Seminararbeit

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    Re: Seminararbeit

    Anonymous - 12.04.2005, 15:42

    Seminararbeit
    “Die Massendeliquenz am Beispiel ungegliederter Spontan- und Gelegenheitsgemeinschaften (hier: Hooligans)”

    Seminarleiter: KOR Brosthaus
    Verfasser: POM/KKB Christoph Sujata
    Einstellungsjahr: 01.10.1981
    Kurs: P 95/1
    Einstellungsbehörde: PP Gelsenkirchen

    Inhaltsangabe
    1 Hooligans und ihre Gewalt - eine neue Dimension
    2 Historie
    2.1 Entwicklung des Fußballrowdytums in den 70´er Jahren
    2.2 Das Bild der Fußballrowdies in der Öffentlichkeit
    3 Die Hooligans
    3.1 Definition
    3.2 Beschreibung der relevanten Fanszene
    3.3 Die Subkultur der jugendlichen Fußballfans
    3.4 Gesellschaftliche Ursachen des Gewaltproblems
    3.4.1 Freizeit und Kriminalität
    3.5 Der Einfluss der Medien
    3.6 Die Selbstdarstellung der Hooligans
    3.6.1 Die Hooligan-Zeitschriften
    3.6.2 Kleidung der Hooligans
    3.6.3 Die Musik der Hooligans und ihre Gesänge
    3.7 Hooligans & Rechtsradikalismus am Beispiel Borussenfront
    4 Fußballrowdytum in Deutschland
    4.1 Fallbeispiele
    4.1.1 Die Europameisterschaft in Frankreich 1984
    4.1.2 20. Mai 1985: Katastrophe im Brüsseler-Heysel Stadion
    4.2 Fußball-EM im Juni 1988 in der Bundesrepublik
    4.2.1 Die Höhepunkte der EM aus Sicht der deutschen Hools:
    4.2.1.1 England gegen Holland in Düsseldorf
    4.2.1.2 Deutschland gegen Holland in Hamburg
    4.3 Qualifikationsspiel für die WM in Italien
    4.3.1 Länderspiel Niederlande : BRD am 26.04.1989 in Rotterdam
    4.4 Die WM 1990 in Italien
    4.4.1 Resümee des deutschen Hooligans Ralf
    4.5 Fallbeispiel aus der 1. Bundesliga
    4.5.1 VFL Bochum - Bayer Leverkusen (aus der Sicht eines Bochumer Hools)
    4.5.2 DFB-Pokalspiel Hannover 96 - Hamburger SV am 09.11.1990
    4.6 Sport und Gewalt in den neuen Bundesländern
    4.6.1 Fallbeispiele
    4.7. Nachlese zu Fußballgroßveranstaltungen
    4.7.1 EM 1992 in Schweden
    4.7.2 Die WM 1994 in den USA
    4.7.3 Die EM in England 1996
    5 Möglichkeiten der Eindämmung von Gewalt beim Fußball
    5.1 Präventive Polizeimaßnahmen
    5.1.1 Einsatz eines szenenkundigen Beamten (SKB)
    5.1.2 Möglichkeiten der Einflußnahme des SKB auf die Problemfäns
    5.2 Repressive Maßnahmen
    5.3 Maßnahmen der Vereine
    5.4 Fan-Projekte
    5.5 Internationale Zusammenarbeit
    6. Ausblick


    Erklärung
    “Hiermit versichere ich, dass ich diese Seminararbeit von mir selbstständig verfaßt wurde und ich keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.”
    (Christoph Sujata)


    I. Hooligans und ihre Gewalt - eine neue Dimension
    Gewalttätige Ausschreitungen von Fußballfans sorgen bei der seit dem Brüsseler Heyseldrama für Fangewalt besonders sensibilisierten Medienöffentlichkeit für Bestürzung und Empörung. 39 Tote und 400 Verletzte sind die Bilanz des Europapokalendspiels der Landesmeister am 29. Mai 1985 zwischen Juventus Turin und dem F. C. Lilverpool. Statt eines Fußballfestes mußten Millionen Fernsehzuschauer in Europa eine Schlacht im Stadion betrachten.
    Englische Hooligans hatten durch einen Angriff auf neben ihnen stehende Italiener panikartige Reaktionen im Block Z ausgelöst, die nach dem Einstürzen einer angrenzenden Mauer zu 38 Todesopfern in diesem Bereich führte. Danach randalierten italienische Rowdies vor den Augen der Fernsehöffentlichkeit und griffen mit Steinen und Eisenstangen die belgische Polizei an.

    I. Historie
    Wenn man nach den Anfängen des Fußballs sucht, muss man bis in das vierte Jahrtausend vor unsere Zeitrechnung zurückblicken. Im alten China wurde zu dieser Zeit der Fußball als ein Teil der militärischen Ausbildung betrieben. Das erste Schriftstück existiert aus der Zeit der Han-Dynastie. Hier wurde zum ersten Mal der Begriff “Tsu Ku” gebraucht. Tsu bedeutet “mit dem Fuß schießen”, “Ku” heißt so viel wie “ausgestopfter Ball aus Leder”.
    Ob nun das “Tsu Ku” der Chinesen, das “Episkyros” der Griechen, das “Harpastum” der Römer - das Fußballspiel wurde zu unterschiedlichen Zeiten in den verschiedensten Formen von vielen Völkern gepflegt.
    England gilt in Europa als das Mutterland des Fußballs. Wie sehr Fanverhalten und Fankultur auch schon zu früherer Zeit für Problembewältigung standen, belegt nachhaltig ein Erlaß des Londoner Bürgermeisters um das Jahr 1314, worin es heißt: “Während unser König in Schottland Krieg führt und uns aufgetragen hat, Frieden zu halten ... Kommt es durch Fußballspiele zu großem Aufruhr in der Stadt. Wir verbieten deshalb im Namen des Königs und unter Androhung von Gefängnisstrafen die Austragung solcher Spiele innerhalb der Stadt.” Fußball (soccer) ist ein Geschenk der britischen Aristokratie an die “dangerous class”, die unzufriedenen Arbeitermassen im hektisch industrialisierten England des 19. Jahrhunderts. Bis Mitte dieses Jahrhunderts war Soccer offiziell nur an den feinsten Schulen geregelt gespielt worden. Dann gründeten Pfarrer und Lehrer die Fußballklubs, quasi als soziales Beruhigungsmittel zu Behebung innerer Spannungen, die sonst womöglich in revolutionären Taten Luft gemacht hätten. Mit den Proletariern kam das neue Soccer-Bewußtsein - das Gruppenerlebnis der Anhänger, der ritualisierte Kampf, das fast religiöse Wir-Gefühl auf den Tribünen der Vorstadtvereine.
    In der Geschichte des modernen Fußballsports ging der 26.10.1863 als ein Meilenstein der Entwicklung dieser Sportart ein. Am Abend dieses Tages gründeten elf Herren in der “Freemasons Tavern” in London den ersten Fußball-Verband der Erde, die Football Association. 1872 kam es zum ersten Länderspiel zwischen Schottland und England in Glasgow; 1885 wurde die Football Association der Berufsfußball eingeführt; 1904 wurde von sechs europäischen Landesverbänden der Weltverband der Fußballsportler, die Federation Internationale de Football Association (FIFA) gegründet; 1930 fand die erste Weltmeisterschaft in Uruguay statt; Einrichtungen wie der Europacup, Afrikacup, Südamerikacup, Weltcup wurden in der Folge realisiert; der FIFA gehören heute mehr als 150 Fußballverbände an - eine Zahl, die bisher kaum ein anderer Sportweltverband erreichte.

