Kunst- und Ausstellungshaus für die Sammlung Langen auf
    der ehemaligen Raketenstation Hombroich bei Neuss

    ((Gekürzte Fassung des Artikels in der Zeitschrift
    „Junge Kunst“, Nr. 64; Oktober – Dezember 2005))

    Der eine, Karl-Heinrich Müller, besitzt die Vision vom ausgedehnten „Kulturraum Hombroich“. Die andere, Marianne Langen, wünscht sich einen angemessenen Ort für die gemeinsam mit ihrem Mann Viktor gesammelten Kunstwerke. Der dritte, Tadao Ando, ist begeistert von den Ideen des ersten, entwirft eine kongeniale Architektur, die wiederum, in überarbeiteter Form, den Traum der Sammlerin verwirklicht. So lautet die Kurzform der Entstehungsgeschichte des Kunst- und Ausstellungshauses für die Langen Foundation. Im September 2004 wurde es auf der „Raketenstation Hombroich“ eröffnet.
    Hombroich? Genau, das ist das Dorf im niederrheinischen Neuss-Holzheim, nach dem bereits eine Museumsinsel, ein Natur, Kunst und Architektur harmonisch verbindendes Refugium benannt ist. Gründer des 1987 auf rund 120.000 Quadratmeter eröffneten „Museums Insel Hombroich“ ist der (ehemalige) Immobilienmakler und Sammler Karl-Heinrich Müller. Für die Rekultivierung und Gestaltung der historischen Parkanlage, der Terrassen- und Garten-, Wiesen- und Wasserlandschaft in den Erft-Auen konnte er damals den Landschaftsarchitekten Bernhard Korte gewinnen. Vom Düsseldorfer Künstler Erwin Heerich, der hier wie Gotthard Graupner und Anatol Herzfeld Arbeitsräume bezogen hat(te), stammen mehrere Ziegelstein-Architekturen. Die strengen, geometrischen Gebäude, Kuben wie Pavillons wie Ausstellungshalle, von Heerich als „Kapellen in der Landschaft“ charakterisiert, dienen als begehbare Skulpturen. In einigen von ihnen und in der restaurierten Villa wird Müllers Privatsammlung gezeigt. Sie umfasst Kunstwerke und ethnologische Zeugnisse aus diversen Kulturen und Epochen, von der Frühgeschichte bis in die Gegenwart. Deren Präsentation ist bemerkenswert. So werden die Objekte, Gemälde, Plastiken, Zeichnungen, Skulpturen und vieles mehr in der Regel nicht nach Zeiten, Stilen und Techniken getrennt, sondern nebeneinander angeordnet. Dialoge werden ermöglicht, Kontakte zwischen beispielsweise Arbeiten von Chillida und Khmer-Skulpturen, zwischen chinesischem Glas und Werken von Arp.

    Unweit dieser „idealen Landschaft“ an der Grenze zur Stadt Grevenbroich befand sich jenseits der Kapellener Straße, und nur getrennt durch Mais-, Kohl- und Rübenfelder, bis 1993 ein NATO-Luftwaffenstützpunkt. Welch ein Gegensatz. Hier die gerne als „realisierte Utopie“ oder „irdisches Paradies“ beschriebene „Insel“. Dort die „geheime“ Abwehr-Basis mit Sprengköpfen für Cruise-Missiles und Pershing-Raketen. Mit den Abrüstungsverträgen war das Ende der „Raketenstation Hombroich“ besiegelt. Sie wurde 1994 von Karl-Heinrich Müller erworben und gemeinsam mit dem „Museum Insel Hombroich“ 1997 in die neue von ihm begründete Stiftung Insel Hombroich überführt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Pläne für das ehemalige Militärgelände, das den „Kulturraum Hombroich“ als übergeordnetes Stiftungs-Projekt auf einen Schlag um 13 Hektar erweiterte, bereits weit gediehen. Auch hier sollte nun die Synthese von Natur und Kultur erfahrbar, sollten Ausstellungsräume und Ateliers für bildende Künstler eingerichtet werden. Zusätzlich waren Wohn, Arbeits- und Forschungsstätten für Musiker, Lyriker und Wissenschaftler vorgesehen. „Ein neues Gesicht und eine neue Bestimmung“ also hatten Müller und die Künstler Heerich, Oliver Kruse und Katsuhito Nishikawa dem Ort zugedacht. Gleichwohl sollte dessen Geschichte ablesbar bleiben. Nicht allein in dem beibehaltenen Namen, sondern auch in den einst militärisch genutzten Bauten, die entsprechend ihren veränderten Bestimmungen instand gesetzt wurden. Hinzu gesellte man ihnen funktionale wie skulpturale Architekturen von Heinz Baumüller, Heerich, Dietmar Hofmann, Kruse, Nishikawa.

