Verdächtig

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    Re: Verdächtig

    T.H. - 19.01.2007, 21:09

    Verdächtig
    Zitat:

    Diesmal: eine Geschichte aus dem österreichischen Gemeindeleben, unter besonderer Mitwirkung des Verfassungsschutzes. Aufgezeichnet und miterlebt von der Autorin dieser Kolumne, ansässig in der beschriebenen Gemeinde und seither nicht gerade beruhigt ob des offenbaren Zustandes unserer Realverfassung.

    So begann es: Im Oktober des Vorjahrs tagte in einem Hotel im niederösterreichischen Gumpoldskirchen die „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP), eine – so das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes – „zwischen Neonazismus und Rechtsextremismus“ angesiedelte Vereinigung.

    Nicht gerade ein Imagegewinn für den Ort, befand Matthis Podgorski, Gemeinderat der Grünen in Gumpoldskirchen, als er von der geplanten Veranstaltung erfuhr. Und weil die „Niederösterreichischen Nachrichten“ auch noch groß darüber berichteten, schien es umso nötiger, sich als Gemeinde vom Gedankengut der Tagungsteilnehmer zu distanzieren.

    Podgorski verschickte daher am 19. Oktober – einen Tag vor Beginn der dreitägigen AFP-Veranstaltung – eine E-Mail an die Mitglieder des Gemeinderats sowie an Gumpoldskirchner EinwohnerInnen, in der er einlud, gemeinsam ein Zeichen gegen nationalsozialistisches Treiben und rechtsextremes Gedankengut zu setzen und am 21. Oktober zu einer Kundgebung zu kommen, welche die Grünen gemeinsam mit der Sozialistischen Jugend Niederösterreich vor dem Gumpoldskirchner Rathaus abhalten würden.

    Sogleich regte sich Widerstand. Allerdings nicht gegen die AFP-Tagung, sondern gegen die Kundgebung. Eine ÖVP-Gemeinderätin verurteilte diese empört als Sicherheitsrisiko, von einigen Einwohnern wurden die Grünen als Unruhestifter getadelt, und der Bürgermeister hatte vorher schon in einem Interview mit den „NÖ Nachrichten“ erklärt, er wolle „nur keinen Wirbel auf den Straßen, egal, ob extrem rechts oder extrem links“. Alles in allem Reaktionen, als sei die öffentliche Distanzierung von rechtslastigen Vereinigungen ein extremistischer Akt.

    Die Kundgebung fand dennoch statt. Ein Grüpplein von etwa 50 Aufrechten scharte sich um ein Transparent mit der Aufschrift „Nie wieder Faschismus“, VertreterInnen der regionalen Presse fotografierten und interviewten die Demonstrierenden, und ein Fahrzeug des Verfassungsschutzes war so geparkt, dass man von ihm aus sowohl die Demo wie auch das Hotel sah, in dem die AFP tagte.
    So weit, so friedlich.

    Doch am 5. Dezember bekam Podgorski plötzlich Besuch von sechs Beamten des niederösterreichischen Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Sie durchsuchten sein Haus nach Spraydosen und einem Fluchtfahrrad, die beweisen sollten, dass er in der Nacht nach der Demonstration linksextreme Parolen an Hauswände gesprüht habe.
    Tatsächlich waren Sprüche wie „Nazis verpisst euch“ an einige Hauswände im Ort gesprayt worden. Und ein vom Verfassungsschutz aufgenommenes Überwachungsvideo zeigt als Täter eine vermummte Gestalt mit Kapuze auf dem Kopf und Tuch vor dem Mund – unkenntlich und unidentifizierbar.
    Dass nach diesem Täter gesucht werden musste, war klar. Aber was machte ausgerechnet Podgorski verdächtig?

    Er erfuhr es: Dass er die Demo angemeldet hatte, zeige, dass er ein „starkes Motiv“ gehabt habe.

    Seither schwebt über dem grünen Gemeinderatsmitglied und unbescholtenen Bürger der Verdacht der schweren Sachbeschädigung, möglicherweise mit terroristischem Hintergrund.

    Und hier wird es ebenso unappetitlich wie bedrohlich. Denn wohin kommen wir, wenn einer, der von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch macht und ordnungsgemäß eine Demonstration anmeldet (die noch dazu völlig friedlich verläuft), eben dadurch in den Verdacht der Kriminalität und des Extremismus gerät?

    Oder, anders gefragt: Inwiefern outet jemand, der sich offensichtlich an die Gesetze hält, indem er seinen Widerspruch in die dafür vorgesehene Form kleidet, eine Neigung, nachts vermummt Gesetze zu brechen? Und in welcher Verfassung sind Verfassungsschützer, die hinter einem Transparent mit der Aufschrift „Nie wieder Faschismus“ linksextreme Urheber vermuten?

    In einem Interview mit der Internet-Plattform „no-racism.net“ argumentiert Podgorski, er habe die Kundgebung auch initiiert, um „Aktionen zu vermeiden, die sich nicht im rechtsstaatlichen Rahmen bewegen“. Was bedeutet es für den Zustand unseres Rechtsstaates, wenn sich jemand, der Proteste in geordnete und staatlich tolerierte Bahnen lenken will, genau dadurch verdächtig macht?

    Eine Aussendung der AFP zeigt, dass dieser Verein das zulässige Austragen von Meinungsverschiedenheiten etwas anders sieht als friedliche DemonstrantInnen. Im Zusammenhang mit der Gumpoldskirchner Kundgebung heißt es darin nämlich: „Wären jene kriminellen Individuen nicht so von Feigheit gezeichnet, sie würden die vermeintlichen ‚Nazis‘ sofort angreifen und körperlich zu schädigen versuchen.“

    Die Anwendung körperlicher Gewalt bei politischen Differenzen als Tapferkeit zu propagieren ist unverdächtig?

    Das Recht auf Versammlungsfreiheit in Anspruch zu nehmen hingegen nicht?

    Wenn das so ist, dann stellt sich ernsthaft die Frage, wer in diesem Land von wem und vor wem beschützt wird.
    Elfriede Hammerl www.profil.at



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