Es war einmal ein Palästina

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    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 08.01.2007, 20:49

    Es war einmal ein Palästina
    Aus folgenden Strang abgeteilt -> http://www.iphpbb.com/board/ftopic-57497851nx60323-253.html ***Hausdrache


    Talley hat folgendes geschrieben:
    Ich erlaube mir ein paar Verweise auf die nahöstliche Geschichte vor 1933. Ist dir bewusst, dass die erste Einwanderungswelle (Aliya) 1882 begann? Dass damals von einer gewaltsamen Landnahme nicht die Rede sein konnte, sondern das Land mit Hilfe reicher Sponsoren von den rechtmäßigen Eigentümern (zumeist osmanischen Großgrundbesitzern) gekauft wurde? Dass es allein bis 1930 vier Einwanderungswellen gab, die den jüdischen Bevölkerungsanteil deutlich erhöhten? Dass die Balfour-Erklärung zu einem Zeitpunkt erfolgte, da Hitler noch armer Gefreiter und Kunstmaler war?

    Der UN-Teilungsplan versuchte, Gebiete mit vorhandener überwiegend jüdischer Besiedlung von Gebieten mit überwiegend arabischer Besiedlung zu trennen. Von Wegnehmen keine Spur. Und sicherlich ist dir bekannt, was mit den arabischen Gebieten nach 1948 geschah: Ägypten riss sich den Gaza-Streifen unter den Nagel, Jordanien die Westbank. Kann man da nicht viel berechtigter von Wegnehmen sprechen?

    Freilich leiden die Palästinenser. Freilich haben sie das Recht auf ihren Staat. Doch ihre moralische Position wäre weitaus stärker, würden sie den Israelis zugestehen in ihrem Staat in Frieden leben zu dürfen und in ihrem Kampf auf terroristische Aktionen zu verzichten.

    Dazu hätte ich eine Bemerkung anzufügen, die ich mir nicht verkneifen kann. Im vollen Bewusstein, dass dies einen "Aufschrei" auslösen kann. Aus dem von mir bereits erwähnten Buch von Tom Segev "Es war einmal ein Palästina- Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels" ein Zitat zum Thema, das mich in Rage bringt und hiermit anfügen möchte. Aus dem 5. Kapitel "Zwischen Mohammed und Mr. Cohen", Seite 127/128:

    Zitat von TomSegev hat folgendes geschrieben:
    Während Weizmann die arabisch jüdischen Spannungen gegenüber seinen diplomatischen Kontakten in aller Welt herunterspielte, sah die jüdische Gemeinschaft in Palästina ihren künftigen Beziehungen zu den Arabern weniger zuversichtlich entgegen. Bei einer Diskussion zwischen den Mitgliedern des Provisorischen Ausschusses, der die jüdische Gemeinschaft Palästinas politisch vertrat, wurden die Bedenken klar formuliert. Das Protokoll lohnt die Lektüre, denn es macht deutlich, dass alles, was über dieses Thema jemals gesagt werden sollte, schon damals erkannt und geäußert wurde.

    Chaim Margalit Kalvarisky, ein aus Polen stammender Agronom, der seit den neunziger Jahren des 19.Jahrhunderts in Galiläa lebte, eröffnete die Diskussion. Im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit für die Jewish Colonization Association, die Land erwarb und die jüdische Ansiedlung in Palästina förderte, unterhielt er regelmäßige Kontakte zu arabischen Führern, darunter auch zu Prinz Faisal. Kalvarisky war der Ansicht, dass man die Araber einfach auszahlen könnte. Gleichzeitig hielt er einen „Dialog“ zwischen der zionistischen Bewegung und den Arabern für möglich und sollte zeit seines Lebens die Auffassung vertreten, der Zionismus habe eine Chance auf Frieden vertan. [...]

    Kalvarisky: "Die arabische Frage offenbarte sich mir in all ihrer Schärfe unmittelbar nach dem ersten Landkauf, den ich getätigt hatte. Um unsere Brüder hier ansiedeln zu können, musste ich die arabischen Bewohner von ihrem Land vertreiben. Den klagenden Trauergesang der Männer und Frauen, die sich an jenem Abend vor dem Zelt des Scheichs versammelten, bevor wird das Dorf Schamsin in der Nähe von Jama, dem heutigen Yavniel, verlassen mussten, klang mir noch lange in den Ohren.

