Die Musik von Thin Lizzy - Eine Geisterbeschwörung

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    Re: Die Musik von Thin Lizzy - Eine Geisterbeschwörung

    Black Dog - 25.05.2007, 19:51

    Die Musik von Thin Lizzy - Eine Geisterbeschwörung
    Die Musik von Thin Lizzy - Eine Geisterbeschwörung

    Autor: Frank Schäfer

    Zum Inhalt:

    Die Biographie von Thin Lizzy hat alles, was eine richtige (Hard-)Rock-Gruppe braucht: Einen harten, langen Weg nach oben, diverse musikalische Häutungsphasen, Top-10-Platzierungen, Umbesetzungen, die Verschleißerscheinungen infolge des Tourneestreß, die damit einhergehenden Betäubungsmittelexzesse – und schließlich den ikonographisch so wichtigen frühen Drogentod des legendenumrankten, charismatischen und für einen Hardrocker gänzlich untypischen Frontman Phil Lynott. Tragisch ist der überdies, denn gerade bereiten sich Lynott und seine Kombattanten Scott Gorham, Brian Downey, John Sykes und Darren Wharton, vom englischen Metal Hammer initiert, auf eine Reunion-Tour vor, nachdem ihr fulminantes Doppel-Live-Abschiedsalbum „Lif(v)e“ (1993) allenthalben und weit über die Genre-Grenzen hinaus als Live-Dokument ganz eigener Art gewürdigt wurde. Absolut zu recht übrigens. Im Hardrock gibt es eigentlich nur noch zwei bessere Live-Alben, „Deep Purples „Made in Japan“ und Thin Lizzys Vorgänger „Live and Dangerous“ (1978).

    Wieviel Potential diese letzte Thin Lizzy-Formation besaß, zeigt die kürzlich veröffentlichte DVD von der „Thunder and Lightning Tour“, laut Cover „the last filmed live performance“: der Rhythmus-Zuchtmeister Brian Downey hat die Zügel fest in der Hand, Scott Gorham liefert das Riff-Rückgrat und Sykes manifestiert mit wilder, ausgelassener Performance, flitzeflinker Agilität und gleichzeitiger Melodiesicherheit seinen Gitarrenheldenstatus. Wie gut sich Sykes einpasste, zeigen die filigranen Twin-Leads mit Scott Gorham – Thin Lizzys oft kopiertes, den Hard Rock revolutionierendes Markenzeichen – und nicht zuletzt seine Interpretationen des Klassikerkanons, etwa von „Emerald“ oder „Still in love with you“. Er spielt förmlich mit den Soloparts seines großen Vorgängers Brian Robertson, läßt sie anklingen, tänzelt um sie herum und haut auch mal mit der Faust drauf, wenn es ihm langweilig wird. Und Lynott schaut sich das lächelnd an, wohlgefällig, weiß die alten Songs endlich wieder in guten Händen, und kann sich in aller Gemütsruhe um ihre Seele kümmern. So hätte das noch Jahre weitergehen können. Ging es aber nicht. Am 4. Januar 1986 starb Phil Lynott nach zehntägigem Todeskampf an den Folgen einer Überdosis Heroin. Der durch jahrelange Alkohol- und Drogenschluckerei ausgehöhlte Körper war einfach am Ende.

    Damit ist dieses dicke und gewichtige Kapitel der Rockhistorie abgeschlossen. Wirklich neues Material wird es nicht geben, es fehlen ganz offensichtlich Lynotts originäres Songwriter-Ingenium und nicht zuletzt die ganz inkommensurable Stimme. Den versuchten Reanimationen von Sykes/Gorham in den Jahren 1999 und noch einmal 2004 und 2006 haftet denn auch immer etwas zutiefst Nostalgisches, beinahe Spukhaftes an, es sind nichts weiter als Geisterbeschwörungen. Die Show funktioniert, weil sich hier Connaisseurs versammeln, die sich den Fehlenden einfach hinzuimaginieren. Sein guter Geist schwebt über diese Abende, ich habe das selbst erlebt, und er wird von der Rumpftruppe auch immer mal wieder pietätvoll beschworen: „Come on guys, let’s hear it for a man, who made all this possible, let’s hear it for ...“

    Jetzt könnte also eigentlich die rockjournalistische Aufarbeitung beginnen. Aber sogar die Spartenpublizistik, die sonst kaum ihre Tinte halten kann, übt sich hier in Zurückhaltung. Es gibt auf dem deutschen Mark schlicht keine einzige Monographie zu dieser Band. Sogar die FAZ, namentlich ihr Pop-Redakteur Dietmar Dath, hat letztes Jahr in einer langen, ausführlichen Besprechung einer neuerlichen Best-Of-Kompilation dieses Desiderat bedauert. Insofern wäre das zu schreibende Buch ein längst fälliges Referenz- bzw. Standardwerk.

