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McCarthy, Cormac - Die Straße




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

McCarthy, Cormac - Die Straße

Beitragvon Pippilotta » 10.07.2007, 16:43

[center]Cormac McCarthy - Die Straße[/center]

Cormac McCarthy (von wikipedia)

Geboren 1993 in Rhode Island, wuchs in KNoxville, Tennessee auf, wohnte lange Zeit in El Paso, Texas und lebt heute mit seiner dritten Frau und ihrem gemeinsamen Sohn in Santa Fe, New Mexico.
Für seine Bücher wurde er unter anderem mit dem Faulkner Award, dem American Academy Award, dem National Book Award, dem National Book Crities Circle Award ausgezeichnet.

Für seinen Roman „The Road“ (dt. „Die Straße“) wurde er 2007 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

Werke:
(nicht übersetzt) - The Orchard Keeper (1965)
Draußen im Dunkel (1994) - Outer Dark (1968)
(nicht übersetzt) Child of God (1974)
Verlorene (1992) - Suttree (1979)
Die Abendröte im Westen (1996) - Blood Meridian, Or the Evening Redness in the West (1985)
All die schönen Pferde (1993) - All the Pretty Horses (1992)
Grenzgänger (1995) - The Crossing (1994)
Land der Freien (2001) - Cities of the Plain (1998)
(nicht übersetzt) - No Country for Old Men (2005)
Die Straße (2007) - The Road (2006)


Ein Vater und sein Sohn wandern durch eine zerstörte, verbrannte Welt. Es ist kalt, wenn es nicht regnet, dann schneit es, sie haben nur die Kleider am Leib und finden, wenn sie Glück haben, in den verbrannten, ausgeplünderten Ruinen, die mal Häuser waren, Lebensmittelkonserven, Kerzen oder Decken. Es gibt keine Tiere mehr, die Sonne versteckt sich hinter einer grauen Schicht aus Asche und Staub. Sie sind in Richtung Süden auf einer großen Straße unterwegs, in der Hoffnung, dass es dort wärmer ist und sie so den anstehenden Winter überleben können. Sie leben von einem Augenblick zum nächsten, in ständiger Angst vor den „Bösen“, die ihr Unwesen treiben, vor Kannibalen, die auf Menschenjagd gehen und davor, einfach erfrieren oder verhungern zu müssen.

Wer oder was diese Katastrophe verursacht hat, bleibt ungewiss, ist aber in diesem Fall nebensächlich. Kurze Gedankenblitze erinnern an eine Welt, so wie wir sie kennen, doch Näheres erfahren wir nicht. Wie lange die beiden schon unterwegs sind, wie alt sie sind, bleibt ebenso offen wie nebensächlich.
Es bedarf nicht vieler Worte oder viel Handlung, in beeindruckender, unendlich beklemmender und verstörender Wortkargheit schildert McCarthy dieses Endzeitszenario, dem Leser bleibt oftmals die Luft weg und die schütteren Dialoge der beiden verursachen Gänsehaut.
Und wenn man nach dem Zuschlagen dieses Buches einen Blick aus dem Fenster wirft, dann erscheinen einem die Wiesen ein bisschen grüner als sonst, die Blumen intensiver und der Himmel blauer, sogar an einem Regentag wie heute.

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon wolves » 10.07.2007, 16:57

@Pippi: Vielen Dank für deine Rezension! Das Buch habe ich auf meine Wunschliste gesetzt. Der Inhalt klingt sehr beklemmend, als könnte es einen richtig runterreißen. Gehört es zu den Büchern die man ausschließlich nur in sehr guter Stimmung lesen sollte?
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Pippilotta » 10.07.2007, 17:48

naja, schwer zu sagen. Man sollte allerdings nicht selber gerade eine depressive Stimmung haben, den das Buch zieht einen total runter. Es ist so extrem nüchtern geschrieben, ohne viele Worte, ohne viel Umschreibungen, genau diese Bücher treffen mich persönlich immer am meisten.
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon wolves » 11.07.2007, 07:38

Danke für deine Antwort. Bei literaturschock kam das Buch auch sehr gut an. (Ich frage mich wieso ich es da "übersehen" hatte :?: ) Der Link zur Zeitungsrezension den Klassikfreund reingestellt hat, macht auch auf das Buch neugierig, aber zum ersten mal muss ich sagen, verrät leider auch sehr viel.
Ob ich es abwarten kann, bis das Buch als Taschenbuch rauskommt? :wink:
Liebe Grüße
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Beitragvon Karthause » 13.08.2007, 14:20

Mein Chef legte mir dieses Buch heute auf den Schreibtisch, mit der Bemerkung "Musst du unbedingt lesen!". Also in der nächsten Zeit wird es werden. Ich bin nun doch schon sehr, sehr gespannt.
Viele Grüße
Karthause