    Während ich meine Verhandlungen mit Scheich Fadul Madalika im Zelt abschloss, versammelten sich draußen vor dem Feuer die Beduinen und bereiteten für mich und die anderen Gäste Kaffee. Gleichzeitig sangen sie traurige Lieder, in denen sie das Schicksal beklagten, das sie zwang, die Wiege ihrer Kindheit zu verlassen. Diese Gesänge schnitten mir ins Herz, und ich erkannte, welche Verbundenheit der Beduine mit seinem Land empfindet."

    Er enteigne seit 25 Jahren Araber, sagte Kalvarisky, und es sei keine leichte Aufgabe, besonders für einen Mann wie ihn, der die Araber nicht als eine Herde von Schafen betrachte, sondern als menschliche Wesen mit einer Seele und Gefühlen. Er müsse sie von ihrem Land vertreiben, weil die jüdische Öffentlichkeit dies von ihm verlange, aber er versuche, stets darauf zu achten, dass die Menschen ihr Land nicht mit leeren Händen verließen und die Effendis, die mit dem Land spekulierten und mit denen er seine Geschäfte machte, das einfache Volk nicht um ihr Geld betrog.

    Diese einleitenden Bemerkungen führten in zu seinem Hauptanliegen. Die Zionisten sollten endlich versuchen, ein Abkommen mit den Arabern zu treffen. Die zionistische Bewegung könne nicht einfach fortfahren, so zu tun, al existiere das Problem nicht, und behaupten, die Araber seien lediglich Ignoranten und Kriecher, die für ein Linsengericht bereit seien, alles zu verkaufen.

    Hier noch ein 2.Zitat aus demselben Kapitel, Seite 133, dass ich noch zusätzlich anfügen möchte, weil mir auch dabei die Galle hochgekommen ist und es Bände spricht:

    Zitat von TomSegev hat folgendes geschrieben:
    Die Zionisten wiedersetzten sich dem Gedanken eines US-Mandats mit der Begründung, das amerikanische Demokratieverständnis laufe dem Plan einer nationalen Heimstätte zuwider. Eine von der Zionistischen Organisation in London herausgegebene Publikation zu dieser Frage kam zu folgendem Schluss:

    Demokratie bedeutet in Amerika allzu häufig eine Mehrheitsregierung ohne Rucksicht auf verschiedene Arten oder Stadien der Zivilisation oder qualitative Unterschiede. Demokratie im diesem Sinne ist als Schmelztiegel bezeichnet worden, in dem die zahlenmäßige Minderheit in der zahlenmäßigen Mehrheit aufgeht. [...]Aber was würde passieren, wenn diese amerikanische Vorstellung auf Palästina angewendet würde, wie eine amerikanische Administration es möglicherweise täte? Die zahlenmäßige Mehrheit in Palästina stellen heute die Araber, nicht die Juden. [...]Wenn aber der grobe arithmetische Demokratiebegriff heute oder in naher Zukunft auf die Bedingungen in Palästina angewendet würde, dann erhielte die arabische Mehrheit die Macht, und Aufbau und Entwicklung eines großen jüdischen Palästinas würden dadurch unendlich erschwert werden. :evil: Originalquelle zum 2. Zitat -> H.Sachser "A Jewish Palestine. The Jewish Case for a British Trustship", London 1919, Seite 17

    Ein Buch, dass ich nur jedem empfehlen kann, der wirklich etwas über die Geschichte der Jahre 1916-48 in Palästina erfahren möchte.

    Gruß
    Hausdrache



    Re: Es war einmal ein Palästina

    arad - 09.01.2007, 09:43


    Hausdrache hat folgendes geschrieben:
    Rage
    die Galle hochgekommen
    Gruß
    Hausdrache

    Menschliche Reaktionen sind geschichtlichen Analysen sehr abträglich . Sie schaden nicht nur der Gesundheit im Allgemeinen, sie beeinträchtigen das Denkvermögen im nicht unerheblichen Maße.