    Tadao Ando wurde früh in dieses Konzept eingebunden. Bei seinem Hombroich-Besuch 1994 zeigte sich der japanische Architekt nicht nur von der Museumsinsel fasziniert – „Hier bin ich in einem Paradies der Kunst!“ –, das Kulturraum-Projekt insgesamt überzeugte ihn. Doch sein Museumsentwurf für die „Raketenstation“ lag wegen Finanzierungsschwierigkeiten lange auf Eis. Allein ein weiter Bogen aus Sichtbeton, der das vorangestellte Portal zum heutigen Kunsthaus bildet, konnte 1999 gesetzt werden.
    Hier kam nun Marianne Langen aus dem benachbarten Meerbusch ins Spiel. Ebenso wie ihr zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbener Gatte Viktor, Spross einer Industriellenfamilie, war sie in einer kunstinteressierten Umgebung aufgewachsen. Eine wohl prägende Erfahrung, die sich seit Anfang der fünfziger Jahre in einer „leidenschaftlichen“ Sammeltätigkeit niederschlug. „Mein Mann und ich haben nie systematisch, nie spekulativ Kunstgegenstände erworben und gesammelt. Wir erwarben sie, weil sie uns gefielen und wir uns mit schönen Dingen umgeben wollten“, sagte Marianne Langen noch 2002. Nahm man zunächst die expressionistische Malerei in den Blick, kamen bald auch Werke von weiteren deutschen, von europäischen und amerikanischen Künstlern hinzu. „Beide wurden dabei getrieben von der Liebe zur Kunst ihrer Zeit“, schreibt Sabine Langen-Crasemann über das besondere Interesse ihrer Eltern. „Als Folge zahlreicher Reisen erstreckte sich diese Liebe nach und nach auch auf die Kunst anderer Kulturen.“ Insbesondere auf die Japans. Dahin hatte der Unternehmer Viktor Langen in den 60er Jahren geschäftliche Verbindungen geknüpft. Bald darauf waren die beruflichen Reisen in das ostasiatische „Sonnenursprungsland“ mit der Suche nach Objekten ihrer Leidenschaft verbunden.
    Aufgrund dessen teilt sich die Sammlung Viktor und Marianne Langen heute in mindestens zwei große Abteilungen: Da ist zum einen die circa 500 Werke umfassende Kollektion japanischer Kunst vom 11. bis 19. Jahrhundert. Mit ihren Rollbildern, ihren Tuschezeichnungen und Kalligraphien auf Papier, ihren Leinwänden, Stellschirmen und Skulpturen gehört sie zu den bedeutendsten in Europa.
    Hinzu kommen rund 300 Arbeiten westlicher Prägung, vom Impressionismus über die Klassische Moderne bis zur Gegenwart. Die Namen ihrer Schöpfer lesen sich wie ein Auszug aus einem Lexikon renommierter Künstler des 20. Jahrhunderts. So sind neben anderen Claude Monet und Paul Cézanne vertreten, Lyonel Feininger, Georges Rouault, Frantisek Kupka, Piet Mondrian, Paul Klee und Fernand Léger. Ebenso Pablo Picasso, Georges Braque, Max Beckmann, Wladimir Tatlin, Oskar Schlemmer, Egon Schiele, Alexander Rodtschenko, Max Ernst, Joan Miro, René Magritte, Henry Moore, Lucio Fontana, Mark Rothko, Salvador Dali, Francis Bacon, Pierre Soulages, Alex Colville. Zudem stehen Werke von Roy Lichtenstein, Antoni Tàpies. Kenneth Noland, Yves Klein, Fernando Botero, Domenico Gnoli, Mario Merz, Otto Piene, Günther Uecker, Sigmar Polke, Norbert Tadeusz und Ulrike Arnold auf der Langen´schen Inventarliste. Schließlich verfügt die Stiftung über eine der weltweit umfangreichsten Dubuffet-Sammlungen.

