INFOS für Ersthelfer !!!

Epilepsie - Hilfe zur Selbsthilfe
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    Re: INFOS für Ersthelfer !!!

    wuschelnora - 25.01.2007, 14:23

    INFOS für Ersthelfer !!!
    Erste Hilfe für Ersthelfer

    Was ist ein epileptischer Anfall?


    Ein Anfall ist bedingt durch eine ungebremste Ausbreitung von Nervenzellimpulsen im Gehirn. Die Ursachen sind sehr verschiedenartig: Von minimalsten Veränderungen im Nervenzellengefüge, über Verletzungen des Gehirns durch Unfälle bis hin zu Schädigungen durch Schlaganfälle, reicht die Palette möglicher Ursachen. Prinzipiell kann gesagt werden, daß jede - auch kleine - Schädigung des Gehirns einen Anfall auslösen kann. Entsprechend haben auch 5% der Bevölkerung, also jeder 20.(!) im Laufe seines Lebens mindestens einen epileptischen Anfall. Dabei spielen oft kleine Auslöser mit: zu wenig Schlaf, Fieber, bestimmte Medikamente (v.a. Penicillin, Antidepressiva und Neuroleptika) sowie Alkohol(entzug).



    Die Wahrscheinlichkeit, Ersthelfer bei einem epileptischen Anfall zu sein, ist deutlich höher als etwa bei einem Herzinfarkt.





    Was ist eine Epilepsie?


    Nicht jeder, der das erste Mal einen Anfall gehabt hat, hat deswegen eine Epilepsie. Erst wenn zwei und mehr Anfälle ohne direkt erkennbaren Auslöser (z.B. Schlafentzug) aufgetreten sind, kann man von Epilepsie sprechen. D.h. Epilepsie ist eine chronische Krankheit. Es ist sogar die häufigste chronische Krankheit im Kindes- und Jugendalter. Dies hat Konsequenzen für den Umgang mit Betroffenen (dazu später mehr).





    Wie erkenne ich einen epileptischen Anfall?


    Dies ist nur auf den ersten Blick eine leicht zu beantwortende Frage. Denn nur der sog. "große Anfall", abgeleitet vom französichen "grand mal", ist ohne Schwierigkeiten als epileptischer Anfall zu erkennen: Der Betroffene stürzt zu Boden, verspannt sich, wird im Gesicht blau, zuckt dann mit Armen und Beinen.



    Doch dieser Anfall ist die Ausnahme. Häufiger kommt es zu "kleinen" Anfällen ("petit mal"). Diese sind, im Vergleich zum grand mal, oft so wenig "spektakulär", daß selbst direkt Umstehende nicht erkennen, daß der Betroffene gerade einen Anfall hat. Da diese "kleinen" Anfälle aber sehr verschieden sein können, hat man den großen Sammeltopf der "petit mal" aufgelöst und ist zu einer genaueren Klassifikation epileptischer Anfälle übergegangen.





    Unbedingt zu vermeiden!




    Versuchen Sie während und unmittelbar nach dem Anfall möglichst wenig mit dem Anfallkranken zu tun (d.h. ihn nicht an die Hand nehmen, festhalten, wegführen). Solche Handlungen in der Reorientierungsphase werden häufig mißverstanden und es kommt dann zu heftigen Abwehrhandlungen.



    Versuchen Sie nicht,



    die Glieder festzuhalten, die verkrampften Hände zu öffnen.
    den Kiefer zu öffnen oder gewaltsam Gegenstände (Keil) zwischen die Zähne zu schieben, um Wangen- oder Zungenbiß zu verhindern.
    durch Schütteln, Klopfen, Riechmittel, Anschreien oder Wiederbelebungsversuche den Anfall zu unterbrechen.
    die Person in der Nachschlafphase zu wecken.





    Wie werden Anfälle eingeteilt?


    Diese Frage ist nicht nur von wissenschaftlichem Interesse. Erst wer weiß, wie Anfälle aussehen können, hat eine Chance auch einen Anfall richtig zu erkennen - und entsprechend richtig zu handeln. Nicht selten werden Betroffene im "kleinen" Anfall als Betrunkene fehldiagnostiziert.



    Im Anfall kann der Betroffene auch noch bei Bewußtsein sein. Man spricht dann vom "einfach fokalen" oder "einfach partiellen" Anfall. Dabei kann alles als Anfall in Erscheinung treten, was das Gehirn als Funktion ausführen kann: Es kann zu Zuckungen von einzelnen Muskeln kommen, der Betroffene kann ein ungewöhnliches Gefühl in einem Körperteil verspüren, er kann plötzlich Geräusche hören, Dinge sehen, die gar nicht da sind, einen ungewöhnlichen Geschmack im Mund verspüren o.ä. Solche Anfälle sind nur in den seltensten Fällen für Außenstehende erkennbar. Im Verlauf solcher Anfälle kann es dann aber auch zu einem Bewußtseinsverlust kommen, nämlich Bewußtseinsverlust kommen, nämlich dann, wenn so viele Nervenzellen in die epileptischen Entladungen einbezogen werden, daß das Gehirn seine "normalen" Funktionen nicht mehr korrekt ausführen kann. Der Betroffene muß deswegen aber nicht hinfallen. Vielmehr bleibt er oft stehen oder beginnt umherzulaufen, Handlungen auszuführen, die in der Situation sinnlos erscheinen, oder unverständlich zu reden. Solche Anfälle werden als "komplex" fokal (oder partiell) bezeichnet, wobei komplex die Beeinträchtigung des Bewußtseins meint.