    Der erste Fehler, den der Laie beim betrachten der Geschichte macht, ist Ereignise allein aus der Perspektive seiner Zeit (der Gegenwart) zu machen (mit allen moralischen Konsequenzen).
    Der zweite Fehler ist, die Umstände dieser Zeit außer Acht zu lassen.



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 09.01.2007, 12:41


    arad hat folgendes geschrieben:
    Menschliche Reaktionen sind geschichtlichen Analysen sehr abträglich . Sie schaden nicht nur der Gesundheit im Allgemeinen, sie beeinträchtigen das Denkvermögen im nicht unerheblichen Maße.

    Der erste Fehler, den der Laie beim betrachten der Geschichte macht, ist Ereignise allein aus der Perspektive seiner Zeit (der Gegenwart) zu machen (mit allen moralischen Konsequenzen).
    Der zweite Fehler ist, die Umstände dieser Zeit außer Acht zu lassen.
    Ach arad, wieso musst Du eigentlich immer ins Persönliche abdriften und nur winzige Schnippsel zitieren? Geht es bei Dir nicht ohne? Seine Emotionen zu historischen Vorgängen zu äußern, das ist keine Schande und auch nicht negativ. Ich äußere mich noch viel heftiger, wenn es um die shoa geht. Da halte ich auch nicht hinterm Berg. Du etwa?! Es wäre wesentlich interessanter gewesen, wenn du dich zum eingestellten Text und den darin enthaltenen Fakten geäußert hättest, statt mir wieder zu sagen, für wie "beschissen" Du mich hältst. Dir geht es doch angeblich um Sachlichkeit... dann solltest Du darin auch ein entsprechendes Vorbild sein, wenn Du dich nicht unglaubwürdig machen willst. :roll:

    Also, was gefällt Dir an den 2 Zitaten nicht? Vielleicht, dass es sich um Tatsachen handelt, die Du gerne ignorieren würdest? Als unwahr kannst Du sie jedenfalls nicht brandmarken. Und erkläre mir doch auch gleich nebenbei, mir kleinem Dummchen, was sich an diesen Tatsachen bei "gestriger Betrachtungsweise" ändert... gib mir eine Lehrstunde darin, wie Geschichtsrevisionismus funktioniert, wie man "Schweinereien" im Nachhinein zurechtbiegt, rechtfertigt und relativiert. Ich bin ganz Ohr und die Deine... ;)

    Gruß
    Hausdrache



    Re: Es war einmal ein Palästina

    arad - 09.01.2007, 13:09


    Gerne gebe ich Dir eine Lernstunde, Hausdrache;

    Fangen wir am besten mit dem zweiten Punkt an:
    "Der zweite Fehler ist, die Umstände dieser Zeit außer Acht zu lassen."

    Beide Hauptgruppierungen der zionistischen Bewegung, die sozialistische sowie die revisionistische (Jabotinski) hatten ein Hauptanliegen:
    So viele Juden, so schnell wie möglich, aus Europa herauszuschaffen.
    Wie die Geschichte es leider gezeigt hat, hatten diese nicht nur Recht, sondern sie haben im großen Maße versagt.
    Primär war Palästina nur eine Möglichkeit, nicht unbedingt die alleinige. Hauptsache raus aus Europa.
    Zwischen 1880-1914 wütteten die Kosaken und die polnischen Nationalisten. Zig-Tausende Juden fielen den Pogromen zum Opfer.
    Zwischen 1882-1914 wanderten cca 2,5 Mil Juden, hauptsächlich aus Polen und Russland nach Amerika aus.
    Die polnischen Juden (cca 3,5 Mil) die russischen (cca 4 Mil) sowie die aus den baltischen Staaten (cca 1 Mil) hatten somit eine Möglichkeit, aus diesen Ihnen feindlichen Gebieten zu entkommen.
    Leider haben die USA im Jahre 1914 die freie Einwanderung gestoppt.
    In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg verschärfte sich die Lage zusehends. Die Weltwirtschaftskrise erhöhte die antisemitischen Ausfälle in ganz Europa. Am Horizont zeigten sich auch die ersten Spuren des anbrechenden "Erwachen des deutschen Nationalgeistes". Davon waren cca 6-700.000 Juden.
    Allein vor diesem geschichtlichen Hintergrund ist das Bestreben der zionistischen Organisationen zu betrachten.

