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Re: Parabelflug - Schwerelosigkeit
Luca - 06.05.2007, 10:39Parabelflug - Schwerelosigkeit
Dieser Tage habe ich im Fernsehn etwas über einen Parabelflug gesehen und wollte nun genau wissen, wie das technisch funktioniert. Ich fand das so interessant, so daß ich dies auch ins Forum stellen möchte. Denn oft kennt man die Schlagworte, muß oder will man sie dann aber näher erklären, dann wird es schwierig.
(Die Texte und Fotos habe ich aus www.wikipedia.de)
Als Parabelflug wird ein besonderes Flugmanöver bezeichnet, bei dem das Flugzeug eine zur Erdoberfläche geöffnete Parabel beschreibt. Der Zweck dieses Manövers ist die Herstellung eines Zustands der Schwerelosigkeit. Meistens werden mehrere Parabeln (etwa 5 bis 30) hintereinander geflogen.
Beim Einleiten des Steigfluges (sowie beim Abfangen des Sturzfluges) herrscht im Flugzeug nahezu doppelte Schwerkraft.
Die Maschine fliegt zuerst horizontal mit Höchstgeschwindigkeit. Sie geht dann mit einem Bahnneigungswinkel von 45° in einer 1. Phase in einen Steigflug über. Während dieser Phase herrscht in der Maschine ca. doppelte Erdbeschleunigung.
In der normalerweise ca. 5 Sekunden andauernden 2. Phase, der Transitionsphase, werden die Triebwerke gedrosselt, sodass der Schub nur den Luftwiderstand ausgleicht. In dieser Phase kann man eine deutliche Schwerkraftabnahme spüren (freier Fall).
In der 3. Phase, der eigentlichen Schwerelosigkeitsphase, die im englischen Sprachraum mit microgravity genauer beschrieben wird, steigt die Maschine weiter, indem sie einer Wurfparabel folgt. Sie erreicht am höchsten Punkt, abhängig vom Flugzeugtyp etwa 7000 bis 8500 m (23.000–28.000 ft). Die Zeitdauer der Schwerelosigkeit beträgt im Durchschnitt ca. 25 Sekunden. Während der Testflüge mit der Concorde wurden ebenfalls Parabelflüge durchgeführt, wobei die Zeit der Schwerelosigkeit weit über einer Minute lag.
Der Pilot steuert in der 4. Phase die Maschine so, dass sie einen Bahnneigungswinkel von ca. -45° erreicht und leitet damit den Parabelflug aus. Die Maschine wird nun durch Hochfahren der Triebwerke und Ziehen des Höhenruders wieder abgefangen. Hierbei herrschen wiederum ca. 2 g. Dieser Vorgang dauert 20 Sekunden. Nach ca. 2 Minuten kann dann der nächste Parabelflug beginnen.
Medizinische Auswirkungen
Durch die Beschleunigung und die Steilflüge senden Augen und Gleichgewichtsorgane Informationen an das Gehirn, die inhaltlich nicht zusammenpassen. Einige Menschen reagieren auf die schnellen Schwerkraftwechsel bei einem Parabelflug mit Übelkeit oder Brechreiz. Daher werden vor einem solchen Flug Antiemetika verabreicht. Wegen der unangenehmen Symptome bei vielen Teilnehmern tragen die Flugzeuge, mit denen solche Flüge durchgeführt werden, auch gelegentlich den Spitznamen "Kotzbomber".
Viele Teilnehmer empfinden die Schwerelosigkeit allerdings als angenehm, weswegen solche Flüge auch sehr beliebt sind. Zu den prominenten Teilnehmern gehörte am 26. April 2007 auch ein sehr begeisterter Stephen Hawking.
Geeignete Flugzeugtypen
Generell können mit praktisch jedem Flugzeug Parabeln geflogen werden. Zum Einsatz kommen aber meist leicht modifizierte militärische Transporter (eine Il-76 bei der russischen Raumfahrtbehörde, eine KC-135, eine C9-B bei der NASA) oder zivile Flugzeuge (bei der ESA ein "Airbus A300 Zero G"). Vorteilhaft ist ein weiter Innenraum, der genug Platz für Experimente und zum freien Schweben bietet.