    Diesen immensen Bestand wollte die hoch betagte Sammlerin nicht nur bewahrt wissen. Er sollte auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. So reifte der Traum eines eigenen Kunst- und Ausstellungshauses heran. Ein Traum, der mit Andos Hilfe Gestalt annehmen sollte. Seine ersten Entwürfe wurden Marianne Langen nach Vermittlung durch ihre Tochter 2001 von Karl-Heinrich Müller vorgelegt. Sie reagierte spontan und begeistert, reiste sogar in die Heimat des Architekten, um sich dort einige seiner Bauten anzusehen. So rasch ihre Zusage erfolgte, so schnell war auch die Finanzierung geklärt. Das Stiftungsgebäude sollte ohne jegliche Unterstützung öffentlicher oder anderer Hände errichtet und getragen werden. Dafür trennte sich Marianne Langen sogar von einigen Werken.

    Für die Endfassung seiner Entwürfe lagen dem 1941 in Osaka geboren Autodidakten nun konkrete Nutzungswünsche vor. Dass sich mit der japanischen und modernen Kollektion die „programmatische Vorgabe“ in zwei getrennte Komplexe teilte, kam ihm dabei entgegen. Denn diese Gliederung entsprach bereits seiner ursprünglichen Idee von einem „Haus mit zwei Räumen ganz unterschiedlichen Charakters“. So ging es letztlich darum, „Ausdruck mit Funktion zu verbinden“. Darum, wie Ando formulierte, „dass auch das Kunst- und Ausstellungshaus für die Langen Foundation in die Natur eintauchen und mit ihr eins werden möge“. Bereits im November 2002 erfolgte die Grundsteinlegung. In ihm verschlossen befinden sich auch fünf kleine Behältnisse mit Erde aus fünf Kontinenten. Überreicht wurden sie von der Düsseldorfer Erdmalerin Ulrike Arnold in Anlehnung an das globale Denken und Kunstinteresse der Langens.

    Natürlich ist die „Raketenstation Hombroich“ mit Pkw zu erreichen. Doch interessantere Eindrücke vermittelt die nur für Fußgänger und Zweiräder geöffnete Bergerstraße, die von der Kapellener Straße abzweigt. Sie führt schnurgerade auf das Zentrum zu, und wird vorgelagert etwa von den „Drei Kapellen“ gesäumt, Per Kirkebys architektonischen Backsteinskulpturen. Nach rund zehn Minuten, am Ende der durch weite Felder schneidenden Verbindung, erhebt sich eine mächtige Skulptur von Eduardo Chillida. Wenige Meter entfernt befindet sich der große, freistehende Bogen von Ando. Heute Eingang zum Kunst- und Ausstellungshaus, diente die breite, nach innen gewölbte Wand aus Sichtbeton, wie oben erwähnt, bereits seit 1999 als Portal zur „Raketenstation“. Ein einziger Durchbruch weist die Richtung und sorgt für einen ungeahnten Ein- und Ausblick: Hinter der vier Meter hohen Barriere breitet sich ein Spiegelteich aus. An dessen Ufer entlang führt ein links von Kirschbäumen, sattgrünem Rasen und schließlich einer Sichtbetonfassade gesäumter Beton-Weg sanft geschwungen zu einem berückenden Baukörper. Sechs Meter hoch, 76 Meter lang und fast 11 Meter breit, ragt er mit wenigen Segmenten seiner gläsernen, durch ein unaufdringliches Stahlskelett stabilisierten und zugleich harmonisch gegliederten Hülle auf das Nass hinaus. Das Besondere daran: Unter dem Glasmantel erstreckt sich ein schmaler, langer Betonquader. Raum der „Stille“ nennt Ando dieses „Haus im Haus“, das durch ein mittiges Deckenband mit weichem Naturlicht gespeist wird. Zudem unterstützen diverse Spots die Konzentration auf die hier präsentierten Schätze der Japan-Sammlung. Ruhe, und Abgeschiedenheit, Intimität und Klarheit, zugleich eine eigentümliche, mystische Spannung, charakterisieren diesen Abschnitt. Marianne Langen, die sieben Monate vor der Eröffnung ihres Hauses verstorben ist, kannte ihn zwar nur aus den Plänen und im Rohbau. Aber weil er sie an die Holzkisten für ihre japanischen Rollbilder erinnerte, habe laut Langen Foundation die Sammlerin gerade diesem „Betonkern“ besonderes geschätzt.