    A. Entwicklung des Fußballrowdytums in den 70´er Jahren
    Zuschauerausschreitungen haben auch in Deutschland den Fußballsport immer begleitet, wenn auch solch gravierende Ereignisse wie in Großbritannien lange äußerst seltene Ausnahmen darstellten. In den 70´er Jahren sollten sich Krawalle bei Fußballspielen aber zu einem ernstzunehmenden Problem für Gesellschaft und Polizei entwickeln, die Subkultur jugendlicher Fußballfäns entstand und damit traten auch sogenannte “Fußballrocker” durch ihre Randale in den Vordergrund.
    Nach englischem Vorbild nahmen viele deutsche Jugendliche die Möglichkeit wahr, sich mit ihrem Ortsverein zu identifizieren und mit Vereinswappen versehene Jeansjacke (sog. Kutte oder Weste) und durch Schals ihre Gefolgschaft kundzutun. Sowie in England bildeten sich auch bei uns Fan-Blocks, die aufgrund der Schlachtgesänge und die damit verbundene gute Stimmung eine Sogwirkung für die Jugendlichen erzielte. Es gab für diese Jugendlichen viele Gründe, sich Fanclubs anzuschließen.

    1. Allgemeine Faszination des Fußballsports
    2. Fehlende sinnvolle Freizeitbeschäftigungen
    3. Gemeinschaftssinn im Stadion (Wir-Gefühl)

    Diese Fanclubs in allen ihren Ausprägungen führten dazu, dass die deutsche Fan-Szene immer strukturierter und übersichtlicher war als beispielsweise die englische. Es wurde nun auch üblich, seinen Verein bei Auswärtsspielen - meist mit der Deutschen Bundesbahn - zu begleiten und zu unterstützen. Dies führte vermehrt zu Auseinandersetzungen mit den gegnerischen Fans. Meist kam es schon am Bahnhof lange vor Spielbeginn zu Ausschreitungen rivalisierende Fan-Gruppen, die sich dann auch in die Innenstädte und in die Nähe des Stadions verlagerten.
    Eine zunehmende Brutalität machte sich unter den Fans bemerkbar. Während früher das reine Anfeuern der eigenen Mannschaft im Vordergrund gestanden hatte, entstanden nun immer mehr Gesänge gegen die gegnerische Mannschaft und auch gegen deren Fans. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun. Straftaten wie Körperverletzungen, Widerstandshandlungen, Beleidigungen, Diebstähle und Sachbeschädigungen nahmen zu. Ein zusätzliches Problem war es, dass kaum Anzeigen aus der Fan-Szene kamen. Diese versuchten vielmehr, sich im Rückspiel oder bei einem Auswärtsspiel des Gegners in der näheren Umgebung zu rächen.

    A. Das Bild der Fußballrowdies in der Öffentlichkeit
    Fast jeden Montag kann man sie vorfinden, die Berichte über Krawalle, Festnahmen und Verletzte bei Fußballspielen, die quasi als unerwünschte Begleitumstände zu den Spieltagen der Profiligen nicht nur in deutschen Zeitungen zu finden sind. Presseberichte über Fußballkrawalle und grölend durch die Innenstädte ziehende Fan-Gruppen brachten diesen ein denkbar schlechtes Image in der Bevölkerung ein.
    Besondere Aufmerksamkeit fand der Tod des Bremers Adrian Maleika im Jahre 1982. Bei einer Massenschlägerei zwischen Hamburger und Bremer Fußballrowdies wurde Adrian von einem Stein tödlich getroffen. Dem Phänomen Fußballrowdytum wurde ein größerer Stellenwert beigemessen. Unzählige Artikel in allen deutschen Zeitungen befaßten sich mit dem Thema, was im Endeffekt auch zu einer bisher nicht gekannten Popularität gewalttätiger Gruppen in der Fan-Szene führte. So konnten sich die an der Schlägerei beteiligten Hamburger “Löwen” nach solchen Berichten eines gefürchteten Rufes sicher sein.
    Doch die Zeiten, in denen sich die “Kuttenträger” prügelten, gingen zu Ende. Vielmehr machten jetzt Skins auf sich aufmerksam und es entwickelten sich die deutschen “Hooligans”, adrett gekleidete jugendliche Gewalttäter, die heute für das Gros der Ausschreitungen beim Fußball verantwortlich sind.

    I. Die Hooligans

    A. Definition
    Der Ursprung dieses Wortes ist von einer irisch-stämmigen Arbeiterfamilie aus London abgeleitet, deren Mitglieder am Ende des neunzehnten Jahrhunderts für wüste Schlägereien bekannt waren. Man versteht under den Hooligans den sowohl verbal aus körperlich gewalttätigen Teil der Fan-Szene, der durch seine Aktionen das Bild des Fußballfans in der Öffentlichkeit prägt.

    A. Beschreibung der relevanten Fanszene
    Jede Fanszene eines Vereins kann grundsätzlich in die Verhaltenskategorien
    Friedlich - Zuschauer - (A)
    Konfliktgefährdet/-bereit - Fans - (B)
    Gewalttäter - Hooligans - (C)
    grob unterteilt werden.

    Kategorie A:
    Sie stellen den größten Teil der Stadionbesucher. Der Anteil friedlicher Zuschauer schwankt zwischen 90-98 %. Ein Teil der friedlichen Fußballanhänger (Kategorie A) gehört organisierten Fan-Clubs an. Sie identifizieren sich und unterstützen ihren Verein nach außen sichtbar durch Schals, Mützen, Fahnen und tragen auch Westen mit Emblemen, sog. Kutten (Kuttenträger).

    Kategorie B:
    Letztgenannte Kuttenträger stellen auch einen Anteil der “bei Gelegenheit” gewaltgeneigten Fans. Häufig ist in Verbindung mit Alkohol ihre Bereitschaft zu gewaltätigen Aktionen zu erkennen. Die auslösenden Momente (Gelegenheiten) für die in der Regel spontanen Gewalttätigkeiten dieser Personengruppe lassen sich abschließend aufzählen:

    “Fehlentscheidungen des Schiedsrichters”
    Provokation durch gegnerische Fans
    Anheizen der Stimmung durch Personen der Kategorie C
    “ungünstiger Spielverlauf” für die eigene Mannschaft”

    Diese Fan-Kategorie umfaßt grundsätzlich die gleichen Altersgruppen wie die Kategorie C: 14 bis über 30jährige, mit den 18-25jährigen als Kernbereich. Eine besondere Rolle scheinen 14-18jährige zu spielen, die sich durch besondere Aktionen und Aggressivität für die Aufnahme in den Kreis der “etablierten Hooligans” qualifizieren wollen.

    Kategorie C:
    Der harte Kern wird inzwischen auf 2000 Hooligans in der BRD von Expertenseite geschätzt; hinzu kommen allerdings noch beträchtliche Mitläuferscharen, die von Spiel zu Spiel mehr oder weniger regelmäßig erscheinen. Mädchen sind grundsätzlich nicht auszumachen. Heute muss dieses Verständnis vom Hooligan jedoch überprüft werden. Vom äußeren Erscheinungsbild (Outfit) hat er aller Merkmale der Fankultur abgelegt. Er tritt aus taktischen und modischen Gesichtspunkten in Zivil auf und schafft sich seine Erlebnisse bei den Ausschreitungen rund um ein Fußballspiel. Das Spiel selbst nimmt eine untergeordnete Stellung ein, wenngleich eine gewisse Vereinsverbindung nicht zu übersehen ist. Der Alltag der Hooligans besteht meist aus einem Wettstreit mit der Polizei, die Aktionen gegen andere Hooligans im Wege steht. Kommt es dann zu Auseinandersetzungen, die manchmal - unter Umständen sogar mit der Gegenseite vereinbart - weitab vom Stadion stattfinden, sind diese meist harmloser als sie aussehen. Man beschränkt sich Allgemeinen auf Fußtritte und Faustschläge.
    Nur wenn Waffen wie Baseballschläger, Messer, angespitzte Regenschirme, Tränengas und Leuchtraketen verwendet werden, kann die Gewalt eskalieren, und es drohen Schwerverletzte, in Ausnahmefällen sogar Tote.