    Zu erwähnen sei hier noch die unglaubliche Haltung der "Europäer" NACH Ende des Krieges, NACH dem Holocaust:
    1.Das letzte Pogrom fand in Polen in Kielce am 4.7.1946 statt. Über 40 Überlebende des Holocausts wurden dabei von den netten Nachbarn erschlagen, 80 wurden schwer verletzt.
    2.Zig-Tausende Überlebende des Holocausts wurden in KZs (ja, KZs) der britischen Armee auf Zypern gesteckt, weil kein Land sie aufnehmen wollte.
    Erst am 14.5.1948 wurde der Staat gegründet, der bereit war, diese Menschen aufzunehmen.

    Nein, die zionistischen Organisationen haben nicht zu viel für die jüdischen Ansiedlung in Palästina getan, sie haben viel zu wenig geleistet.



    Re: Es war einmal ein Palästina

    arad - 09.01.2007, 13:41


    arad hat folgendes geschrieben:
    Der erste Fehler, den der Laie beim betrachten der Geschichte macht, ist Ereignise allein aus der Perspektive seiner Zeit (der Gegenwart) zu machen (mit allen moralischen Konsequenzen).


    In 1858 the Ottoman Empire introduced The Ottoman Land Code and Registration Act,

    Im Jahre 1858 führte das Osmanische Reich das "Ottoman Land Code and Registration Act". Es war, ob es einem aus heutiger Sicht passt oder nicht, the law of the land (das herrschende Gesetz).
    Damit war der einzige, der über Ansiedlung oder sogar Vertreibung von einem Stück Land zu entscheiden hatte, der registrierte Landbesitzer.
    Leider waren die arabischen Bauern von türkischen Großgrundbesitzern übers Ohr gehauen, so dass diese sich nicht als Landbesitzer eintragen liessen. Somit waren die einzigen Ansprechpartnern der jüdischen Landkäufer (Rotschild, Jewish Agency) die Großgrundbesitzer.

    Zu dieser zeit war dies, nicht nur in Palästina, Gang und Gäbe.
    In Bagdad, zB, wurden zig-Tausende Juden enteignet. Es hat sich damals wie heute, kein Mensch entrüstet.
    Moralisch hervorzuheben wäre allein der Umstand, dass es sogar Menschen gab (wie die in dem Text von Segev), die darin eine moralische Problematik sahen.



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 09.01.2007, 13:44


    arad hat folgendes geschrieben: Gerne gebe ich Dir eine Lernstunde, Hausdrache;

    Na also, wenn auch mal wieder überheblich, aber es geht doch.

    Zitat: Fangen wir am besten mit dem zweiten Punkt an:
    "Der zweite Fehler ist, die Umstände dieser Zeit außer Acht zu lassen."

    Beide Hauptgruppierungen der zionistischen Bewegung, die sozilaistische sowie die revisionistische (Jabotinski) hatten ein Hauptanliegen:
    So viele Juden, so schnell wie möglich, aus Europa herauszuschaffen.

    Die Formulierung "Herauszuschaffen" ist an sich schon nicht mehr neutral, vermittelt sie doch den Eindruck, dass es nicht um die 1.Landkäufe von Ende des 19.Jahrhunderts bis ca. 1930 geht, (aus DIESER Zeit stammt mein Zitat, was auch deutlich daraus hervorgeht), sondern um das "Herausschaffen" der Juden aus Europa, um sie vor Hitlers Zugriff zu schützen. ;) Also, wie ist Dein "Herausschaffen" zu deuten?!

    Zitat: Wie die Geschichte es leider gezeigt hat, hatten diese nicht nur Recht, sondern sie haben im großen Maße versagt.
    Primär war Palästina nur eine Möglichkeit, nicht unbedingt die alleinige. Hauptsache raus aus Europa.

