Der Weg eines Outing

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    Re: Der Weg eines Outing

    martina - 02.06.2006, 15:00

    Der Weg eines Outing
    Mein Outing

    Es war etwa Mitte September als ich eine Talk Show im Fernsehen sah. Das allererste Mal dass ich mir überhaupt eine Talk Show bewusst ganz angesehen habe. Es ging um das Thema "Hilfe, meine Tochter will ein Junge sein!" Klang interessant also ließ ich den TV auf dem Sender laufen. Erster Talkgast war ein junger Mensch, genannt M. Er erzählte einiges aus seinem Leben, wie die Eltern von ihm denken, wie er Freundschaften verlor und von seinem Leidensdruck. Dann fiel das Wort: Transsexuell. Ach so nennt man das also, war mein erster Gedanke. Ich sah die Sendung weiter. Es kamen mehr Personen mit dem gleichen Problem. Und in jeder der Geschichten konnte ich mein Leben erkennen. Mein Leidensdruck, meine Gefühle, meine Gedanken. Von da an war mir klar: Ich bin transident.

    Doch was mache ich mit dem Wissen? Wusste ich das nicht schon vorher? Sicherlich, wollte ich als Kind doch nie Kleider tragen, niemals mit Mädchen Puppen spielen oder heute gar mit pubertierenden Weibern über Jungs, Make-Up oder Haarstyling reden. Gott im Himmel... was für Themen! Nur, was mache ich jetzt? Ich weiß nun dass ich ein... Problem... habe. Wohin damit? Mein erster Gedanke, als die Laufschrift: "Nach der Talk Show, Chat bei... auf der Internetseite...". Super, da schaust du mal hin! Gesagt, getan. Nachdem ich mir also die Sendung mit meiner Mum angesehen habe, setzte ich mich an den PC und fand mich wenige Minuten später in dem besagten Chat wieder. Ich unterhielt mich mit einer Dame aus der Redaktion der Sendung und mit einigen anderen. Doch nie kam ein richtiges Gespräch zustande.

    Bis mich jemand mit dem Nicknamen "Big_M" ansprach. Wir unterhielten und lange und tauschten schließlich auch Mailadressen aus. "Super, endlich einer der mich versteht!" war mein Gedanke. Schließlich wusste sonst noch niemand was ich empfinde und dass ich eine Geisel in meinem Körper war... Dann der Hammer: Die Dame der Redaktion warf ein "Danke dass du in der Sendung warst, M.!" in den Chatroom. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. M.... hmm... das war die Person, der erste Talkgast, mit dem ich mich am besten identifizieren konnte. Also fragte ich: "M.? Wo ist M.?" Und wer meldete sich? Genau! Jener "Big_M" mit dem ich schon knapp eine Stunde sprach. Ich war platt. Und jetzt erst recht wollte ich Kontakt aufnehmen.

    Also entwickelte sich reger Mailkontakt. Adressenaustausch folgte ebenso... und schließlich ein von mir 4-Seiten am PC geschriebener Brief an M. Ich hatte schon Angst er würde vor Schreck vom Stuhl fallen. Aber nein... ich bekam einen 8-seitigen handgeschriebenen (!) Brief zurück. M. und ich haben wahnsinnig viel gemeinsam. Und dass es jemanden gibt, dem es ganz genauso wie mir geht, auch wenn M. 2 Jahre älter ist als ich, hat mir einen Kick gegeben: Mensch, jetzt sagst du was Sache ist! Jetzt sagst du, wer und was du wirklich bist!

    Hmm... nur wie fängt man das an. Ich fragte M. "War reiner Zufall dass ich mich geoutet habe." Mist! Auf Zufälle will ich nicht bauen! Nur, wem sage ich es zuerst? Und vorallem: Wie? Wer käme da besser in Frage ausser meine beste Freundin? OK, die Frage "Wer erfährts zuerst" war geklärt. Nun kam das Schwere... Wie sag ich es?