Auch mit Kleinflugzeugen (sogar Segelflugzeugen) können Parabelflüge durchgeführt werden. Hier können allerdings nur wenige Sekunden Schwerelosigkeit erreicht werden. Auch freies Schweben ist auf Grund des nötigen Platzes nicht möglich. Der Parabelflug dient hier im wesentlichen zum Spaß, wobei der Pilot sich entweder nur schwerelos fühlt oder mit mehrfacher Erdgewichtskraft nach oben in die Gurte gedrückt wird. Parabelflüge mit Kleinflugzeugen sind erheblich kostengünstiger als mit großen Flugzeugen.
>> Angeregt durch das Thema wollte ich nun einmal genau wissen, was Schwerelosigkeit wirklich ist, wie sie definiert wird: <<
Von Schwerelosigkeit spricht man, wenn Lebewesen (oder Dinge) im Weltraum bzw. allgemein im freien Fall keine Schwerkraft spüren (oder erfahren). Sie ist ein Zustand, in dem auf einen Körper keine Kraft oder allein die Schwerkraft wirkt.
Die Schwerkraft ist eine Volumenkraft, die den Körper im Gravitationsfeld der Erde nach unten zieht. Sie wird für uns erst dadurch spürbar, dass wir z. B. auf dem Fußboden stehen, der eine Gegenkraft auf unsere Füße ausübt und durch diese Oberflächenkraft unseren Körper deformiert (zusammenstaucht). Fehlt diese Gegenkraft, so befindet sich der Körper im freien Fall, beispielsweise in einem frei fallenden Aufzug, der nicht durch Reibungskräfte oder Luftwiderstand gebremst wird (Fallturm) oder in einem Flugzeug auf einem sogenannten Parabelflug. Hier wird der Aufzug oder das Flugzeug genauso stark beschleunigt wie der darin befindliche Körper, so dass der Körper an keine Innenwand gedrückt wird. Damit erfährt er keine Oberflächenkräfte und spürt keine Schwerkraft.
Unter Schwerelosigkeit formen sich Wassertropfen zu Kugeln. (Sehr interessantes Foto).
Es gibt noch weitere technische bzw. physikalische Probleme in der Schwerelosigkeit. Ich will hier das Brennen einer Kerze oder das Kochen von Wasser näher darstellen. Zunächst die Kerze:
In der Schwerelosigkeit brennt eine Kerze mit einer kugelförmigen Flamme. Die Verbrennungsrate ist gering, da der Sauerstoff nur über Diffusion zur Flammzone vordringen kann. Es bildet sich kein Ruß, dafür lässt sich das bläuliche Licht der angeregten Verbrennungsgase beobachten.
Und nun zum Wasserkochen:
Unter Schwerelosigkeit steigen die Dampfblasen im Wasser nicht auf. Statt dessen verharren sie in der Nähe des Topfbodens und konglomerieren zu größeren Tropfen und schließlich zu einem einzigen großen Tropfen. Die fehlende Konvektion und die verringerte Wärmeleitung durch die Dampfblase erschweren das schnelle Kochen von Wasser in einem Raumschiff.
Konvektion ist:
neben Wärmeleitung und Wärmestrahlung, ein Mechanismus zum Transport von thermischer Energie. Konvektion ist dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmeübertragung durch den Transport von Teilchen bewerkstelligt wird, die thermische Energie mitführen. In Festkörpern oder im Vakuum kann es folglich keine Konvektion geben.
Auch das Duschen oder der Toilettengang unterliegen besonderer Techniken.
Oder das Trinken: Getrunken wird im Weltraum auch nicht aus Tassen, Gläsern oder Krügen, sondern aus verschließbaren Tuben oder Bechern mit Deckel und verschließbarem Strohhalm.
Ich hoffe, ich habe Euch nicht gelangweilt... :wink:
Luca
Re: Parabelflug - Schwerelosigkeit
tobias - 06.05.2007, 15:04
Super, Luca,
das hat mich auch schon lange interessiert. Ein wenig weiß man, aber Dein ausführlicher Beitrag hat doch eine ganze Menge Fragen geklärt.
Tobias
Re: Parabelflug - Schwerelosigkeit
tosa34 - 06.05.2007, 23:24
Ich staune mal wieder, was man hier doch alles lernen kann.