    Richtig. Nur fokussierten sich die zionistischen Führer, also nur ein sehr geringer Teil "der Juden" - auch wenn sie sich herausnahmen für alle zu sprechen, allen voran Herr Weizmann und Co., auf Palästina, die alte Heimstätte der Juden. ;)

    Zitat: Zwischen 1880-1914 wütteten die Kosaken und die polnischen Nationalisten. Zig-Tausende Juden fielen den Pogromen zum Opfer.
    Zwischen 1882-1914 wanderten cca 2,5 Mil Juden, hauptsächlich aus Polen und Russland nach Amerika aus.
    Die polnischen Juden (cca 3,5 Mil) die russischen (cca 4 Mil) sowie die aus den baltischen Staaten (cca 1 Mil) hatten somit eine Möglichkeit, aus diesen Ihnen feindlichen Gebieten zu entkommen.
    Leider haben die USA im Jahre 1914 die freie Einwanderung gestoppt.
    In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg verschärfte sich die Lage zusehends. Die Weltwirtschaftskrise erhöhte die antisemitischen Ausfälle in ganz Europa. Am Horizont zeigten sich auch die ersten Spuren des anbrechenden "Erwachen des deutschen Nationalgeistes". Davon waren cca 6-700.000 Juden.

    OK, das ist die Beantwortung meiner Frage. Es geht also auch um die Zeit vor Hitler. Gut.

    Zitat: Allein vor diesem geschichtlichen Hintergrund ist das Bestreben der zionistischen Organisationen zu betrachten.

    Ja, dass Bestreben eine "jüdische Heimstätte" zu gründen ist verständlich und nachvollziehbar. Nur ändert es Null Komma nix an den von mir eingestellten historischen und belegten Tatsachen in Palästina. Es ist, um es mal höflich zu Formulieren, eine Entschuldigung/Rechtfertigung für das Unrecht. Aber nur weil mir von jemand ANDEREM Unrecht zugefügt wurde, habe ich nicht das Recht es ebenso zu halten. DAS ist es, was ich mit Relativierung meine. Ganz gleich wie verständlich das Begehren von Juden war sich eine sichere Heimstätte zu schaffen, es rechtfertigt nicht das Unrecht, das sie damit anderen angetan haben. Es gibt ihnen nicht das Recht, es mit anderen ebenso zu halten. ;)

    Zitat: Zu erwähnen sei hier noch die unglaubliche Haltung der "Europäer" NACH Ende des Krieges, NACH dem Holocaust:
    1.Das letzte Pogrom fand in Polen in Kielce am 4.7.1946 statt. Über 40 Überlebende des Holocausts wurden dabei von den netten Nachbarn erschlagen, 80 wurden schwer verletzt.
    2.Zig-Tausende Überlebende des Holocausts wurden in KZs (ja, KZs) der britischen Armee auf Zypern gesteckt, weil kein Land sie aufnehmen wollte.
    Erst am 14.5.1948 wurde der Staat gegründet, der bereit war, diese Menschen aufzunehmen.
    Ja, das ist zum Kotzen. Ändert aber wie gesagt nichts, aber auch gar nichts, am dem Unrecht, dass teilweise durch die Zionisten (und nicht nur durch diese) begangen wurde... Es wurden in Palästina gravierende Fehler begangen, die sollte man nicht unter den Tisch kehren oder relativieren wollen. Jeder muss zu seiner Geschichte stehen.

    Ich stelle dazu mal ein Zitat von Ben Gurion ein:

    "Jeder erkennt das Problem in den Beziehungen zwischen den Juden und den Arabern. Aber nicht jeder erkennt, dass dieses Problem keine Lösung hat. Es gibt keine Lösung! ... Der Interessenkonflikt zwischen den Juden und den Arabern in Palästina kann nicht durch Scheinargumente gelöst werden. Ich kenne keinen Araber, der damit einverstanden wäre, dass Palästina uns gehört - selbst wenn wir Arabisch lernen würden... und ich habe kein Bedürfnis, die arabisch Sprache zu lernen. Wehe uns, wenn wir unser Leben auf Arabisch führen müssen. Andererseits sehe ich auch keinen Grund, warum "Mustafa" Hebräisch lernen sollte. ... Dies ist eine nationale Frage. Wir wollen das Land für uns. Die Araber wollen das Land für sich."