    A. Die Subkultur der jugendlichen Fußballfans
    “Die Fußball-Fanszene ist als “eigene” Freizeitkultur zu bezeichnen. Sie ist an Facetten reicher als das Bild, das von ihr in den Medien und bei der Polizei als das vom gewalttätigen Fußball-Fan verbreitet wird. Gewalt wird dabei als Ausdruck und Reaktion von Frustration im Alltag, von Benachteiligung, Arbeitslosigkeit oder Erlebnisarmut charakterisiert.”
    Die Herkunftsfamilie der “Hools” gehört eher der Mittelschicht, aber auch der Oberschicht an. Man geht zur Arbeit; trägt werktags Krawatte; jedenfalls ist die Zahl der Arbeitslosen unter den Hooligans (zumindest der westlichen Bundesländer) äußerst gering. Den Kern bilden Lehrlinge, Angestellte, Abiturienten und Studenten. Man will sich nach dem Arbeitsfrust einer Woche abreagieren.
    Charakteristisch für die Hools ist, dass sie niemals vereinzelt auftreten, sondern stets eine Einheit von mehreren Dutzend oder hundert Personen bilden: Hool zu sein, das bedeutet “Elite”, weil man härter ist als andere und besser kämpfen kann. Persönliches Verantwortungsgefühl, Mitleid und Ähnliches schwinden zunehmend und verlieren sich weitgehend in der “Massenseele” (Gustave de Bon).
    Man darf alles, wenn es nur im Interesse des Mobs liegt. Kriminalität wird zum bloßen Spaß und Karneval. Wie lustig ist es doch, sich gratis aus dem Biervorrat einer Tankstelle zu bedienen, wenn dann der protestierende Tankwart “rein zufällig” in Fäuste “stolpert”. Hooligans gehen nicht ins Stadion, um das Spiel anzusehen, sondern wegen der Atmosphäre und der Möglichkeit, ihre Bedürfnisse nach Spannung, Abenteuer und Risiko zu befriedigen. Die Gewalt der “dritten Halbzeit” ist für sie besonders attraktiv. Prügeleien sind eine Art Hobby, Cowboy und Indianerspiel auf einem anderen Niveau. Bandenkriterien erfüllt allenfalls der harte Kern dieser Tätergemeinschaft, die während der Woche die Prügeleien im Umfeld der Stadien herbeisehnt, auch zum Beweis der eigenen Männlichkeit und Stärke. Man will den eigenen Schweinehund überwinden im “wöchentlichen Abenteuerurlaub”.

    A. Gesellschaftliche Ursachen des Gewaltproblems
    1. Freizeit und Kriminalität
    Die soziale Entwicklung vieler Jugendlicher hängt nicht nur von den Einflüssen der Familie, Schule und beruflichen Ausbildung maßgeblich ab, sondern auch von der Beeinflussung der peer-group - der Gruppe der Gleichaltrigen - in der Freizeit. Aufgrund zunehmender Industrialisierung und fortschreitender Technik gehört die Bundesrepublik heute zu den Ländern mit der meisten Freizeit. Repräsentative Umfragen haben jedoch ergeben, dass viele Menschen mit dem Zuwachs an Freizeit wenig anfangen können. Viele Jugendliche suchen daher nach “Action”, nach Nervenkitzel. Dabei flüchten einige heute zur Bewältigung ihrer sozialen Probleme in Alternativen wie Alkohol, Drogen, S-Bahn-Surfen oder Bungy-Jumping, manche aber auch in Krawalle. In der peer-group finden junger Menschen oftmals einen Familienersatz, einen “Kumpel”, der die gleichen Probleme und Interessen hat.
    Die Suche nach dem “Kick” wird im Kollektiv erlebt. Durch die Verstärkerwirkung in der Gruppe ist auch der Drang zum Aktionismus, zu kriminellen Handlungen und Brutalität, gegeben. Es besteht eine größere Bereitschaft zum Risiko, die individuelle Verantwortung nimmt ab; diese wird anonymisiert und die Gruppe abgetreten.
    Der Kitzel, der Nervenkitzel dabei, wenn du über irgend jemand oder irgend etwas Macht hast, wenn du bestimmen kannst: So ist es! Das ist “der kleine Nazi” oder “der kleine Diktator” in jedem. Es gibt wohl kaum einen Menschen, der nicht mal Lust hätte, Macht auszuüben. Und wenn du auf einen Mob draufrennst und boxt die weg, dann warst du besser als die, dann hast du Macht ausgeübt.

    A. Der Einfluss der Medien
    Die Gewaltneigungen der Fans wird nicht nur unerheblich durch die Art der Vor- und Nachberichterstattung beeinflusst. Die oftmals unangemesse Dramatisierung der Ereignisse, sowie eine gewaltverherrlichende oder verharmlosende Sprache lädt Emotionen auf. So word zum Beispiel von Lokalderbys, Revanchekämpfen, Spiele von höchster Bedeutung und Kämpfen ums sportliche und finanzielle Überleben gesprochen. Diese Ausdrucksweisen sind zusätzlicher Nährboden für gewalttätige Auseinandersetzungen, denn es gibt kaum eine Fußballrabauken, der nicht zu Hause ein dickes Album mit Presseausschnitte hätte. Motto: “Ich war dabei”. Für viele ist anschließende Zeitungsmeldung oder Kurzbericht im Fernsehen genauso wichtig wie die Aktion selbst.
    Schon der Terminus “Härte” in der Fußballfachsprache verdeutlicht die Verniedlichung der Gewalt im Mannschaftssport. “Hektisch” wird es immer, wenn zum wiederholten Male Spieler umgetreten worden sind. “Ich haue dazwischen”, versprach seinerzeit Klaus Augenthaler, “Kohler verteidigt konsequent” oder gar “erschreckend konsequent”. Wahrscheinlich, dass “Völler was auf die Knochen” kriegt, “hart, aber fair”. Wenn es heißt, es habe “Schwerstarbeit für Masseure” der Mannschaft gegeben, ging es in dem Spiel “wohl ganz schön zur Sache”.
    Faktisch werden auf dem Spielfeld Körperverletzungsdelikte vor Tausenden von Zeugen begangen. Polizei und Staatsanwaltschaft bleiben jedoch untätig. Das verleitet gerade diejenigen, die sich mit unserer Gesellschaft nicht identifizieren in ihrem sozialabweichenden Verhalten oftmals zu dem Wunsch nach einem rechtsfreien Raum. Die gültigen Rechtsnormen wurden außer Kraft gesetzt.

    A. Die Selbstdarstellung der Hooligans
    Sie nennen sich selbst:
    Bielefeld - Ostwestfalenterror (OWT)
    Bochum - BO-City
    Dortmund - Borussenfront
    Essen - Essener Löwen
    Frankfurt - Adlerfront
    Hamburg - Ultras
    Hertha BSC - Hertha Frösche
    Mönchengladbach - Sturmtruppen
    Karlsruhe - Destroyer
    Köln - Red Army Cologne
    Schalke - Gelsenszene

    Die Auflistung ist nicht abschließend, sondern soll lediglich einen kleinen Einblick in die Szene vermitteln. Eigentlich verfügen alle 1. und 2. Ligavereine über eine mehr weniger große Szene an gewaltbereiten Hooligans. Aber auch Ausschreitungen im Amateurfußball (Regional- und Oberliga) sind durchaus keine Seltenheit mehr. Es existieren eine Reihe sogenannter “Randale-Listen” über die Gewaltfähigkeit der verschiedenen Hooligan-Gruppen. Dabei ganz oben zu stehen, bedeutet für den gewaltbereiten Fan eine besondere Ehre.
    Die “guten” Hooligans lehnen jedoch den Einsatz von Waffen ab. Nach ihrer Selbsteinschätzung hat es ein Hooligan nicht nötig, sich mit Waffen zur Wehr zu setzen. Der Ehrenkodex unter ihnen lautet: “Hooligan without weapons”. Der waffenlose Kampf basiert auf dem Idealbild, dass bei Auseinandersetzungen nur die Kraft, die Durchtrainiertheit und vor allem der Mut der Kämpfenden entscheiden soll.
    Leider werden bei den Kämpfen immer häufiger Waffen eingesetzt, die dann zu schweren Verletzungen führen.

