Geschichten

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  • Alle Beiträge und Antworten zu "Geschichten"

    Re: Geschichten

    Anonymous - 07.11.2006, 09:10

    triviale Gedanken
    Die Sucht der Einsamkeit

    Ich stehe am Waldrand. Ich habe Angst. Ich bin alleine.
    Ein grauer Nebel zieht auf und behinderte meine Sicht. Verunsichert schaue ich auf den Boden, um den Nebel Respekt zu bezeugen. Man hört einen Eisberg brechen, so läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Mein Atem ist unterbrochen und das Herz stolpert vor Angst.
    Ein tief- schweres Atmen entflieht der unendlichen Tiefe der Furcht – die Gemütsbewegungen meiner Person sind erloschen. Ich war wie gelähmt. Ich weinte. Wie ein kalter Fluss kurz vor dem erstarren, so fühlen sich meine Tränen an. Ein schmutziges Tuch sorgt dafür, dass sie nicht weiterlaufen und meine Augen zum erstarren zwingen. Ich möchte fliehen und dem Elend entweichen. Ich möchte nach Hause. Ich möchte Heim.
    Die Angst verlässt mich nicht. Sie ist mein ständiger Begleiter – nahezu omnipräsent.

    Ich laufe und laufe und bin stets allein. Über Gassen und Wege, über Straßen und Brücken. Ich bin allein.
    Laubblätter fegen über die leeren Gassen. Der Wind beschallt die trostlosen Wege. Keine Menschenseele begeht die Straßen meiner Einsamkeit. Niemand.

    Rechtschreibfehler könnt ihr behalten ;D



    Re: Geschichten

    jochen - 07.11.2006, 09:55


    *wuhaaa* habs nichmal ganz gelesen, es graust mich
    bin ich grad gar nich in der stimmung dazu



    Re: Geschichten

    Anonymous - 21.11.2006, 11:17

    Der kleine Junge



    Ich konnte es kaum glauben, als mein Sechsjähriger Sohn zum ersten Mal ein Wort verlor.
    Sechs Jahrelang war er Stumm, sagte nichts, nicht mal ein kleines Tönchen kroch aus seinem zarten kleinen Mund. Die Mundwinkel fallen stets nach unten, kein Lachen, keine Emotion verlässt die Hülle meines behinderten Sohnes. Wenn er nur einmal lachen würde, nur ein kleiner Zuck im Gesicht, oder eine kleine Gemütsbewegung. Keine Chance. Die Sonne würde aufgrund so einer herrlichen Tatsache aufgehen und mein Leben komplett verändern.
    Jedoch musste ich der Wahrheit ins Auge sehen und realisieren, dass sein Alltag nur grau und bemitleidenswert ist.
    Es stellte sich schon sehr zeitig heraus, dass er anders strukturiert ist, als seine gleichaltrigen Spielgefährten. Er ist sehr introvertiert und lässt sich auf keinen Kontakt mit Fremden ein. Für uns ist es schon sehr schwer mit ihm umzugehen. Man könnte schon fast sagen, dass er depressiv ist und in seiner eigenen Welt lebt und diese auch noch regiert. Es war keine schöne Zeit für uns. Wir mussten alle Federn lassen und den ein- oder anderen Dornenkranz aufsetzen um gemeinschaftlich bestehen zu können.
    Nach sechs Jahren erst, kam der Freispruch. Kein Arzt, kein Psychologe konnte uns sagen, was in ihm vorgeht, geschweige denn, was er hat. Aber endlich hat er gesprochen. Auch wenn wir nicht deuten können, was er spricht, aber er spricht und genau das ist unser größter Erfolg bisher. Ich hoffe und bete dafür, dass er irgendwann normal wird. Egal wie alt er ist, Hauptsache ist, er wird gesund.

