Mittelalterliche Reiseberichte

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    Re: Mittelalterliche Reiseberichte

    Anonymous - 25.07.2007, 05:18

    Mittelalterliche Reiseberichte
    Solche Texte kennt man, zumindest dem Namen nach weiß man, daß da ein gewisser Herr Marco Polo etwa hier und da hinreiste, daß da große Handelsgeschäfte gehalten wurden, ja man hört von fremden Völkern und lauter wunderlichen neuen Dingen. Tatsächlich sollte man sich mittelalterliche Reiseberichte einmal näher zu Gemüte führen.

    Seien es die Reisenden gen Indien, gen Asien, gen Afrika (womit die damaligen drei Erdteile erschlossen sind), seien es die Berichte von edlen Rittern auf ihren Kreuzzügen oder wilden Seefahrern auf hoher See. Auch die Reisen gen Jerusalem dürfen hier nicht fehlen, nach Santiago de Compostella u.s.f.

    Als Einstieg zu dem ganzen Thema empfiehlt sich Norbert Ohler ´Reisen im Mittelalter´. Er beschreibt detailiert die Bedingungen und Möglichkeiten des Reisens im Mittelalter, Reiseziele und auch einige der wichtigen Reiserouten.

    Besonders interessant sind dann die Asienreisenden: z.B Marco Polo, John de Mandeville, Wilhelm von Rubruck, Odorich von Pordenone etwa, mit ihren Begegnungen der Tartaren, des Groß-Khans Dschinghis Khan und - besonders bei Rubruck - den Erlebnissen mit der Goldenen Horde.

    Was das ganze spannend und interessant macht, ist nicht allein die Differenz der Wahrnehmung im Vergleich zur Gegenwart, sondern vor allem die fantasievolle Ausschmückung der Inhalte. Da tauchen plötzlich einbeinige Riesen in Indien auf, seltsame Fischer die den halben Tag unter Wasser bleiben, eigenartige Fratzen im Fels und gar Dämonen in vielerlei Gestalt.

    Bei allem wird einem irgendwann deutlich, forscht man einmal tiefer nach, was es mit diesen Fabelwesen auf sich hat, daß sie natürlich einen Ursprung haben müssen. In den Reiseberichten finden wir letztlich die Ansätze zu späteren Schreckenswesen, die uns vorgesetzt werden, da finden wir die Wolfsmenschen, da finden wir die Kannibalen und Menschenfresser. Dort, wo ritueller Brauch und Unverständnis für diese Realität aufeinandertreffen, entsteht eine neue ausgeschmückte Wirklichkeit.

    Weiterhins sind diese Berichte auch - je nachdem wer sie schhreibt - fabelhaftes Zeugnis dafür - wie sich das Christentum auch in recht fernen Regionen auszubreiten suchte, dort wo der geheimnisvolle Priester Johannes auftaucht, dort, wo der Orden der Nestorianer plötzlich die götzenanbetenden Mongolen im Geiste packt, dort wo Franziskaner, Minderorden, Sarazenen, und - gesondert von Sarazenen genannt - eben jene tartarisch-mongolischen Götzendiener aufeinandertreffen...

    ...regelrechte Propaganda wird in vielen dieser Berichte geliefert. Das Fremde ist das Niedere, das Teuflische, das Schlechte. Die Christen aber sind so heldenhaft, daß ihnen - man lese den Odorich - Bericht - selbst das Feuer nichts anhaben kann. Reliquien erzeugen treibenden Wind, während Mammon und Co in Gold oder simpler Filzgestalt zu Boden getreten werden.

    Welche Euphorie diese Texte bewirkten, läßt sichersehen, wenn man sich vor Augen führt, mit welcher Hysterie die Menschen den Beerdigungen solcher Reisenden beiwohnten. Wie göttliche Wesen wurden sie verehrt. Nehme man ruhig wieder den Odorich, so warf man sich diesem zu Füßen, riss Kleidungsfetzen von ihm ab um sie als Reliquie mit sich zu führen, ja eine Frau wollte gar einen Finger von ihm trennen.

    Anders aber jene, wie etwa Rubruck oder Marco Polo, die nicht alein des Missionierens wegen fuhren. Man erkennt sofort den wesentlichen Unterschied. Zwar tuachen auch die fabelhaften Wesen auf, aber alles wird mit einem Zeichen der Bewunderung für das Neue und Fremde geschildert. Vor allem aber auch viel wahrheitsgetreuer. Wo bei Odorich noch der Groß-Khan ein überreicher Kaiser ist, da weiß Rubruck besser zu berichten. Nicht teure Rüstung hatte die Goldene Horde an, viele hatten nicht einemal einen Halsberg, oft trug man gefundene oder eroberte Rüstung mit sich. Nicht in prächtigen Häusern die alles irdische Laster zeigten, hausten sie, sondern in Filzzelten - wofür sie eigtl. auch bekannt sind.

    Langer Text, kurzer Sinn: Es lohnt sich definitiv, sich einmal mit dieser Thematik zu befassen. Nicht jeder Text ist leicht zu lesen, oft wirkt er zäh und schleppend, aber im Vergleich ergeben sie ein faszinierendes Bild der Reisen unserer Vorzeit.



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