    1. Die Hooligan-Zeitschriften
    Sowohl in England als auch in der Bundesrepublik gibt es eine große Anzahl an Zeitungen, die sich auf Randale Berichte spezialisiert haben. Von detaillierter Information über den Fußballsport über Berichte von “Sauftouren” zu Bundesligaspielen bis zu reiner Randaleverherrlichung ist alles vertreten. Das größte überregionaler Fan-Zine in Deutschland ist der “Fan-Treff” mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren (Stand 8/90).
    Problematisch bei den Berichten ist die fehlende Objektivität und die vielfachen Übertreibungen. Gegnerische Hools werden dabei als “Lutscher” oder “Kugelschreiber-Hooligans” verspottet. Die Zeitschrift Fan-Treff stand lange Zeit in der Kritik der Öffentlichkeit, weil man ihr Gewaltverherrlichung oder öffentlich Aufforderung zu Straftaten vorwarf.

    1. Kleidung der Hooligans
    Die Zeiten, in denen Fußballrowdies mit abgewetzten Jeans und dreckigen Jacken herumliefen, gehören der Vergangenheit an. Die rockerähnliche Kleidung wurde abgelegt. Heutzutage haben Hools in der Regel eine großes Modebewußtsein. Modemarken wie Reebok, Nike, Lacoste, Chevignon und Armani gehören zu ihrer Kleidung. Ebenso werden teure Markenturnschuhe getragen. Dieses teure “Outfit” gilt als Statussymbol und ist in Hooligankreisen selbstverständlich.
    Tieferer Grund des Modebewußtseins war es aber auch, sich unauffällig nach außen zu geben. Man konnte so die Polizeitaktik besser umgehen und war als Fußballfan nicht gleich zu erkennen. Nach einer Auseinandersezung mit dem Gegner konnte man in der Masse leichter untertauchen. Weiterhin sollte eine gewisse Abstufung zu den normalen Fans erkennbar gemacht werden, die meist nicht so modisch gekleidet sind.

    1. Die Musik der Hooligans und ihre Gesänge
    Zunächst bevorzugten Hooligans die Disco-Musik ihrer Altersgenossen, aber gerade auch aggressive Musik ist durchaus beliebt. Hier ist u.a. die Gruppe “Böhse Onkelz” zu erwähnen. Zur anstehenden Europameisterschaft 1984 in Frankreich entstand folgendes Lied:

    “Im Sommer 1984 fahren wir nach Frankreich,
    unsere Nationalelf siegen zu sehen,
    um für unser Land gerade zu stehen.
    Laßt uns unsere Fahne hissen,
    unserem Gegner vor die Füße pissen,
    zeigt ihm, zeigt ihm, wer wir sind...
    Fußball-Europameister,
    es gibt nur EINEN, Deutschland heißt er.
    Deutschland, Deutschland ist die Macht!
    Refrain: Randale gibt es auf jeden Fall,
    Im Sommer 1984: beim Frankreichüberfall!”

    Besonders bekannt wurde zu dieser Zeit der provokative Schlachtgesang der “Borussenfront”:

    “Blut, Blut muß fließen knüppelhageldick,
    wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik!”

    Um den Zusammenhalt bei Länderspielen zu demonstrieren, wurden oftmals Gesänge wie “Deutschland Hooligans” oder “Wir sind deutsch” angestimmt. Drohte eine Auseinandersetzung mit der Polizei, so hieß es “Auf die Bullen”. Insgesamt passen Musik und Gesänge der Gewalttäter zu ihrer Darstellung als harte, männliche Kämpfer und verstärken diesen Eindruck noch.

    A. Hooligans & Rechtsradikalismus am Beispiel Borussenfront
    Bei der Entwicklung hin zu den heutigen Zuständen bedarf es einer näheren Beschreibung der “Borussenfront”, eines Fan-Clubs von Borussia Dortmund, der durch gewalttätige Aktionen das Interesse der Medienwelt auf sich zog und der die deutsche Gewalttäterszene entscheidend mitprägte. Im Jahre 1982 begann die Borussenfront durch Krawalle und rechtsradikale Äußerungen die Vorreiterrolle der deutschen Hooligans für die anstehende Fußballeuropameisterschaft 1984 in Frankreich, den “Frankreichüberfall”, zu übernehmen.
    Die sogenannten “Fußballrocker”, die bis dato ihr Unwesen in bundesdeutschen Stadien trieben, wurden jetzt von Skinheads und Hooligans abgelöst. Man trug Bomerjacke und Springerstiefel. Aufnäher wie “Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein”, kamen in Mode. Die “Harten” rasierten sich eine Glatze (Skins).
    Die Borussenfront war kein Einzelfall, es gab auch andere Fan-Clubs, die als rechtsradikal eingestuft wurden, als da wären die Frankfurter Adlerfront oder die Berliner Hertha-Frösche. In den Stadien kam es zu dieser Zeit öfter zu “Sieg-Heil” Rufen und auch ausländerfeindliche Parolen wurden skandiert.
    Trotz vieler besorgniserregender Vorkommnisse konnten sich aber rechtsradikale Tendenzen bei den Fußballfans nicht so verdichten, dass sie in größerer Zahl für Neonazigruppen rekrutierbar waren. In der Hooligan-Szene gibt es sicherlich rechte Tendenzen von einen Teil ihrer Mitglieder. In der Öffentlichkeit werden viele von ihnen vorschnell als Nazis bezeichnet, was aber nur zum Teil richtig ist. Viele in der Szene sind politisch völlig unmotiviert, lassen sich weder ins rechte noch ins linke politische Lager drängen. Sie haben einfach Bock auf Randale. Sie wollen den eigenen Schweinehund überwinden im “wöchentlichen Abenteuerurlaub”.
    Wie bereits festgestellt wurde, stammt der Kern der Hools aus allen gesellschaftlichen Schichten. Gerade in den alten Bundesländern sind unter den Hooligans auch immer häufiger ausländische Jugendliche anzutreffen, die sich dem Mob angeschlossen haben. Anders wiederum dürfte die Situation in den neuen Bundesländern sein. Die Hools bestehen hier oftmals aus einem Heer an Arbeitslosen und Skinheads. Aufgrund fehlender Zukunftsperspektiven entlädt sich der Frust. Die Zahl der Rechtsradikalen unter den gewalttätigen Fußballfans ist hier sehr hoch. Der Punkt Sport und Gewalt in den neuen Bundesländern wird später unter einem gesonderten Punkt geprüft.

    I. Fußballrowdytum in Deutschland

    A. Fallbeispiele
    1. Die Europameisterschaft in Frankreich 1984
    Wenige Wochen vor Beginn des Turniers fand ein Vorbereitungsspiel zwischen Frankreich und Deutschland in Straßburg statt. Durch ein böses Foul des deutschen Torhüters Toni Schumacher an dem Franzosen Battiston machte sich der deutsche Torwart zum Buhmann der französischen Zuschauer. In Frankreich wurde von den Medien eine Hetzkammpagne gegen Toni Schumacher gestartet. Es geschah von Seiten der Gastgeber wirklich alles, um die Atmosphäre kräftig anzuheizen. Dies war natürlich gleichzeitig das Startsignal für die deutschen Gewalttäter, in Frankreich, dem Erzfeind nachdrücklich auf sich aufmerksam zu machen.
    Alle Spiele der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft wurden überschattet von schweren Ausschreitungen. Ein harter Kern von etwa 200 Skins und Hools unter vielen deutschen Fans schlugen Fensterscheiben ein, verprügelten gegnerische Fans und lieferten sich stundenlange Straßenschlachten mit der Polizei. Bilanz des 1. Spieltages: 80 Festnahmen, 2 Verurteilungen.
    Durch das frühe Ausscheiden der deutschen Mannschaft und das Fehlen von England und Holland, die sich nicht qualifizieren konnten, nahmen die Ausschreitungen keine unkontrollierten Ausmaße an.
    Allerdings war das Turnier ein Erfolg für die deutschen Gewalttäter. Sie hatten ihrem Ruf, zur Nr. 1 in Europa zu werden, alle Ehre gemacht. Die Generalprobe war aus deutscher Sicht geglückt. Alle Länderspiele im benachbarten Ausland sollten jetzt Schauplätze schwerwiegender Ausschreitungen werden.