    Lange grübelte ich hin und her. "Hi J... du ich bin transident. Ist das OK?"... Nein, so gehts nicht. Wie wärs mit: "Hallo, weisste was? Ich bin ein Junge gefangen in einem weiblichen Körper!" Um Himmels Willen, das klingt ja extrem! Nein, also so gings nicht. Ich fasste mir allen Mut zusammen den ich hatte und fing einfach dann an darüber zu sprechen. Wie jeden Abend trafen J. und ich uns zum Chatten im Internet. Einen Monat nachdem ich die Talk Show sah wollte ich das erste Mal mein Geheimnis lüften. Mir war flau im Magen... fast wie Lampenfieber. Dann fing ich an: "Ich habe was festgestellt. Aber versprich mir zuerst, dass du mich nicht wie meine Ex-Freunde sitzen lässt!" Meine Freundin war perplex, sie dachte wahrscheinlich ich würde ihr jetzt weiß der Teufel was sagen. "Ich bin transsexuell." Lange keine Antwort. Ich dachte schon: "Oh Gott, jetzt hast du deiner einzigen Freundschaft einen Dolchstoß verpasst." Aber eigentlich wollte sie nur wissen, wie ich darauf komme. Ich hatte das Gefühl, da würde ein wenig Unwissenheit mitschwingen. (Nicht persönlich nehmen J.) Also gab ich ihr ein paar Adressen von Internetseiten, welche ich gesammelt hatte, und wo sie sich informieren konnte. Erster Gesprächspunkt danach: Geschlechtsangleichung. Sprich, eine OP welche mich von meinem Leiden im weiblichen Körper zu leben erlösen würde. Dann war der Abend eigentlich schon vorbei. Mist, dabei wollte ich mir gerade Luft machen.

    Einen Tag später hatte ich, wie normalerweise jede Woche, einen Termin mit meinem Psychotherapeuten / Psychodoc. Auch hier outete ich mich. Doch statt analysierenden Worten folgte nur: "Das ändert jetzt in meiner therapeutischen Arbeit alles!" Uff, ich war platt. Hatte ich einen Fehler gemacht? Er wirkte so verwundert, perplex, ja ratlos. Langes Schweigen. Doch dann: "Aber es erklärt mir auch, weshalb du meinen damaligen Vorschlag einmal ein Kleid anzuziehen vehement ablehnst und abgelehnt hast!" Ja, er hatte es verstanden. Wir sprachen sogar, das Thema hatte ER angeschnitten, über eine OP, welche mein Leiden möglicherweise nehmen könnte. Doch gleich darauf sagte er mir, er hätte mit der Form von psychischem Druck keine Erfahrung. Erst einmal hatte er einem Mann dazu verholfen, eine Geschlechtsanpassung machen zu lassen. Super und was jetzt? Er sagte mir immer wieder, er könne mir da nicht helfen. Doch dann meinte er: "Wäre es nicht möglich, dass du dich so gefangen fühlst aufgrund der Tatsache daß du mißhandelt wurdest?" Hä? Wie kommt der denn jetzt darauf? Ich sagte immer wieder, nicht nur wegen der Erzählungen meiner Eltern: "Nein, ich war noch nie ein Mädchen! Puppen, Kleider... Igitt!" Und immer wieder lenkte er mich zum vergangenen Mißbrauch. Wollte er mir vielleicht mein transidentes Dasein widerlegen? Ja, ich war völlig verunsichert und so schickte er mich nach Hause.

    Es folgte ein Gespräch mit M. am Telefon. Ich war so verunsichert dass ich jemand anderen zum Reden brauchte. Meine Freundin war noch bei der Arbeit, sprich nicht erreichbar. Also rief ich M. an. Er sprach mir gut zu, aber die Unsicherheit blieb. Am Abend sprach ich wieder mit J. Ich sagte ihr was passiert war. Wie unsicher ich war und was sie von so einer OP halten würde. Sie sah es, zumindest was die OP anging, sehr objektiv. Immer nach dem Motto: Jedem das seine! Und ich war froh darüber! Das war genau das was ich brauchte. Ich fragte sie, nach langem Überlegen, was sie von mir halten würde, wenn ich so eine OP machen lassen würde. Sie war wie immer ehrlich: "Wenn du es willst würde ich es akzeptieren. Es wäre gewöhnungsbedrüftig." Auf meine Frage, ob sie mich denn dann allein ließe kam ein promptes: "NIEMALS!". Das gab mir einen weiteren Kick! Es steht jemand hinter mir.

