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Sebald, Winfried G. - Schwindel. Gefühle




Sebald, Winfried G. - Schwindel. Gefühle

Beitragvon tom » 07.05.2007, 21:34

ZUM AUTOR:
18. Mai 1944 in Wertach, Allgäu; verließ früh Deutschland und wohnte in England; gestorben am 14. Dezember 2001 in Norfolk, England bei einem Autounfall

ZUM BUCH:
Sebald erzählt auf die ihm eigene, originale Weise - einer Vermischung von Aufzeichnungen, Eindrücken, Reisenotizen, Bildern (wie in seinen anderen Büchern) - einerseits von Reisen, bzw. Feldzügen Henri Beyles, alias Stendhals, Anfang des 19. Jahrhunderts in den Norden Italiens, sowie einem Aufenthalt von Franz Kafka im Jahre 1913 an gleichen Orten. In ihren Fußstapfen besucht er 1980 und 1987 diese und andere Stätten in Österreich, vor allem aber Italien und auf der Rückfahrt Deutschland und schafft beim Leser ein Gefühl der Verwobenheit zwischen Vergangenheit und Gegenwart als auch Verwandtschaft dieser drei Personen durch das Auftauchen ähnlicher Motive und Anspielungen in den verschiedenen Zeitebenen. Eigen ist den drei Figuren wohl das Erscheinen einer Art Fremdheit, einer Rastlosigkeit sich selbst oder der Wirklichkeit gegenüber, schwindelartige Gefühle...

EINIGE EINDRÜCKE:
Nachdem ich W.G.Sebald durch das Buch Austerlitz kennen gelernt hatte und von dieser Entdeckung begeistert wurde, enttäuschte mich dieses mein zweites Buch des Autors in keinster Weise. Ich fand diesen wirklich sehr eigenen Stil Sebalds, den ich oben andeutete, und eine Meisterschaft im Sprachgebrauch. Hier aber nicht soo konstruiert und fast schwindelerregend wie in Austerlitz, sondern etwas luftiger, ja bisweilen sogar heiter (einige Stellen sind von großem Humor: da ist das „Cafe Alpenrose“ seines Heimatortes, das nie gedient hat und wo man beim eventuellen Auftauchen eines Gastes wohl nicht gewusst hätte, was man hätte tun sollen...)
Bei seinem Stil weiß der Leser allerdings nie, wo der „Bericht“ endet und die Fiktion anfängt.
Doch geht es um Sebald wichtige Themen: Erinnerung, Gedächtnis, Vergangenheit... Wie erinnere ich Gewesenes? Kann ich meinen Erinnerungen trauen? Wo bin ich wie in mir und „außen“, selbst bei mir und in meiner Heimat, Fremder? Letzteres Thema bezieht sich wohl besonders auf seine eigenen Erfahrungen mit der (Nicht-)Heimat Deutschland, und in seiner Familie.
Faszinierend aber, wie dieser in gewissem Sinne sein Ursprungsland hinter sich lassender Schriftsteller sich in der SchreibARBEIT ein Universum erobert, in dem er die verschiedensten Gegebenheiten, Ereignisse verschiedener Leben, verschiedener Länder und Epochen in Beziehung setzt und Verwandtschaften, Parallelen ausmacht! Auf solche Weise werden Grenzen dann aufgehoben und über Raum und Zeit hinweg eine Einheit bekundet.

Was für ein Autor!
Der „dritte Sebald“ liegt schon auf meinem SUB! Und ich würde mich freuen, wenn in dieser erlesenen Runde sich ein Mitbegeisterter finden würde

:stern::stern::stern::stern::stern:

Taschenbuch: 298 Seiten
Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt; Auflage: 6., Aufl. (1994)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3596120543
ISBN-13: 978-3596120543
Zuletzt geändert von tom am 08.05.2007, 17:33, insgesamt 1-mal geändert.
tom
 

von Anzeige » 07.05.2007, 21:34

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Beitragvon Voltaire » 07.05.2007, 21:54

Sebald ist für mich einfach nur genial. "Austerlitz" ist ein Wahnsinnsbuch.
Voltaire
 



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