    1. 29. Mai 1985: Katastrophe im Brüsseler-Heysel Stadion
    Bei einer Massenschlägerei im Liverpooler Block, angezettelt von ca. 500 rechtsradikalen Engländern, starben 39 Menschen, 400 wurden verletzt.
    Drei Tage nach der schlimmen Katastrophe kam es in der Bundesliga zum alten Lokalderby Schalke gegen Dortmund. “Horden” von Dortmunder Fans zeigten am Schalker Hauptbahnhof Liverpool-Schals vor. Nur ein massives Polizeiaufgebot konnte eine Konfrontation mit denen ihnen gegenüberstehenden Schalkern verhindern. Während einer Gedenkminute für die Opfer von Brüssel wurden von der Borussenfront Liverpool-Gesänge angestimmt.

    A. Fußball-EM im Juni 1988 in der Bundesrepublik
    Folgende Zeilen schmückten die Titelseiten der Boulevardpresse während dieses Großereignisses:
    Großschlägerei in Frankfurt zwischen Engländern und Italienern schon vor Beginn der EM in Frankfurt
    Auseinandersetzungen deutscher Hooligans mit der Polizei in Düsseldorf nach dem Eröffnungsspiel
    Festnahmen in Stuttgart nach Krawallen englischer Hooligans
    Überfall deutscher Hooligans auf englische Fans in Düsseldorf am Vorabend des Spiels England gegen Holland
    Nur ein großes Polizeiaufgebot kann Krawalle beim Spiel England gegen Holland verhindern
    Forderung nach Abreise der englischen Fußballnationalmannschaft in GB
    Überfall deutscher Hooligans auf die Hamburger Hafenstraße

    1. Die Höhepunkte der EM aus Sicht der deutschen Hools:
    a) England gegenn Holland in Düsseldorf
    In der Nacht vor diesem Spiel lieferten sich etwa 150 deutsche Hools, geführt von der Schalker Gelsenszene und der Dortmunder Borussenfront, stundenlange Straßenschlachten mit der Polizei und den englischen Fans.

    a) Deutschland gegen Holland in Hamburg
    Nach dem Ausscheiden der deutschen Elf (1:2) sammelten sich in der Nähe der Hamburger Hafenstraße ca. 200-300 deutsche Hools. Da bei diesem Spiel keine holländischen Rowdys anwesend waren, entschloß man sich kurzfristig, der Hafenstraße einen Besuch abzustatten. Die Bewohner der Hafenstraße waren gewarnt worden und hatten sich Steine, Molotow-Cocktails und Zwillen bereitgelegt. Es entwickelte sich eine Schlacht zwischen unbewaffneten Hools und gut ausgerüsteten Autonomen. Beim Versuch, die Streithähne zu trennen, gab es auf Seiten der Polizei 14 Verletzte. Erst nach Stunden hatte sich die Lage wieder beruhigt.

    A. Qualifikationsspiel für die WM in Italien
    1. Länderspiel Niederlande : BRD am 26.04.1989 in Rotterdam
    Es ist schon kurios: Wochenende bei Bundesligaspielen gehen Erzfeinde und Lokalrivalen nicht gerade sanft miteinander um. Kommt es aber zu einem “interessanten” Länderspiel, wo der deutsche Mob einen Ruf zu verteidigen hat, schließen sie alle einen Burgfrieden. Dann sind alle sonst so erbitterten Gegner plötzlich eine verschworene Einheit, nämlich die deutschen Hooligans. So war es auch am o. g. 26.04.1989 in Holland. In diversen deutschen Fan-Zeitschriften wurde dazu aufgerufen, geschlossen und zahlreich ins holländische “Feindesland” zu fahren, um den “Käsefressern” mal wieder zu zeigen, wer eigentlich die Macht auf dem Kontinent ist. Diesem Aufruf folgten ca. 10 000 deutsche Fans, unter ihnen etwa 1200 deutsche Gewalttäter des harten Kerns. Trotz schärfster Sicherheitsvorkehrungen und des Einsatzes von 1600 Polizisten sollte Rotterdam die schlimmsten Krawalle erleben, die diese Stadt im Zusammenhang mit einem Länderspiel je gesehen hat. Am frühen Nachmittag versammelten sich ungefähr 500 deutsche Hooligans am Rotterdamer Hauptbahnhof. Die holländische Polizei war auch anwesend, hielt sich aber dezent im Hintergrund (Deeskalation). Der deutsche Mob stand friedlich herum. Es gab keine aggressiven Handlungen oder Gesänge. Es deutete nichts auf etwaige Auseinandersetzungen hin. Das sollte sich aber noch ändern.
    Einige hundert Meter entfernt machten dann holländische Hools auf sich aufmerksam. Der deutsche Mob wurde unruhig. Alle warteten auf den Startschuß. Als dann kurz darauf der Sonderzug aus dem Ruhrgebiet eintraf, war die Stimmung auf dem Siedepunkt. Die Schalker Gelsenszene, ein großer Duisburger Mob und etliche andere übelste Ruhrpotthauer waren eingetroffen. Mit Deutschland-Hooligans-Rufen stürmten sie aus dem Bahnhof heraus, an der dort sichtbar überraschten Polizei vorbei, in Richtung Innenstadt. Der Startschuß für stundelange Randale war gefallen. Der “Mörder-Mob”, wie ihn Beteiligte selbst bezeichneten, versetzte die Stadt Rotterdam in Angst und Schrecken.
    Es kam vor, während und nach dem Spiel immer wieder zu schweren Ausschreitungen der rivalisierenden Gruppen. Zum größten Teil gingen diese von den deutschen Gewalttätern aus. Da sich die Holländer oftmals nur mit Waffengewalt (Steine, Messer) zu Wehr setzen konnten, gab es zwangsläufig auch Schwerverletzte unter den Deutschen. Als das Gerücht die Runde machte, auf deutscher Seite hätte es bereits Tote gegeben, flippte der deutsche Mob völlig aus. Etliche Geschäfte wurden geplündert, Autos in Brand gesetzt. Die Krawalle dauerten bis tief in die Nacht an. Wieder einmal hat die deutsche Szene gezeigt, wie gewalttätig sie ist. Man kann wohl behaupten, dass sie ihren englischen Vorbildern in nichts nachstehen, ja sie vielleicht längst überflügelt hat.

