Machiavelli + Habermas

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    Re: Machiavelli + Habermas

    johnny - 06.02.2007, 08:56

    Machiavelli + Habermas
    Staats- und Demokratietheorien: Niccolo Machiavelli; Jürgen Habermas
    von Claudia & Joannis



    Die Staatstheorien von Niccolo Machiavelli (*1469; t1527) und Jürgen Habermas (*1929) unterscheiden sich grundsätzlich in dem Punkt, dass die erste einen Fürsten als Herrscher und die zweite die aktive Mitwirkung aller Bürger in einer Demokratie ganz im Sinne einer partizipatorischen Demokratie vorsieht.
    Das Ziel von beiden ist jeweils das gleiche: das Wohl des Gemeinwesens und keine Privilegien für bevorzugte Gruppen oder Einzelne.

    Machiavellis Theorie

    Bei Machiavellis Theorie darf man nicht annehmen, dass der Fürst seine Machtposition allein für sein eigenes Wohlergehen nutzt; im Gegenteil. Machiavelli hat ein zyklisches Geschichtsbild, d.h. er glaubt, dass die Geschichte sich in einem Kreislauf wiederholt. Zunächst befindet sich nach Machiavelli eine Gesellschaft in einer Krise oder Anarchie, die bezwungen werden kann durch die Herrschaftserrichtung eines Anführers (uomo virtuoso) mit der Errichtung fester Institutionen. Der Herrscher muss, um sein politisches Gebilde zu festigen, seinem Staat republikanische Formen verleihen. Nach Machiavellis Verständnis ist das der Höhepunkt der Entwicklung einer Gesellschaft, denn danach droht nach kurzer oder langer Zeit der Verfall der Sitten und folglich der Institutionen, wobei die Entwicklung in einer Krise oder in Anarchie endet.

    Machiavelli benutzt in seiner Theorie den Begriff „virtù“, der die politische Energie bzw. den Tatendrang, um die eigene politische Macht zu nutzen, beschreibt. Er glaubt, dass sowohl Einzelne, als auch ganze Gruppen oder gar Völker diese Kraft besitzen können, aber die Verteilung dieser „virtù“ ist nie gleich.

    In seinem berühmtesten Werk „Il Principe“ beschreibt Machiavelli, wie ein Herrscher politische Macht gewinnen und bewahren kann. Dieses Werk wird oft als Verteidigung des Despotismus und der Tyrannei solcher machtbewussten Herrscher wie Cesare Borgia verstanden. Es beruht auf der Überzeugung Machiavellis, dass ein Herrscher nicht an die überlieferten ethischen Normen gebunden zu sein braucht. Dem Alleinherrscher kommt im ersten Teil des Geschichtszyklus Machiavellis eine tragende Bedeutung zu. Nach seiner Auffassung kann sich ein Volk nie selbst aus der Krise befreien. Dazu benötigt es einen von der virtù beseelten Menschen (uomo virtuoso), der es anführt und die Fundamente einer staatlichen Struktur schafft und diese konsolidiert. Seine Herrschaft garantiert eine politische Ordnung, von der Machiavelli annimmt, dass sie Voraussetzung für die Moral der Menschen sei. Aber aus der Moral entspringt die Sittlichkeit und aus dieser wiederum kann virtù erst wirken. Um die Menschen eines Volkes in die Lage zu versetzen, die eigene virtù z. B. in einer Republik zu nutzen, bedarf es zunächst des Aufbaus einer politischen Ordnung, garantiert durch einen Fürsten. Dieser Fürst muss seine Aufgabe zum Wohle des Gemeinwesens (Staatsräson) um jeden Preis erfüllen. Da er von Menschen umgeben ist, die unmoralisch und schlecht sind, darf er sich nicht durch moralische Aspekte in der Ausübung seiner Rolle einschränken lassen. Der Gebrauch von Gewalt ist nach Machiavelli gerechtfertigt, sogar zwingend notwendig, insofern sie dem Aufbau und Erhalt des Gemeinwesens dient. Wenn der Fürst die Wahl hat, von seinem Volk geliebt oder gefürchtet zu werden, so sei die Furcht vorzuziehen, denn sie sei ein verlässlicher Faktor. Im Idealfall wird der Herrscher natürlich zugleich geliebt und gefürchtet. Allerdings sollte der Fürst nichts tun, um gehasst zu werden, denn dies würde seinen Rückhalt im Volk zerstören - so rät Machiavelli klar davon ab, das Eigentum der Untertanen zu berühren. Notwendige Grausamkeiten müssen kurz und heftig sein, damit sie bald vergessen werden, aber Wohltaten sollten in kleinen Mengen erfolgen, damit die Erinnerung an sie lange hält. Der Fürst muss sich nur dann an ein gegebenes Wort halten, wenn es ihm Vorteile bringt. Schadet es dem Gemeinwohl, so muss er es brechen. Dieses scheinbar unethische Verhalten darf jedoch auf keinen Fall das Ergebnis eigennütziger Intentionen sein, sondern ist lediglich als Mittel zum Erreichen eines höheren Ziels, nämlich zur Erhaltung des Gemeinwohls, einzusetzen. Machiavelli ist in seiner Formulierung hier recht eindeutig - die Verhaltensweisen des Fürsten bezeichnet er als Verbrechen, zu denen dieser zur Erfüllung seiner (im Endeffekt moralischen) Aufgabe gezwungen ist. Der Fürst sollte moralisch handeln, solange die Notwendigkeit seiner Aufgabe es zulässt, und sich auch ständig den Anschein eines moralischen Menschen geben, jedoch keine Scheu haben, augenblicklich von diesem Weg abzuweichen, sobald es im Namen des Gemeinwohls notwendig wird.