    Zwei Jahre sind nun seither vergangen. Mein Junge ist gewachsen, er ist größer geworden. Er spricht den ganzen Tag irgendwelche Laute, Wortgruppen oder vielleicht sogar Sätze. Vor zwei Tagen befand ich mich in seinem Zimmer. Er saß in der Mitte des Raumes und spielte mit Daunenfedern, die er von seinem zerbissenem Kissen hat. Er legte sie nebeneinander, sie besaßen eine bestimmte Reihenfolge.
    Erst legte er nur eine Feder vor sich und direkt danach zwei Federn darunter. Im Anschluss ergänzte er den Ablauf logisch. Also eins, zwei, drei, fünf, dann acht Federn. Nach 4 Stunden war der Fußboden voller Federn. Er war fertig. Keine einzige Federn lag nun ungeordnet herum, er rastete völlig aus, und zerschlug seinen Tisch und den Schrank dazu. Er tat sich weh und blutete fürchterlich – er schrie und lachte zugleich.
    Es war ein emotionaler Tiefschlag für mich, tatenlos zuzusehen wie ein Mensch, tiefsinnig verwirrt, sich auf die Suche nach der Realität befindet. Täglich verhockte er Stunden in seinem tristen, fahlen Zimmer. Es war ein Martyrium, es war sein Martyrium, er konnte es sich leider nicht heraussuchen. Gefangen in einem Makrokosmos, wo es kein Ausweg gibt, in einer Welt wo liebende Wärme zu Eis erstarrt und die Hilferufe schier verstummen. Vielleicht betrachte ich die Situation einfach zu zynisch, oder bin ich einfach pragmat? Ich weiß es nicht, vielleicht sollte ich nicht in solchen Gedanken schwelgen um den Halt nicht so verlieren. Ich war schon immer sehr rational und Objektiv, jedoch kommt so langsam die Grenze die es mir verbietet so zu denken. In welchem Sein befinde ich mich? Ist es ein Sosein? Oder ein simples Dasein? Oder versetzt mich mein Kind in einem noch unbekannten Sein? Ich sollte lieber nicht philosophieren, sondern mich eher auf mein Sohn konzentrieren, um eine geeignete Lösung zu finden.

    Es war an einem Montag morgen. Schmerzerfüllte Schreie durchfliegen das Haus, sie durchbrechen sogar die Wände, so laut sind sie. Prompt rannte ich ins Zimmer um zu sehen, was geschah. Mein Sohn lag am Boden komplett verkrampft, starr wie ein stück Eisen. Das Blickfeld färbte sich rot vor Schmerz, mein Herz klopfte und Schlug immer schneller. Sofort griff ich zum Telefon und wählte die Notrufnummer. Es dauerte keine viertel Stunde, da holte die Rettungsleitung meinen Sohn ab.
    Ich habe das Gefühl, dass mein Brustkorb in tausend Stücke zerfällt. Habe ich etwas falsch gemacht? Besitze ich keine Erziehungsqualitäten, oder habe ich als Vater versagt? Ich kann mir doch keine Fehler leisten. Mein Sohn ist schwer krank. Was soll ich nur tun?

    Seitdem Vorfall wohnt mein Kind in einer Psychiatrie. Das warten nimmt kein Ende – Jahr für Jahr vergeht.
    Am Sonntag in einer Woche wird er 18 - wie jeden Tag werde ich ihn besuchen gehen. Ich habe extra ein paar Rosen eingekauft und eine kleine Schokoladentorte, die er so gerne isst. In letzter Zeit habe ich kaum Zeit zum Schlafen. Alpträume und psychomotorische Unruhe überkommen mich und zwingen mich zur Depression. Auf dem Weg ins 150 km entfernte Krankenhaus nach Willhelmshafen verspüre ich auf einmal, wie sich etwas in mir verändert. Ich kann nicht mehr denken, kein Gedanke lässt sich mehr klar fassen. Mein Blickfeld verschwimmt und tausend bunte Farben, die ich noch nie zuvor gesehen habe, schwirren in meinem Kopf herum.
    Mein Auto schlingerte dadurch, ich verlor die Kontrolle und fuhr mit 120 Sachen gegen einen Baum.
    Als der Baum sich näherte, begann ein wundervoller Traum. Ein Licht erschien. Ich konnte den Umriss eines kleinen Jungen erkennen. Er kam näher und starrte mich lächelnd an. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, dass ich den Jungen kenne. Er nahm meine Hand – ich hatte sofort das Gefühl, dass ich ihm folgen soll. Und das tat ich letzt endlich auch.