    A. Die WM 1990 in Italien
    1. Resümee des deutschen Hooligans Ralf
    Fußball alleine reicht doch nicht, ein bisschen Kultur muss auch sein. Und so besichtigte ich am 11. Juni 1990 nachmittags den Mailänder Dom, als draußen eine wilde Schießerei begann. In letzter Sekunde (das Portal wurde geschlossen und erst nach 30 Minuten wieder geöffnet) konnte ich noch aus dem Dom stürzen und eine Szenerie sehen, die ich nicht erwartet hätte.
    Eine große Anzahl deutscher Hooligans stürmten auf die Polizei, die mit Gewehren bewaffnet recht hilflos flüchtete. Besonders erschreckend war die Tatsache, dass gezielt auf die Carabinieri mit Leuchtkugeln geschossen wurde und einige auch schwer getroffen wurden. Als dann die Polizei Verstärkung anrückte, wurden noch unzählige Schaufensterscheiben eingeworfen und die Geschäfte - meist von Italienern - geplündert. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Krawalle von Mailand die ernsthafteste “Störung” der WM darstellten und die deutschen Hools wieder viel für ihren Ruf tun konnten - einige auch für ihre Vorstrafenkartei!
    Gegen Holland wurde wieder einmal vergeblich auf den Gegner gewartet, außer einem Sonnenbrand war diesmal nichts zu holen.
    Fazit: Entweder gibt es in Holland seit Rotterdam 1989 keine Rowdys mehr oder sie fahren alle nicht ins Ausland.
    Auch Turin (gegen England) blieb weit hinter den Erwartungen/Befürchtungen zurück. Es gab zwar einige Schlägereien und Schwerverletzte, aber der ganz große Knall blieb - nicht zuletzt wegen der 8 000 Polizisten - aus, wobei die Deutschen einen recht guten Eindruck hinterließen. Rätselhaft bleibt mir aber die große Anzahl der Daheimgebliebenen. Ein Spiel gegen England und dann noch Turin. Wie kann man da zu Hause bleiben???

    A. Fallbeispiel aus der 1. Bundesliga
    1. VFL Bochum - Bayer Leverkusen
    (Aus der Sicht eines Bochumer Hools)
    Am 23.10.1990 waren bei uns die LEV-Hools zu Gast, die mit 50-60 Leuten angereist waren. Während des Spiels, das mit 3:1 an den VFL Bochum ging, gab es keine besonderen Vorkommnisse. Bis auf einen Erkenschwicker “Asi”, der eine Leuchtkugel an das Stadiondach schoss und einige Bochumer Kutten traf, die daraufhin auf ihn gingen und ihm aufs Maul hauten, bis die Bullen kamen und ihn abführten. Nach dem Spiel sammelte sich der Bochumer Mob auf dem Hügel hinter dem Ruhrstadion. Man war ca. 120 Mann, darunter ein paar Hools vom FC Berlin und aus Wattenscheid. Wir zogen zum Stadtpark, wo wir die LEV-Hools vergeblich zu treffen hofften. Anschließend liefen wir durch die Innenschadt zum Hauptbahnhof.
    An einer Kreuzung sahen wir die Bayer-Hools und stürmten drauf. Die Leverkusener blieben stehen und stellten sich einem kurzen Fight, wobei einige von ihnen böse fielen, insgesamt aber nicht schlecht aussahen. Die LEV-Hools mussten schließlich ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit Tribut zollen. Die Bullen standen auf der Matte und drängten uns Bochumer trotz heftigen Widerstands auf die andere Straßenseite. Der Bahnhof wurde abgeriegelt und es wimmelte nur so von Grünen.
    Ein nochmaliges Stürmen auf die LEV-Hools war nicht möglich. Der Tag war gelaufen. Die Leverkusener sind besser als ihr Ruf und haben einige gute Gestalten in ihren Reihen. Danke, dass ihr vorbeigekommen seid und euch dem Fight, obwohl weniger Leute, gestellt habt. Positiv, dass die BO´s und LEV´s auf Steine, Flaschen, Messer etc verzichtet haben (Hooligans without Weapons) und fair mit Händen und Füßen “matchten”. Die o. g. Mordwerkzeuge haben in der Hool-Szene nichts verloren.

    1. DFB-Pokalspiel Hannover 96 - Hamburger SV am 09.11.1990
    Wer stoppt die Fußball-Verbrecher? Krawalle in Hannover - Schüsse, sechs Polizisten verletzt!
    Blutige Krawalle nach dem Pokalspiel Hannover 96 - HSV. Bewaffnet mit Pistolen, Messer, Gas, lieferten sich 300 Hooligans aus Hamburg und Braunschweig (Hoolfreundschaft) in Hannovers City Straßenschlachten mit 250 “96-Fans”. Ein Rachefeldzug:”Vergeltung für einen Brandanschlag, den hannoversche Hooligans 1988 in Hamburg verübt haben. “Bilanz des Fan-Krieges: Sechs Polizisten wurden nach Schüssen mit Leuchtmunition und durch Schläge und Tritte verletzt, Hooligans nach Schlagstockeinsatz der Beamten. Zertrümmerte Schaufenster in der Karmaschstr., Verwüstungen in der Galerie Luise. 25 Festnahmen!
    Der Gipfel der Gewalt gegen 20 Uhr vorm Hauptbahnhof:
    Die rivalisierenden Fan-Gruppen stehen sich in zwei Fronten gegenüber - dazwischen rund 300 Polizisten. Dann fallen Schüsse. Chaoten feuern mit Leuchtmunition auf die Beamten, schleudern Flaschen und Steine. Rund 150 Hooligans entwischen der Polizei, stürmen über den Ernst-August-Platz, trampeln über Autos. Die Schläger stürmen die Galerie Luise, zerstören Mobiliar. Vor einem Café schlagen sie einem Gast einen Stuhl über den Kopf - schwer verletzt. Passanten geraten in Panik, stürzen zu Boden, retten sich in die Lokale....

    A. Sport und Gewalt in den neuen Bundesländern
    Die Geschichte der Fußballrandale im Osten Deutschlands ist lang. Krawalle gab es seit Beginn des Spielbetriebes der DDR-Oberliga. In Leipzig ereigneten sich schwere Ausschreitungen schon im Meisterjahr von Chemie Leipzig 1964. Damals hatten die Leipziger am 11. Spieltag einmal nicht im heimischen Georg-Schwarz-Sportpark gewonnen (1:1 gegen Zwickau). Aufgebrachte Zuschauer bedrohten das Schiedsrichter-Gespann. “Vier Bürger erhielten Haftstrafen von jeweils sechs Monaten”, hieß es in einem der letzten Presseberichte, die zu diesem Thema in der DDR erschienen. Fußballausschreitungen in der DDR - ein lange verschwiegenes Problem.
    Nur mittelbar konnte man sich ein Bild von den wahren Zuständen im Fußball der DDR machen, indem man ab und zu erscheinende Berichte über Gerichtsverhandlungen und Stadionverbote in den Stadienzeitschriften interpretierte. Mit der Wende in der DDR zeigte sich aber sofort, dass die Dimensionen des Rowdytums durchaus ernstzunehmen waren.

    1. Fallbeispiele
    a) Am 02.09.1990 war es in der Leipziger Innenstadt nach dem Freundschaftsspiel zwischen Lok. Leipzig und Bayern München zu einer Eskalation der Gewalt gekommen. Im Zuge von Festnahmen machte ein Polizeioffizier gezielt von der Schusswaffe gebrauch. Ein Leipziger Skinhead wurde dabei am Bein verletzt.
    b) Ein vorläufiger Höhepunkt der Eskalation schien am 05.11.1990 bei den Ereignissen in Leipzig im Zusammenhang mit dem Spiel Sachsen Leipzig gegen FC Berlin erreicht. Dort wurde durch einen Schußwaffengebrauch der Polizei ein 18jähriger Berliner getötet und drei weitere Fans schwer verletzt. Der Einsatzleiter hatte nach mehreren Warnschüssen angeordnet, mit ungezielten Schüssen zur Eigensicherung gegen ca. 500 Hooligans vorzugehen.
    c) Am 20.03.1991 kam es in Dresden beim UEFA-Cup-Rückspiel zwischen Dynamo Dresden und Roter Stern Belgrad zu schweren Ausschreitungen. Der spanische Schiedsrichter Ala dren musste das Spiel in der 78: Minute abbrechen, weil z.T. vermummte Randalierer immer wieder Steine, Holzknüppel, Metallgegenstände und Feuerwerkskörper auf den Rasen warfen.
    Der Dresdner Fan-Block konnte nach dem Abbruch erst durch einen Wasserwerfer-Einsatz von den Gewalttätern geräumt werden. Die Hooligans zogen anschließend in kleinen Gruppen durch die Innenstadt. Sie zerstörten Schaufensterscheiben, plünderten Geschäfte und zertrümmerten Autos. Ihre Gewaltbereichschaft war nahezu grenzenlos. Die Polizei nahm während der insgesamt zehnstündigen Krawalle 26 Personen vorläufig fest.