    Doch dann, der nächste Tag folgte und ich konnte mit meiner Mom sprechen. Wie immer fragte sie wie die Therapie am Vortag war. Sie schlauchte, was sonst. Doch dann, meine entscheidende Frage, wohl gemerkt ganz allgemein gestellt und keinerlei Beziehung auf mich: "Was hältst du von Geschlchtsumwandlungen... oder besser -anpassungen?" Sie sah mich geschockt an. Mist... es war definitiv der falsche Zeitpunkt zu fragen. Sie kam von der Arbeit, war KO und dann kommt ihre "Tochter" mit so einer Frage. "Würdest du sowas machen, dann..." Was... was dann? Sie schwieg. Hieß das etwa, sie würde dann nichts mehr mit mir zu tun haben wollen? Ich versuchte mich rauszureden. Sie war definitiv genervt und KO. Wieder war die Verunsicherung da. Soll ich den anderen zu liebe so bleiben wie ich bin? So tun als ob ich damit so leicht umgehen kann gefangen in einem mir fremd vorkommenden Körper zu sein? Ich Idiot tat es.

    Lange schwieg ich um das Thema. Ich wusste nicht was ich tun soll. Dementsprechend litt meine Schulleistung. Und mehr. Immer mehr zog ich mich in mein Zimmer zurück. Appetit, Lust etwas zu tun und Leistungen aller Art, alles eine Qual! Ich sprach mit J. Einmal mehr wusste ich nicht was ich sagen sollte. Wie erklärt man denn, dass man so einfach nicht klar kommt? "Ja in dem Alter sind die Jugendlichen doch besonders schlimm. 17 Jahre... und dann mit sowas kommen." Das las ich auf vielen Homepages von transidenten Menschen. Und wieder hatte mich J. auf einem schlimmen Tiefpunkt erlebt. Ich war down... wann ist das schon mal nicht so? Aber es war wirklich extrem. Aber meine Freundin machte mir mit einem Satz Mut: "Laß dich nicht unterkriegen! Ich mag dich so oder so!" Wow! Das hatte ich lange nicht gehört. Schon gar nicht wenn es darum ging. Wieder ein Kick.

    Etwa eine Woche später in der Schule sprach ich meine Religionslehrerin an. Sie weiß eigentlich fast alles über mein Leben. Ich sprach schon ein paar Mal mit ihr, auch über meinen Mißbrauch. Sie verstand mich oder besser, sie versuchte es. Ich sprach sie nach der Schulstunde an und in der darauffolgenden Pause erzählte ich ihr von meinem "neuen" Leiden. Sie hatte Erfahrung! Sie erzählte mir von ihrem Bekanntenkreis, das es da zwei ehemalige Mädchen gab, Zwillinge, die beide kürzlich eine Geschlechtsanpassungs-OP machen ließen. Sie versprach mir Adressen zu besorgen wo ich mich informieren kann.

    Drei Wochen später erhielt ich die Adressen auch. In der gleichen Woche besuchte mich M. Er bat mich um Hilfe ihm eine Homepage zu machen, die wir dann auch tatsächlich innerhalb des Wochenendes fertiggestellt hatten. Dieses Wochenende, die Gespräche mit M., einem Leidensgenossen halfen mir das zu schreiben.

    Schließlich konnte ich mich dazu durchringen auch zweien aus meiner Klasse, D. und M., zu sagen das ich trans bin. Ich hatte eigentlich erwartet, da es ja eine reine Mädchenklasse ist, dass sie mir Vorwürfe machen oder dumme Sprüche klopfen (das soll jetzt keine böswillige Anspielung sein, D. und M.). Aber es war gar nicht so. Wir haben uns im Unterricht Briefe geschrieben. Lange über das Thema gesprochen und sie sind bereit, mich absofort nur noch L. zu nennen. Auf den Namen B. höre ich auch schon nicht mehr wirklich. Da die beiden so gut reagiert haben, dachte ich so bei mir "Hmm, versuchst du es doch auch noch deiner Religionslehrerin so zu verklickern." Gedacht, getan. Ich ging zu ihr und sagte ihr den neuesten Stand der Dinge. Sie war allerdings nicht so begeistert. Manchmal denke ich, dass sie mir das ausreden will. Aber selbst wenn dem so wäre, schaffen würde sie es nicht.

