das Transsexuellengesetz

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    Re: das Transsexuellengesetz

    martina - 04.06.2006, 00:42

    das Transsexuellengesetz
    Transsexualität
    Stand August 1999

    1. Transsexuelle sind der festen und kompromisslosen Überzeugung, dass sie im falschen Körper leben. Sie haben die innere Gewissheit, dem anderen Geschlecht anzugehören. Das heißt: biologische Männer fühlen sich als Frauen, und biologische Frauen fühlen sich als Männer. Dieser innere Drang ist ständig vorhanden, ganz gleich in welcher Lebenssituation. Er besteht meist schon von früher Kindheit an.

    Es handelt sich bei der Transsexualität im Gegensatz zur Homosexualität nicht um eine Frage der Sexualität oder Partnerwahl, sondern des personalen Selbstverständnisses, der Selbstidentifikation als Frau bzw. Mann. Es gibt bei Transsexuellen alle Formen der sexuellen Orientierung (Homo-, Bi- und Heterosexualität). Die Lehrmeinung, Transsexuelle empfänden grundsätzlich nur heterosexuell, ist seit längeren überholt und wird von keinem ernstzunehmenden Sexualmediziner mehr vertreten.

    2. Transvestiten sind sich dagegen ihrer männlichen Identität bewusst und möchten diese auch nicht ändern, auch wenn sie als Männer weibliche Kleidungsstücke tragen.

    3. Wir können im Rahmen dieses Rechtsratgebers nur kurz die Regelungen des Transsexuellengesetzes erläutern. Wer sich näher über die psychischen und medizinischen Aspekte der Transsexualität informieren will, dem sei die entsprechende Ratgeber- und Fachliteratur empfohlen.


    Das Transsexuellengesetz

    4. Das Transsexuellengesetz ist am 1. Januar 1981 in Kraft getreten [als Folge der Entscheidung BVerfGE 49, 286]. Danach haben Transsexuelle zwei Möglichkeiten: Sie können vom Amtsgericht ihren bisherigen Vornamen in einen Vornamen des anderen Geschlechts ändern (¨kleine Lösung¨, §§ 1 bis 7 TSG) oder vom Amtsgericht feststellen lassen, dass sie als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen sind (¨große Lösung¨, §§ 8 bis 12 TSG).

    5. Die Änderung des Vornamens und die Feststellung der Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht setzen nach §§ 1 Abs. 1, 8 Abs. 1 Nr. 1 TSG voraus,
    - dass sich die Antragsteller dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen und seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang stehen, dieser Vorstellung entsprechend zu leben und
    - dass sich dieses Zugehörigkeitsgefühl mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird.

    6. Die Antragsteller brauchen nicht unbedingt schon drei Jahre lang als Angehörige des anderen Geschlechts gelebt zu haben. Sie müssen nur unter dem Zwang dazu gestanden haben. Um das zu belegen, müssen die Antragsteller aber objektiv wahrnehmbare Verhaltensweisen, Äußerungen, Reaktionen usw. vortragen, aus denen geschlossen werden kann, dass sie einfach nicht anders können und ihr Entschluss endgültig ist.

    7. Transsexuelle, die unter diesem Zwang stehen, dürfen nicht entlassen werden, weil sie beabsichtigen, sich einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen, oder sich ihr bereits unterzogen haben [EUGH, NJW 1996, 2421]. Sie haben auch schon vor der Änderung ihres Vornamens Anspruch auf Aushändigung der Dienstkleidung des anderen Geschlechts [LAG Berlin, ARSt 1991, Nr. 9].

    8. Das Amtsgericht muss vor seiner Entscheidung zwei Sachverständige hören (§ 4 TSG). Diese müssen in ihren unabhängig voneinander zu erstattenden Gutachten auch dazu Stellung nehmen, ob sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft das Zugehörigkeitsempfinden der Antragsteller mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird.

    9. Das Gesetz schreibt außerdem sowohl für die Vornamensänderung als auch für die Feststellung der Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht ein Mindestalter von 25 Jahren vor. Diese Altersgrenze ist vom Bundesverfassungsgericht sowohl für die Feststellung der Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht [BVerfGE 60, 123] als auch für die Vornamensänderung [BVerfGE 88, 87] für verfassungswidrig erklärt worden. Es gilt nunmehr auch keine ersatzweise niedrigere Altersgrenze. Auch Minderjährige können ein Verfahren nach dem TSG in Gang bringen, benötigen dafür jedoch wie für jedes Gerichtsverfahren die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter. Diese kann allerdings durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden.

    10. Das TSG gilt nur für Deutsche und anerkannte Asylberechtigte. Andere Ausländer und Ausländerinnen können das TSG nicht in Anspruch nehmen, ganz gleich wie lange sie schon in Deutschland leben. Es gibt auch keine Sonderregelungen für EU-Staatsangehörige. Sie können sich in Deutschland geschlechtsumwandelnd operieren lassen und soweit sie krankenversichert sind, muss die Krankenkasse die Behandlungskosten übernehmen. Die personenstandsrechtliche Feststellung der neuen Geschlechtszugehörigkeit ist jedoch in Deutschland nicht möglich.