    Ich wusste nicht wo ich mich befand, völlig verloren im nirgendwo. Mein Körper pulsierte, ein warmes Gefühl kam auf, ich fühlte mich glücklich. Das Licht intensivierte sich, ich konnte Umrisse eines Zimmers mit großen weißen Fenstern erkennen. Vor uns baute sich eine Art Traumtor auf – eine Art Illusion?
    In den Zimmer stand ein Bett, belegt mit einer Person. Ich konnte kaum glauben, was ich da zu Gesicht bekam. Ich sah mich selber, völlig regungslos mit offen stehenden Augen. Eine Krankenschwester trat in das Zimmer und brachte mir eine Tasse Tee. Ich konnte es nicht realisieren was ich da sah.
    Der kleine Junge ließ meine Hand los und forderte mich dazu auf, durch das Tor zu gehen.
    Ich habe nicht einmal einen Zentimeter meinen Fuß bewegt, da verschwand der Junge und ich begriff.
    Wie ein Film, lief eine Geschichte vor Augen ab. Daraufhin ertönte die zarte Stimme des kleinen Jungen. Er sagte:
    „...Sorge dich nicht, deine Vergangenheit kannst du nicht ändern deine Zukunft auch nicht.
    Deine „Krankheit“ ist aus der Sicht der Menschen nicht Heilbar. Hier. Genau hier, da darfst du Leben und sein der du bist. Deine stummen Schreie hört da draußen niemand. Sie sind nur Zeugnis, dass dein Fleisch aus der fremden grauen Welt entfliehen möchte. Du bist ein Wunder, ein lebender Beweis dafür, dass du anders lebst und liebst als andere. Dein Geist jedoch, der lebt hier. Sieh es als Gnade, in dieser Welt leben zu dürfen. Du beweist anderen deine Stärke und Geduld, durch deine fleischliche Schwäche. Du weist nun wer du bist, und warum du so bist. Nicht nur der kleine Junge ist ein Teil von dir, sondern auch die ganze Realität um dir herum, die Welt gehört Dir...“
    Ich fühlte mich geliebt, verstanden, akzeptiert und begab mich auf dem Weg meines Lebens und betrat das Tor zur Wirklichkeit.


    - ENDE -
    [/img]



    Re: Geschichten

    Anonymous - 21.11.2006, 11:24


    Muss noch alles korrigiere, zu GROß geschriebene adjektive zB....
    könnt mich ruhig daraufhinweisen.


    baba maze



    Re: Geschichten

    jochen - 22.11.2006, 23:36


    Eine graue Welt voller Schmerz, alles Teil eines inneren Menschenlebens. in welches Licht hineinkommt.

    So würd ich jetzt meinen Eindruck beschreiben. Ich denk du hast etwas von dir in die Geschichte hineingelegt, von deiner inneren Welt. Jedenfalls mein ich das herauszulesen.

    Schwierige Geschichte, fällt mir schwer ne Meinung dazu zu bilden :roll:



    Re: Geschichten

    Anonymous - 23.11.2006, 08:08


    Man besitzt genügend Raum zum interpretieren. Die eigentlich "verständlichen" züge werden erst sichtbar, wenn man nicht zu engstirnig denkt und zwischen den Zeilen liest.
    Zum Verständnis:

    Es geht um einen Jungen mit einer schweren Erkrankung. Er besitzt so ziemlich alles, was es an psychischen defiziten gibt.
    Multiple Persönlichkeit, Schizophrenie, Authismus usw...
    Das wird beim Lesen deutlich, vorallem am Ende.
    Und der Schreiber ist nicht sein Vater, sondern das Kind selber.

    baba matze



    Re: Geschichten

    jochen - 23.11.2006, 11:02


    Zitat:Und der Schreiber ist nicht sein Vater, sondern das Kind selber.


    Das kommt irgendwie nicht so richtig raus, find ich. Es ist gut geschrieben, viel Raum um Interpretieren - seeeeehr viel Raum. Für mich zuviel :wink:
    Ich habs halt gern klar,deutlich ins gesicht. zumindest bei texten. Is trotzdem schön, aber der Faden ging mir beim Lesen verloren

    EDIT: Deshalb hab ich geschrieben, das für mich die Geschichte von einer inneren Welt spielt. Sowas kann man schlecht beschreiben, erklären .Viele Werke versuchen das. Deine geschichte beschreibt ja so eine innere, nicht greifbare Welt. Deshalb schwierig eine Diskussion drüber zu führen, entweder spürt man das beim Lesen oder net :)

    PS: fährst heute abend mit nach Rodewisch? (Donnerstag, 23.11.)