    A. Nachlese zu Fußballgroßveranstaltungen
    2. EM 1992 in Schweden
    Auch bei diesem Turnier waren neben einigen tausend deutschen Fans etwa 500-600 Gewalttäter anwesend. Am 18.06.1992 kam es in Göteborg wieder zum Aufeinandertreffen der beiden “Erzfeinde” Deutschland gegen Holland. Nach dem Spiel kam es nachts zu schweren Krawallen in der Göteborger Innenstadt, wobei mehrere Dutzend deutscher Hools festgenommen wurde und ein Teil von ihnen anschließend vier Wochen in Haft ging.
    Unrühmlich aus deutscher Sicht war es, dass vor dem Hollandspiel friedliche holländische Fans und harmlose Passanten Opfer von Jagdszenen der deutschen Gewalttäter wurden.

    1. Die WM 1994 in den USA
    In den U.S.A. ist Fußball nun mal kein Volkssport. Das hat sich auch durch die Austragung der WM im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht geändert. Die Leute hatten praktisch keine Ahnung vom Fußball bzw. Soccer, wie es hier heißt und freuten sich häufig an den falschen Stellen. Die WM war mehr etwas für Fußballtouristen und nichts für Krawallmacher. Zum einen, weil die Kosten für ein mehrwöchiges Turnier einfach zu hoch waren und zum anderen aufgrund starker Präsenz von Polizei (Cops) und Sicherheitsdiensten. Die Staatsgewalt setzt sich hier tagtäglich mit großen bewaffneten Jugendbanden auseinander, so dass kleine Auseinandersetzungen, die es so gut wie gar nicht gab, für sie kein Problem darstellte.

    1. Die EM in England 1996
    Über diese Ereignis ist im Vorfeld viel spekuliert und diskutiert worden. Seit 30 Jahren (damals WM 1966) wieder ein großes Turnier im Mutterland des Fußballs. Alle europäischen Gewalttäter waren ganz heiß und gespannt auf dieses Turnier. Auch die englische Szene, in der es nach den schlimmen Vorfällen im Brüsseler Heysel-Stadion sowie einigen Aussetzern bei Länderspielen im Ausland ruhiger geworden war, fieberte diesem Höhepunkt entgegen. Man kann es vorwegnehmen; die befürchteten Krawalle sind zum größten Teil ausgeblieben. Lediglich beim Spiel der beiden Lokalmatadore England gegen Schottland gab es Krawalle und Festnahmen vor und nach dem Spiel in der Londoner Innenstadt. Aber solche Zwischenfälle sind bei solchen Großereignissen schon als normal zu bezeichnen.

    I. Möglichkeiten der Eindämmung von Gewalt beim Fußball

    A. Präventive Polizeimaßnahmen
    Die polizeilichen Möglichkeiten im Vorfeld eines Spieles müssen weiterhin intensiviert werden. Die Polizei muss einerseits die Sicherheit des Bürgers und der friedlichen Zuschauer gewährleisten, andererseits dürfen die Fußballspiele nicht den Charakter von “Polizeifestivals” annehmen. Aufklärung über zu erwartende Gewalttäter, Observation am Spielort eintreffender Problemgruppen und eine möglichst vollständige Trennung der Fangruppen sind Grundlagen erfolgreicher polizeilicher Arbeit. Um diese ungüstige Situation für die Polizei positiv zu verändern, sollte man sich zu einem offenen Dialog mit dem Bürger und dem Zuschauer, aber auch mit dem potentiellen Störer entschließen. Ziele polizeilicher Kommunikationsarbeit:

    Sensibilisierung der Fans aller Art für die Bedeutung eines “Fairen” störungsfreien Ablaufs des Spiels
    Sympathiebekundung für den friedlichen-gewaltablehnenden Fan
    Warnung an gewaltbereite Rowdies und Hooligans
    Verdeutlichung der Notwendigkeit polizeilicher Maßnahmen
    Solidarisierung der friedlichen Zuschauer mit der Polizei im Kampf gegen Gewalttäter bei Fußballspielen

    1. Einsatz eines szenenkundigen Beamten (SKB)
    Was ist ein szenekundiger Beamter?
    Der szenekundige Polizeibeamte hat die Aufgabe die polizeiliche Aufklärungsarbeit im Bereich der jugendlichen Fanszene zu verbessern. In erster Linie kommt es zwischen ihm und den gewaltbereiten und gewalttätigen Fußballfans zu Gesprächen, deren Inhalt und den gewaltbereiten und gewalttätigen Fußballfans zu Gesprächen, deren Inhalt überwiegend die Gestaltung des wann, wo, wie und der Ablauf der nächsten geplanten Aktivität der Fußballfans ist.

    1. Möglichkeiten der Einflußnahme des SKB auf die Problemfans
    Durch die ständigen Treffen zwischen Fans und dem SKB vor, während und nach den Spielen entsteht in der Regel durch die Vielzahl der Gespräche ein persönlicher Kontakt. Diese Beziehungen führen dazu, dass der gewaltbereite Fan aus der Anonymität der Masse herausgehoben wird, d.h. die Hemmschwelle für die Begehung von Straftaten heraufgesetzt.
    Die Beamten befinden sich während des gesamten Spieleinsatzes immer in unmittelbarer Nähe des Geschehens und halten somit ständigen Kontakt zur Szene. Da auf diese Art und Weise frühzeitig Gelegenheit besteht auf die Personen einzuwirken, ist die Kommunikation das wichtigste Werkzeug der SKB, um deeskalierend auf die Fanszene einwirken zu können. Durch die kommunikativen Dialoge erhalten die Beamten weitere Kenntnisse und Informationen, wo ein Aufeinandertreffen der gegnerischen Fangruppen geplant ist. Durch diesen zusätzlichen Informationsstand können gewalttätige Auseinandersetzungen durch die Vertrauensbasis zwischen Fan und SKB bereits im Vorfeld durch anschließende präventive Maßnahmen verhindert werden.
    Als erster Verein setzte Eintracht Frankfurt 1982 zwei Kontaktbeamte ein. Heute verfügt jeder Bundesligaverein über ein oder mehrere SKB.

    A. Repressive Maßnahmen
    Aber trotz aller vielfältigen und gut durchdachten präventiven Maßnahmen können Krawalle beim Fußball nie ganz verhindert werden. Hier setzt dann die Repression ein. Durch genaue Szenen-Kenntnisse muss die Polizei in der Lage sein, Straftäter zu identifizieren und festzunehmen. Je nach Gefährlichkeit der zu erwartenden Hooligans muss die Polizei auch gegen bekannte Rädelsführer präventive Ingewahrsamnahmen vornehmen. Eine weitere Möglichkeit ist ein Stadionverbot gegen verurteilte Hooligans, z. B. mit der Auflage, sich zu den Spielzeiten bei einer Polizeiwache zu melden oder gemeinnützige Arbeit zu leisten.
    Bei repressiven polizeilichen Maßnahmen ist aber noch ein anderes Problem zu erörtern. Ist es überhaupt wünschenswert, Jugendliche im Zusammenhang mit Fußballspielen zu kriminalisieren? Unbestritten werden eine Vielzahl von Straftaten von ihnen begangen. Andererseits scheinen Gefängnisstrafen keine sinnvolle Möglichkeit wirksamer Bekämpfung zu sein, ganz im Gegenteil besteht nämlich die Gefahr, dass der verurteilte Jugendliche während seiner Haftverbüßung erst in wirklich kriminelle Kreise gerät. Ein Lösung des Problems ist alleine durch Polizeimaßnahmen nicht zu erreichen.