    Gerade solche Betroffene wirken auf die Umgebung fremdartig, "wie betrunken". Nur viel zu selten wird daran gedacht, daß ein epileptischer Anfall vorliegt.



    Neben diesen wichtigsten Formen gibt es noch eine Reihe anderer Anfallstypen, die rasch als epileptisch erkannt werden können (z.B. tonische Sturzanfälle) oder die selten Anlaß geben, einen Ersthelfer herbeizurufen (wie die Absenceepilepsie im Schulkindesalter).





    Ist ein Anfall ein Notfall?


    Prinzipiell nein! Ein Anfall endet in aller Regel nach 2-3 Minuten von selber. Ein Ersthelfer kann diesen Verlauf nicht beeinflussen. Auch ein Arzt könnte dies nicht, denn bis er z.B. eine anfallsunterbrechende Spritze aufgezogen hätte, wäre in den allermeisten Fällen der Anfall schon vorbei.



    Die Ausnahme von der Regel: Anfälle, die eben nicht nach 3 Minuten vorbei sind. Besonders rasches Handeln (ein echter Notfall) ist erforderlich, wenn ein großer Anfall länger anhält, da der Betroffene dann zunehmenden Sauerstoffmangel erfährt. Bei einem nach 3 Minuten endenden Grand mal ist dies nicht weiter dramatisch, der Betroffene nimmt keinen Schaden, auch wenn er während der Verkrampfungsphase bedrohlich blau (zyanotisch) im Gesicht wird. Gerade dieser Sauerstoffmangel ist es in der Regel, der die Nervenzellen dazu bringt, nicht länger überaktiv zu arbeiten, da ihnen im wahrsten Sinne des Wortes "die Luft ausgeht". Auf diese Weise beendet sich der Anfall meist selber. Ist dies aber ausnahmsweise einmal nicht der Fall, muß umgehend ein Notarzt gerufen werden! Man spricht dann vom Grand mal Status.



    Weniger bedrohlich, aber dennoch sachkundige Hilfe benötigend, ist der Status anderer Anfälle, d.h. das längere Andauern eines z.B. komplex fokalen Anfalles. Hier ist nicht der Sauerstoffmangel die Gefahr für den Betroffenen, sondern seine unkontrollierten Handlungen. Beispielsweise kann ein Betroffener in diesem Zustand der "geistigen Umdämmerung" auf die Straße laufen, ohne auf den Verkehr zu achten oder aus einem Fenster steigen, auch wenn dies im 18. Stock liegt. Hier ist der Ersthelfer gefordert, den Betroffenen zu schützen.





    Wie schütze ich Menschen in einem epileptischen Anfall?


    Bei einem großen Anfall geht es v.a. darum, akute Verletzungen durch das heftige Schlagen zu verhindern, d.h. scharfkantige Gegenstände entfernen, Brille abnehmen, Zigarette aus der Hand nehmen. Wenn möglich etwas unter den Kopf legen, damit dieser nicht auf den Boden schlägt. Dabei reicht oft die eigene Hand vollkommen aus. Mehr ist nicht zu tun!



    Das Gleiche gilt logischerweise für alle anderen Anfallsformen, auch wenn dabei die Verletzungsgefahr geringer ist, solange der Betroffene nicht hinstürzt.





    Wie schütze ich Menschen nach einem epileptischen Anfall?


    Ebenso wichtig wie das akute Helfen ist das richtige Handeln nach dem Anfall! Dies ist auch meist der Zeitpunkt, zu dem der professionelle Ersthelfer eintrifft (nur selten ist man ja zufällig anwesend, wenn der Anfall beginnt - man wird dazu gerufen und trifft meist erst ein, wenn der Anfall gerade vorbei ist).



    Zunächst ist festzustellen, ob sich der Betroffene verletzt hat, also der Kopf ist abzutasten, die Extremitäten sind auf größere Schürfwunden zu untersuchen, die evtl. eine Tetanus-Impfung nötig machen. Frakturen oder Platzwunden, die ärztlich bzw. im Krankenhaus behandelt werden müssen, sind zum Glück selten. Man sollte beruhigend mit dem Betroffenen reden. Wichtig ist es, sich über seine Bewußtseinslage klar zu werden: Ist er orientiert, d.h. weiß er wo er ist, welches Datum ist, wie er heißt. Erst wenn ein Betroffener klar antworten kann, kann man sicher sein, daß er auch wieder bewußt und selbstverantwortlich handeln kann. Solange dies nicht der Fall ist, muß man bei ihm bleiben, um Gefährdungen abzuwenden, z.B. einen plötzlichen Schritt auf die Straße. Dazu soll man Betroffene nicht festhalten, es reicht "in Griffweite" zu sein.





