Nutzerwechselgebühr nach der Entscheidung des LG Görlitz

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    Re: Nutzerwechselgebühr nach der Entscheidung des LG Görlitz

    Matthias Blunert - 04.09.2007, 14:07

    Nutzerwechselgebühr nach der Entscheidung des LG Görlitz
    Die Kosten der Zwischenablesung der Geräte zur Verbrauchserfassung für Wärme und Warmwasser kann der Vermieter nicht als Betriebskosten oder in Form einer sog. Nutzerwechselgebühr auf den Mieter umlegen. Die Revision wird zugelassen.

    So hat das Landgericht aus den nachfolgenden Gründen entschieden:

    [...] Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der von ihr berechneten Nutzerwechselgebühr gemäß Betriebskostenabrechnung. Die Rechtsprechung geht überwiegend davon aus, dass Zwischenablesekosten - und hierzu gehören auch die Nutzerwechselgebühren - grundsätzlich vom Vermieter zu tragen sind, da der Mieterwechsel und damit die Notwendigkeit der Zwischenablesung oder einer Nutzerwechselgebühr grundsätzlich in den Risikobereich des Vermieters fällt (vgl. AG Rendsburg, WuM 1981, 105, AG Lörrach, WuM 1993, 68, AG Münster, WuM 1996, 231 f.). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an.

    Bei der sogenannten Nutzerwechselgebühr handelt es sich nicht um umlegbare Betriebskosten. Hierbei ist weder auf die Anlage 3 zu § 27 2. Betriebskostenumlageverordnung noch auf die Heizkostenverordnung zurückzugreifen.

    In der Betriebskostenumlageverordnung (II. BV) heißt es in der Anlage:

    „Kosten der Wasserversorgung:
    Hierzu gehören die Kosten des Wasserverbrauchs, die Grundgebühren, die Kosten der Anmietung oder anderen Arten der Gebrauchsüberlassung von Wasserzählern sowie die Kosten ihrer Verwendung einschließlich der Kosten der Berechnung und Aufteilung, die Kosten des Betriebs einer hauseigenen Wasserversorgungsanlage und einer Wasseraufbereitungsanlage einschließlich der Aufbereitungsstoffe."

    Es handelt sich bei der Nutzerwechselgebühr keinesfalls um umlagefähige Kosten, da diese nicht durch den Verbrauch ausgelöst werden. Hierbei geht es nicht um periodische, durch die Nutzung ausgelöste Kosten, sondern lediglich um eine Gebühr, die erhoben wird auf Grund einer Änderung der Bezugsperson.
    Gleiches gilt im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Heizkostenverordnung. Diese stellt ebenfalls auf periodische, regelmäßig wiederkehrende Kosten ab, so dass auch sie hier nicht als Rechtsgrundlage heranzuziehen ist.
    Insoweit bieten die entsprechenden Verordnungen keine Rechtsgrundlage dafür, die Kosten des Nutzerwechsels den Mietern aufzuerlegen.

    Auch eine entsprechende Anwendung des § 670 BGB ist nicht gerechtfertigt. Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zum Auftragsrecht liegen schon deshalb nicht vor, weil die §§ 662 ff. BGB von einer unentgeltlichen Geschäftsbesorgung des Beauftragten ausgehen. Bei sachgerechter Betrachtungsweise ist festzustellen, dass der Gebäudeeigentümer bzw. Vermieter bei der Beauftragung eines Fachbetriebes mit der Zwischenablesung und Verbrauchserfassung nur seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Abrechnung der Betriebskosten nachkommt und diese Beauftragung eines gewerblichen Unternehmens nicht etwa auf einem vorherigen Auftrag des Mieters an den Vermieter beruht. Wegen der gesetzlichen Verpflichtung des Gebäudeeigentümers zur Vornahme der entsprechenden Ablesungen ist davon auszugehen, dass der Vermieter ein eigenes Geschäft führt, sodass die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht anzuwenden sind (vgl. AG Münster, WuM 1996, 231 ff.).
    Die hier streitgegenständlichen Kosten sind auch nicht nach dem Verursachungsprinzip dem ausscheidenden Mieter aufzuerlegen. Eine Anspruchsgrundlage für eine solche Kostenumlage ist nicht ersichtlich.
    Die Kostentragung des ausscheidenden Mieters kann allenfalls aus Schadensersatzansprüchen des Vermieters heraus begründet werden, wenn der Auszug des Mieters durch diesen in irgendeiner Form vertragswidrig verschuldet wurde. In derartigen Fällen wäre eine Kostentragung hinsichtlich der Nutzerwechselgebühr durch den ausziehenden Mieter berechtigt. Um einen solchen Fall geht es hier aber nicht.

    Die - vom Fall einer vom ausziehenden Mieter zu vertretenden außerordentlichen Beendigung des Mietverhältnisses abgesehen - damit grundsätzlich zu bejahende Verpflichtung des Vermieters, die Nutzerwechselgebühr allein zu tragen, belastet diesen auch nicht unbillig. Der Vermieter kann ggf. unter den Voraussetzungen der positiven Vertragsverletzung einen entsprechenden Schadenersatzanspruch gegen den ausziehenden Mieter haben. Im Übrigen bleibt es dem Vermieter unbenommen, durch entsprechende spezielle vertragliche Regelung mit dem Mieter im Mietvertrag zu vereinbaren, dass der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses und Auszug aus der Wohnung die anfallenden Kosten, so auch die Bearbeitungskosten hinsichtlich der Nutzerwechselgebühr, allein zu tragen hat.

    Auf Grund der o. g. Ausführungen kann es dahinstehen, inwieweit vorliegend auch Bedenken gegen die Wirtschaftlichkeit der geltend gemachten Kosten durchgreifen würden. Da nicht ersichtlich ist, welcher Aufwand und welche Kosten hier tatsächlich durch den Mieterwechsel entstehen, erscheint die Erhebung der 30,74 EUR als Nutzerwechselgebühr jedenfalls auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit bedenklich.

    WuM 2007, 265 - Az.: 2 S 39/06

    Hinweis: Das LG Görlitz hat zu seiner Entscheidung die Revision beim BGH zugelassen. Diese wird dort unter dem Aktenzeichen VIII ZR 19/07 geführt. Eine Entscheidung ist bisher nicht bekannt.



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