Wir aus dem Süden

Luna Argenti
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    Re: Wir aus dem Süden

    Anonymous - 20.03.2007, 20:19

    Wir aus dem Süden
    Yazid ließ seinen Blick über das Meer streifen. Die Sonne stand hoch und selbst im Schatten der Veranda, auf der Yazid saß, war es brütend heiß. Wie geschmolzenes Blei lag das Südliche Meer vor ihm ausgebreitet.
    Er ließ seine Gedanken schweifen, wie auch sein Blick von Welle zu Welle weitergetragen wurde.
    Hier in Booty Bay war er jahrelang Schreiber für das Steamwheedle Kartell gewesen, hier hatte er beschlossen, die Feder gegen das Schwert zu tauschen.
    Er erinnerte sich noch gut:

    Salz - der Geschmack von Heimweh
    "Hei Wirt, zu trinken, sofort, sonst zieh' ich dir die Ohren ein Stück länger!" Die Truppe lachte. Das Auftreten der drei Orks war wie gewohnt laut und rücksichtslos. Die zwei Elfen, die in einer Ecke leise redeten, schienen mit der Wand zu verschmelzen, auch die Trolle, die bisher das Wort im Salzigen Seemann führten, verstummten.
    Doch der Goblin hinter der Theke lachte mit, er kannte die Orks, und mit einem Grinsen bediente er die lauten Gäste.
    Yazid drückte sich an ihnen vorbei, er wollte ins Hinterzimmer. Hier konnte er in Ruhe die Beine lang machen, ohne in Gefahr zu laufen zur Zielscheibe rüden Spotts zu werden.
    Wie gewohnt war das Hinterzimmer reserviert für Angestellte des Steamwheedle Kartells, wie gewohnt war es pumpvoll und der Rauch hing messerdick im Raum. Yazid suchte sich einen freien Stuhl, nickte hier und da einen Gruß, und wandte sich dem Geschehen zu.
    Kapitän Smotts hatte die Unterhaltung an sich gerissen. Breitbeinig saß er da, die lange Pfeife auf seinen Wanst gestützt, und genoss die Aufmerksamkeit der versammelten Mannschaft. Yazid sah einige bekannte Blackwater-Räuber und auch die wichtigsten Goblins hatten sich eingefunden und nuckelten an ihrem Rum.
    "... da kam also dieses Gerippe auf mich zu, riesengroß, und mit einem Schwert, zweimal so lang wie mein Arm." Er nahm einen Schluck aus seiner Flasche und versicherte sich, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren. "Ich kenne ja keine Angst, ihr kennt mich", holte er aus, die spöttischen Huster überhörend, "also zog ich meinen Säbel und machte mich bereit, mein Leben zu verteidigen." Smotts fuchtelte mit seiner Pfeife, wie um einen unsichtbaren Feind abzuwehren. "Das Gerippe kam immer näher auf mich zu, kein Fetzchen Fleisch hing auf seinen Knochen und es klapperte und rasselte ganz fürchterlich. Doch anstatt mit seinem Schwert auf mich einzuschlagen, fing es an zu sprechen ..." Irgendwo war ein Lacher zu hören, offensichtlich kannte da einer die Geschichte schon.
    Der Kapitän lehnte sich zurück, verschränkte seine Hände über dem Bauch, und quiekte, einen Goblin nachmachend: "Na Hecklebury, altes Haus, wie gehts?"
    Zufrieden grinste er in die erstaunten Gesichter seiner Zuhörer. Der Goblin von vorhin, es war Kebok, die rechte Hand des Barons, konnte sein Lachen nicht mehr unterdrücken und prustete laut heraus. "Still", fuhr ihn die sonst so ruhige Jutak an, "ich will wissen, wie's weitergeht", ergänzte Deeg, Zwerg und Freund der großen Klingenhändlerin.
    "Ihr könnt mir glauben, ich war genauso überrascht wie ihr, als sich das Gerippe als 'Marin Noggenfogger' vorstellte, weitgerühmter Alchimist und mir natürlich bestens bekannt. Vor meinen Augen verwandelten sich die Knochen in den Goblin, so wahr ich hier sitze."
    "Ja, der gute alte Marin kennt geheimnisvolle Tränke ...", lies sich Kebok wieder vernehmen und die Gäste drehten sich zu ihm um, "doch sein Noggenfogger-Elixier ist unübertroffen. Man muss halt auch am richtigen Ort arbeiten ...", Kebok seufzte, "ach Gadgetzan, in der Hauptstadt ist halt doch vieles einfacher ..."
    "Ich vermisse die Küche", lies sich ein weiterer Goblin vernehmen. "nichts geht über ein heißes Muschelette Surprise."
    "Ja, Gadgetzan ist ein besonderes Fleckchen", Deeg zupfte an seinem Bart, "aber warum um alles in der Welt müssen die ihre Hauptstadt, das größte Handelszentrum der bekannten Welt, ausgerechnet in die Wüste bauen? Allein wenn ich an die Sandstürme denke ..."
    "Der alte Sam Steamwheedle wusste schon, was er tat, als er diese Stadt gründete." Zustimmendes Gemurmel.
    "Ist die Passage nach Gadgetzan eigentlich sicher?" Yazid war fasziniert von den Geschichten über den "Juwel der Wüste", doch war er auch um die Sicherheit der Transporte besorgt.
    "Sicher? Ha, dass ich nicht lache!" Karawanenführer Ruzzgot drängte sich ins Licht. "Wenn wir nicht unter stärkster Bewaffnung reisen, kommen wir nie durch 'Thousand Needles'. Die Tauren dort sind alle verrückt geworden!"

