Psychologie: Big Brother im Kosmos

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    Re: Psychologie: Big Brother im Kosmos

    Amanda - 01.03.2005, 12:20

    Psychologie: Big Brother im Kosmos
    TEXT VON Cornelia Stolze gefunden bei geo.de
    http://www.geo.de/GEO/wissenschaft_natur/kosmos/2004_06_GEO_wissen_raumflug/index.html?linkref=geode_pager

    Psychologie: Big Brother im Kosmos
    Ein Flug zum Mars wird Astronauten vor ganz neue Probleme stellen: Wie halten es Menschen jahrelang auf engstem Raum miteinander aus? Forscher entwickeln bereits elektronische Therapeuten

    INHALT

    › Mediziner sind optimistisch
    › Die ultimative Geduldsprobe
    › Big Brother im Dienst der Forschung

    Als David Wolf von seinem Ausflug heimkehrt, fühlt er sich wie ein Wrack. Er ist abgemagert, seine Muskelmasse fast auf die Hälfte geschrumpft; die Knochen haben zwölf Prozent Gewicht verloren. "Ich brauchte sechs Monate, bis ich mich wieder fit fühlte, ein Jahr, bis meine Knochen wieder wie vorher waren, und zwei Jahre, bis ich mein Leben wieder geordnet hatte", berichtet der Astronaut über die Folgen seines viereinhalb Monate langen Aufenthalts auf der russischen Raumstation "Mir".

    Mediziner sehen Langzeitflüge optimistisch
    Einige Forscher glauben dennoch, dass der menschliche Körper auch viel längere Reisen in der Schwerelosigkeit durchstehen kann - trotz Knochen- und Muskelschwund, Rückenschmerzen, Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit und einer Schwächung des Immunsystems. Selbst ein dreijähriger Flug zum Mars müsse zumindest aus medizinischer Sicht nicht scheitern.

    Unberechenbare Psyche
    Aber womöglich aus einem anderen Grund: der unberechenbaren menschlichen Psyche wegen. Bislang weiß niemand, wie sich Astronauten verhalten, die als erste Menschen überhaupt die Erde aus dem Blickfeld verlieren; die viele Monate oder gar Jahre auf engstem Raum zusammenleben; die Eintönigkeit, Isolation, Angst und Aggression ertragen müssen. "Alle Voraussetzungen für einen Mord sind erfüllt", beschreibt der Kosmonaut Walerij Rjumin den Stress an Bord, wenn man zwei Männer in eine Kabine sperre und für zwei Monate allein lasse.

    Ruhige Arbeiter sind gefragt
    Vor allem Experten in den USA und Russland versuchen bereits seit einiger Zeit herauszufinden, wie man eine Crew zusammenstellt und verhindert, dass sich die Beteiligten an die Gurgel gehen. Offenbar kommt es auf ganz andere Qualitäten an, als vor allem Nasa-Experten lange glaubten. Demnach eignen sich die klassischen Helden-Typen nicht sonderlich gut für einen Langzeit-Trip ins All.
    Solche "harten Jungs" könnten nach Ansicht des Psychologen Frank Farley von der Temple University in Philadelphia sogar zu einer Gefahr für die Mannschaft werden. Menschen, die ständig Herausforderungen suchen, würden - eingesperrt in eine Kapsel - schlicht durchdrehen, schließt Farley aus seinen Studien.

    Die ultimative Geduldsprobe
    Vor allem aber fehlen klassischen Einzelkämpfern, wie sie die Nasa lange Zeit unter Testfliegern der Luftwaffe für ihre Raumflüge rekrutierte, oft jene sozialen Fähigkeiten, die für ein dauerhaft friedliches Auskommen an Bord einer Raumfähre wichtig sind: Teamgeist, Einfühlungsvermögen, eine gute Portion Humor und ein erhebliches Maß an Toleranz.
    Gegenseitige Rücksichtnahme sei entscheidend, bestätigt auch der Psychologe Bernd Johannes vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Der Spezialist für Weltallmedizin hat am Institut für Biomedizinische Probleme in Moskau an Langzeitstudien teilgenommen, bei denen sechs Personen bis zu 240 Tage gemeinsam isoliert waren. "In den ersten sechs Wochen", sagt Johannes, "geht noch alles ganz gut." Dann aber hätten sich die Astronauten an die Situation gewöhnt und begännen sich zu langweilen: "Plötzlich fällt einem jeder Unterschied zum anderen auf."

    Manches fängt an zu nerven
    Das kann besonders bei internationalen Teams zu Konflikten führen, wie David Wolf auf seiner "Mir"-Expedition im Jahr 1997 erfuhr. Tagelang hatte sich der Astronaut im Stillen über seine beiden russischen Kollegen geärgert. "Wo Amerikaner ,bitte' sagen, geben Russen häufig barsche Anweisungen. Deshalb hat man das Gefühl, ständig angeschrien zu werden", erinnert sich Wolf. "Und bei jeder Mahlzeit angelten sie sich sofort das beste Stück." Nach einer Weile fragte er, warum sie das täten. "Sie waren völlig überrascht. Sie sagten mir ,David, du musst einfach zugreifen. Wir haben uns schon gewundert, warum du gar nicht mitmachst'. Also machte ich mit, und alles war gut."

