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Rhue, Morton - Boot Camp




Rhue, Morton - Boot Camp

Beitragvon Cassa Dar » 04.07.2006, 19:47

Gerade gekauft und schon rezensiert :D

Aus der Amazon.de-Redaktion
Connor hat das Schlimmste noch vor sich. Aber auch der Anfang war schon schlimm genug. Vor acht Stunden ist der Ich-Erzähler von Morton Rhues Roman Boot Camp von einem Mann und einer Frau aus dem Ferienhaus seiner reichen Eltern heraus gekidnappt worden, jetzt sitzt er gefesselt in einem Wagen. Aber die Entführer wollen gar kein Lösegeld erpressen: das Geld für ihren Coup haben sie schon längst erhalten und werden es auch weiterhin. Und zwar von Connors Eltern, die monatlich bezahlen. Ihr Sohn ist ihnen einfach zu aufmüpfig geworden. Der Mann und die Frau sind „Transporteure“. Sie bringen Connor in ein Lager für schwer erziehbare Jugendliche, sarkastischer Weise Lake Harmony genannt, in dem ihm der rechte Drill und der Respekt vor Autoritäten eingeschärft werden soll, und das auch mit Gewalt. Was dann folgt im Roman Boot Camp, ist so erschütternd, dass man es eigentlich gar nicht glauben will.

Meine Meinung:
Fast in einem Rutsch habe ich das Buch durchgelesen. Ein packendes Buch. Beschrieben wird das Boot Camp-Leben aus Sicht eines 15jährigen Jungen, der eigentlich nichts verbrochen hat. Ohne große Dramatik ohne große Gefühlsausbrüche. Und trotzdem geht es einem unter die Haut, und man meint ein ums andere Mal eingreifen zu müssen.
Zum Schluß bleibt die Frage wie Eltern zulassen können, dass ihre Kinder so "umerzogen" werden - mit solch drastischen Mitteln.
Der letzte Satz des Buches: "Aber...ich habe es verdient, Sir" (..dass sie mir wehgetan haben) läßt mich noch nicht los.

Ein wirklich empfehlenswertes Buch.

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

Bild
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Beitragvon Karthause » 04.07.2006, 20:01

Cassa, Danke für die Vorstellung, du hast mich nun doch endgültig neugierig gemacht. Ich habe allerdings den den Eindruck, dass sich das Boot Camp in nur geringer Weise von den Jugendwerkhöfen aus DDR-Zeiten unterscheiden. Allerdings hatten Eltern dort keinerlei Einfluss, ob das Kind dahin kommt oder nicht. Das entschied allein der Jugendrichter.
Ich habe es mir notiert. :wink:
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Beitragvon Karthause » 08.07.2006, 14:54

Hallo Cassa,
heute ist nun passiert, im Buchladen stand mir Boot Camp so im Weg, dass ich nicht mehr daran vorbei kam. Jetzt SUBt es bei mir. :wink: Aber sicher nicht lange. Ich werde dann meine Meinung hier bekanntgeben. [schild=14 fontcolor=000000 shadowcolor=C0C0C0 shieldshadow=1 nxu=47363231nx34148]Ihr hört von mir![/schild]
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Beitragvon marilu » 09.07.2006, 09:59

Danke Cassa, dass du das Buch vorgestellt und mir wieder ins Gedächtnis gerufen hast! Ich liebe die Bücher von Morton Rhue! :love:
Ich finde, dass er immer sehr packend schreibt und mit einfachen klaren Sätzen sehr viel Bedeutung vermitteln kann!

"Boot Camp" hatte ich mir im April aus der Bibliothek ausgeliehen, gab es aber ungelesen zurück, weil ich damals mit vielen anderen Dingen beschäftigt war.Montag werde ich mich nochmal dafür vormerken lassen. :D
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Beitragvon Karthause » 13.07.2006, 20:28

Boot Camp ist ausgelesen, aber es war wieder einmal ein Buch, dass sich fest in mein Gedächtnis gedrängt hat.

Vor dem Lesen dachte ich noch, in Ordnung, jugendliche Straftäter müssen mal lernen, dass es in einer Gesellschaft Regeln und Normen gibt, die einzuhalten sind. Deshalb auch mein Vergleich zu den Jugendwerkhöfen in der DDR. Da kamen Jugendliche hin die schon etwas auf dem Kerbholz hatten, solche kannte ich. Es soll auch eine politische Umerziehung dort gegeben haben. Aber mein Vergleich hinkt gewaltig. Denn im Roman gibt es keinen Staatsanwalt, der anklagt und keinen Richter, der die Jugendlichen verurteilt. Es sind die ELTERN, die ihren Kindern das antun.
Beim Lesen des Boot Camp fragte ich mich in den ersten Kapiteln, was hat Connor denn nur getan.

Spoiler hat geschrieben:Er hat sich verliebt. Er hat sich einfach nur in seine Lehrerin verliebt. Ok, sie ist 10 Jahre älter, er ist noch minderjährig. Wenn meinem sohn das passiert wäre, hätte ich auch erst mal ein Problem gehabt. Aber er wäre sicher nicht in einem Boot Camp gelandet. Das kann sich Otto Normalo sowieso nicht leisten.