    Quelle: Protokoll der 5.Versammlung des Provisorischen Ausschusses, 9.-11. Juni 1919, CZA J1/8777

    Ich würde sagen, deutlicher geht es nicht mehr... :?

    Gruß
    Susanna



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 09.01.2007, 13:51


    arad hat folgendes geschrieben: arad hat folgendes geschrieben:
    Der erste Fehler, den der Laie beim betrachten der Geschichte macht, ist Ereignise allein aus der Perspektive seiner Zeit (der Gegenwart) zu machen (mit allen moralischen Konsequenzen).


    In 1858 the Ottoman Empire introduced The Ottoman Land Code and Registration Act,

    Im Jahre 1858 führte das Osmanische Reich das "Ottoman Land Code and Registration Act". Es war, ob es einem aus heutiger Sicht passt oder nicht, the law of the land (das herrschende Gesetz).
    Damit war der einzige, der über Ansiedlung oder sogar Vertreibung von einem Stück Land zu entscheiden hatte, der registrierte Landbesitzer.
    Leider waren die arabischen Bauern von türkischen Großgrundbesitzern übers Ohr gehauen, so dass diese sich nicht als Landbesitzer eintragen liessen. Somit waren die einzigen Ansprechpartnern der jüdischen Landkäufer (Rotschild, Jewish Agency) die Großgrundbesitzer.

    Zu dieser zeit war dies, nicht nur in Palästina, Gang und Gäbe.
    In Bagdad, zB, wurden zig-Tausende Juden enteignet. Es hat sich damals wie heute, kein Mensch entrüstet.
    Moralisch hervorzuheben wäre allein der Umstand, dass es sogar Menschen gab (wie die in dem Text von Segev), die darin eine moralische Problematik sahen.

    Auch das, so Leid es mir tut, ist nur eine müde Rechtfertigung der Geschehnisse. Nur weil es mir gesetzlich gestattet wird anderen übel mitzuspielen und sie zu vertreiben, fegt es eben dieses "schlechte" Benehmen nicht vom Tisch... was diese Denke heute im nachhinein alles an begangenem Unrecht "legitimieren" würde, darüber möchte ich lieber nicht nachdenken... aber ich bin ja zum Glück, im Gegensatz zu Dir, auch keine Vertreterin dieser "Auslegung". ;)

    Gruß
    Susanna



    Re: Es war einmal ein Palästina

    arad - 09.01.2007, 13:55


    Hausdrache

    Fast alles in der Geschichte ist Unrecht.
    Fast nichts in der Geschichte ist mit dem Vorsatz des Moralischen geschehen.
    Nicht die Besiedlung Europas, Amerikas oder Australiens.
    Nicht die islamische Eroberung der iberischen Halbinsel, auch nicht deren Rückeroberung durch die Katholiken.
    Napoleon war eigentlich ein Verbrecher, würde er aus heutiger moralischer Sicht betrachtet. Die Franzosen würden Dir ein Ständchen vorsingen, solltest Du dennen dies vermitteln wollen.

    Ich will nichts rechtfertigen, höchstens verstehen.



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 09.01.2007, 14:04


    arad hat folgendes geschrieben: Ich will nichts rechtfertigen, höchstens verstehen.
    Dann arad, stehen wir auf derselben Seite. :D Auch ich möchte nur wissen und verstehen. Denn nur dann kann man nachvollziehen, woher dieser unsägliche Konflikt und Hass rührt, was seine Ursachen sind. Wenn man sich das Wissen darüber aneignet, was damals (natürlich auch warum) wirklich geschehen ist und NICHTS hinter dem Berg hält.