    Was tun, wenn der Betroffene aggressiv wird?


    Dies ist nach einem komplex fokalen oder auch nach einem Großen Anfall möglich. Ursache ist aber nicht ein "bösartiger Charakter" des Betroffenen, sondern seine große Angst und Verunsicherung, da er oft direkt nach dem Anfall gar nicht weiß, was um ihn herum passiert. Auch versteht er die Sprache nicht richtig, fühlt sich von allzu heftigem Gestikulieren, lautem Sprechen und heftigem Berühren durch die Ersthelfer bedroht, versucht "zu fliehen" und reißt sich evtl. los, auch wenn man es "nur gut gemeint hat". Deshalb möglichst ruhig mit dem Betroffenen umgehen, mehr auf sein Verhalten reagieren, als selbst ihm bestimmte Handlungen aufzwingen zu wollen. Erst im "Ernstfall", wenn der Betroffene sich selber in Gefahr bringt, kann man als Ersthelfer gezwungen sein, "mit Gewalt" Schlimmeres zu verhindern. Dies ist auch rechtlich zulässig.





    Was tun, wenn ich nicht sicher bin, ob ein epileptischer Anfall oder etwas anderes vorliegt?


    Schlicht gesagt: Egal! Die Grundregel, den Betroffenen vor Verletzungen zu schützen und bei ihm zu bleiben, bis er wieder orientiert ist, gilt selbstverständlich auch für alle anderen Formen von beeinträchtigtem Bewußtsein: Vom Alkoholrausch bis zur Psychose. Insofern könnte es eigentlich egal sein, ob der Ersthelfer erkennt, welche Ursache der Bewußtseinstörung zugrunde liegt. Aber wer mehr weiß, ist auch sicher und eher bereit, verantwortlich zu handeln. Und nur der Ersthelfer, der an einen epileptischen Anfall als Ursache der Bewußtseinstörung denkt, wird auch in der Lage sein, den evtl. weiterbehandelten Arzt detaillierte Beschreibungen des Ablaufes zu geben. Beschreibungen, die wichtig sein könnten, um die nicht immer einfache Diagnose stellen zu können.

    Muß der Betroffene nach einem Anfall ins Krankenhaus?



    In der Regel nicht. Die Regel heißt:



    Der Patient ist wieder orientiert (d.h. er weiß was um ihn herum passiert, wo er ist, kennt Datum und Jahr), hat sich
    nicht ernsthaft verletzt und gibt selber an, daß bei ihm
    eine Epilepsie schon bekannt ist. In einem solchen Fall ersparen Sie dem Betroffenen viel unnötigen Ärger und auch Zeitverschwendung, wenn Sie ihn nicht ins Krankenhaus bringen! Stellen Sie sich vor, was es bedeutet, jede Woche wegen einer Ihnen gut vertrauten Situation, nämlich einem Anfall, "zur Kontrolle" ins Krankenhaus gebracht zu werden. Sie würden sich sicher kaum noch auf die Straße wagen. Dem Wunsch des (orientierten) Betroffenen ist deshalb unbedingt Folge zu leisten! Hierin zeigt sich die oben schon angesprochene Besonderheit der Epilepsie:


    Eine chronische Krankheit, die aber immer wieder "akut" in Erscheinung tritt.



    Deshalb aber ist der Epilepsiekranke anders zu behandeln als ein plötzlich z.B. am Herzinfarkt Erkrankter, denn die Epilepsie ist in der Regel bekannt und schon behandelt, bedarf also nicht weiterer akuter ärztlicher Intervention - auch wenn der Anfall durch sein plötzliches und oft heftiges Auftreten dies vermuten läßt.



    Nur wenn eine der drei oben genannten Bedingungen nicht erfüllt ist, ist eine Krankenhauseinweisung oder überhaupt eine weitergehende Untersuchung sinnvoll.

    (Quelle: http://www.epilepsie.sh/Ersthelfer.37.0.html )



    Re: INFOS für Ersthelfer !!!

    gesalbte - 16.05.2007, 16:20

    @wuschelnora
    Danke für diese Zusammenfassung. Damit habe ich eine super Gesprächsgrundlage für meine Kinder - und ein ordentliches Update gegenüber meiner Mutter, die noch mit den Verhaltensrichtlinien von vor 40 Jahren aufwartet - aus der Zeit, als sie noch mit den Anfällen meines Vaters zu tun hatte.



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