    Genauso habe ich es dann auch zuhause mit meiner Mom und meinem Onkel besprochen. Eigentlich redeten die zwei ja zuerst über mich und darüber, dass M. mich besucht hatte. Ich war doch etwas überrascht, dass es scheinbar in der Familie mehr wissen als mir bewusst war. Auch mein Vater beispielsweise. Er ist nicht gerade der Typ, mit dem man unbedingt über alles reden kann, aber meine Mom meinte, er steht ebenso hinter mir. Mom, mein Onkel und ich sprachen recht lange über das Thema trans zu sein und dass er eben auch schon Leute kennt, die eine OP haben machen lassen. Das Ende des Gesprächs sagte mir folgendes: "Hey, du stehst ja in der Familie doch nicht so allein da wie gedacht."

    Also ich hab ichs nun auch geschafft mich auch bei meiner Tante zu outen. Wir waren essen (mein Dad, Mom, mein Onkel, meine Tante und ich.) Und da haben wir eine Weile darüber geredet. Keiner war schockiert und alle meinten, sie hätten das schon lange gewusst. Mit 8 oder 9 Jahren (gleich nach der Kommunion) sagte ich, dass ich ab jetzt NIEMALS wieder Kleider tragen will, ob gezwungen oder nicht und ich hab mir die Haare kurzschneiden lassen. Naja und da hätten sie schon gewusst was los ist. Was man im Nachhinein so alles erfährt...

    Tja und am 29.11.2002 schrieben mir 2 "Damen" aus meiner Klasse einen Brief (während dem Unterricht) und fragten, wieso nun "L." auf dem Klassensitzplan steht statt B. Ich erklärte es etwas und sie nennen mich nun auch L. Auch wenn die beiden ein wenig naiv waren. OK, ich will nicht behaupten, jeder der nicht weiß was *trans ist, ist naiv. Aber als ich sagte dass ich evtl. bald eine Hormonbehandlung machen lasse, wollten sie wissen was dabei passiert. Weiß man doch eigentlich. Wie auch immer, das war ein weiteres Outing.

    Und schließlich folgte am gleichen Tag noch mein Bruder. Er studiert und ich sehe ihn eigentlich nur alle 2 Wochen. Er hat sich die ganze Homepage durchgelesen und auch hier wieder der gleiche Effekt: "Irgendwie war es doch klar. Ich habs nicht gewusst, aber es war sehr naheliegend." Oh man, kein Schock mehr hm? :D

    So und am 02.12.2002 habe ich es geschafft mich auch bei sämtlichen Roxette-Fans im Forum zu outen. Einige von dort kenne ich auch persönlich. Von dem her dachte ich mir, oute ich mich da eben auch. Hier mein Text in Originalfassung dort im Forum:

    "Titel: TS: Was haltet ihr davon?

    Hi Leute,

    um auffliegende Fragen zu verwerfen: TS bedeutet Transsexuell. Und was das genau heißt könnt ihr gerne auf meiner Homepage www.refuge-de.de.vu nachlesen. Da steht auch wirklich alles über mich drin.

    Was ich mit diesem Thread bezwecken will? Ganz einfach. Die Tatsache dass ich *trans bin weiter veröffentlichen. Da ich mich im November bei eigentlich allen in meiner Umgebung geoutet habe und nun schon so viele bescheid wissen und auch damit umgehen können, dann sag ichs hier eben auch noch.

    Also ich bin transsexuell/transident/transgender und wie man da noch so dazu sagen kann. Und das weiß ich selbst noch nicht allzu lange. Genauergesagt seit dem 13. September 2002. Wie genau ich darauf kam steht ebenfalls auf der Homepage. Und ich will mein Outing einfach weiterbringen. Es sollen alle wissen, damit ich weiß mit wem ich noch reden kann und mit wem nicht. Diese Versteckspielerei die viele anderen TM/TF (TransMänner/TransFrauen) mitmachen will ich nicht auch durchmachen.

    TS zu sein ist allgemein gesehen eine Krankheit. Völliger Schwachsinn finde ich. TS ist keine Krankheit, es ist ein Leiden. Das Leiden als Mann/Frau im falschen Körper (dem des anderen Geschlechts) zu leben. Als ich mich beispielsweise bei meiner Family geoutet habe *trans zu sein, sagten eigentlich alle "Ja das wusste ich schon." Und weiter? Tja sie gehen damit ganz normal um. Möglich dass ich bald eine Hormonbehandlung anfange. Ewig wusste ich nicht was mit mir los ist. Ich hab mich versteckt. Und natürlich auch wer ich wirklich bin. Pseudonyme im Internet usw. Für viele normal, für mich wars eine Möglichkeit das zu sein was ich nach aussen hin körperlich (noch) nicht bin: Ein Mann.