    A. Maßnahmen der Vereine
    Auch der Verein steht in der Pflicht, sich um seine Fans zu kümmern. Man kann nämlich nicht Gewinne privatisieren und die Probleme sozialisieren. Möglichkeiten hier wären, den Fans und Hools anzubieten, im Verein mitzuarbeiten oder Aufforderungen an die Spieler, Patenschaften für Fan-Clubs zu übernehmen. Verletzte oder gesperrte Spieler könnten außerdem die Fans bei Auswärtsspielen begleiten.
    Auch bauliche Veränderungen in den Stadion sorgen im Augenblick immer wieder für Gesprächsstoff. Mittlerweile ist es so, dass die Fußballstadion mittelfristig alle in reine Sitzplatz arenen umgebaut werden sollen. Dies wird vor allem von den wahren Fans nicht gern gesehen. Auf der einen Seite ist auf den Verlust an Atmosphäre hinzuweisen, auf der anderen Seite sind Sitzplätze meist erheblich teurer und somit nicht für jedermann erschwinglich. Außerdem sollte man sich die Frage stellen, ob nicht die Stehplätze zum Fußballsport dazugehören und das Wochenenderlebnis Fußball entscheidend mitprägen. Somit sollten Stehplatzblöcke beibehalten werden. Hier wäre vielleicht eine Reduzierung der Kapazitäten für ein Höchstmaß an Sicherheit ratsam. Zum Aufgabenbereich der Vereine zählt weiterhin die finanzielle und ideelle Förderung von Fan-Projekten, die sowohl die Gemeinschaft unter den Fans als auch die Integration in den Verein fördern. Die Schwerpunkte der Vereinsarbeit sollten auf eine möglichst reibungslose Zusammenarbeit mit der Polizei gerichtet sein.

    A. Fan-Projekte
    Als Antwort der Sozialwissenschaften auf die zunehmenden Gewaltakte bei Fußballspielen war der Einsatz von Sozialarbeitern in sogenannten Fan-Projekten. Hauptaufgabe ist es, gemeinsame Veranstaltungen abzuhalten und den Fans Hilfestellung bei Alltagsproblemen mit Justiz und Polizei zu geben.
    Problematisch hierbei ist die langfristige finanzielle Förderung dieser Projekte. Aufgrund leerer Haushaltskassen sind Bundesligastädte nicht in der Lage, Fan-Projekte finanziell über mehrere Jahre hin zu unterstützen. Außerdem hat sich gezeigt, dass Hooligans nur sehr seltene Gäste dieses Projektes sind. Der Stolz auf ihren Status unter den Fans und ein großes Desinteresse an “linker” Sozialarbeit hielten sie meist auf Distanz.

    A. Internationale Zusammenarbeit
    Die zunehmenden Krawalle bei Europokal- und Länderspielen machen den internationalen Charakter des Problems deutlich. Durch den Wegfall der Grenzkontrollen in der Europäischen Gemeinschaft werden Fans und Hools neue Reisemöglichkeiten bei weniger Kontrolle gewährleistet. Hier ist eine internationale Zusammenarbeit erforderlich. Am Spielort selbst sollten die anreisenden Fans nicht nur von der Polizei empfangen werden, ihnen sollte vielmehr ein Freizeitprogramm geboten werden, das auch dem Kennenlernen der heimischen Fans dienen kann. Es ist auch zu überlegen, ob man bekannten Hooligans den Besuch von Spielen im Ausland erschweren soll. In diesem Zusammenhang kann auf die Datei im Inpol-Bestand - “Gewalttäter Sport” verwiesen werden. Auch der Einsatz von Zivilbeamten zur Kontrolle der reisenden Fans und Hooligans ist ein adäquates Mittel.

    I. Ausblick
    Im Sommer 1998 findet die Fußball Weltmeisterschaft in Frankreich statt. Die drei großen “Problemländer” in Sachen Fußballrandale England, Deutschland und die Niederlande haben sich bereits für das Turnier qualifiziert. Aufgrund seiner geographischen Lage kann Frankreich zu Lande, zu Wasser und auch aus der Luft von den Fans erreicht werden. Durch die fehlenden Grenzkontrollen genießen Fans und Hools eine nie gekannte Reisefreiheit. Dieser Umstand erschwert den Verantwortlichen die Möglichkeit, schon durch Vorkontrollen an den Grenzen sinnvolle Aufklärung zu betreiben.
    Ein weiteres organisatorisches Problem besteht darin, dass das Turnier über 4-Wochen einberaumt ist. Dadurch entstehen immer wieder nach den Spielen an den verschiedenen Orten Brennpunkte für mögliche Zusammenstöße der Problemgruppen. In dieser Zeit ist es wichtig, die Rowdys zu trennen und ihnen Freizeitmöglichkeiten zu bieten. Die Polizei muss sehr auf der Hut sein, denn die Szene reagiert immer flexibler und profimäßiger auf Eingriffe der Polizei. Rädelsführer sind heutzutage längst mit Handys ausgerüstet und können Absprachen mit dem Gegner treffen. Dies bedeutet konkret, dass solche Aufeinandertreffen weit ab vom eigentlichen Spielort stattfinden können.
    Des Weiteren bevorzugen Hools zur besseren Tarnung eine Kleingruppentaktik von etwa zehn Leuten. Ein großer Mob teilt sich in einige Kleingruppen auf, um der Polizeitaktik zu entgehen. Diese Kleingruppen treffen sich aber zu einer bestimmten Zeit an einem vorher abgesprochenen Ort wieder, um sich dann zusammenzuschließen. Die Polizei muss flexibel und konsequent auf dieses “Katz und Maus spielen” reagieren. Außerdem haben Erfahrungen gezeigt, dass eine schnelle Aburteilung von Hooligans abschreckende Wirkung auf die übrige Szene hatte.
    Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es im Augenblick etwas ruhiger um die Hooligan-Szene geworden ist. Es kommt auch heute hin und wieder zu Ausschreitungen bei Bundesligaspielen, aber die ganz große Gewaltbereitschaft, die die Bundesrepublik Ende der 80´er Anfang der 90´er Jahre erlebt hatte, ist zur Zeit klar rückläufig. Grund dafür ist, dass sich die “Hauer der ersten Stunde” langsam aus der Szene zurückgezogen haben. Zum einen sind sie in die Jahre gekommen, zum anderen wird sie ihr Vorstrafenregister auf den rechten Pfad der Tugend zurückgeführt haben. Andersherum ist die Szene auch sehr schnellebig. Es tauchen immer wieder neue Gesichter auf, die dann für einige Zeit bei den Auseinandersetzungen mitwirken. Es wird Aufgabe der gesamten Gesellschaft sein, vor allem aber der Fußballvereine, für eine Beruhigung der Hooligan- und Fan-Szene zu sorgen, keineswegs ist eine vollständige Lösung des Rowdytums in den Fußballstadien nur durch Polizeimaßnahmen zu erreichen. Die Polizei muss daraufhinarbeiten, auch in Extremlagen besonnen und gelassen zu reagieren. Eine verstärkte Informationsflut über die sozialstrukturellen Ursachen der Gewalt im Sport und durch Streßbewältigungs- und Kommunikationstrainingsprogramme in ihrer fachspezifischen Ausbildung der Polizei kann einen Ansatzpunkt darstellen.
    Die Massenmedien sollten auf aggressives Vokabular bei der Reportage verzichten, um Dramatisierungseffekte zu vermeiden. Fazit kann nur sein, dass die Politik sich ihrer Aufgabenverpflichtung erinnert. Steigende Jugendarbeitslosigkeit bereitet weiterhin Nährboden für jugendliche Krawallmacher. Wer die Lebensbedingungen dieser Jugendlichen nicht verbessern will, wird künftig weiterhin die Hooligans in ihrer ganzen kreativen Bandbreite der Kriminalität erleben.

    http://www.polizei.nrw.de/bochum/bo/download/daten/sujata.rtf



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