    Die Mischung macht's
    Unklar ist noch, ob kulturelle und soziale Differenzen eher schaden oder nützen. Studien an Astronauten und Forschergruppen in der Antarktis deuten darauf hin, dass eine gut gemischte Gruppe weniger Probleme hat als ein allzu homogenes Team. Zudem komme es auf die richtige Balance zwischen Distanz und Nähe an, betont die Psychologin JoAnna Wood vom Baylor College of Medicine: Eine Person, die gut auf die emotionalen Bedürfnisse der Crew-Mitglieder eingehen könne, sei wünschenswert, mehr aber auch nicht, betont sie, "sonst kriegen die nichts anderes mehr erledigt".

    Geschlechtsunterschiede spielen kaum eine Rolle
    Reine Männer- oder Frauen-Teams funktionieren ähnlich gut wie gemischte Gruppen, fand JoAnna Wood heraus. Dass deren Erfolg aber keineswegs garantiert ist, zeigte ein Langzeitversuch am Moskauer Institut für Biomedizinische Probleme. Im Herbst 1999 richtete sich eine internationale Crew für 110 Tage in einem Nachbau der "Mir" ein. In der Silvesternacht prügelten sich zunächst zwei Männer derart, dass Blut in der Küche umherspritzte. Wenig später küsste der russische Kommandant eine Kanadierin gegen deren Willen. Daraufhin wurde die Luke zwischen der russischen und der internationalen Crew wochenlang geschlossen.

    Big Brother im Dienst der Forschung
    Derartige Experimente wird es auch künftig geben. Die Esa will ab 2006 mehr als ein Dutzend Probanden in der antarktischen Forschungsstation Concordia unter Beobachtung stellen. "Als einer der abgelegensten Orte auf Erden entspricht die Station in vielen Aspekten einer Mars-Mission", sagt der Esa-Forschungsmanager Oliver Angerer. Die russischen Experten planen einen ähnlichen Test, für den sechs Kosmonauten 500 Tage im Nachbau einer Raumstation verbringen sollen.

    Computer sollen bei der Stressbewältigung helfen
    Doch was passiert, wenn sich trotz bester Vorbereitung Stress oder gar Verzweiflung breit machen und keine rasche Rückkehr zur Erde möglich ist? Wenn nicht einmal eine psychologische Fernberatung funktioniert, weil allein die Übermittlung von Fragen und Antworten jeweils bis zu 20 Minuten dauert? Bernd Johannes arbeitet mit Kollegen an einem Frühwarnsystem, das - noch bevor es den Astronauten selbst bewusst ist - Anzeichen von Überforderung und Konzentrationsmangel durch Angst, zu wenig Schlaf oder Stress registriert. Aus einer Vielzahl von Einzelwerten - wie Blutdruck, Puls, Hautwiderstand und Atmung - ermittelt das Gerät, ob der Raumfahrer körperlich und mental noch leistungsfähig ist oder knifflige Aufgaben lieber anderen überlassen sollte.
    In eine ähnliche Richtung zielt ein Projekt von US-Forschern, die ein mit Überwachungskameras verbundenes Computerprogramm entwickeln. Mit dessen Hilfe sollen sich Ärger, Traurigkeit oder Nervosität im Gesicht der Astronauten erkennen lassen - und anhand des Mienenspiels, ob jemand bei Nachfragen mit der Antwort zögert.

    Flugsimulation mit elektronischem Therapeuten
    Forscher am Massachusetts Institute of Technology in Boston haben sogar eine Maschine entwickelt, die als elektronischer Therapeut einspringen könnte. Das Gerät sagt den Benutzern in Krisensituationen aufmunternde Worte. Erste Tests ergaben, dass die emotional gefärbte Stimme des Programms den Probanden besser hilft als eine normale Computerstimme. Möglicherweise wird solch ein System im Jahr 2008 in der geplanten Mars-Simulationsanlage am Johnson Space Center in Texas getestet, für die ein Raumschiff, ein Landefahrzeug und Unterkünfte nachgebildet werden sollen.

    Ist ein Tiefkühl-Flug die bessere Lösung?
    Einige Forscher trauen den Fähigkeiten eines stählernen Therapeuten allerdings nicht allzu viel zu. Manch ein Raumfahrt-Enthusiast träumt schon von einer ganz anderen Lösung, die Stress und Aggression auf Langzeitflügen ausschließen würde: Die Crew-Mitglieder sollen tiefgefroren und erst kurz vor der Landung vom Zentralcomputer reanimiert werden. Eine solche Kryokonservierung halten deren Verfechter für technisch nicht ausgeschlossen. Berechenbarer als die menschliche Psyche wäre ein solches Verfahren allemal.



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