Wie steht der christliche (vorab kath.) Glauben zum Islam?

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    Re: Wie steht der christliche (vorab kath.) Glauben zum Islam?

    Anonymous - 21.08.2006, 15:54

    Wie steht der christliche (vorab kath.) Glauben zum Islam?
    Gerne würde ich in Erfahrung bringen - ob der Islam als Glaube im Christentum akzeptiert wird - so wie der christliche oder jüdische Glauben im Islam erwähnt und akzpetiert wird (Glauben an den einen Gott).

    Ich erlebe immer öfters, dass mir vorab aus sehr christlichen katholischen Kreisen harte Kritik entgegenkommt - und der Islam als Macht des Bösen dargestellt wird.

    Selber glaube ich daran, dass ein jeder seine eigene Bestimmung finden muss und so bin ich bemüht, jeden Menschen mit seinem Glauben zu akzeptieren - manchmal auf Distanz, wenn mir dessen Religion sehr fremd ist - und von Herzen, wenn dieser der christlichen oder jüdischen Religion zugehört.

    Gibt es konkrete Worte im christlichen Glauben, die den Islam erwähnen?

    Danke für die Beantwortung dieser Fragen.



    Re: Wie steht der christliche (vorab kath.) Glauben zum Islam?

    Yazmina - 03.11.2006, 15:56

    Versuch einer Antwort auf Ihre Frage
    A salaam alaikum

    Ihre Frage ist, schwer zu beantworten, weil sie verschiedenste Bereiche - Theologie, Geschichte, Soziologie, subjektive Gefühle – betrifft.
    Da wäre einmal die Interpretation und die Übersetzung der Bibeltexte: Von den Urtexten in aramäischer, hebräischer und altgriechischer (Koine) Sprache, früher meist via Griechisch ins Lateinische,von ab jener dann in eine moderne Zielsprache.
    Verschiedenste Kriterien und Faktoren prägen die Übersetzung massgeblich. Einerseits sind dies Probleme die mit den unterschiedlichen Strukturen der Ausgangs- und Zielsprachen (Syntax + Grammatik, Lexika, Schriftsysteme z.B. Annotation mit oder ohne Vokale / diakritische Zeichen), zu tun haben, andererseits die Qualität einer Übersetzung abhängig ist vom Auftraggeber, vom Umfang (ganze Bibel oder nur Teile), von der Art (Neuübersetzung, Revision, Bearbeitung), Zielkultur oder der Zielgruppe, von der Religion des Übersetzers und seinem persönlichen Glauben (Konfession, geistliche Strömung), von der Auslegung der zu übersetzenden Texte, von dem verwendeten Ausgangstext (Original oder Sekundärtexte), vom Übersetzungsansatz, vom angestrebten Sprachstil.

    Eine diesbezüglich offene Frage ist die Übersetzung und Interpretation des griechischen Wortes „Parakletos“ / Paraklytos . Mit Paraklet (abgeleitet vom griechischen παρακλητος) wird im Christentum gewöhnlich der Heilige Geist bezeichnet. Parakletos bedeutet "Anwalt", "Beistand" (Einheitsübersetzung, Elberfelder), "Tröster" (Lutherbibel), Helfer oder Stellvertreter (Neue Genfer Übersetzung) und leitet sich vom Wort παρακαλεω (herbeirufen) ab. Paraklytos dagegen bedeutet „der Gepriesene“, auf Aramäisch "Hamda" oder "Hamida" (arabische Wurzel /hmd/ >> „Ahmad“ >> Muhammad).

    Neben der Interpretation der Bibeltexte, die von den meisten nicht im Originaltext gelesen werden können, spielt das Dogma sowie der Machtanspruch der Kirche während ihrer bald 2000jährigen Geschichte eine bedeutende Rolle. Die Kirche, eine von Menschen geschaffene Institution, die Anspruch erhebt, Gottes Wort zu verkünden, als einzige die Wahrheit und richtige Interpretation zu vertreten, inkl. dem Prinzip der Unfehlbarkeit des Papstes bei der katholischen Kirche, der sich die Mitglieder zu unterordnen haben.

    Geschichtliche Aspekte, wie die Ausbreitung des Christentums im frühen Mittelalter, territoriale Verluste nach dem Auftreten des Islams, verbunden mit dem Machtverlust der Kirche im Nahen und Mittleren Osten (5 Kreuzzüge), in Nordafrika, die über 700jährige Präsenz eines muslimischen Staates „al-Andaluz“ auf europäischem Boden (einzelne kleine Erkundungstrupps drangen bis nach Pontresina vor), die Ausbreitung des Osmanischen Reichs bis vor die Tore Wiens…

    Als weitere menschliche Eigenart ist das psychologische Phänomen "Angst" zu nennen, die ja eigentlich ein Schutzmechanismus ist, leider aber vielfach benutzt wird, um die Meinung der Menschen zu beeinflussen.