    11. Bereits mit der Vornamensänderung haben Transsexuelle einen Rechtsanspruch darauf, entsprechend der empfundenen Geschlechtszugehörigkeit angeschrieben und angeredet zu werden [BVerfG, NJW 1997, 1632]. Der europäische Reisepass ist für Transsexuelle mit der kleinen Lösung nicht brauchbar, da er zwingend einen Vermerk über das Geschlecht enthält, das sich durch die Vornamensänderung ja nicht ändert. Deshalb muss Transsexuellen mit der kleinen Lösung ein vorläufiger Reisepass ohne Geschlechtsvermerk ausgestellt werden (§ 4 Abs. 1 Satz 3 PassG). Der Personalausweis enthält ohnehin keinen Geschlechtsvermerk. Auf Antrag müssen die gesetzlichen Krankenkassen und Rentenversicherungsträger Transsexuellen mit der kleinen Lösung eine dem empfundenen Geschlecht entsprechenden Versicherungsnummer (Seriennummer) erteilen.

    12. Da nach der Vornamensänderung die alten Vornamen in der Regel nicht ohne Zustimmung des Transsexuellen offenbart werden dürfen (§ 5 TSG), sind Transsexuelle bei Bewerbungen grundsätzlich nicht verpflichtet, ihr biologisches Geschlecht zu offenbaren [BAG, NJW 1991, 2723].

    Mit der Vornamensänderung haben Transsexuelle Anspruch auf Neuausstellung von Zweitschriften/Erstausfertigungen ihrer Zeugnisse auf die neuen Vornamen und die neue (empfundene) Geschlechtszugehörigkeit. Dies gilt sowohl gegenüber Arbeitgebern [LAG Hamm, DB 1999, 1610] als auch staatlichen Institutionen (Schulen, Universitäten, Prüfungsämtern usw.).

    13. Für die Feststellung der Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht verlangt das Gesetz zusätzlich (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 TSG), dass die Transsexuellen
    - nicht verheiratet sind. Anders als bei der ¨kleinen Lösung¨ muss also eine bestehende Ehe vor der Änderung der Geschlechtszugehörigkeit aufgelöst sein. Wichtig ist, dass die vorherige Auflösung der Ehe für die Durchführung der geschlechtsumwandelnden Operation jedenfalls von Gesetzes wegen nicht erforderlich ist. Auch die Krankenkassen dürfen die Kostenübernahme nicht mit der Begründung ¨noch verheiratet¨ ablehnen.
    - dauernd fortpflanzungsunfähig sind. Ein Verzicht auf diese Voraussetzung ist auch dann nicht möglich, wenn wegen gesundheitlicher Risiken ein entsprechender Eingriff nicht vorgenommen werden kann [OLG Hamm, MedR 1984, 146]
    - sich einem ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen haben, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist. Für Frau-zum-Mann-Transsexuelle genügt die Reduktion der Brüste. Weitere Eingriffe sind zur Erfüllung dieser Voraussetzungen nicht erforderlich [OLG Hamm, MedR 1984, 146; OLG Zweibrücken, NJW 1992, 760; BayOblG NJW 1996, 791].

    14. Auch für die ¨große Lösung¨ sind zwei unabhängige Gutachten erforderlich.

    15. Steht lediglich die fehlende operative Veränderung der äußeren Geschlechtsmerkmale, die Fortpflanzungsfähigkeit oder eine noch bestehende Ehe der Änderung der Geschlechtszugehörigkeit entgegen, kann der Antrag trotzdem schon gestellt werden. Das Amtsgericht stellt dann in seiner Entscheidung fest, welche Voraussetzungen noch fehlen. Sind diese Hindernisse ausgeräumt, erfolgt die abschließende Entscheidung, bei der das Amtsgericht an die Vorabentscheidung gebunden ist (§ 9 TSG). Durch diese Regelung besteht z.B. die Möglichkeit, die Scheidung einer bestehenden Ehe erst dann zu betreiben, wenn sichergestellt ist, dass danach der ¨großen Lösung¨ nichts mehr im Wege steht.

    16. Die Krankenkassen müssen bei Geschlechtsumwandlungen die Kosten der Behandlung und Operation bezahlen, wenn durch entsprechende Gutachten belegt ist, dass die Betroffenen aufgrund ihrer Transsexualität einem Leidensdruck unterliegen, der nur durch geschlechtsumwandelnde operative Eingriffe (und nicht schon durch psychotherapeutische Maßnahmen) behoben bzw. gelindert werden kann [BSGE 62, 83]. Diese Grundsätze gelten auch für andere öffentlich-rechtliche Kostenträger wie z.B. den Sozialhilfeträger oder die beamtenrechtliche Beihilfe.

    Die privaten Krankenkassen sind zur Kostenübernahme verpflichtet, wenn die Voraussetzungen des § 1 oder 8 § TSG vorliegen [BGH, VersR 1995, 447].

    17. Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen sind in aller Regel mit dieser Spezialmaterie nicht vertraut. Deshalb empfehlen wir Betroffenen:
    Rechtsanwältin Maria Sabine Augstein
    Altes Forsthaus 12
    D 82327 Tutzing
    Tel. 08158-7809
    Fax 08158-9811

    Sie hat die meisten der in diesem Text erwähnten Grundsatzentscheidungen erstritten.

    Quelle
    http://www.cybercat.mynetcologne.de/cybercat/transx/lsvd.html



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