    Wie auch immer. Ich wollte das nur sagen und bin echt mal gespannt wie ihr das auffasst. Mit negativem kann ich leben. Ist jedem seine Sache wie er damit umgeht. Nur eines muss ich auf jeden Fall sagen: Seit ich mich geoutet habe, seit meine Homepage online ist und seit ich mit der Person zusammen bin die ich schon seit über 1 1/2 Jahren heimlich liebe, fühle ich mich echt besser. Denn nun wissen wirklich alle was mit mir los ist und ich habe die Gewissheit nicht allein zu sein. ich bin nun auch in der "Szene" tätig. Arbeit für Vereine (wie TransMann e.V., Junxz usw). Ich bin bei weitem der nicht der einzige. Und wieso soll ich mich für das verstecken was ich bin?

    So nun warte ich gespannt auf eure Antworten. Und natürlich auch ob ich nun (wie es vielen anderen TM/TF geht) zu einer Randgruppe gehöre. (<- Sch... Schubladendenken!) Hoffe es antwortet jemand.

    So long, L."

    Schließlich habe ich es am 25.12.2002 (toller Zeitpunkt) auch geschafft, mich bei meiner Großmutter zu outen. Wir saßen beim Kaffee und ich hatte den Arm um meine Freundin gelegt. Während wir alle ferngesehen haben meinte meine Mum zu ihrer Mutter: "Ach ja, wir müssen dir noch was sagen." Oma war recht überrascht. Ich gab ihr einfach mein ausgedrucktes Outing (den Text von dieser Page) und sie las es relativ schnell. Sie faltete es wieder zusammen und gab es mir fast wortlos zurück. Einzige Worte, nachdem meine Mom fragte was sie davon hält: "Naja, was soll ich da sagen?" Ich hatte Angst, ich hatte innerlich Angst was sie sagen wird. Sie wirkte einfach perplex (evtl. verständlich) andererseits aber auch sehr sehr verständnislos. Also ob sie es nicht glauben kann/will. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Meine Mom bohrte wieder nach: "Irgendwie wussten wir es doch oder?" Erneut eine Pause bis meine Oma zögerlich zustimmte. Damit war das Thema vom Tisch. Zu schnell finde ich. Kein Gespräch darüber, nichts. Was soll man da machen?

    Am 28.12.02 fuhr ich mit meiner Freundin zu ihr nach Hause. Und dort, am 30.12.2002, schaffte ich es auch, auf die gleiche Weise wie bei meiner Oma mit mindestens genauso viel Angst, mich bei J.s Eltern zu outen. Ihre Mutter jedoch lächelte etwas. "Was soll ich dazu sagen? Wir nehmen es wie es ist. Wir sind in der Beziehung schon tolerant." Ich habe zwar ein wenig (nur ein wenig) das Gefühl, dass sie nicht ganz verstanden hat um was es ging, aber ich hab auch hier das Outing hinter mir. Die Nacht davor habe ich mir solche Gedanken gemacht, dass ich nicht schlafen konnte. "Wie sage ich es nur? Nur den Zettel geben?" Und all sowas... Aber ich habs hinter mir und bin meiner Freundin danach erleichtert in die Arme gefallen.

    Am 01.02.2003 hatte ich noch ein paar Outings. Zuerst bei einem Counter-Strike-Clan in dem ich Mitglied war. Während dem Spielen hatte ich mich durch die Sprechfunktion outen müssen, da mein Chef mich auf diese Homepage angesprochen hatte. Denn ich hatte Geschlecht männlich angegeben, was auch stimmt, nur die Typen aus dem Clan kapierten das nicht. Also wurde ich kurzerhand aus dem Clan geworfen. Desweiteren haben diese Diskussion mehrere Spieler mitbekommen mit denen ich öfter spiele. Den meisten war es egal, aber es gab genug die mich noch heute, wenn ich sie antreffe, beleidigen und somit nur ihre Naivität zeigen. Denn sie wussten nicht einmal was Transsexuell bedeutet, sie dachten es wäre Homosexualität. Und dann beleidigend werden sobald sie endlich verstanden haben was es wirklich ist ... einfach nur mehr als naiv. Ich spreche jetzt die Betreffenden an: Jungs, lernt mal mit Menschen umzugehen.

