[HA] Gespräch mit Valentin 14. 12. 2006

Zeugen Kaisers
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    Re: [HA] Gespräch mit Valentin 14. 12. 2006

    Kerstin - 14.12.2006, 19:51

    [HA] Gespräch mit Valentin 14. 12. 2006
    Die Gretchentragödie

    3) Lass in der Szene „Nacht“ nicht Faust und Mephisto, sondern dich selbst auftreten. Sag Valentin, was du im Hinblick auf Gretchens Verhalten bzw. auf seine Haltung denkst.

    Es macht mich wütend mit anzusehen, wie du dich in deinem eigenen Selbstmitleid suhlst und in deiner Angst um deinen eigenen Ruf, allen Hass und alle Schuld deiner armen Schwester zukommen lässt.
    Wieso glaubst du deine Ehre zu retten bzw. wieder herzustellen, in dem du Faust tötest? Wo genau siehst du dich eigentlich in dieser Misere? Erst bist du, aufgrund deiner Arbeit als Soldat, die ganze Zeit weit weg von deiner Familie, während sich Gretchen aufopferungsvoll um sie kümmert. Du bewunderst sie dafür, honorierst ihr besonderes Wesen, ihre Reinheit und findest, dass keine andere ihr das Wasser reichen kann. Wie oberflächlich ist jedoch deine Schwärmerei, wenn sie sich anhand dem Geschehenen so schnell in Hass und Verachtung umwandelt? Meiner Meinung nach zeigt sich jetzt, wie egoistisch du bist, da deine ersten Gedanken, nachdem du von den Gerüchten über deine Schwester gehört hast, deinem eigenen Ansehen gelten. Obwohl du genau um das brutale Verhalten der Gesellschaft weißt und es zumindest, was dich selbst betrifft, fürchtest, denkst du dabei nicht eine Sekunde an deine Schwester und vielleicht daran, dass sie gerade jetzt deinen Beistand bräuchte. Natürlich ist es schwer, nichts darauf zu geben, was die Leute über einen denken, doch wo bleibt deine Liebe und dein Verständnis, wenn du Gretchen verstößt und verfluchst, ohne dich einmal in ihre Lage versetzt zu haben, hinter die Gerüchte zu blicken und nach Beweggründen für ihr Verhalten zu suchen?
    Gretchen war in deinen Augen das Idealbild einer Frau: Rein, gläubig und tugendhaft. Wie schnell verwirfst du anhand dem Vorgefallenen dieses Bild. Wie jeder andere Mensch hatte auch Gretchen Bedürfnisse und Träume. Sie sehnte sich nach ewiger Liebe und Treue und hatte wohl die Hoffnung dies bei Faust zu finden. Vielleicht war es leichtsinnig von ihr sich auf ihn einzulassen, doch hatte sie die Hoffnung, dass sich ihre Träume durch ihn erfüllen würden, was für mich nur zu gut nachvollziehbar ist. Das nicht sie allein die „Schuldige“ ist, zeigt sich an diesem Punkt, den auch Faust hat sich auf eine Beziehung mit ihr eingelassen, jedoch ist es für ihn nun einfacher sich aus der Verantwortung zu ziehen und sie alleine zurückzulassen, ohne zu seinem Handeln zu stehen.
    Doch geht die Schwere dieser Situation über die beiden hinaus. Ebenso wichtig scheint mir die Einstellung der Gesellschaft zu sein, die von vorneherein eine solche Verbindung verachtet und konservativ und kirchengeprägt wie sie ist, eine außereheliche Beziehung zwischen zwei Liebenden verbietet. Es muss noch viel geschehen, bis sich daran etwas ändert und es tut mir Leid um Gretchen. Schließlich sollte nicht sie für das büßen müssen, was ein Fehler in den Köpfen der anderen ist.



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