Zwangssterilisationen im Nationalsozialismus

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    Re: Zwangssterilisationen im Nationalsozialismus

    Seht - 26.10.2006, 12:31

    Zwangssterilisationen im Nationalsozialismus
    Zwangssterilisationen im Nationalsozialismus


    Mit Beginn des Jahres 1934 trat das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933" in Kraft. Es wurde die lückenlose Erfassung aller Frauen nach "erbgesundheitlichen" Aspekten angestrebt. Diese Art der Politik stand ganz unter bevölkerungspolitischen Zielen. Die Kriterien für sogenannte Erbkrankheiten ließen viel Spielraum für willkürliche Auslegungen. Über die Eingriffe entschieden eigens dafür geschaffene, sogenannte Erbgesundheitsgerichte, die die Sterilisationen auch gegen den Willen der Betroffenen anordnen konnten. Bei den Frauen wurde auch das soziale und sexuelle Verhalten von den Nationalsozialisten bewertet. Frauen, die häufig den Arbeitsplatz wechselten, die ihre Kinder ohne Mann erzogen, durch einen individuellen Lebensstil auffielen, sich nicht der nationalsozialistischen "Norm" entsprechend verhielten, deren "sexuelles Verhalten" als "auffällig" eingestuft wurde (hierzu zählten "häufig wechselnder Geschlechtsverkehr", "starker erotischer Eindruck", "sexuelles Interesse", "sexuelle Erregbarkeit") wurde "moralischer Schwachsinns" attestiert. Mit dieser Einstufung wurden sie zwangssterilisiert.

    "Die Zahl der entarteten Individuen, die geboren werden, hängt hauptsächlich von der Zahl fortpflanzungsfähiger entarteter Frauen ab. Die Sterilisation der entarteten Frau ist rassehygienisch daher wichtiger als die des Mannes."(aus: Kankeleit: "Die Unfruchtbarmachung aus rassehygienischen und sozialen Gründen", 1929; zitiert nach: Gisela Bock: "Zum Wohle des Volkskörpers...Abtreibung und Sterilisation im Nationalsozialismus", in "Frauen unterm Hakenkreuz") Der Rassismus des Nationalsozialismus sprach vielen Frauen, das Recht, Kinder zu haben, ab. Am 14. Juli 1933 wird die Zwangssterilisation durch das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" legitimiert. Ein Gesetz von 1935 legitimierte die Schwangerschaftsunterbrechung aus sogenannten "eugenischen" Gründen, die mit einer anschließenden Zwangssterilisation verbunden war. 1936 wurde § 1 des erstgenannten Gesetzes so geändert, daß die Sterilisationen nicht mehr nur durch einen "chirurgischen Eingriff", sondern durch einen "ärztlichen Eingriff" erfolgen durfte.Die nahezu 300.000 "legalen" Sterilisationen, die bis 1937 belegbar sind, waren zum größten Teil erzwungen. Infolge des Eingriffs starben rund 400 Frauen und 70 Männer. Weiter wurden rund 7.000 Schwangerschaften aus "eugenischen Gründen abgebrochen und eine nachfolgende Zwangssterilisation durchgeführt. Von 1933 bis 1943/44 passierten über vier Millionen Menschen die Selektion der Amtsärzte. Selektiert für die Zwangssterilisation wurden Mädchen und Frauen, die als "asozial", "schwererziehbar", schizophren, hysterisch, taub oder blind, manisch-depressiv galten, aber auch die, die häufig ihre Arbeit wechselten, sich prostituierten, alkoholabhängig waren oder die "keinen Haushalt führen konnten".

    Zwangssterilisationen in KonzentrationslagernIn den Dienst der Unfruchtbarmachung stellten sich ÄrztInnen und Unternehmen der Pharma- Industrie, die zumeist aus eigener Initiative an die SS herantraten und um entsprechende Unterstützung bei der Erprobung verschiedener Methoden baten. Himmler beauftragte zu Beginn des Jahres 1941 Viktor Brack (Oberdienstleiter des Hauptamtes II der Kanzlei des Führers) und einige andere Ärzte Sterilisationsmethoden zu erarbeiten, welche die Unwissenheit der Opfer gewährleisteten. Brack führte Röntgenversuche an Mädchen und Frauen im KZ Auschwitz durch und kam zu dem Ergebnis, daß durch Anwendung eines Zwei-Röhre-Systems 150 bis 200 Menschen täglich und nach Ausweitung auf 20 Anlagen 3.000 bis 4.000 Menschen täglich sterilisiert werden könnten. Einer der Ärzte, die an diesen Experimenten teilnahmen, war der ehemalige Anstaltsleiter Dr. Schumann, der an mehreren Euthanasieaktionen beteiligt war. Er kastrierte in Auschwitz männliche Häftlinge und sterilisierte im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück Mädchen (Sinti und Roma) durch Röntgenstrahlen. Seit Oktober 1941 wurden KZ-Häftlinge auch für Experimente von medikamentösen Sterilisationsversuchen mißbraucht. Im Mai 1942 schilderte Prof. Clauberg in einem Brief an Himmler eine weitere Methode zur Unfruchtbarmachung: das Einspritzen einer Reizflüssgkeit in die Gebärmutter. Clauberg begann seine Experimente im KZ Auschwitz-Birkenau. Anfang des Jahres 1943 bekam Clauberg im Männer-Stammlager Auschwitz I Block 10 für seine Experimente zugewiesen. Mehrere tausend Frauen, Jüdinnen, Polinnen, Sinti und Roma, fielen dort Claubergs Experimenten zum Opfer. Im Januar 1945 wurde das KZ Auschwitz geräumt, danach sterilisierte Clauberg im KZ Ravensbrück mindestens 35 Mädchen, über die Hälfte von ihnen ohne Narkose. Die Mädchen und Frauen der Sinti und Roma sowie Jüdinnen waren verstärkt die Opfer der Zwangssterilisationen. Deutsche Frauen wurden "nur" zur "individuellen Bestrafung" sterilisiert. Es ist bekannt, daß viele der sterilisierten Mädchen erst zwischen 9 und 11 Jahre alt waren. Zahlreiche sterilisierte Mädchen und Frauen starben nach einem derartigen Eingriff. Eine anschließende medizinische Behandlung wurde ihnen verwehrt. Fand eine notdürftige Behandlung statt, so war sie oftmals auschließlich dem Einsatz der im Revier tätigen Häftlingsschwestern und -ärztinnen zu verdanken.
    (Quelle: "Frauen in Konzentrationslagern. Bergen-Belsen. Ravensbrück" von Fülberg-Stolberg/Jung/Riebe/Scheitenberger)

    Erst 53 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus, im Juni 1998, hebt der Bundesrat der Bundesrepublik Deutschland alle NS-Urteile auf, die nach dem 30. Januar 1933 aus politischen, militärischen, rassistischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen ergangen sind. Aufgeboben werden auch die rund 350.000 Anordnungen von Zwangssterilisationen sogenannter Erbgesundheitsgerichte. Mit dem Gesetz werden die mehrere Hunderttausend Opfer der NS-Justiz rehabilitiert. Daraus ergibt sich für noch lebende Verurteilte oder für Angehörige von Hingerichteten jedoch kein "Entschädigungsanspruch".



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