Stich ins Herz - mit Absicht?

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    Re: Stich ins Herz - mit Absicht?

    infoshark - 26.12.2006, 22:33

    Stich ins Herz - mit Absicht?
    Stich ins Herz - mit Absicht?

    Rochen-Attacken haben in jüngster-Zeit Schlagzeilen gemacht - gleich zwei Mal traf ihr Stachelschwanz das Herz eines Menschen. Jetzt wagen zwei Experten die Hypothese: Stechrochen können das Herz eines potentiellen Angreifers orten. Und sie zielen genau dorthin.

    Unser aller Reaktion auf das traurige Ende des »Crocodile Hunter« Steve Irwin dürfte neben dem Bedauern ein Aufstöhnen gewesen sein: »So ein dummer, unglücklicher Zufall!« Doch war es wirklich Zufall? Könnte sein, denn setzt man die Körperfläche eines Menschen, die er einem nahen Rochen aussetzt, in Relation zu der Größe seines etwa faustgroßen Herzens, so ergibt sich immerhin eine einige Prozente betragende Chance, dass ein ungezielter Schlag des Rochens zufällig das Herz trifft. Aber einmal anders herum gefragt: Könnte es auch ein gezielter Schlag gewesen sein?

    [ Herz-Attacken ]

    Am 18. Oktober 2006 befand sich der 81-jährige James Bertakis unterwegs mit seinem Boot unweit des Lighthouse Point in Florida, als ein Adlerrochen (Aetobatis narinari) zufällig in sein Boot sprang. Er fasste den Fisch an, um ihn zurück ins Wasser zu befördern, worauf das Tier ihn mit seinem Stachel ins Herz traf! Schwer verletzt konnte er mittels einer Herzoperation von dem Stachel befreit und zunächst gerettet werden. Komplikationen blieben jedoch nicht aus. Die Toxine zerstörten seine Milz, die operativ entfernt werden musste. 1989 ereignete sich in Australien ein identischer Unfall. Dort kostete allerdings der Schlag eines ebenfalls zufällig ins Boot springenden Rochens einen 12-jährigen Jungen das Leben. Die primäre Herzverletzung und die Herznekrosen durch die Toxine führten sechs Tage nach dem Unfall zu seinem Tod. Eine gezielte Attacke auf sein Herz? Aber wenn ja - woher könnte ein Rochen überhaupt wissen, wo sich unser Herz befindet?

    [ Elektro-Radar ]

    Rochen besitzen spezielle Sinnesorgane, die Lorenzinischen Ampullen, mit denen sie schwache elektrische Felder aufspüren und orten können. Muskel- und Nervengewebe erzeugen bei Funktion solche Felder. Beutetiere, die häufig im Sand vergraben sind, verraten sich sogar bei Dunkelheit oder in trübem Wasser durch die Elektrosignale, die ihr Herz und ihre Körpermuskulatur erzeugen. Die Lorenzinischen Ampullen sind zahlreich und um das Maul des Tieres verteilt. Ihre Empfindlichkeit (rund 0,1 Mikrovolt/Zentimerter) und ihre Verteilung, die eine Ortung nach dem Prinzip der differentiellen Intensität der ankommenden Signale (wie unser Gehörsinn auch) ermöglichen, erlauben diesen Tieren eine präzise Ortung einer zehn Gramm schweren Garnele in rund einem Meter Entfernung. Das Herz eines Menschen oder eines Hais, des Rochens natürlicher Feind, mit einer typischen Masse von rund 1000 Gramm und Quelle einer intensiven und charakteristischen elektrischen Aktivität, müsste er in der unmittelbaren Nachbarschaft seines Körpers erst recht präzise orten können. Identische Organe besitzen übrigens Haie, die mit den Rochen bekanntlich verwandt und in der Unterklasse der Quermäuler (Elasmobranchii) zusammengefasst werden. In ähnlicher Bauweise kennen wir Elektrorezeptoren bei Amphibien und bei Knochenfischen. Sogar bei einem Säugetier, dem australischen Schnabeltier (Ornithorhynchus anaticus), mit seinem drolligen Entenschnabel kennen wir diese Art von »Radar«.

    [ Evolutionär ]