    Re: Geschichten

    jo3 - 17.12.2006, 19:02

    againisim
    du bist viel zulange drausen geblieben und hast dabei vergessen wie du wieder heim kommst... und falls du dir noch mal die nase abfrieren musst (mangelnde lernFX) dann nimm dir ne decke mit das du dich wenigstens mal in ruhe hinsetzen kannst. :shock:



    Re: Geschichten

    Apparatschik - 17.12.2006, 22:41

    Geschichten
    Hier bitte alle Short Stories, Geschichten und sonstige narrative Texte posten.
    Danke



    Re: Geschichten

    pga - 19.05.2008, 16:14

    Der kleine Junge
    endlich hab ich mal die zeit gefunden, meine alte, erste geschichte "der kleine junge" zu ende zu schreiben.

    Der kleine Junge

    Ich konnte es kaum glauben, als mein sechsjähriger Sohn zum ersten Mal ein Wort verlor. Es geschah 1987 in Helmingen, Brennstett. Ich saß in meinen 40 Jahre alten abgenutzten Stuhl und drückte mir, am Fenster der Durchgangstür, kippelnd, die Nase platt.
    Er stand in seinem Zimmer und hob mit den Fingerspitzen seine bunte Schürze, leicht hin und her tänzelnd, hoch. Immer wieder stand Eric, so hieß mein behinderter Sohn, vor dem Spiegel und zupfte sich innig an seinen Haaren, in denen eine kleine Schleife in Form eines Möbiusrings eingearbeitet war. Außerdem zupfte er sich hier und da ordnend an seiner Schürze. Seine schlanken Finger strichen immer wieder über seinen schmalen und schmollenden Mund. Sein kleiner gelber Bagger glitzerte im Schein der Sonne und behutsam tastete er sein Helles, langes und glattes Haar ab, das zu einem kleinen Pferdeschwanz am Hinterkopf zusammengebunden war.

    Sechs Jahre lang war er Stumm. Er sagte nichts. Nicht mal ein kleiner Ton kroch aus seinem zarten kleinen Mund. Sein Gesicht entmutigt und seine traubenförmigen Augen zierten sein kleines sommersprossiges Gesicht. Kein Lachen, keine Emotion verließ die Hülle meines Sohnes. Wenn er nur einmal lachen würde, nur ein kleiner Zuck im Gesicht, oder eine kleine Gemütsbewegung. Keine Chance. Die Sonne würde aufgrund so einer herrlichen Tatsache aufgehen und mein Leben komplett verändern.
    Jedoch musste ich der Wahrheit ins Auge sehen und realisieren, dass sein Alltag nur grau und bemitleidenswert war.
    Es stellte sich schon sehr zeitig heraus, dass er anders strukturiert war, als seine gleichaltrigen Spielgefährten. Er ist sehr introvertiert und lässt sich auf keinen Kontakt mit Fremden ein. Für uns war es schon sehr schwer mit ihm umzugehen. Man könnte schon fast sagen, dass er depressiv sei und in seiner eigenen Welt lebt und diese auch noch regiert. Es war keine schöne Zeit für uns. Wir mussten alle Federn lassen und den ein- oder anderen Dornenkranz aufsetzen um gemeinschaftlich bestehen zu können.
    Nach sechs Jahren erst, kam der Freispruch. Kein Arzt, kein Psychologe konnte uns sagen, was in ihm vorgeht, geschweige denn, was er hat.

    Es war an einem Montagmorgen. Meine Zigarre glomm im Aschenbecher vor sich hin. Dünner, bläulicher Rauch stieg schwadig und kräuselnd vor mir hoch und wog sich in feinen, großen Schwaden um meinen Kopf und der Lampe auf dem Tisch, die ein trübes und braunes Licht im Zimmer verbreitete. Wiedermal verbrachte ich die Zeit in meinen rustikalen, klapprigen Stuhl und wusch mit meinen Handballen die angelaufene Scheibe der Durchgangstür ab. Auf einmal geschah es. Im Kreise drehend, sein Speichel lief nahezu spastisch den Mund hinunter, hockte er sich auf einmal auf seinen schwarz-weiß karierten Teppich. Er Sprach. Wie ein blinkender Stern liefen mir die Tränen in meinen alten von falten übersätes Gesicht herab. Es machte keinen Sinn was er von sich gab. Es war semantisch haltlos und daher keiner Kategorie zuzuordnen.