    Die durchgängig gläserne Haube wird allein, und nur kurz, auf der Südseite unterbrochen. Dort ist in einem 45 Grad-Winkel ein zweiter ausgedehnter Gebäudekomplex für (thematische) Wechselausstellungen mit moderner Kunst aus der eigenen wie fremden Sammlungen angefügt. Er besteht aus zwei gleichlaufenden, miteinander verbundenen Sichtbetontrakten von je über vierzig Meter Länge, gut zehn Meter Breite, und, so erste Eindruck, dreieinhalb Meter Höhe. Der (übliche) Weg in ihr Inneres führt über den zwischen Hülle und Kern des Glasbaus verlaufenden, im Süden sacht abfallenden Gang. Laut Ando bildet dieser eine „engawa“, eine „für die traditionelle japanische Architektur typische Veranda“. Mit ihr will der Architekt „einen fließenden Übergang zwischen dem inneren und dem äußeren Raum schaffen, so dass die Besucher des Museums das Gefühl erhalten, in der freien Natur zu wandeln“. Dabei wird der Blick in die begrünte Außenanlage durch einen ebenfalls rasenbewachsenen Erdwall begrenzt. Er fasst die gesamte Anlage in U-Form „schützend“ ein, und darf als Reminiszenz Andos an die frühere Nutzung des Standortes betrachtet werden. Hat man das Zwischengeschoss erreicht, das zugleich als Empore dient, offenbaren sich die wahren Ausmaße der beiden Flügel. Acht Meter hoch, befinden sie sich sechs Meter unterhalb des Erdniveaus. Trotzdem werden auch diese ausgedehnten, weiß getünchten Bereiche (je 436 qm), von denen der nördliche aufgrund einer breiten Rampe einiges an Fläche verliert, über je ein Deckenband mit Tageslicht sowie Kunstbeleuchtung versorgt. Der monumentale Rahmen hat allerdings seinen Preis. Er lässt in der Regel nur Großformate zur Geltung kommen. Daher bleibt für kleinere Arbeiten allein die Galerie.

    Sieben Monate nach dem Tod der Stifterin also wurde ihre letzte und größte Erwerbung, so hat Marianne Langen das Kunst- und Ausstellungshaus genannt, im September 2004 eröffnet. Es kündet von einem glücklich zu bezeichnenden Zusammentreffen von Bauherrin und Baumeister. Denn sowohl die Sammlung der einen, als auch die Handschrift des anderen ist wesentlich von der Verbindung japanischer Tradition und westlicher Moderne geprägt. Dabei weicht der mit allen bedeutenden Architekturpreisen bedachte Ando auch in Hombroich wenig von seinem strengen, zuweilen minimalistischen Stil ab. Auch bleibt er „seinen“ Materialien treu: Dem Sichtbeton etwa, dem er erstaunliche Eigenschaften entlockt und mit dem er unerwartete Stimmungen erzeugt. Ebenso dem Glas. Es bedingt einen weiteren von Ando gerne berücksichtigten, allerdings immateriellen Stoff, das Naturlicht. Dessen Führung bestimmt nicht unwesentlich die Wirkung des Hauses der Langen Foundation. Sein Einsatz erst entfacht das Spiel zwischen Transparenz und Geschlossenheit, Ruhe und Dynamik. Zweifellos, wie könnte es bei dem selbstbewussten Architekten anders sein, ist das Foundationgebäude zugleich Ausstellungshaus und (begehbare) Skulptur. Damit entspricht es nicht nur Andos eigenem Verständnis, sondern auch dem Natur-Kunst-Konzept des „Kulturraums Hombroich“.

    E. Broich, Köln



    Mit folgendem Code, können Sie den Beitrag ganz bequem auf ihrer Homepage verlinken



    Weitere Beiträge aus dem Forum travelling seminar forum

    fragen zur anmeldung - gepostet von kimcito am Mittwoch 26.10.2005



    Ähnliche Beiträge wie "Ulrike Arnold 15.11.2005"

    2.12 Inihaus Soliparty (12.02.2005) - marcel (Mittwoch 02.02.2005)
    Höingen 2005 - Daniel (Montag 25.04.2005)
    *Erledigt* Brushless-Regler 33A Pulso - Dragonfly (Freitag 16.05.2008)
    Lieblingsserie - anja1994 (Donnerstag 18.09.2008)
    eRose 05.10.2005 - dunnoy (Mittwoch 05.10.2005)
    Hanghühner Cup 12.06.2005 - Teamchef (Samstag 26.02.2005)
    Fotos Skifreizeit 2005 - Sarah-Mond (Dienstag 15.02.2005)
    Die Dünen 2005 - Death (Samstag 03.03.2007)
    WE 15.07 / 16.07. 2005 - Adriano (Donnerstag 14.07.2005)
    NYE 2005/2006 - alles dazu bitte hier - korppi (Sonntag 12.06.2005)