Krümels-Bücherwelt ...

... ein Literaturforum der anderen Art

Hamsun, Knut - PAN




Hamsun, Knut - PAN

Beitragvon Krümel » 03.04.2009, 15:02

Bild

„ …, oft kann eine kleine Freude sich an einem Regentag eines Menschen bemächtigen und ihn mit seinem Glück abseits treiben … „ (Seite 8 )

Der Leutnant Glahn lebt zurückgezogen in einer kleinen Jagdhütte ganz abseits in der Natur zusammen mit seinem Hund. Er erlegt Wild, ernährt sich von seiner spartanischen Beute und durchstreift die Wälder, bis eines Tages Edvarda, die Tochter eines reichen Kaufmanns, an seiner Hütte vorbei kommt.
Eine fatale Begegnung, denn Glahn verliebt sich auf der Stelle in dieses sehr eigene Mädchen. Edvarda lässt keine Chance verstreichen um den Jäger zu demütigen und zu verletzen, wiewohl sie gleichzeitig immer wieder sein Feuer entflammt.
Aus seiner Verzweiflung heraus beginnt der Leutnant eine Beziehung zu Sarah, eine verheiratete Frau, die sich ihrerseits unsterblich in Glahn verliebt. Und so nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

„Wie ein Jüngling hatte er sein Mädchen geliebt. Er nannte sie oft Gottes Segen und seine Taube; ihr Schoß war heiß und wogend. Er sagte: Gib mir dein Herz! Und sie tat es. Er sagte: Darf ich dich um etwas bitten, Geliebte? Und sie antwortete berauscht: Ja. Sie gab ihm alles, und er dankte es ihr doch nicht.
Die andere liebte er wie ein Sklave, wie ein Verrückter und wie ein Bettler. Warum? Frag den Staub auf dem Weg und das Laub, das fällt, frag des Lebens rätselvollen Gott; denn kein anderer weiß solches. Sie gab ihm nichts, nein nichts gab sie ihm, und er dankte ihr doch. Sie sagte: Gib mir deinen Frieden und deinen Verstand! Und er trauerte nur darüber, daß sie nicht um sein Leben bat.“ (Seite 137)


Eindrucksvoll beschreibt Hamsun über die Macht der Liebe, die man wie seinen eigenen Schatten nicht abschütteln kann, obwohl der Verstand die unerfüllte Liebe erkennt.

Ganz subjektiv bin ich hier wieder über ein Thema gestolpert, welches mich innerlich nicht so ergreift wie es vielleicht sollte. Ich kann diese Aussichtslosigkeit, und diese für mich übertriebene Machtlosigkeit nicht recht nachvollziehen, und deshalb bleibe ich bei einer solchen Handlung immer etwas ratlos zurück.

Knut Hamsun (1859 - 1952) schlug sich nach einer ärmlichen und lieblosen Kindheit als Verkäufer, Bauarbeiter und Laienprediger durch. Erst 1890 gelang ihm der literaische Durchbruch mit seinemRoman “Hunger”, dem in rascher Folge die weiteren Romane folgten. 1920 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.

Bewertung: :stern: :stern: :stern: / :stern:
BildLiebe Grüße,
Krümel



:lesen3: Klaus Mann - Mephisto
Gedankenwelten
Benutzeravatar
Krümel
Chefkrümel
Chefkrümel
 
Beiträge: 13522
Registriert: 18.04.2006, 23:00
Wohnort: Ostfriesland

von Anzeige » 03.04.2009, 15:02

Anzeige
 

Re: Hamsun, Knut - PAN

Beitragvon Monika » 03.04.2009, 22:34

Krümel hat geschrieben:Ich kann diese Aussichtslosigkeit, und diese für mich übertriebene Machtlosigkeit nicht recht nachvollziehen, und deshalb bleibe ich bei einer solchen Handlung immer etwas ratlos zurück.


Statt "übertriebener Machtlosigkeit" könnte man vielleicht besser "Lebensunfähigkeit" einsetzen. Hamsuns Figuren in den frühen Romanen kommen alle mit dem Leben nicht zurecht, sie sind überreizt, nervös, fast neurotisch. Dieser übersensitive, vitalschwache Typus war in der Literatur um die Jahrhundertwende (unter anderem auch bei Thomas Mann) sehr beliebt. "Pan" war ein richtiger Renner, vor allem bei jungen Lesern. Mascha Kaléko, Kurt Tucholsky und Gottfried Benn u.va. haben von ihm geschwärmt. Mir gefällt ganz besonders die Sprache Hamsuns, seine Fähigkeit, Gefühls- und Seelenzustände gleichzeitig präzise und schwebend darzustellen. Die Stelle mit Iselin (wahrscheinlich eine Sagengestalt aus der "Edda"), wie er da das Verliebtsein beschreibt, dieses rieselnde Gefühl...ja, da steigen alte Erinnerungen in einem auf. :mrgreen:
Mein Lieblingsbuch von Hamsun ist allerdings die dreißig Jahre später geschriebene "Landstreicher"-Trilogie, die in epischer Breite die Lebensläufe verschiedener Menschen erzählt, u.a. den der Hauptfigur August, der vital und neurotisch zugleich ist und außerdem viel von dem skandinavischen Humor zeigt, den ich so mag. Sehr lesenswert!
Gruß Monika