    Endlich hatte er gesprochen. Mein kleiner Sohn, mein kleiner Junge. Auch wenn ich nicht deuten konnte, was er sprach. Fakt war, dass er etwas gesagt hatte und genau das war unser größter Erfolg bisher. Ich hoffte und betete dafür, dass er irgendwann normal werden würde.
    Zum allerersten Mal ertöne seine Stimme mit einem sanften Kolorit. Verwirrt zuckelnd stotterte er irgendwelche Phrasen, Töne, Satzstrukturen vor sich hin.

    Zwei Jahre sind nun seither vergangen. Mein Junge ist gewachsen, er ist größer geworden. Er sprach den ganzen Tag irgendwelche Laute, Wortgruppen oder vielleicht sogar Sätze. Vor zwei Tagen befand ich mich in seinem Zimmer. Er saß in der Mitte des Raumes und spielte mit Daunenfedern, die er von seinem zerbissenen Kissen hatte. Er legte sie nebeneinander, sie besaßen eine bestimmte Reihenfolge, eine Hierarchie.
    Erst legte er nur eine Feder vor sich und direkt danach zwei Federn darunter. Im Anschluss ergänzte er den Ablauf logisch. Also eins, zwei, drei, fünf, dann acht Federn. Nach 4 Stunden war der Fußboden voller Federn. Er war fertig. Keine einzige Feder lag nun ungeordnet mehr herum, er rastete völlig aus, und zerschlug seinen Tisch und den Schrank dazu. Er tat sich weh und blutete fürchterlich – Eric schrie wie ein Mensch während einer Häutung und lachte zugleich, unter krampfartigen Schüttel seiner Schultern, blutige Tränen.
    Es war ein emotionaler Faustschlag für mich, tatenlos zuzusehen wie ein Mensch, tiefsinnig verwirrt, sich auf die Suche nach der Realität befand. Täglich vergeudete er Stunden in seinem tristen und fahlen Zimmer die Zeit. Es war ein Martyrium, es war sein Martyrium, er konnte es sich leider nicht heraussuchen. Gefangen in einem Makrokosmos wo es kein Ausweg gab, in einer Welt wo liebende Wärme zu Eis erstarrte und die Hilferufe schier verstummten. Vielleicht betrachtete ich die Situation einfach zu Naiv, oder war ich einfach nur ein Vater? Ich wusste es nicht und weiß es jetzt immer noch nicht, vielleicht sollte ich nicht in abstrusen Gedanken schwelgen.

    Ich war schon immer sehr rational und objektiv, jedoch kam so langsam die Grenze die es mir verbot so zu denken. In welchem Sein befand ich mich? War es ein Sosein? Oder ein simples Dasein? Oder versetzte mich mein Kind in einem noch unbekannten Sein?

    Es war an einem Montagmorgen. Schmerzerfüllte Schreie durchflogen das Haus, sie durchbrachen sogar die Wände, so schrecklich laut waren sie. Prompt rannte ich ins Zimmer um zu sehen, was geschah. Mein Sohn lag auf dem Boden komplett verkrampft, starr und krumm wie ein Hufeisen. Das Blickfeld färbte sich rot vor Schmerz, mein Herz klopfte und Schlug immer schneller. Sofort griff ich zum Telefon und wählte die Notrufnummer 11235813. Es dauerte keine viertel Stunde, da holte die Rettungsleitung meinen Sohn ab.
    Ich hatte das Gefühl, dass mein Brustkorb in tausend Stücke zerfiel und ein streunender Hund an meinen Rippen zu kauen versuchte. Hatte ich etwas falsch gemacht? Besaß ich keine Erziehungsqualitäten, oder hatte ich als Vater versagt? Ich konnte mir doch keine Fehler leisten. Mein Sohn war schwer krank.
    Seitdem Vorfall wohnte mein Kind in einer psychiatrischen Anstalt. Das warten nahm kein Ende – Jahr für Jahr verging.

