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Re: Mein Wellensittich
rainer-w - 04.07.2006, 01:32Mein Wellensittich
Mein Hund Basti musste mit 15 ½ Jahren leider eingeschläfert werden. So ganz ohne ein Haustier wollten meine Frau und ich nicht leben, aber wieder einen Hund? Nein, zumal uns ein Umzug in eine andere Wohnung bevorstand und Hunde dort nicht erlaubt waren. So einigten wir uns auf einen Welli.
Ich fuhr zu der Zeit LKW und fand unterwegs einen sehr schönen Käfig, den nahm ich schon mal mit. Nun stand der leere Käfig zu Hause, jetzt galt es, einen „passenden“ kleinen Piepmatz zu finden.
Ich fuhr einige Male nach Feierabend in ein Zoogeschäft, das eine große Auswahl an Wellis hatte. Und jedes Mal, wenn ich dort war, flatterten die Kleinen teilweise ängstlich in der Voliere hin und her. Nur einer war etwas zurückhaltender, irgendwie gar nicht scheu. Ich redete mit ihm und er kam von Besuch zu Besuch immer näher, als ob er sagen wollte „Hey, wer bist Du? Nimm mich mit!!!“
So kaufte ich erst einmal Sand, Futter und Hirse und schließlich ließ ich Mucki „einpacken“.
Schon auf dem Nachhause-Weg, ich hatte das Radio leise angemacht und sprach während der Fahrt mit dem kleinen in der Schachtel, merkte ich, dass er gar keine Angst hatte.
Zu Hause ließen wir Mucki zunächst für 2 Tage im geschlossenen Käfig sitzen, hockten stundenlang davor, sprachen mit ihm und pfiffen ihm etwas vor. Am dritten Tag begann seine „Freiheit“, ich machte die Klappe auf und Mucki durfte die Wohnung erkunden. Seltsam, ich hatte früher schon Vögel, aber keiner hat nach dem ersten Freiflug seinen Käfig auf Anhieb wieder gefunden. Mucki war anders. Er flog durchs Wohnzimmer, setzte sich hier und da mal auf den Schrank, schaute sich alles an und flog dann wieder auf seinen Käfig. Er wusste gleich, wo er hingehörte, da war sein zu Hause, seine Geborgenheit.
Ich machte immer wieder Annäherungsversuche, wenn Mucki auf dem Käfig saß, reichte ihm langsam Kolbenhirse, und schließlich, schon nach einer Woche saß der kleine zum ersten Mal auf meinem Finger.
Von da an wurden wir die dicksten Freunde. Mucki wurde immer zutraulicher, kam auf meine Schulter geflogen, zwitscherte mir ins Ohr. Wenn einer von uns das Zimmer verließ, kam Mucki hinterher, wenn wir uns die Hände gewaschen haben, musste Mucki mit ins Bad, erst mal eine kleine Dusche unter dem Wasserstrahl nehmen; saßen wir in der Küche, saß Mucki natürlich auch dort, und im Sommer kam der kleine natürlich samt Käfig mit auf den Balkon, Sonne tanken. Mucki wurde so zahm, dass er selbst wildfremden Besuchern auf die Schulter flog.
Eines Tages sagte meine Frau „Hör mal, was der für Geräusche macht, ich glaube, der versucht zu sprechen“. Und tatsächlich, mit ein bisschen Phantasie konnte man es verstehen: “Mucki lieb“. Sein Sprachtalent entwickelte sich im Laufe der Zeit immer mehr. Er sprach richtig deutlich. Er war „Evas Schätzchen“ und Rainers kleiner Süßer“, schnappte irgend etwas auf und sprach ganze Sätze nach. Wenn er meine Frau interpretierte, kam eine hohe Stimme, wenn er mich nachmachte, eine tiefe Stimme. Er sprach aber nie das, was man ihm vorsagte, sondern plapperte meist erst einen Tag nachdem er irgendetwas aufgeschnappt hatte, drauf los. Da kamen dann schon mal Sätze wie „Mach das Licht aus“, „ Was gibt’s denn heute zu Essen“ und vieles mehr.
Seinen Käfig benutzte Mucki nur noch zum Fressen, Mittagschlaf und natürlich nachts. Und wehe, er wurde eingesperrt, wenn z.B. Besuch da war und das Essen auf dem Tisch stand. Er schimpfte lauthals und versuchte alles Mögliche, aus dem Käfig zu kommen. Wir mussten die Futterklappe sogar mit Thesafilm zukleben, weil er es schaffte, da durch zu krabbeln.
Mucki liebte Musik, konnte stundenlang mit seinem Lieblings-Spielzeug spielen und wenn ich das in der Hand hatte, auch mal kämpfen. Ich konnte eigentlich alles mit ihm machen. Er ließ sich streicheln oder einfach mal unters T-Shirt stecken, dann kam er oben am Halsausschnitt wieder raus gekrochen, er kam im Winter mit unter die Decke, wenn wir ferngesehen haben, kurz, er gehörte einfach dazu und stand immer im Mittelpunkt.
Nun liegt der kleine tot in einer kleinen Schachtel und ich musste ihn beerdigen. Er hatte wohl in der Küche Pfefferkörner genascht und sich darauf hin eine Kropfentzündung zugezogen. Der arme Kerl konnte nichts mehr schlucken.
Es ist so still hier. Kein Trällern, kein Mucki, der mich beim Kaffeetrinken manchmal nervend ins Ohr beißt, keiner, der auf sein Futter wartet und sich dann liebevoll bekankt…
Wir werden Mucki immer in unserem Herzen behalten und ihn nie vergessen. Ich denke, er hatte ein schönes Leben und bin dankbar, die leider viel zu kurzen Jahre so einen treuen Freund gehabt zu haben.
Rainer
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