    Für die unruhige Zeit der drei Kriege hatte Yazid eine verhältnismäßig ruhige Zeit. Die brennende Legion war noch nicht in Yazids Leben getreten.
    Doch die Berichte über die Gräuel der Geißel und viele, viele andere beunruhigende Berichte brachten Yazid ins Denken.

    Blut - ein Entschluss
    "... desweiteren je zwanzig Ballen Wildranke und Maguskönigkraut. Die Bezahlung wird auf dem üblichen Wege erfolgen."
    Yazid tauchte die Feder vorsichtig in das Tintenfass. Er ließ seinen Blick aus dem Fenster schweifen, kniff die Augen zusammen und blickte nachdenklich auf die untergehende Sonne am Horizont, die dabei war, wie ein fetter roter Lampion im Meer zu versinken.
    "Hochachtungsvoll - Meister Jaxin Chong"
    Gerade als Yazid ansetzte, seinen persönlichen Kringel unter das Dokument zu setzen, gab es ein hässliches Geräusch als die Federnspitze brach. Verärgert griff er nach dem Federmesser und betrachtete den unschönen Fleck unter der, nach seiner Meinung, perfekt geschriebenen Warenanforderung für Meister Chong.
    Es war nicht mehr zu ändern. Wütend schnitzte er der Feder eine neue Spitze. Chong würde ihn auslachen. Ein Fleck bei des Schreibers persönlichem Zeichen? Unwichtig, wenn der Rest in schönen sauberen Zügen geschrieben war. Unwichtig jedenfalls für einen Goblin, ein Grund für Erheiterung, mehr nicht.
    Doch Yazid war verärgert. Was wusste Chong schon von der Arbeit und dem Stolz eines Schreibers? Der verfluchte Goblin stand den ganzen Tag bei seinen Glaskolben und Flaschen, braute und mischte Tränke, die er in die ganze Welt verkaufte.
    In Gedanken nahm er den Fluch wieder zurück, mit dem er den Alchimisten bedacht hatte. Der Goblin war, bei genauerer Betrachtung, kein schlechter Kerl. Wenn er doch nur etwas von seinem Wissen weitergeben würde!
    Mit einer unerwartet heftigen Bewegung warf Yazid das Federmesser in eine Ecke, wo es zitternd stecken blieb.
    Der Schreiber erhob sich, streckte seine alten Knochen und betrat den Balkon seiner kleinen Kammer, um dem Sonnenuntergang zuzusehen.
    Unter ihm ausgebreitet lag Booty Bay, die Perle des Südens, Schmelztiegel der Völker und beliebter Ausgangspunkt für Abenteurer aus aller Herren Länder.
    Er hatte schon viele Helden gesehen, stolze und überhebliche Kerle, die hier ihre Ausrüstung ergänzten oder sich ihre Rüstung reparieren ließen. Der Salzige Seemann, das Gasthaus in Booty, war voll von ihnen. Doch richtete einmal einer ein Wort an ihn, den kleinen Angestellten des Steamweedle Kartells, wenn er nach getaner Arbeit seinen wohlverdienten Schlummertrunk zu sich nahm? Nein, darauf konnte er lange warten. Zu lange.
    Wohlig streckte er seinen müden Körper den letzten wärmenden Sonnenstrahlen entgegen. Sein Rücken schmerzte vom vielen Sitzen, die Füße fühlten sich an, als wären sie zwei blutgefüllte Klumpen. Mit einem säuerlichen Lächeln betrachtete Yazid seine tintenschwarzen Finger. Das blauschwarz der Tinte hob sich deutlich von der tiefbraunen Farbe seiner Haut ab.