    Am 12.02.2003 hatte ich ein weiteres Outing bei einem sehr guten Freund der Family. Er hat sich diese Seite durchgelesen. meine Eltern und er versuchen sich schon dran mich nicht mehr beim "normalen" Namen zu nennen. Ist ab und an mehr als lustig. Da werden ganz plötzlich oder im Nachhinein aus "sie" ein "er" und ähnliches. Mein Onkel ist der einzige der mich ohne Zögern und Fehler L. nennt. Respekt! *lach*

    Am Aschermittwoch 2003 hat meine Mom ein Outing für mich gemacht... wie das von sich ging? Ganz einfach: Am sogenannten "politischen Aschermittwoch" waren meine Eltern auf einer politischen Veranstaltung, auf der auch der Co-Direktor meiner Schule war. Da das Fernsehteam vom ZDF/WDR auch mal an meine Schule kommen will, musste das natürlich auch da abgeklärt werden. Also ging meine Mom auch einfach zu Hr. S.-F. und fragte direkt ob das ginge. Er hätte generell nichts dagegen und unterstützt sowas, nur wollte er wissen warum. Also erklärte meine Mum ihm, dass ich transsexuell bin und ein TV-Team über mich berichten wolle. Er war sofort sehr in ein Gespräch mit meiner Mom vertieft. Als ich in der Schule war, sprach ich den Co-Direktor darauf an, denn ich war doch recht erstaunt als Mum mir das erzählt hatte. Er meinte, dass es stimmt dass er mit meiner Mutter gesprochen hat und ich sollte ihm meinen Namen (den neuen wie den "normalen") und meine Klasse auf einen Zettel schreiben, damit er auch dem Direktor bescheid geben kann. Das tat ich auch und als wir auf dem Weg ins Klassenzimmer waren, redeten wir noch eine Weile. Er fragte mich wie es nun weitergeht und sagte, dass er voll hinter mir steht und das sehr mutig findet, dass ich offen damit umgehe. Am Ende meinte er dann, in mein Ohr flüsternd: "Das war jetzt aber ein Gespräch unter Männern...also pst." *lach* Das war spaßig und aufbauend zugleich. Also er steht hinter mir, was ich schon mal echt super finde!

    Auch die Mitglieder des Country-Clubs meines Dad's, für den ich auch eine Homepage mache, wissen bescheid. Weiß aber nicht seit wann. Auf jeden Fall ist das doch klasse, dass an sich alle locker damit umgehen.

    Als ich bei J. in Urlaub war für 15 Tage (11.04.-26.04.2003) hab ich mich endlich dazu durchgerungen noch 3 Outings bei ihrer Family zu machen. Zuerst war ihr Bruder an der Reihe. Ich hab wie immer mein bisheriges Outing aus dieser Homepage ausgedruckt und ihm gegeben. Immerhin 5 Seiten. Er las es und hat eine akzeptable Haltung mir gegenüber gebracht. Immer nach dem Motto: "Irgendwie hatte ichs geahnt." Danach kam gleich der Vater dran. Da hatte ich mehr Bammel. Die Nacht davor konnte ich nicht schlafen. Wie auch immer, auch er las das Outing, während J.s Mom, ihr Bruder und ich im Nebenzimmer waren und PlayStation 2 gespielt haben. Der Vater kam rein und gab mir den Zettel, hob den Daumen an und meinte beim Gehen "Cool L., cool!" Wir haben uns nur alle perplex angesehen. Und als dann 2 Tage später J.s Oma noch kam und wir schon dabei waren, hab ich auch ihr das Outing gegeben. Sie hat lange gelesen und wieder die Reaktion: "Find ich cool!..." Irgendwie dachte ich, ich bin im falschen Film. Aber hätte es denn besser laufen können? Wohl eher nicht! Nun weiß es an sich jeder der es wissen muss. Morgen werde ich in der Schule beim Direktor anfragen ob ich noch beim Mädchensport mitmachen muss. Nachdem meine Klasse behauptet hat, ich würde beim Umziehen immer spannen hab ich noch mehr die Schnauze voll!