    Der „Islam als Macht des Bösen“ fundiert auf christlichen mittelalterlichen Schriften, deren Zweck es war, die neue Religion abzuwerten, den Übertritt armer Bevölkerungsschichten zum Islam und den damit verbundenen Machtverlust der Kirche zu verhindern.
    Ein bekanntes Beispiel ist das Verstecken muslimischer naturwissenschaftlicher Schriften, der Astronomie (geozentrisches gegen heliozentrisches Weltbild), Mathematik, Medizin, Musik, Geographie, nach dem Tode Friedrich II in Palermo im Jahr 1250 durch den dortigen Bischof.
    Dies ist Vergleichbar mit der Verbrennung Bruno Giordanos, der wie Kepler und Galileo Galilei, vom heliozentrischen Weltbild überzeugt war und auch muslimische Quellen studiert haben sollen. Galileo zog das Leben vor. Der Papst soll ihm zu Verstehen gegeben haben, dass er der wissenschaftlichen Richtigkeit der Theorie nichts entgegenzusetzen hätte, damit aber für die Kirche ein Problem entstehe: wie erklärt man den Kardinälen, Bischöfen und Gläubigen den Wechsel vom Zentrum des Universums an den Rand einer mittleren Galaxie, die sich irgendwo durchs Universum bewegt? Wie erklärt man, dass nicht alles um die Erde kreist, sondern die Erde um sich selbst und um die Sonne bewegt, die wiederum mit der Galaxie kreist, welche ja auch wieder mit ca. 550km/sec. durch das Universum fliegt?

    Es sind die Ängste von Menschen christlichen Glaubens, die mangels Kenntnis und aufgrund gezielter Fehlinformation, den in den 90er Jahren aufkommenden islamistischen Terrorismus mit dem Islam verwechseln. Solange dieser auf muslimische Gebiete beschränkt blieb (Bsp.: GSPC in Algerien, seit 1992 ca. 80'000 Tote), interessierte dies wenig. Nach den Anschlägen in New York, in Madrid, in der Londoner Metro, die Ermordung Van Goghs in Holland schleicht sich das Gefühl der latenten Bedrohung in weite Bevölkerungskreise ein. Das Muslime von jenen Terroristen genau so bedroht und seit Jahren Opfer sind, ist den wenigsten bewusst.
    Wegen der Anschläge fokussierten die Medien ihr Interesse auf Berichte über das Phänomen Islamistischer Terrorismus,verbunden mit Berichten über die Herkunftsländer, aber auch über die Zahl der in Europa lebenden Menschen muslimischen Glaubens. Auch, dass der Islam mit über 1,2 Mia. Gläubigen zur zweitgrössten Weltreligion gehört.
    Wer ist denn nun ein "islamistischer Terrorist": jener mit langem Bart und Käppi oder jener der in Jeanshose, mit kurzgeschorenen Haaren, ohne Bart, auch mal Bier trinkt und Schweinefleisch isst, das Prinzip der bei Schiiten erlaubten "Taqiya" anwendend? Wer ist ein(e) fundamentalistische(r) Muslim(a)? Jene mit Kopftuch, jene die den Ramadan befolgen?

    Die am 12. September 2006 von Papst Benedikt II in Regensburg gehaltene Rede, beinhaltete Fehler, bezeugt ebenfalls die mangelnde Kenntnis und Auseinandersetzung mit dem Islam (u.a. Entstehungszeit der medinensischen Sure al-Baqarah 2:256).

    Eine weiterer Stolperstein, der eine unvoreingenommene Beschäftigung mit dem Islam verhindert, ist die irrige Meinung vieler Christen, dass für Muslime der Prophet Muhammad (SAWS) hierarchisch über Jesus (SA) stehe.

    Aber vielleicht könnte man gerade Katholiken auf folgende Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1965 verweisen: „Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime. Sie beten den alleinigen Gott an, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat. Sie mühen sich, auch seinen verborgenen Ratschlüssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wie Abraham sich Gott unterworfen hat, auf den der islamische Glaube sich gerne beruft. Jesus, den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, und sie ehren seine jungfräuliche Mutter Maria, die sie bisweilen auch in Frömmigkeit anrufen. Überdies erwarten sie den Tag des Gerichtes, an dem Gott alle Menschen auferweckt und ihnen vergilt. Deshalb legen sie Wert auf sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durch Gebet, Almosen und Fasten.“ (Nostra Aetate, 28. Oktober 1965)

    Und in gleicher Weise die Worte Papst Johannes Paul II., für den nicht nur Christen großen Respekt und Wertschätzung empfanden:
    „Wir Christen erkennen mit Freude die religiösen Werte, die wir mit dem Islam gemeinsam haben. Heute möchte ich gerne erwidern, was ich jungen Muslimen vor einigen Jahren in Casablanca sagte: „Wir glauben an den gleichen Gott, den einen Gott, den lebenden Gott, den Gott, der die Welt erschaffen hat und seine Geschöpfe zu ihrer Vollendung führt.““ (Insegnamenti, VIII/2, [1985], S. 497, gesprochen während einer Generalaudienz am 5. Mai 1999).