    Und das ich das Begehren einer jüdischen Heimstätte und deren Umsetzung verstehe und befürworte, ich bin beileibe keine Israel-Gegnerin, dass ist hoffentlich deutlich geworden. Aber es gibt halt nicht nur eine Seite... ;)

    Gruß
    Susanna



    Re: Es war einmal ein Palästina

    arad - 09.01.2007, 14:10


    [quote="Hausdrache"] arad hat folgendes geschrieben:
    Dann arad, stehen wir auf derselben Seite. :D
    Gruß
    Susanna

    Ich machte mir nur wegen Deiner Galle und Rage Sorgen.
    Wollte nur behilflich sein.

    Du kannst Dir nicht vorstellen, wie viel Galle ich rausspucke, wenn ich an Attila und den Hunnen denke, die unser schönes Europa überfallen haben. Und dies, ohne Grund.



    Re: Es war einmal ein Palästina

    arad - 09.01.2007, 14:21


    Und als Abschluss dieses Disputs (wenigstens von meiner Seite) hier ein jüdischer Witz, der mir passend erscheint:

    In Belgien herrscht seit Jahren Bürgerkrieg. Die Flamen und die Wallonen bekämpfen sich aufs Blut.
    Eines Tages bietet König Baudouin die Bevölkerung auf dem Grand Place in Bruxelles. Er sagt:
    -Das Land geht zu Grunde. So geht es nicht weiter. Ich habe entschieden:
    Wir teilen das Land. Im Süden die Wallonen, im Norden die Flammen.

    Die Bevölkerung ist begeistert und lässt den König hochleben.
    Allein eine Stimme aus der Menschenmenge Goldberg, ruft schüchtern:
    -Ich verstehe. Im Süden die Wallonen, im Norden die Flammen. Und wir, die Belgier?



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 09.01.2007, 14:26


    arad hat folgendes geschrieben: Hausdrache hat folgendes geschrieben:
    Dann arad, stehen wir auf derselben Seite. :D
    Gruß
    Susanna

    Ich machte mir nur wegen Deiner Galle und Rage Sorgen.
    Wollte nur behilflich sein.

    Du kannst Dir nicht vorstellen, wie viel Galle ich rausspucke, wenn ich an Attila und den Hunnen denke, die unser schönes Europa überfallen haben. Und dies, ohne Grund.

    Oh... um meine Galle brauchst Du dir keine Sorgen zu machen. Ich lebe damit seit 40 Jahren ganz gut. Mit meinen Emotionen nicht hinter dem Berg zu halten ist, auf Grund meiner irischen und sizilianischen Abstammung, eine Frage meines sanguinischen Blutes und Temperaments. Das wird sich auch die nächsten 40 Jahre, so ich sie noch erleben sollte, nicht ändern. So manches Geschirr ist dem schon zum Opfer gefallen. Manchmal hilft auch ein Glas guter irish whiskey dagegen. :twisted:

    Wenn ich zb an die Briten und Irland denke, kommt mir auch die Galle hoch und nicht nur die... DIE sind meine ganz besonderen "Lieblinge", wenn es um die Erhöhung meines Pulsschlages geht. :lol:

    Gruß
    Susanna



    Re: Es war einmal ein Palästina

    arad - 09.01.2007, 14:55


    Also eine Aristotelianerin.



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 09.01.2007, 15:04


    Du meinst damit, dass ich eine Aristotelikerin bin? Ja, vielleicht. Zumindes ein bisschen... :twisted:



    Re: Es war einmal ein Palästina

    arad - 09.01.2007, 15:08


    Bereits in der Antike befasste sich der griechische Philosoph Aristoteles mit der Ableitung des Charakters eines Menschen aus dessen körperlichen Merkmalen. Seine Typologie wurde später von dem römischen Arzt Galenus aufgegriffen.

    Die Körpersäftelehre unterscheidet vier Körpersäfte. Diese Körpersäfte bedingen danach bestimmte psychische Eigenschaften von Menschen. Aus ihnen werden die vier Grundtypen des menschlichen Charakters abgeleitet. Der jeweils bei einem Individuum vorherrschende Körpersaft bestimmt danach im Wesentlichen sein Temperament.