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Beitragvon Pippilotta » 13.08.2007, 18:57

Bin schon sehr gespannt, Karthause, wie es Dir gefällt!
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon Dr.Who » 20.10.2008, 18:23

Der Autor Cormac McCarthy ist kein Mann vieler und vor allem langer Worte. Ich hatte Gelegenheit No Country For Old Man (Kein Land für alte Männer) und The Road (Die Straße) auf einer längeren Zugsfahrt hintereinander lesen zu können und es ist wirklich erstaunlich wie grundverschieden beide Bücher waren.
Ist das erste Buch ein blutiger Neo-Western könnte man das zweite einen Si-Fi Roman nennen. Dies ist aber nur oberflächlich, vor allem bei The Road, wo McCarthy in die Rolle eines Wissenschaftlers zu schlüpfen scheint der das menschliche Wesen studiert.
Wie ein Naturfilmer ist er mit der Kamera immer ganz nahe dabei, ob Vater und Sohn am Feuer sitzen oder die Straße entlang wandern der Autor ist ihnen immer auf den Versen und hält in seiner Sprache das wesentliche fest. Ohne jedoch, und hier liegt die Meisterschaft in diesem Buch, einen Kommentar aus dem Off zu geben.
Der imaginäre Wissenschaftler weiß nicht wo die beiden herkommen oder hingehen, wie sie heißen oder wie alt sie sind noch welche Katastrophe der Erde widerfahren ist.

All dies ist jedoch uninteressant denn nicht das Individuum ist es was das Buch bestimmt sondern das große ganze, das Zusammenspiel zwischen den einzelnen, muss man schon fast sagen, Lebewesen und Gegebenheiten.
Was geschieht nach solch einer Katastrophe wirklich?
Da ist keine Zeit für Heldenmut oder intergalaktische Schlachten gegen Alienhorden. Nein, nicht in den Büchern McCarthy´s. Da müssen die Menschen schon sehen wie sie selbst, ohne die Hilfe des Schriftstellers, zurecht kommen und das kann, wie im Fall dieses Buches, wirklich sehr schmerzvoll für den Leser sein.
Ein Vater der nicht die Kraft aufbringt seinen Sohn zu erschlagen um ihm somit den Tage und Wochen währenden Kampf ums Überleben zu ersparen. Schon alleine der Gedankengang löst beim Leser Gänsehaut aus aber was soll der Vater sonst machen wenn er nur noch eine einzige Kugel im Revolver hat?

The Road ist eine Geschichte die einen noch lange nach dem lesen beschäftigen wird denn jeder weiß daß, wenn er es nur als alternative Zukunftsfiktion abtut, er sich insgeheim selbst belügt. Das Buch ist in seiner Art so schmerzlich nahe an einer möglichen Realität wie es nur selten zuvor ein Buch dieses Genres war.
Fast bedaure ich das es mittlerweile schon verfilmt wurde und spätestens nach dem Kinostart in Europa* der große Rummel darum beginnen wird. Gerade weil es nicht uneingeschränkt empfohlen werden kann und nicht alle Leser mit dem Werk zufrieden sein dürften gilt es noch als Geheimtipp.


*Der US Start der Verfilmung ist für den 26.11.2008 angesetzt. In den Hauptrollen ua.Viggo Mortensen, Kodi Smit-McPhee und Charlize Theron
Dr.Who
 

Re: McCarthy, Cormac - Die Straße

Beitragvon wolves » 20.05.2010, 10:37

Mittlerweile habe ich das Buch aus seinem SuB-Dasein befreit und gelesen. Was für eine Lektüre! In Gedanken begleite ich Vater und Sohn immer noch auf ihren Wegen, ihrem Überlebenskampf, ihrer ständigen Suche nach Nahrung und Gebrauchsgegenständen.
Was die Katastrophe ausgelöst hatte, spielt wirklich keine Rolle in diesem Buch. Das einzig sichere ist, dass es sich um die ehemalige USA handelt. Alles andere ist offen, hin und wieder kleine Rückerinnerungen an eine Welt, wie sie nie wieder sein wird. Der Foccus ist ganz auf die beiden namenlosen Protagonisten eingestellt. Ja, so könnte es sein, wenn alles untergeht.
Ich bin überrascht, dass sich die beiden immer noch ihre Menschlichkeit bewahrt haben. Bei all dem was ihnen auf dieser Reise, ihrer Straße, begegnet waren.

Der Schluss hatte mich etwas irritiert. Ich weiß nicht, wie ihr es sieht, aber für mich ist das was passiert wohl eher ein Wunschdenken, eine Phantasie des Sohnes.

Ein empfehlenswertes Buch!
Liebe Grüße
wolves


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