Danke, Luca!
Tosa. :o :idea:
Re: Parabelflug - Schwerelosigkeit
Hospes - 07.05.2007, 07:10Langeweile
Hallo Luca,
nein, doch nicht!
Warum solltest Du uns langweilen?
Ich finde längere Beiträge, welche mehr in die Tiefe gehen, sehr lohnenswert zu lesen.
Ich habe in etliche Foren geschaut und dort den Eindruck gewonnen, dass Beiträge über drei Zeilen und in ganzen Sätzen als etwas Verabscheungswürdiges anzusehen sind.
Ich freue mich schon auf weitere interessante Texte von Dir!
Hospes
Re: Parabelflug - Schwerelosigkeit
karin - 07.05.2007, 20:20Schwerelosigkeit - Parabelflüge
Hallo Luca,
das war ein lesenswerter Bericht. Ich kann Dir noch folgende Informationen nachliefern: WDR - Sendung www.planet-wissen.de
Diese Sendung ist häufig absolut sehenswert. Am 29. April war ein Bericht über die geplante Mondlandung 2018, so auch allgemein das Leben in der Schwerelosigkeit und der weiterführende Link führte zu einer Videodemo eines Parabelfluges 2.14 min Länge. Die Flüge werden von der ESA durchgeführt und dienen erstrangig der medizinischen und wissenschaftlichen Forschung.
Ich brachte es leider nicht fertig diesen link hier direkt reinzustellen, von daher dieser umständliche Umweg.
Also für Ungeübte wie mich: o.a. anklicken, dann WDR TV, dann nach Datum suchen, 29. April und unten steht dann "Glücksgefühle" Schwerelosigkeit, und schon geht's zum Parabelflug. (Sorry, bitte alle Experten um Nachsicht)
Hoffe Du hast Spass dabei.
Viele Grüsse
Karin :)
Re: Parabelflug - Schwerelosigkeit
karin - 07.05.2007, 20:57Parabelflüge
Hallo Luca,
muss mich korrigieren, Tippfehler es ist nicht der 29. sondern der 26. April.
Entschuldigung, bitte
Karin
Re: Parabelflug - Schwerelosigkeit
Luca - 08.05.2007, 07:18
Es freut mich, daß Euch der Beitrag auch gefallen hat. In der Tat hatte ich tatsächlich etwas Bedenken wegen der Länge...
Aber es war so interessant, so daß ich mich sogar noch kurz gefaßt habe! :)
Danke Karin für den Link! Da ich die Sendung selten sehe (bin um diese Zeit in der Regel nicht zu Hause), habe ich sie natürlich verpaßt.
Ich habe mir gerade das Video angeschaut, zu finden unter:
http://www.planet-wissen.de/pw/Artikel,,,,,,,A9C08F87F3950D36E0340003BA04DA2C,,,,,,,,,,,,,,,.html
Es war hoch interessant von den Innen- und Außenaufnahmen her!
Es sind noch weitere sehr interessante Berichte auf der Seite, die ich mir in Ruhe durchlesen werde. Vielleicht kann ich dann ja noch das ein oder andere ergänzen.
Luca
Re: Parabelflug - Schwerelosigkeit
Rheinperle - 08.05.2007, 08:37Parabelflüge
Hallo Luca,
fand Deinen Beitrag ebenfalls hochinteressant. Ich habe zwar schon von Parabelflügen gehört, jedoch in der Ausführlichkeit mich noch nie mit dem Thema befaßt. Dein Bericht ist sehr aufschlußreich und interessant und keineswegs zu lang. Vielen Dank für Deine Mühe, uns die Thematik näher zu bringen. Die Links werde ich mir heute Abend anschauen. Ich komm leider momentan mehr zum lesen als zum schreiben. Sobald ich meinen Laden wieder auf Vordermann habe, bin ich wieder aktiv dabei.
Allen einen schönen Tag (die Sonne kommt raus)
Rheinperle
Re: Parabelflug - Schwerelosigkeit
Hospes - 02.11.2007, 19:25Schwerelosigkeit, allgemein
Ein Satz zur geistigen Schwerelosigkeit:
Die Idee der freien Entfaltung der Persönlichkeit scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.
Nicolas Gomez Davila
Hospes
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