    Vermutlich kennen die Ihnen begegneten Christen diesen Wortlaut nicht, der aber dieselbe Gewichtung haben sollte, wie derjenige eines früheren Vatikanischen Konzils, der den interkonfessionellen Streit über die Natur Jesu - nur göttliche, nur menschliche oder beide - beendete.
    Vielleicht könnte man Oel aus dem Feuer nehmen, wenn man sie darauf verweist...

    Yazmina



    Re: Wie steht der christliche (vorab kath.) Glauben zum Islam?

    M.M.Hanel - 04.11.2006, 20:09


    http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_20000806_dominus-iesus_ge.html

    Herausgegeben von Josef Kardinal RATZINGER

    ...

    22. Mit dem Kommen Jesu Christi, des Retters, hat Gott die Kirche für das Heil aller Menschen eingesetzt (vgl. Apg 17,30-31).90 Diese Glaubenswahrheit nimmt nichts von der Tatsache weg, dass die Kirche die Religionen der Welt mit aufrichtiger Ehrfurcht betrachtet, schließt aber zugleich radikal jene Mentalität des Indifferentismus aus, die »durchdrungen ist von einem religiösen Relativismus, der zur Annahme führt, dass ”eine Religion gleich viel gilt wie die andere“«.91 Wenn es auch wahr ist, dass die Nichtchristen die göttliche Gnade empfangen können, so ist doch gewiss, dass sie sich objektiv in einer schwer defizitären Situation befinden im Vergleich zu jenen, die in der Kirche die Fülle der Heilsmittel besitzen.92 »Alle Söhne der Kirche sollen aber dessen eingedenk sein, dass ihre ausgezeichnete Stellung nicht den eigenen Verdiensten, sondern der besonderen Gnade Christi zuzuschreiben ist; wenn sie ihr im Denken, Reden und Handeln nicht entsprechen, wird ihnen statt Heil strengeres Gericht zuteil«.93 Man versteht also, dass die Kirche in Treue zum Auftrag des Herrn (vgl. Mt 28,19-20) und als Forderung der Liebe zu allen Menschen »unablässig verkündet und verkündigen muss Christus, der ist ”der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat«.94

    Auch im interreligiösen Dialog behält die Sendung ad gentes »heute und immer... ihre ungeschmälerte Bedeutung und Notwendigkeit«.95 »Gott will ja, ”dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4). Gott will, dass alle durch die Erkenntnis der Wahrheit das Heil erlangen. Das Heil liegt in der Wahrheit. Wer dem Antrieb des Geistes der Wahrheit gehorcht, ist schon auf dem Weg zum Heil; die Kirche aber, der diese Wahrheit anvertraut worden ist, muss dem Verlangen des Menschen entgegengehen und sie ihm bringen. Weil die Kirche an den allumfassenden Heilsratschluss Gottes glaubt, muss sie missionarisch sein«.96 Deswegen ist der Dialog, der zum Evangelisierungsauftrag gehört, nur eine der Tätigkeiten der Kirche in ihrer Sendung ad gentes.97

    Die Parität, die Voraussetzung für den Dialog ist, bezieht sich auf die gleiche personale Würde der Partner, nicht auf die Lehrinhalte und noch weniger auf Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn Gottes, im Vergleich zu den Gründern der anderen Religionen. Geführt von der Liebe und von der Achtung vor der Freiheit,98 muss sich die Kirche vorrangig darum bemühen, allen Menschen die Wahrheit, die durch den Herrn endgültig geoffenbart wurde, zu verkünden und sie aufzurufen, dass die Bekehrung zu Jesus Christus und die Zugehörigkeit zur Kirche durch die Taufe und die anderen Sakramente notwendig sind, um in voller Weise an der Gemeinschaft mit Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist teilzuhaben.

    Die Pflicht und die Dringlichkeit, das Heil und die Bekehrung zum Herrn Jesus Christus zu verkünden, wird durch die Gewissheit des universalen Heilswillens Gottes nicht gelockert, sondern verstärkt.



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