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Re: 2. Liga vor der Rückrunde
Claus - 19.01.2007, 18:012. Liga vor der Rückrunde
2. Bundesliga vor Rückrundenstart
Das Fußball-Unterhaus startet mit klangvollen Wintereinkäufen in die Rückserie
Jean Löring, der frühere Patron des einstigen Zweitligisten SC Fortuna Köln, nannte sie früher stets nur die "Schweineliga". Offiziell heißt die zweithöchste deutsche Spielklasse zwar weiterhin 2. Fußball-Bundesliga, doch immer wieder wurde sie wegen der dort praktizierten rustikalen Spielkultur metaphorisch diskreditiert. "Da wird nur getreten", sagte einmal der frühere Bielefelder Stürmer Delron Buckley.
Dem aktuellen Interesse an dieser Arbeiter-Klasse schadet das nicht: 14662 Zuschauer kamen im Schnitt zu den Vorrundenspielen -das waren 17 Prozent mehr als in der vergangenen Saison und so viele wie noch nie. Diesen Freitag startet sie eine Woche vor der ersten Liga in die Rückserie, und künftig wird sie vielleicht sogar Ästheten Freude bereiten. Dazu beitragen sollen Herren namens Otacilio da Silva Neto und Diego Morais Pacheco, und wenn es bei diesen beiden nicht läuft, dann eben Luciano, Andre oder Tiago.
Derlei klangvolle Namen sollen das anrüchige Unterhaus in eine prachtvolle Villa verzaubern. Fünf Brasilianer sind unter jenen 39 neuen Spielern, welche die Zweitligaklubs in der Winterpause bislang verpflichtet haben. Allein drei Brasilianer sollen Christoph Daum und den auf Rang zehn darbenden 1. FC Köln beim verzweifeltsten Aufstiegsversuch in der deutschen Fußballhistorie unterstützen. Drei Ballmagier waren demnach vonnöten, um dem südamerikanischen Spielervermittler Juan Figer das Leben weiter zu versüßen und den Kölner Fans neue Hoffnung zu geben. Mit Köln und dem 1. FC Kaiserslautern haben zwei um den Aufstieg bemühte Klubs sowie mit Eintracht Braunschweig, Carl Zeiss Jena und dem TuS Koblenz drei abstiegsgefährdete Vereine bislang allein 27 der 39 neuen Spieler akquiriert.
Drei Brasilianer in Köln
Der Erfolgsdruck ist enorm. Das ist auch daraus zu ersehen, dass es in dieser Saison zwar erst in fünf Vereinen Trainerwechsel gegeben hat - dafür in Paderborn und Braunschweig aber jeweils gleich drei hintereinander. Neuer Chefcoach in Paderborn ist seit einigen Tagen Holger Fach. Im Gegensatz zum heftigen Rascheln im Unterholz herrscht über den Wipfeln Ruhe. Bei Tabellenführer Karlsruher SC hat man angesichts einer exzellenten Hinrunde auf neue Kräfte verzichtet. Trainer Edmund Becker verfügt über die treffsicherste Mannschaft (2,4 Tore pro Spiel) und verlässt sich weiterhin auf die spielerischen Fertigkeiten seiner Belegschaft. "Wir wollen Fußball spielen - mit der Betonung auf spielen", sagt er vor dem Wiederbeginn an diesem Wochenende und suggeriert, dass man ohnehin nicht in eine rustikale Liga gehöre.
Ähnliches gilt für die zweitplatzierten und ungeschlagenen Rostocker, die zwar schon über die beste Abwehr der Liga verfügen (0,65 Gegentore pro Spiel), aber trotzdem in dem Brasilianer Diego Marais Pacheco einen zusätzlichen Mann für diese Abteilung ausleihen. Während beim MSV Duisburg im Winter nur Präsident Walter Hellmich für Tumulte sorgte, weil er im Alleingang - und ohne Trainer Rudi Bommer zu informieren - aus noch nicht geklärter Ursache Kapitän Georg Koch vom Amt befreite, ist es für Übungsleiter Wolfgang Wolf beim 1. FC Kaiserslautern beinahe so, als begänne eine neue Saison.
Mit fünf neuen Spielern, von denen diesen Freitag beim Auftakt in Essen gleich vier in die Startelf rücken könnten, geht der viertplatzierte Klub aus der Pfalz ins Aufstiegsrennen: In Benjamin Auer (Bochum) und Silvio Meißner (Stuttgart) haben die Lauterer zwei Bundesligaspieler ausgeliehen und gelten neben Köln als aussichtsreichster Herausforderer im Kampf um Platz drei.
Die weiteren Mitbewerber in der oberen Tabellenhälfte - Aue, der TSV 1860 München, Augsburg, Offenbach und Fürth - äußern sich eher verhalten optimistisch und haben auf dem Transfermarkt kaum gewirkt.
Panisch anmutende Personalwechsel gibt es schon traditionell im Tabellenkeller. Vor allem die jüngsten Turbulenzen beim Schlusslicht Eintracht Braunschweig haben die Ausmaße einer Posse erreicht. Willi Reimann ist dort seit November der vierte Trainer in der laufenden Saison, und Klubmäzen Jochen Staake, der im November revolutionär das Ruder übernahm, spendierte seinem Chefcoach zur Rückrunde bisher sieben neue Fußballer. Vielleicht werden es sogar noch mehr. Darunter sind der Brasilianer Otacilio sowie Daniyel Cimen und Alexander Huber vom Bundesligisten Eintracht Frankfurt.
Weitere Großeinkäufe werden aus Koblenz und Jena vermeldet, wo es ebenfalls um den Erhalt der Klasse geht. Verstärkungen im bloß vom 1. bis 31. Januar geöffneten Transferfenster sind in der Abstiegszone jedes Jahr aufs Neue derart üblich und erforderlich, dass es fahrlässig anmutet, wie sich die in ernster Gefahr befindlichen Klubs in Essen und Freiburg bislang jeglichem Personalwechsel verweigerten. Bei Rot-Weiß in Essen suchte man im Winter per Annonce immerhin neues Personal zur Verstärkung des Ordnungsdienstes.
Bei der ebenfalls in tabellarischer Bredouille werkelnden Mannschaft in Burghausen wurde der langjährige Trainer Markus Schupp durch das neue Duo Fred Arbinger/Gino Lettieri ersetzt. Mit welchem Motto die Burghausener Wacker-Kicker die weitere Zugehörigkeit zur zweiten Liga erwirken wollen, hat Arbinger schon verraten: ,,Ausschlaggebend ist nicht das Spiel fürs Auge - die Fitness ist das Hauptkriterium für guten und erfolgreichen Fußball in der zweiten Liga.‘‘ Hoffentlich wissen das auch die vielen neuen Brasilianer in den anderen Klubs.
(SZ vom 19.1.2007)
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