    War die Feder tatsächlich stärker als das Schwert? Die Blutsegel-Bukaniere setzten der Stadt heftig zu, den Seeweg nach Ratchet bedrohten Piraten. Was konnte ein Meister der Feder dagegen unternehmen? Nicht allzu viel, erkannte Yazid. Einfache Lieferungen an die Stadt, auf seine schriftlichen Anweisungen hin bestellt, bedurften immer der Bewachung eines oder mehrerer Bewaffneter.
    Ein Rudel Orks zog laut johlend unter seinem Balkon vorbei. Das sterbende Sonnenlicht tauchte ihre großen Äxte in blutrotes Licht, ließ die Waffen erscheinen, als ob sie schon jetzt von Blut troffen. Bestimmt waren sie auf dem Weg in den Dschungel, dachte sich Yazid. Die Bloodscalp-Trolle hatten sich mit den anderen Stämmen zusammengeschlossen und lieferten dem Kartell heftige Scharmützel. Baron Revilgaz hatte ein gutes Kopfgeld ausgesetzt, für jeden, der ihm die Ohren der barbarischen und gnadenlosen Gesellen brachte. Geld, das auch Yazid gut gebrauchen könnte. Doch er konnte noch nicht einmal ein Schwert halten, geschweige denn es mit den wilden Trollen aufnehmen.
    Abrupt drehte er sich herum und starrte in seine Kammer, in der das tiefrote Licht langsam den blauen Schatten der Nacht wich. Sein Blick traf auf den fast fertigen Brief, der immer noch auf seinem Schreibtisch eingespannt war. Er blickte über seine Bettstatt bis hin zu dem Federmesser, das immer noch in der Wand steckte.
    Verdammt. Er wurde nicht jünger. Noch war er einigermaßen in Form, noch brannte die Flamme der Sehnsucht in ihm. Mit einer unwilligen Bewegung riss er das kleine Messer aus dem Holz und wog es in seiner Hand. Langsam reifte in ihm ein Entschluss. Er würde nach Stormwind reisen, der Hauptstadt der Menschen, und sich dort Lehrer suchen. Er würde den Umgang mit Waffen lernen und das Geheimnis der mächtigen Tränke. Er würde ferne Länder sehen und gefährliche Abenteuer bestehen.
    Als Held würde er nach Booty Bay zurück kehren! Im Gesalzenen Seemann sitzen, als Held unter Helden. Yazid grinste bei dieser Vorstellung.
    Ihm fielen die Zeilen einer alten Seeräuberballade ein und mit grausigem Vergnügen summte er: "Sie morden kalt und ohne hassen, was ihnen in die Zähne springt - sie würgen Gurgeln so gelassen, wie man ein Tau ins Mastwerk schlingt. Sie trinken Sprit bei Totenwachen, nachts torkeln trunken sie in See - und die, die übrigbleiben lachen, und winken mit der kleinen Zeh." (*)
    Kraftvoll und beschwingt von seinem Entschluss setzte er sein Zeichen auf das Pergament. Es sollte das letzte Mal sein, für eine lange Zeit.

    ______________________________________________________________
    ooc 1: Diese Geschichten entstanden bevor die Figur Yazid erstellt wurde.
    ooc 2 und (*): Die von mir zitierten Lieder sind nicht von mir. Ich werde immer versuchen, die Quellen meiner Zitate anzugeben. Hier ist es: Die Ballade von den Seeräubern von Hanns Eisler und Bertolt Brecht, 1931



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