    Aber, einmal vorausgesetzt, die stachelbewehrten Angehörigen der Familien Stechrochen (Dasyatidae) und Adlerrochen (Myliobatidae) können tatsächlich das Herz eines Angreifers orten: Bedeutet das dann auch, dass sie einen Abwehrschlag tatsächlich gezielt dagegen ausrichten? Die Antwort könnte nur aus dem Experiment und der Feldbeobachtung kommen, doch wir können dennoch sinnvolle Überlegungen darüber anstellen, ob ein solches Verhalten plausibel wäre. Plausibel hieße hier, dass Gesetzmäßigkeiten der Biologie ein solches Verhalten als wahrscheinlicher erscheinen ließen als alternative Verhaltensweisen. Es ist die Evolutionstheorie von Darwin und Wallace, die uns eine Stütze bietet. Demnach sind die Eigenschaften und damit auch die Verhaltensweisen eines Lebewesens nach und nach durch genetische Zufälle entstanden. Sie werden vererbt und unterliegen einer unerbittlichen Selektion der vorteilhafteren gegenüber den unvorteilhafteren Eigenschaften, so dass die letzten nach und nach verschwinden. Rochenfossilien mit modernem Erscheinungsbild findet man bereits in rund 80 Millionen Jahren alten Sedimenten. Die »Erfindung« ihrer Elektrorezeptoren muss noch älter sein, schließlich besitzen Haie die selben Anlagen, und Rochen und Haie gingen vor mehr als diesen 80 Millionen Jahren auseinander. Das heißt, mindestens 80 Millionen Jahre hatten sie Zeit, ihr Elektrosinnesorgane und ihre Flucht- und Abwehrstrategien unter dem Druck der unerbittlichen Selektion zu verfeinern. Bei einer angenommenen beständigen Population von nur einer Million Tieren ergeben sich weit mehr als 100 Billionen (das sind eine 1 und 14 Nullen!) Chancen, um durch genetische Zufälle auf einen evolutionär vorteilhafteren Körperbau und Verhaltensweisen zu kommen. Liegen derartig lange Evolutions- und Selektionsbedingungen vor, dann findet man regelmäßig, dass das untersuchte Lebewesen Strategien entwickeln konnte, deren Effektivität äußerst nahe an einem Maximum liegt, das seine Anlagen (Sinnes- und sonstige Organe) überhaupt zulassen. Und außerdem bewährt sich dann das Prinzip des »reverse engineering«. Es besagt, dass wir darauf vertrauen können, dass die Merkmale eines Lebewesens nicht umsonst da sind - sondern dass sie da sind, um genau das zu tun, was sie auf Grund ihres »Designs« am besten können.

    [ Effiziente Abwehr ]

    Gestützt auf diese Regeln wagen wir folgende Hypothese: Rochen können mittels ihrer Elektrorezeptoren mit guter Präzision das Herz eines Angreifers orten. Ihren Abwehrschlag richten sie gezielt dagegen aus. Diese Strategie wäre nämlich viel effektiver als ungezielt zu schlagen. Ihr Stachel, erigierbar, um als Dolch zu wirken, und mit Widerhaken und Toxinen versehen, erscheint primär entwickelt, um dem Angreifer eine tiefe, ernste Verletzung zuzufügen und ihn mittels der verabreichten Toxine zu töten - und weniger, um nur oberflächlich zu verletzen. Im Giftcocktail des Stachels befinden sich Toxine, die sofort starke Schmerzen hervorrufen. Evolutionär besitzt dieses Detail den Vorteil, dass ein nicht tödlich verlaufener Abwehrschlag durch die Schmerzen dennoch einen Schock und damit eine effektive Abschreckung erzielen würde. Die Sollbruchstelle des Stachels spricht ebenfalls für einen evolutionären Vorteil für den Rochen daraus, dass der im Körper des Angreifers verbliebene Stachel mit seinen Giften seinen schädigenden Effekt weiter entwickeln kann. Der Rochen zahlt mit dieser Strategie eindeutig einen empfindlichen Preis: den Verlust seines Abwehrorgans, zumindest temporär. Dieser Punkt ist nicht ohne Bedeutung. Spieltheoretische Modelle lassen bei solchen Konfliktsituationen einen evolutionären Vorteil für den »Verteidiger« daraus erwachsen, dass er seine Abwehrstrategie moduliert: bei geringer Bedrohung nur Flucht oder ein schwacher Schlag, so dass sein Abwehrorgan erhalten bleibt. Ein Schlag aufs Ganze, wenn er sich ernstlich bedroht fühlt. Interessant in diesem Zusammenhang: Studien belegen, dass bei 95 Prozent der verletzten Menschen keine Stachelrückstände verbleiben. Im Zweifel für den Angeklagten, so wie in u 11/2006 ausgeführt? Wir haben keinen Zweifel, dass Tauchen mit Rochen keine übermäßige Gefahr bedeutet. Unvergesslich bleiben uns Nachttauchgänge 1987 vor der Malediven-Insel Ellaidhoo mit rund zehn zutraulichen Stachelrochen, die uns umschwirrten. Wir möchten diese wundervolle Begegnung nicht missen, und wir werden solchen in der Zukunft nicht aus dem Wege gehen. Aber Vorsicht muss sein! Und wir hoffen, mit unserem Beitrag glaubhaft gemacht zu haben, dass wir bei einem unangepassten Auftreten gegenüber Rochen ernste Konsequenzen befürchten müssen. Lasst Laborexperimente die offen gebliebenen wissenschaftlichen Fragen beantworten. Und nicht Unfallberichte.

    Anne Gonzalez-Rimmark · Dr. Dr. Juan Gonzalez-Cabeza

    Quelle: unterwasser.de



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