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Krausser, Helmut - Die kleinen Gärten des Maestro Puccini




Krausser, Helmut - Die kleinen Gärten des Maestro Puccini

Beitragvon Wirbelwind » 05.04.2008, 09:15

Bild

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Seitenzahl: 376

Helmut Krausser schildert in dem, wie er es selbst nennt, Dokumentarroman zehn Jahre aus dem Leben des Komponisten Giacomo Puccini (1858-1924).
Dabei enthüllt er nicht nur die Identität der heiß geliebten Corinna, sondern rollt auch nochmals die näheren Umstände des Skandals um das Hausmädchen Doria Manfredi auf.
Wo Dokumente und Recherchen nicht ganz ausreichen, ergänzt er durchaus glaubhaft und nachvollziehbar und vermittelt sehr schnell den Eindruck der Wahrheit recht nahe zu kommen. Das Buch bietet aber viel mehr als nur eine Schilderung seiner Liebschaften. Er zeigt den zögernden, manchmal frustrierten, in Höhen und Tiefen schwebenden Mann hinter dem Bild des bekannten Schwerenöters und Operngenius. Ein Lebemann, der gerne mit seinen Freunden feiert, damit seiner Diabetes Nahrung gibt, Verzicht aus Vernunftgründen nur schwer verdaut, die Grenzen seiner Wünsche akzeptieren muß (siehe Sybil Seligman), Verrat aus der eigenen Familie widerfährt, trotz oft geschildertem Geiz in brausendem Wohlstand lebt und heftigste Kämpfe, die fast zur Trennung führen mit seiner Lebensgefährtin und späteren Gattin Elvira erleidet.
Manches ist vielleicht aus recht männlicher Sicht betrachtet - so kann ich Elvira zum Teil verstehen. Zwanzig Jahre ohne Trauschein im katholischen Italien zusammenzuleben, viel zu riskieren und dann mit den Jahren immer wieder mit der Untreue konfrontiert zu werden, wer wäre da nicht verbittert, hellhörig, misstrauisch. Es steigert sich dramatisch, Elvira schießt weit übers Ziel hinaus.
Zehn ereignisreiche Jahre, die mich in ihren Bann ziehen, mich im Geiste die Musik hören und über ihre Entstehung erfahren lassen. Helmut Krausser bringt es gekonnt rüber.
Besonders schön finde ich den Einband, auf welchem die Villa Puccinis in Torre del Lago zu sehen ist, erhalte zu Anfang eine Liste der Familie, Freunde, Angestellte, Verleger etc., man gönnt mir aber im gesamten Buch kein einziges klitzekleines Foto oder Zeichnung. Im Nachwort weist Helmut Krausser dann wenigstens auf ein Fotoalbum hin, aber das tröstet mich wenig. Ich empfinde das Fehlen als erheblichen Makel. Mag dem ein oder anderen meine Reaktion kleinlich erscheinen, ich degradiere dieses Buch deshalb um einen Stern. Mag sein, dass ich später nachsichtiger reagiere und es ändere.
Ansonsten bereue ich keine Sekunde dieses Buch gekauft zu haben. Ich habe es genossen! Bin noch kein Fan von Helmut Krausser, da ich bisher keines seiner Bücher gelesen habe, könnte mir aber vorstellen es zu werden. Der Anfang ist gemacht.
Und nun wünsche ich allen "Nachlesenden" eben so viel Vergnügen, wenn auch ohne Bilder.

Autor:
Helmut Krausser, geboren 1964, lebt in Berlin. Bisher erschienen: der Gedichtband Plasma, die Romane Eros, der grosse Bagarozy und Fette Welt, letztere wurden fürs Kino verfilmt.

Gruß Wirbelwind
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Beitragvon Krümel » 05.04.2008, 12:35

Ja bei "Literatur im Foyer" hatte Thea Dorn so einen Extra-Band mit Bildern. Findet man diese nicht auch irgendwo im Netz?
Zuletzt geändert von Krümel am 05.04.2008, 23:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Wirbelwind » 05.04.2008, 22:19

Ja hier die Adresse zur Fotogalerie

www.puccini-pics.com

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Beitragvon Krümel » 09.11.2008, 12:18

Ich habe ja meine Schwierigkeiten mit dem Buch Wirbelwind.
Sicher ein paar Bilder fehlen einfach, um die Menschen lebendiger und sympathischer zu machen. So empfinde ich es als ziemlich farblos. Aber noch etwas viel Wichtigeres empfinde ich, mir fehlt die Musik in den Ohren :cry: Ich kenne Puccinis Stücke und Opern nicht, da klingt nichts im Hintergrund :oops:
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Beitragvon Wirbelwind » 10.11.2008, 16:09

Oh Krümel das ist natürlich schade. Solltest du unbedingt nachholen. Gibt mir ein voluminöses Gänsehautgefühl und steht so schön im Kontrast zu dem was ich ansonsten so höre. Vielleicht greifst du dir erst mal einzelne Arien heraus zum Reinfühlen - muß ja nicht gleich eine ganze Oper sein.

Liebe Grüsse
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Beitragvon tinius » 10.11.2008, 18:12

"Nessun dorma" wird doch von jedem halbgaren Tenor geträllert, zuletzt von Paul Potts. Das wäre Puccini ... - Von Krausser gibt es übrigens noch einen Begleitband : "Die Jagd nach Corinna", der sich mit der Recherchearbeit zu seinem Roman befasst....
tinius
 

Beitragvon alixe » 10.11.2008, 18:47

Liebe Krümel,

hier kannst du nach Herzenslust reinhören, auch wenn Oper aus dem Computer nicht gerade die beste Qualität ist. (vergiss Pavarotti und Bocelli, höre Guiseppe di Stefano, Kiri Te Kanawa und natürlich Maria Callas)

herzlichst: alixe
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gerade am Lesen: Thomas Wolfe - Schau heimwärts, Engel!
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Beitragvon Krümel » 11.11.2008, 00:12

Ui, klasse ihr Lieben :D Danke Alixe! Ihr seid wirklich richtig lieb :D
Seit gestern lese ich das Buch eh schon gerne, es waren wohl nur Anfangsschwierigkeiten, aber jetzt mit Musik untermalt :wub:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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