    Am Sonntag in einer Woche wird er 18 - wie jeden Tag werde ich ihn besuchen gehen. Ich habe extra ein paar Rosen eingekauft und eine kleine Schokoladentorte, die er so gerne isst. In letzter Zeit hatte ich kaum Zeit zum Schlafen. Alpträume und psychomotorische Unruhe überkamen mich und banden mich, depressiv, in eine tiefe, vor allem ausdauernde, Mondlicht-Stimmung. Auf dem Weg ins 150 km entfernte Krankenhaus nach „Görfingen“ verspüre ich auf einmal, wie sich etwas in mir verändert. Meine zerkratzten Hände waren in Schweiß gehüllt. Mein von Schweiß durchtränktes Taschentuch muss immer die körperlichen Tränen von meiner Stirn wischen. Ich kann nicht mehr klar denken, kein Gedanke lässt sich mehr klar fassen. Ich verspüre Nervosität und mein Blickfeld verschwimmt, etwas geschieht.
    Tausend bunte Farben, die ich noch nie zuvor gesehen habe… was ist das? Sie schwirren in meinem Kopf.
    Mein Auto schlingert. Ich verliere die Kontrolle.
    Der Baum nähert sich. Plötzlich beginnt ein wundervoller Traum. Ein Licht erscheint. Ich kann den Umriss eines kleinen Jungen erkennen. Er kommt näher und glotzt mich lächelnd an. Aus irgendeinem Grund habe ich das Gefühl, dass ich den Jungen kenne. Sein Gesicht strahlt Freude und Glück aus. Er nimmt meine Hand – sofort habe ich die Ahnung, die Intuition, dass ich ihm folgen soll. Ich muss es tun. Ich habe keine andere Wahl. Um mich herum umgibt mich nur schwarzer leerer Raum. Kein Schall – ein Nichts.

    Wo bin ich? Ich weiß nicht wo ich bin. Es erscheint mir irgendwie nebulös, ich fühl mich verloren. Mein Körper pulsiert, ein warmes Gefühl kommt auf, ich fühle mich glücklich. Das Licht intensiviert sich, ich kann die Umrisse eines Zimmers mit großen weißen Fenstern erkennen. Vor uns baut sich eine Art Traumtor auf – ein Typus Illusion?
    In dem Zimmer steht ein Bett soweit ich sehen kann, belegt mit einer Person. Oh mein Gott… Ich kann kaum glauben, was ich da zu Gesicht bekomme. Ich sehe mich selber, völlig regungslos, mit offen stehenden, starren Augen. Irgenwie…

    Eine Krankenschwester kommt in das Zimmer. Sie trägt ein Schild auf der ihr Name geschrieben steht: „Melancholie“. Ich kann es nicht realisieren, nicht fassen, was ich da sehe. Meine Augen schmerzen und sie brennen wie die Hölle.
    Blitzartig lässt der kleine Junge meine Hand los und fordert mich dazu auf, durch das Tor zu gehen.
    „Bitte sei Bar an Mut und Wille, auf das uns die Wahrheit mit Erkenntnis befühlt.“
    Ich habe nicht einmal einen Zentimeter meinen Fuß bewegt, da verschwindet der Junge auf einmal…

    Wie ein Film, läuft eine Geschichte vor Augen ab. Die zarte Stimme des Kleinen ertönt, er sagt: „...Sorge dich nicht, deine Vergangenheit kannst du nicht ändern deine Zukunft auch nicht.
    Deine „Krankheit“ ist aus der Sicht der Menschen nicht Heilbar. Hier. Genau hier, da darfst du Leben und sein der du bist. Deine stummen Schreie hört da draußen niemand. Sie sind nur Zeugnis, dass dein Fleisch aus der fremden und grauen Welt entfliehen möchte. Du bist ein Wunder, ein lebender Beweis dafür, dass du anders lebst und liebst als andere. Dein Geist jedoch, der lebt hier. Sieh es als Gnade, in dieser Welt leben zu dürfen. Du beweist anderen deine Stärke und Geduld, durch deine fleischliche Schwäche. Du weist nun wer du bist, und warum du so bist. Nicht nur der kleine Junge ist ein Teil von dir, sondern auch die ganze Realität – die Welt gehört Dir und das Leben das „Kleinen Jungen“ auch.“

    Ich fühle mich geliebt, verstanden und akzeptiert. Daraufhin begab ich mich auf dem Weg meines Lebens und betrat das Tor zur Wirklichkeit, das Tor in dessen Körper ich meine Realität sah. In den Körper des kleinen, kranken und behinderten Jungen Eric.



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