Für die Eltern, der Vater erfolgreicher Anwalt und die Mutter selbständige Krisenmanagerin, wurde die ganze Situation unbequem, sie konnten mit ihrem hochintelligenten Sohn nicht mehr in ihren Kreisen brillieren (dachten sie sicher). Sie hätten sich Gedanken machen, Argumente finden, vor allem sich Zeit nehmen und reden müssen. Aber währscheinlich kannten sie nur Erziehungsmethoden, die man mit Dollars bezahlt. So wird der "missratene" Sohn zur Umerziehung abgeschoben und sie machen sich wohl keine Gedanken, wie diese Umerziehung erfolgen soll. Sie delegieren die Verantwortung. Aber es ist ja gar keine Umerziehung, der Willen der Jugendlichen wird gebrochen.

Ja, Cassa, bei dem von dir zitierten letzten Satz bekam ich Gänsehaut und einen ganz dicken Kloß im Hals. Denn, nein, diese Behandlung hat kein Jugendlicher verdient. Das ist einfach unmenschlich.

Bezeichnend für das ganze Buch sind die Kapitelüberschriften, die den Regeln des Boot Camps entsprechen. Morton Rhue hat seinen Roman in der Ich-Form geschrieben, das zieht den Leser aktiv in das Geschehen ein.

Du kommst hier nicht raus,
wenn du ihnen vorspielst,
was sie haben wollen.
Du kommst hier erst raus,
wenn du bist,
was sie haben wollen.


Diese Zeilen sind dem Buch voran gestellt. Und ich finde, sie sagen mehr als jede Rezi es könnte. Deshalb möchte ich euch nur sagen, lest dieses Buch. Ich habe Cassa schon eine lange PN geschrieben und sie mit meinen Gedanken zugeschüttet. Aber es war so ein bemerkenswertes Buch. Hier habe ich noch einen interessanten Artikel im Spiegel gefunden.

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Viele Grüße
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Beitragvon Cassa Dar » 14.07.2006, 07:29

@Karthause:

Toller Link - Danke.

Es ist schade, dass BootCamp unter Jugendbuch läuft. Viele Erwachsene werden es daher gar nicht kennen oder lesen, obwohl ich es gerade für diese besonders lesenswert finde.
Ihr wißt ja, ich bekenne mich schuldig gerne Jugend- und Kinderbücher zu lesen. :lol:
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Beitragvon marilu » 05.09.2006, 15:20

"Bootcamp" war, wie ich erwartete, ein richtig packendes Jugendbuch, das einerseits leicht zu lesen ist und andererseits das wahre Grauen erst bei einer genaueren Beschäftigung mit dem Thema zeigt!

Morton Rhue lässt viele Aspekte bewusst in der Luft hängen, und dadurch den Leser selbst entscheiden, in wie weit er sich in die Thematik einarbeiten möchte. Diese Freiheit, sich die Ereignisse selbst auszumalen, macht das Buch zu einer geeigneten Lektüre für Jugendliche und Kinder.

Mir hat es gut gefallen, dass die Willkür und das Widersinnige dieser Einrichtungen anhand eines Jungen gezeigt wurden, der sich nichts hat zu Schulden kommen lassen als eine Liebe, die seine Eltern nicht akzeptieren können. Aber diese fiktive Handlung ist in der Realität sicher nie in diesem schwarz-weiß-Kontrast zu finden.

"Bootcamp" hat mir gut gefallen!

:stern: :stern: :stern: :stern:
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Beitragvon Pippilotta » 05.09.2006, 18:08

Das Buch liest sich schnell weg (ist ja eigentlich auch ein Jugendbuch), doch das Thema ist sehr brisant und lässt auch den erwachsenen Leser nicht kalt.

Die Zustände in diesem Boot Camp werden sehr drastisch geschildert, es herrscht Sadismus, Gewalt, und die sogenannten "Schwererziehbaren" werden durch Untergrabung des Selbstwertgefühles, Androhung von Gewalt, Freiheitsentzug und schweren Strafen fügig gemacht. Diese Methoden entsprechen eigentlich so gar nicht meinem Stil und meiner Ansicht von Erziehung und ich bin überzeugt, dass "angepasste, fügige, kritiklose" Menschen nicht das Ziel einer Erziehung sein können.

Anhand des jugendlichen Connors wird die Maschinerie dieser Boot Camps verdeutlicht. Connor hat sein Herz am rechten Fleck, hat sich meiner Meinung nach auch keinem Vergehen schuldig gemacht - vielmehr suchen seine Eltern, die mit seinem Lebenswandel nicht so sehr einverstanden sind eine für sie angenehme Lösung - und doch bricht sein Widerstand allmählich. Das Buch wirft viele Fragen auf. Wann gilt ein Kind als "schwererziehbar", inwieweit sind die Ursachen dafür im Elternhaus,in der Umgebung zu suchen? Ist eine autoritäre Erziehung unter Androhung von Gewalt der einzig richtige Weg?

Eine Geschichte, die unter die Haut geht, v.a. in Anbetracht dessen, dass es solche Boot Camps wirklich gibt!

:stern: :stern: :stern: :stern:
Herzliche Grüße
Pippilotta


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