    Habermas' Theorie

    Jürgen Habermas’ deliberative Demokratietheorie basiert auf dem Prinzip der aktiven Mitwirkung aller Bürger und Bürgerinnen am politischen Geschehen im Sinne einer partizipatorischen Demokratie. Der „Diskurs“ über alle politischen Themen ist die Vorraussetzung. Habermas hat für den Diskurs bestimmte Regeln aufgestellt die von jedem beachtet werden müssen, sonst hat die deliberative Demokratie keine Möglichkeit zu bestehen.


    · Ein Diskurs besteht aus Diskussionen und Beratungen, in denen verschiedene Parteien Informationen einbringen, geregelt austauschen und kritisch prüfen.
    · Diese Beratungen sollen öffentlich sein. Niemand, der auch nur potentiell von den Beschlüssen betroffen ist, darf ausgeschlossen werden.
    · Kein Teilnehmer darf Druck von außen ausgesetzt werden. Die einzigen Bedingungen, an die sich die Akteure zu halten haben, sind die Kommunikationsvoraussetzungen (Verständlichkeit) und der Verfahrensmodus der Argumentation (Begründungsprinzip: die Orientierung an Geltungsansprüchen).
    · Kein Teilnehmer darf Zwängen innerhalb eines Diskurses ausgesetzt sein. Jeder Akteur muss die gleichen Chancen haben, sich zu jeder Information, die in den Diskurs einfließt, zu äußern und neue Informationen selbst einzubringen.
    · Politische Diskurse umfassen alle Themen, die im allgemeinen Interesse geregelt werden können.


    Die Diskurse müssen sich in der Öffentlichkeit vollziehen, denn nach Habermas, lässt sich die Öffentlichkeit „am ehesten als ein Netzwerk für Kommunikation von Inhalten und Stellungnahmen, also von Meinungen“ allgemein beschreiben.(Habermas, 1992) Die Öffentlichkeit muss erst durch ein interessiertes Publikum und durch kommunikative Teilnehmer hergestellt werden. Der Öffentlichkeit sind bei Habermas drei Funktionen unterstellt:

    1. Das Erkennen und Wahrnehmen gesamtgesellschaftlicher Probleme
    2. Das Thematisieren und Herantragen dieser Themen an die Entscheidungsträger im politischen Zentrum
    3. Die Kontrolle des politischen Zentrums.

    Die nicht-staatlichen wie nicht-ökonomischen Akteure der Zivilgesellschaft, aus dem hervortretendem Publikum von Bürgern, die für ihre Interessen und Erfahrungen auf die institutionalisierte Meinungs- und Willensbildung Einfluss nehmen, sollen diese Funktionen übernehmen. Die sog. „vermachtete Öffentlichkeit“, in der sich etwa finanzstarke Lobbygruppen wiederfinden, soll hier nicht näher thematisiert werden.