    Aber auch international ist das Feld bemerkenswerterweise noch ziemlich unbeackert, obwohl die Suchfunktion bei amazon immerhin 140 Ergebnisse auswirft, die Plattenfirmen den Fundus plündern und plündern – mit immer neuen Live- und Klassiker-Anthologien, mit unveröffentlichten Konzertmitschnitten, raren Interview- und Videosammlungen etc. herauskommen. Dennoch sind auf dem angloamerikanischen Markt nur vier Publikationen zum Thema erschienen: die anrührenden, sehr persönlichen Erinnerungen „My Boy. The Philip Lynott Story“ (Virgin Book 1996) von Philomena Lynott, Ken Brooks kursorische, ziemlich lückenhafte Einführung „Phil Lynott and Thin Lizzy: Rockin’ Vagabond“ (Agenda Ltd. 2000), Alan Byrnes materialreiche, aber stilistisch ungelenke und vor allem vor der Musik kapitulierende Biographie „Thin Lizzy“ (SAF Publishing 2005) und Mark Putterfords solide Arbeit über „Phil Lynott. The Rocker” (Omnibus Press 2002), die sich aber eher als Einzel- denn als Bandporträt versteht.

    Auch international fehlt also eine Werkbiographie. Ein Buch, das sich der musikalischen und lyrischen Komplexität der Thin-Lizzys-Songs nicht zuletzt analytisch und stilistisch gewachsen zeigt, ein Buch, das die Musik von Thin Lizzy illuminiert, lesbar macht, sie in ein anderes Medium überführt. Einmal mehr eine Geisterbeschwörung also – und eben die möchte ich schreiben.

    Die Begleitumstände der musikalischen Produktion, die Anekdoten und Legenden sollen nicht unerwähnt bleiben, im Mittelpunkt steht jedoch das Werk, die 14 kanonischen Alben, die auch die Kapitelüberschriften des Buchs bilden:

    Thin Lizzy (1971)

    Shades of a blue Orphanage (1972)

    Vagabonds of the Western World (1973)

    Night Life (1974)

    Fighting (1975)

    Jailbreak (1976)

    Johnny the Fox (1976)

    Bad Reputation (1977)

    Live and Dangerous (1978)

    Black Rose – A Rock Legend (1979)

    Chinatown (1980)

    Renegade (1981)

    Thunder and Lightning (1983)

    Lif(v)e (1983)

    Diese Alben sollen eingehend interpretiert, ihre Entstehung und Rezeption rekapituliert werden, wobei selbstredend auch Bootlegs, offizielle postume Liveaufnahmen und Remixes herangezogen werden, wenn diese alternativen Versionen zur Klärung beitragen. Vor allem die in den letzten Jahren inflationär erscheinenden DVDs können hier helfen das Bild zu arrondieren. So merkte man, um hier nur ein Beispiel zu nennen, Thin Lizzys Loreley-Auftritt von 1981 („Thin Lizzy At Rockpalast“) bereits an, daß es die Band in dieser Besetzung nicht mehr lange geben würde. Lynott, der immer ein gutes Händchen hatte für Bühnenpathos und die große Geste, läßt bei der obligatorischen Bandvorstellung die Ansage für den Leadgitarristen Snowy White so lustlos ausfallen, daß man sich zunächst wundert. Aber dann auch wieder nicht, denn dieser zurückhaltende, auf der Bühne beinahe linkisch agierende Peter-Green-Adept zeigt hier unmißverständlich, daß er in einer Hardrock-Band nichts verloren hat. White spielt fahrig, ungenau bei den zweistimmigen-Leadpartituren, und vor allem wenn er allein Solo-Lücken füllen muß, wirkt er schon fast peinlich deplaziert. Ihm fällt einfach nichts ein.

    Daß sich diese Band einer eingehenden kritischen Betrachtung als durchaus wert erweist, demonstriert ihr spartenübergreifender Status in der Hard’n’Heavy-Szene und auch darüber hinaus. Ob Extrem-Thrasher wie Vader, Hardcore-Heroen wie Henry Rollins, AOR-Rocker wie Bon Jovi, ob Metallica, Smashing Pumpkins, U2 und gerade eben erst Def Leppard (die Liste ließe sich beliebig erweitern) – viele haben sich an Traditionals wie „Whiskey in the Jar“, „The Boys are back in Town“, „Jailbreak“, „Dancing in the Moonlight“, „Angel of Death“ usw. usw. versucht und ihr Repertoire damit aufgehübscht. Und jeder Classic-Rock-Sender hat sowieso mindestens zehn „Lizzy Killers“ im Zufallsgenerator.

    Zur Ausstattung:

    Es empfiehlt sich ein ca. 256 bis 288seitiges HC oder Paperback mit Abbildungen.



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