Sigrid Damm - Ich bin nicht Ottilie
Jean-Luc Bannalec - Bretonische Verhältnisse
Jung Chang - Wilde Schwäne

Benutzeravatar
Monika
Buchstaplerin
Buchstaplerin
 
Beiträge: 831
Registriert: 19.01.2009, 10:35
Wohnort: Italien

Beitragvon Pippilotta » 04.04.2009, 07:18

Mir hat der Ausdruck "übertriebene Machtlosigkeit" gut gefallen, ich fand dies recht treffend. In Bezug auf "PAN" kann ich es zwar nicht einschätzen weil ich das Buch nicht kenne, aber in "Hunger" ging es mir so ähnlich. Diese Einfalt und Passivität, ich würde fast schon sagen "Selbstmitleid"- entspricht so überhaupt nicht meinen Vorstellungen von einem mündigen Menschen ... :wink:
Herzliche Grüße
Pippilotta


T.C. Boyle - Wenn das Schlachten vorbei ist

Life is what happens to you while you are busy making other plans (Henry Miller)
Benutzeravatar
Pippilotta
Superkrümel
Superkrümel
 
Beiträge: 4894
Registriert: 19.04.2006, 16:52
Wohnort: ... im Himmel ...

Beitragvon Monika » 04.04.2009, 11:14

Pippilotta hat geschrieben:Diese Einfalt und Passivität, ich würde fast schon sagen "Selbstmitleid"- entspricht so überhaupt nicht meinen Vorstellungen von einem mündigen Menschen ... :wink:


Du hast eine sehr positive Auffassung vom Menschen und seinen Möglichkeiten. Ich bin da skeptischer. Der Glaube, sein Leben frei gestalten zu können, scheint mir ziemlich illusorisch. Man tut am Ende doch nur, was einem seine Natur vorschreibt. Aber das ist ein breites Diskussionsfeld.

Was den Begriff "Machtlosigkeit" betrifft, möchte ich keine Haarspaltereien betreiben, nur impliziert er mir doch zu sehr das Moment des Aktiven. Der Wille bzw. der Versuch, ihr Leben zu steuern, wäre demnach bei den Figuren in den frühen Romanen Hamsuns vorhanden, scheitere aber an äußeren oder inneren Bedingungen. Ich habe aber das Gefühl, dass den Romangestalten dieser Wille von vorneherein fehlt (ähnlich wie Hanno Buddenbrook). Man könnte sagen, sie sind machtlos, weil sie lebensunfähig sind, ihnen also der Wille, ein gesundes, normales Leben zu führen, abgeht.
Damit wären wir wieder bei der Frage des Mündigseins. Könnte Leutnant Glahn an seinem Geschick etwas ändern oder ist er von seinem Charakter her gar nicht dazu in der Lage?
Nicht, dass ich eine endgültige Antwort hätte! :-)
Gruß Monika


Sigrid Damm - Ich bin nicht Ottilie
Jean-Luc Bannalec - Bretonische Verhältnisse
Jung Chang - Wilde Schwäne

Benutzeravatar
Monika
Buchstaplerin
Buchstaplerin
 
Beiträge: 831
Registriert: 19.01.2009, 10:35
Wohnort: Italien

Beitragvon Krümel » 04.04.2009, 17:00

Das ist, denke ich, eine sehr subjektive Betrachtung ob machtlos oder lebensunfähig, je nach dem wie man das für sich selber definiert. Glahn ist für mich durchaus lebensfähig, denn er kann für sein Auskommen arbeiten (jagen), ja in der Natur durchaus aus sehr gut überleben. Erst die Liebe macht ihn für mich machtlos, da erscheint ihm ein Phänomen, dem er nicht gewachsen ist.

Aber die Trilogie interssiert mich dann wohl Monika, das hört sich nach psychologischer Tiefe an, und das mag ich sehr :D
BildLiebe Grüße,
Krümel



:lesen3: Klaus Mann - Mephisto
Gedankenwelten
Benutzeravatar
Krümel
Chefkrümel
Chefkrümel
 
Beiträge: 13522
Registriert: 18.04.2006, 23:00
Wohnort: Ostfriesland


Zurück zu Weltliteratur/Klassiker

Wer ist online?

0 Mitglieder

cron