    Eine starke Zivilgesellschaft ist nach Habermas’ Theorie zweigleisiger Politik das Bindeglied zwischen politischer Peripherie und politischem Zentrum. Das politische Zentrum, ein aus der Lebenswelt ausgegliedertes, spezifisches Handlungssystem, trifft verbindliche administrative Entscheidungen. Typische Akteure sind etwa Mitglieder einer Regierung. Gleichwohl sind sie auf Eingaben aus der Peripherie angewiesen und mit dieser auch über den Mechanismus der Wahl verbunden. Die politische Peripherie führt lediglich informelle Meinungsbildung in Öffentlichkeiten und Zivilgesellschaft durch, hat keinerlei Entscheidungskompetenz. Dennoch kommt ihr und insbesondere der zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit als Rückgrat deliberativer Politik eine überaus wichtige Aufgabe zu. Sie fungiert „(...) als wichtigste Schleuse für die diskursive Rationalisierung der Entscheidungen einer an Recht und Gesetz gebundenen Regierung und Verwaltung“. In ihr vollzieht sich also eine demokratische Willensbildung, „(...) welche die Ausübung politischer Macht nicht nur nachträglich kontrolliert, sondern mehr oder weniger auch programmiert“ (Habermas, 1992). Nur wenn Entscheidungen des politischen Systems also angemessen an zivilgesellschaftlich artikulierte öffentliche Meinungen angebunden sind, können sie demokratische Legitimität beanspruchen.



    Re: Machiavelli + Habermas

    domme - 12.02.2007, 19:08


    Eure Arbeit hat mir insgesamt gut gefallen. Allerdings hab ich auch hier einen kleinen Lebenslauf von Machìavelli und Habermas vermisst. Gerade Machiavelli scheint aufgrund seiner vielen Gebiete, in denen er tätig war ( Dichter, Politiker, Philosoph, .. ) doch recht intressant gewesen zu sein.

    Was mich ein wenig erschüttert hat, ist dass "Staatsräson" jetzt tatsächlich mit ä und nichtmehr mit ai geschrieben wird; aber dafür könnt ihr ja nichts. :D



    Re: Machiavelli + Habermas

    DerGraf - 13.02.2007, 00:33


    Ich muss domme zustimmen, die Arbeit hat mir sehr gut gefallen und es hätte tatsächlich ein kleiner Lebenslauf aufgeführt werden können, allerdings war dies ja nicht die Aufgabe und von daher geht das in Ordnung.
    Zu Machiavelli's Theorie: ich persönlich hatte schon ein Vorwissen von Machiavelli bevor ich den text gelesen habe, da ich irgendwann eine kleine Zusammenfassung von " Il Pricipe" gelesen hatte.
    Zu Habermas: Zuvor hatte ich noch nie etwas von ihm gehört, nun habe ich einen Eindruck von seiner Theorie.
    Alles in allem wie gesagt gut dargestellt



    Re: Machiavelli + Habermas

    kolyeah - 13.02.2007, 02:22


    "Eure" arbeit gefällt mir gut. besser und ausführlicher als ich erwartet hatte -.-

    ich habs zumindest gut verstanden und teile der biographie kann man sich aus den texten auch erschließen @ vorposter.



    Re: Machiavelli + Habermas

    Addo - 13.02.2007, 15:24


    ein kleiner lebenslauf wäre toll gewesen, aber da das, wie schon geschrieben, nicht die aufgabe war sehr schön...machiavelli ist wirklich recht interessant, schade das ich nen alten griechen genommen habe *brummel*^^



    Re: Machiavelli + Habermas

    madio - 13.02.2007, 15:57


    machiavellis theorie vom kreislauf des staates unterstütze ich, jedoch denke ich nicht, dass immer ein mensch mit virtù gebraucht wird, um die gesellschaft in eine neue form zu überführen, sondern dass auch die gesellschaft an sich oder bestimmte trägergruppen dafür verantwortlich sein könnten oder können. warscheinlich hat diese annahme aber auch einen zeitgeschichtlichen hintergrund, da machiavelli von einer anderen gesellschaftsform geprägt war als wir es heute sind. Hier setzt Habermas theorie ein, die ich auch so unterschreiben würde (mit kleinen einwänden), da sie dem ideal eines von bürgern geleiteten staates stark entspricht und für mich auch gut nachvollziehbar und umsetzbar erscheint.

    zur arbeit: texte waren verständlich, ich fand sie nicht zu ausführlich, sie hatten gerade den richtigen textumfang...
    sehr gut



    Re: Machiavelli + Habermas

    pr - 23.02.2007, 15:52


    Wer von euch hat was bearbeitet?
    Wie kann man die Theorien aufeinander beziehen?
    Was heißt deliberativ?

    LG Pr



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