    Am 28.04.2003 habe ich schließlich mit dem Co-Direktor meiner Schule gesprochen. Bezüglich dem Mädchensport-Unterricht. Da mir meine Klasse offiziell vorwirft, ich würde spannen während die sich für den Sportunterricht umziehen. HAHA! Sehr komisch... als ob man bei denen was sehenswertes sehen könnte. Wie auch immer, mein Co-Direktor meinte, ich soll morgen mit dem Direktor sprechen. Das werde ich auch tun...

    Ich war am 29.06.2003 mal unterwegs und als ich auf dem Rückweg noch zu McDonalds gegangen bin, kam mir eine Ex-Mitschülerin entgegen und meinte kurz: "Hi! Sag mal stimmts dass du ne Freundin hast?" Ich sagte ja und meinte dann ich wär sogar verlobt. Sie gratulierte mir und wir kamen ins Gespräch, bei dem sie mich als lesbisch empfand. Natürlich klärte ich sie dann auf. Sie war zwar perplex, aber danach wars OK für sie. (Zur Erklärung: Das war das Mädel was mir 2000 das Leben in der Schule zur Hölle machte und es noch bis heute ist). Ich wollte mir endlich was zu essen holen aber sie wollte dass ich mich unbedingt zu ihrer Clique setze, von denen ich auch ein paar kannte. Hab mich also breitschlagen lassen und hab mich dann dazugesetzt. Wir redeten über das Thema TS, Alle waren recht einsichtig. Die anderen wollten es an sich nur wissen, als sie erfahren haben, dass das TV Team an die Schule kommt und sie wissen wollten warum. Dabei kam raus, dass einer in der Runde schwul war, den ich auch schon ewig kenne. An sich wars sehr interessant. Wir haben so über einiges gesprochen.

    Ich hatte am 02.07.2003 eine Fahrstunde (Doppelstunde Überland). Und als das Mädel was nach mir dran kam und ich im Auto auf den Fahrlehrer gewartet haben, kamen wir ins Gespräch. Und da ich sie schon länger kenne, sprachen wir auch über persönliches. Sie sagte sie würde sich nicht mögen. Nicht nur wegen ihrer Schwangerschaftsstreifen. Ich sagte auch dass ich mich absolut nicht mag. Sie wollte natürlich wissen warum. Naja ich sagte ihr dann, ich wäre transgender, wenn ihr das was sagen würde. Genaues Zitat: "Falscher Körper hm?" Naja gut dass sie's wusste. Ich sagte ja und wir redeten ein wenig darüber. Aber an sich war es das dann schon.

    Und erneut hat sich was getan. Am 17.07.2003 hatte ich 3 Stunden Autobahnfahrt. Und gleich nachdem wir losfuhren, fragte mich mein Fahrlehrer regelrecht über Transsexualität und etwaige Maßnahmen dabei aus. Wir haben fast die ganzen 3 Stunden darüber geredet. Er hatte mich gefragt was ihm in den Sinn kam und das wirklich interessiert. Auf jeden Fall war es wirklich aufschlussreich für beide Seiten.

    Anfang Januar 2004 hatte ich wieder ein Outing. Diesmal aber im Forum für ein Internet-Game, welches ich ebenfalls zocke. Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich, aber zum größten Teil positiv.

    Weitere Outings folgten dann, und wieder waren die Reaktionen sehr unterschiedlich. Man kann nichts pauschalisieren und oftmals brauchen die Leute einfach Zeit damit umgehen zu können.

    Nun kam im Dezember 2005 ein ganz anderes Outing. Ich bin mir mehr und mehr bewußt geworden daß meine Bisexualität sich extrem zum Schwul-Sein entwickelt. Denn mittlerweile ist meine Beziehung beendet (Nov. 2005) und ich war mir nicht sicher was schief lief. Jetzt wird es mir klar. Ich stehe weit mehr auf Männer als je zuvor und das ist nicht mehr wie eine Phase.
    Das weiß nun auch schon meine Mom und einige andere Leute. Das war aber nach dem Outing wegen TS nur eine "Kleinigkeit".
    Es kamen auch so ULTRADÄMLICHE Bemerkungen wie "Wie erst Frau, dann TS zum Mann und dann noch schwul sein?! Dann hätst gleich ne Frau bleiben können und sagen 'Fi** mich in den Arsch!'" Schöner Schwachsinn was?! Naja minderbemittelt und keine Ahnung. Armselig...

    Quelle
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