    Die vier Körpersäfte und die aus ihnen resultierenden Temperamte sind folgende:

    Blut: Sanguiniker



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 09.01.2007, 15:14


    Das ist mir bekannt, arad. Allerdings war mir das Wort "Aristotelianerin" dafür bisher nicht geläufig. Auch heute noch wird diese Typologie, in der Psychologie, benutzt. Wobei es sich hier aber nur um "Grundtypen" mit unterschiedlich starken Ausprägungen handelt. Sanguiniker ist nicht unbedingt gleich Sanguiniker.

    aaah... wir sind schon wieder ot... :oops:

    Gruß
    Susanna



    Re: Es war einmal ein Palästina

    arad - 09.01.2007, 15:28


    -likerin, -lianerin

    Ich Ausländer.



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 09.01.2007, 15:38


    Ich auch. :lol: 8)



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Talley - 09.01.2007, 16:25


    Liebe Susanna,

    ich kenne das Buch von Tom Segev nicht, darum kann ich nicht über die Zuverlässigkeit seiner Angaben urteilen.

    Ich erinnere mich allerdings an die betreffende Passage meiner Lieblingsquelle "Belagerungszustand" von Conor Cruise O'Brian (ein Ire!). Dort steht, dass bis zur dritten Aliyah (ca. 1920) das Verhältnis der eingewanderten Zionisten zur arabischen einheimischen Bevölkerung im allgemeinen relativ gut war. Viele Araber nahmen die Arbeitsplatzangebote von den jüdischen Siedlern gerne an. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, so lag etwa die Bewachung der jüdischen Siedlungen vor der Gründung der Haganah 1921 zu fast 100 % in Händen von arabischen Gruppen.

    Ich behaupte nicht (bzw. O'Brian behauptet nicht), dass diese Zeit konfliktfrei war. Aber die ernsthaften Probleme begannen erst danach. Z.B. durch die Agitation verschiedener arabischer Führer, was in einigen Massaker mündete. Aber durch die 3. Aliyah änderte sich auch die Struktur vieler Siedlungen, die abgeschlossener wurden und sich weniger kooperativ hinsichtlich der arabischen Seite entwickelten.



    Re: Es war einmal ein Palästina

    Hausdrache - 09.01.2007, 17:07


    Talley hat folgendes geschrieben: Liebe Susanna,

    ich kenne das Buch von Tom Segev nicht, darum kann ich nicht über die Zuverlässigkeit seiner Angaben urteilen.

    Davon abgesehen, dass es immer noch google gibt, um sich zu informieren:
    Ich kann das Buch nur jedem wärmsten empfehlen, der an der Zeit von 1916-1948 interessiert ist. Tom Segev ist ein international bekannter Historiker und einer der profiliertesten Journalisten Israels und lebt in Jerusalem. Sein hier von mir zitiertes Werk "Es war einmal ein Palästina", bekam den National Jewish Book Award und war DER Buch-Renner in Israel. Es gibt also keinen Grund, zumal er als seriöser Historiker eine ausgezeichnete Quellen- und Dokumentenangabe hat, an seinen Angaben den geringsten Zweifel zu hegen. Es gibt auch keinen Historiker, der seine Dokumente, Aussagen und deren Inhalt bestreitet/anzweifelt. Sein Buch wurde ebenso von "der Zeit" und dem "Tagesspiegel" gelobt. Diese beiden gelten ja auch nicht unbedingt als "anrüchig" oder "antisemitisch", falls du solches wittern solltest. 8)

    Zitat: Ich behaupte nicht (bzw. O'Brian behauptet nicht), dass diese Zeit konfliktfrei war. Aber die ernsthaften Probleme begannen erst danach.

    Das von mir vorhin eingestellte Zitat von Ben Gurion aus dem Jahre 1919 spricht da eine andere und sehr deutliche Sprache, wenn dich alle sonstigen von mir historischen Zitate aus historischen Dokumenten nicht überzeugen sollten. Warum auch immer. Aber falls es dich beruhigen sollte: Ich könnte dir davon noch wesentlich mehr abtippen. Aber vielleicht solltest Du dir das Buch selber kaufen oder ausleihen. 670 Seiten abzutippen, ist dann doch a bissl viel verlangt. ;)

    Gruß
    Susanna



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